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Montag, 22. März 2021

Inzidenz-Esoterik

 


Unter meinem bürgerlichen Namen, Reinhard Wiechoczek, hatte ich mich als damaliger Vorsitzender der Volkssternwarte Paderborn besonders in den 1980ger und 1990er Jahren für eine größere Kampagne gegen den astrologischen Aberglauben und gegen Esoterik allgemein entschieden. Ich trat auf in Fernsehsendungen („Ilona Christen“, Schreinemakers live“, „Fliege“,“Der Heiße Stuhl“,“Nachtcafe“, „club 2“ u.v.m.), hielt Vorträge bei zahlreichen anderen Sternwarten, Volkshochschulen und (obwohl „Atheist“) auch bei religiösen Einrichtungen. Das kam dem Bekanntheitsgrad unserer Sternwarte zugute und brachte mir persönlich viel Zustimmung ein.

Dennoch konnte das nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich in meinem eigentlichen Anliegen ziemlich gegen „Windmühlen“ kämpfte, denn die breite Masse der Medien sympathisierte (für sie ja gewinnbringend) mit dem von mir attackierten Spuk. So hatte ich es besonders im Fernsehen immer wieder mit seltsamen Diskutanten zu tun: mit weißen und schwarzen Hexen, Heilern, Beratern, astrologischen Psychologen, Doktores und Professoren mit ungewöhnlich erworbenen (auch gekauften) Titeln, kurz: mit orakelnden „Medien“ aller gängigen Sparten.

Fast immer war ich der einzige Vertreter eines wissenschaftlich orientierten Weltbilds, während die Esoterik und Pseudowissenschaften mehrere Teilnehmer aufboten, sodass allein von der Redezeit stets ein Ungleichgewicht bestand, das zumeist noch durch die Zuneigung der Moderatoren zum Paranormalen ergänzt wurde.

Mir verging dann die Lust, „mich zum Affen zu machen“, zumal besonders von anthroposophischer Seite Diskussionsmethoden folgten, die mit freiheitlich demokratischen Gepflogenheiten nicht zu vereinbaren waren.

Damals schon sah ich die Gesellschaft kontinuierlich in eine wissenschaftsfeindliche, indoktrinierende Richtung gleiten, die von vielen arglosen Zeitgenossen unterschätzt wurde. So schrieb ich in meinem Buch „Astrologie – Das falsche Zeugnis vom Kosmos“ Folgendes, um die Gefahr des allgemeinen Esoterik-Erstarkens zu unterstreichen:

... Denn wer sagt mir, ob nicht gerade der Bundestagsabgeordnete meines Kreises ein Kunde der Prominentenastrologen ist, mein Arzt seine Therapie an den Sternen ausrichtet, mein Personalchef mich horoskopisch beurteilt, meine Kinder einen astrologisch beeinflußten Lehrer haben? Wieviel Pfusch mögen die astrologisch Inspirierten unter den Psychiatern, Psychologen und Geschäftsberatern verursachen? Wie viele Menschenschicksale werden aus reiner Astral-Willkür schändlich entschieden und wieviel Betrug gibt es ….?“

Wiechoczek, R.: Astrologie – Das falsche Zeugnis vom Kosmos, Erb Verlag, Düsseldorf, 1984, ISBN 3-88458-079-5

Heute schreibe ich den Text um, passend zum Inzidenz-Aberglauben, zu einer Esoterik, die keinesfalls für sich alleine steht, sondern methodologisch in nahezu alle Bereiche der Universitäten und Schulen eindringt und das gesellschaftliche Leben immer unnachsichtiger stranguliert.

... Denn wer sagt mir, ob nicht gerade der Bundestagsabgeordnete meines Kreises ein Glaubensbruder der prominenten Inzidenzprediger ist, mein Arzt seine Therapie an den pendelnden Inzidenz-Zahlen ausrichtet, mein Personalchef mich nach Inzidenzlaunen beurteilt, meine Kinder einen anwesenden oder virtuellen Lehrer, je nach Inzidenz, haben? Wieviel Pfusch mögen die durch konzeptionslos bestimmte Inzidenz-Grenzwerte Inspirierten unter den Psychiatern, Psychologen und Geschäftsberatern verursachen? Wie viele Menschenschicksale werden aus reiner Inzidenz-Willkür schändlich entschieden und wieviel Betrug gibt es durch Inzidenz-Orakelei ….?“


Halten wir fest: Die deutsche Bundesregierung, in mehr oder weniger Gleichklang mit den Länderregierungen, ist hoffnungslos überfordert, hier für Abhilfe zu sorgen. Sie steckt im neu-esoterischen Sumpf und kann sich nicht am eigenen Schopf daraus befreien.

Ähnliches gilt inzwischen weltweit, doch sind die Verhältnisse regional sehr verschieden. Die saubere wissenschaftlich orientierte und begründete Aufklärung erfährt eine beispiellose Abfuhr. Unaufrichtige und halbseidene „Aufklärer“ haben es nämlich an Doppelmoral und Einflussnahme übertrieben.

Und die Intelligenz scheint sich feige und opportunistisch zu verstecken. 

 

 

Mittwoch, 7. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Anthro-Astrologie (S. 169)

 

Juni 2001


Astrologie ist für keinen aufgeklärten Menschen ein ernst zu nehmendes Thema, doch nimmt weltweit im Rahmen der Bevölkerungsexplosion und regional im Rahmen ideologisch und kommerziell verlotternder Bildungssysteme der prozentuale Anteil der logisch und kausal denkenden Bürger trotz wissenschaftlich-technologischer Fortschritte ab und keineswegs zu. Entsprechend erblüht die Sterndeutung, nicht zuletzt durch die Medien, deren Nutzungsmöglichkeiten sich auch den Astrologen erschließen, in an sich widersinniger Intensität. Mag der einzelne Sterndeuter dies im Hinblick auf seinen finanziellen Gewinn begrüßen, mag er die Tatsache, dass so viele an die Aussagekraft der Gestirne glauben, als Beweis für die Richtigkeit astraler Analysen und Beratungen ansehen, so gibt es Gruppierungen, die seit jeher die Sterndeutung als Unterstützung ihrer okkulten Weltanschauungen nutzen, sie einbauen in die wirren Vorstellungen von vergeistigtem Dasein, von Schicksal durch Karma und Wiedergeburt. Alle derartigen Ansprüche entbehren weder der Tragik noch der Komik: In der Offenbarung wissenschaftlicher Ahnungslosigkeit, daraus erwachsender Wissenschaftsfeindlichkeit und einer sich hemmungslos ausbreitenden, gefühlsbedingten Flucht aus der faktischen Welt zu tröstend abgehobenen Ufern von Scheinkontinenten und Zukunftsvisionen wandeln diese Geister- und Dämonenabhängigen vergleichsweise in einer immerwährenden „Love-Parade“, die Berge von Müll – so oder so – erzeugt.

     Innerhalb solchen Szenarios spielen Anthroposophen unter Berufung auf ihren Begründer und Guru, Rudolf Steiner, keine unbedeutende Rolle – vor allem als Multiplikatoren, die über alle möglichen Kanäle wirken. In der