Regionale Denkstrukturen unterbinden globale Menschlichkeit
Der
moderne Massenmensch, nach meiner Definition der „Interimsmensch“, besitzt kaum
eine eigene Denkstruktur, er verlangt, wenngleich mehr oder weniger unbewusst,
nach Fremdstrukturierung durch Traditionen und Indoktrinationen, die beide
durch Massenmedien und Realisierungen von Konsum- und Verhaltenszwängen „nach
bestem Wissen und Gewissen“ ausgelebt werden.
Das
geschieht jedoch nicht ohne ein gehöriges Maß an Schuldbewusstsein wegen der so
lebensbedingten Verstöße gegen gepredigte Sonntagsprinzipien, welche die
herrschenden Klassen überall auf dem Globus im Sattel halten.
Man
denkt – wenn überhaupt – regional aufgrund mangelnder Kenntnisse und Bildung,
man versteht andere Kulturen nicht, weil sie sich vor allem in ihren
kriegerischen Potenzialen so deprimierend ähnlich, das heißt gegeneinander
gefährlich sind.
Die
Menschheit leidet immer gravierender unter dem Dilemma einer technologisch um
sich greifenden Globalisierung, während es eine globale geistige Aufklärung
nicht gibt. „Aufklärung“ entstand im Abendland unter ganz spezifischen
philosophischen Voraussetzungen und Gegebenheiten, die zwar globale Gültigkeit
ableiten mögen, weil ja auch die technologisch-wissenschaftlichen
Errungenschaften des Okzidents universal anerkannte werden (im Falle von
Naturgesetzen anerkannt werden müssen), die aber milliardenfach auf
psychologischen Widerspruch und Nichtakzeptanz stoßen.
Es
ist die Rede von Werten, die woanders mit Selbstverständlichkeit als Unwerte
verurteilt werden. Solche Unverträglichkeiten münden zwangsläufig in
Konfliktanhäufungen, denen keine verbindliche „Welt-Ethik“ Einhalt gebieten
kann, weil es auch sie in Ermangelung der Aufklärung nicht gibt. Religionen
dienen in dem Szenario wie eh und je lediglich der Interessenspaltung mit
allerdings vernichtenderer Bewaffnung als zuvor.
Die
Aufrüstung der Kontrahenten erfolgt skurrilerweise nicht selten mit dem
ideologischen Gegner in „gemeinsamen“ Geschäfts- und Stabilitätsinteressen.
Kalter
Krieg und Stellvertreterkriege scheinen vielen Entscheidungsträgern nicht nur
unvermeidlich, sondern in ihrer Unweisheit schlussendlich sogar anstrebbar.
Keine
Weltanschauung, welche auch immer, kann die Augen davor verschließen, dass die
kleinen, besonders aber die großen Macht- und Ballungszentren jeweils ihre
Positionen als „unumstößlich“ überbewerten, sich gar nicht der Mühe
unterziehen, eine globale Philosophie zu entwickeln. Unter Globalisierung
verstehen diese durchweg kleinkarierten „Macher“ stets die eigene Hegemonie,
für deren Durchsetzung jedes Opfer und jedes Verbrechen gegen die
Menschlichkeit als gerechtfertigte Tugend pervertiert wird.
Schachereien
zwischen den unversöhnlichen Selbstverständnissen werden üblicherweise als
diplomatische Kompromisse gepriesen,
weil ja sonst „überhaupt nichts ginge“. Was da wirklich vor sich geht,
beinhaltet – auf die gesamte Weltszene bezogen – kurzfristige
Milliardengeschäfte für die Kapitalisten und für die Politstrategen
Stabilisierungen der etablierten oder geplanten Unrechtssysteme.
Derartige
Machteskalationen richten sich direkt gegen das menschliche Individuum; es wird
wie in antiken Schlachtordnungen zum Interessen- und Kriegsmaterial, zum
Verheizen erzogen und gezwungen.
Über
den desaströsen Gesamtzustand mögen in einigen Erdregionen Wolkenkratzer,
Autobahnen, Flughäfen und andere neuzeitliche Infrastrukturen hinwegtäuschen,
sie spiegeln aber umso drastischer den Konkurrenzkampf der Systeme wider.
Auf
dieser Basis kann es keinen Frieden geben, außer der begrenzten, taktierenden
Waffenruhe. Damit ist und bleibt der Krieg das unausweichliche Schicksal der
Menschen, wie er es während der gesamten Menschheitsgeschichte blutig und
grausam als Ergebnis beschränkter Hirnfunktionen prägt.
Die
Primitivität lebt von Verbrüderungen gegen traditionelle und immer wieder neu
definierte Feindbilder, in einem Patriotismus, der sich auch und nunmehr vor
allem gegen eine freiheitliche Welt- und Werteordnung richtet.
Niemand
sollte sich der Träumerei verschreiben, Religionen könnten, etwa durch
Revolutionen, abgelegt werden. Die Göttermärchen bildeten sich über
Generationen, Jahrhunderte, sogar Jahrtausende hinweg. Lösten sie sich
plötzlich auf, fiele der Interimsmensch in orientierungslose Ratlosigkeit.
Es
ist aber höchste Zeit für eine götterfreie und auch esoterikfreie
Menschheitsphilosophie. Sie kann sich zunächst nur im Kontext aufgeklärter
Menschen aus allen Teilen der Welt herausschälen. Ich denke dabei konkret an
die im Kosmonomischen Manifest beschriebenen Ansätze.
Diese
stellen aber logischerweise für alle Religiösen und für andere Doktrinentreue
eine beängstigende Gefahr dar, der sie sich bis auf Weiteres mit aller Gewalt
erwehren.
Unter
der entschiedenen Ablehnung kann sich eine freiheitlich demokratische
Welt-Ethik nur parallel zu den bestehenden Dogmen-Systemen entwickeln und nur
durch Gewaltfreiheit in der Sache des Friedens und Rechts, der Lebensförderung
statt der gängigen Lebenszerstörungen überzeugen.
Auch
so ein Prozess wird Generationen benötigen. Erschwerend kommt hinzu, dass er
über keine staats- oder religionsähnliche Organisationsstruktur verfügt. Die
UNO käme unter Umständen dereinst infrage, bleibt jedoch für einen Fortschritt
völlig bedeutungslos, solange die mächtigen Ideologie-Kartelle mit Veto-Rechten
die Stagnation im untauglichen Staus quo garantieren.
Es
ist richtig, dass die sogenannte Realpolitik auch immer wieder den faulen
Kompromiss suchen muss – als Interimslösungen, die nichts mit einer
Weltverbesserung im realen Verständnis zu tun haben, sondern mit der aktuellen
Verwaltung der dümmlichen Animositäten und Eifersüchteleien im Regionalen und
des Chaos der Welt.
Ehrliche
Kompromisse setzen ehrenhafte Partner auf Augenhöhe voraus, wie sie etwa in
praktizierter Demokratie um das Gemeinwohl ringen.
Von
diesem Ideal entfernt sich jedoch die Menschheit, sie überlässt die Macht,
kritikloser denn je, dem Kapital, das sogar ehemalige kommunistische Erzfeinde
korrumpiert.
Der
Versuch, kosmonomische, global geltende Menschlichkeitswerte zu entwickeln, um
sie später vielleicht institutionalisieren zu können, bedeutet, dass die
philosophische Denkrichtung nicht im Fatalismus resigniert.
Sie
erkennt aber ihre gegenwärtige Chancenlosigkeit, weil sie
- noch nicht detailliert
ausgereift ist und
- den Wettlauf mit
dem immanenten Zerstörungswahn der Realpolitik gar nicht gewinnen könnte,
denn sie agiert in einer völlig anderen, von Realpolitikern unverstandenen
Disziplin.
Im
ungünstigsten Falle bereitet kosmonomische Philosophie die Verständigungsbasis
einer nach der Selbstzerstörung der Massenmenschheit post-chaotischen völlig
neuen Wertegemeinschaft vor.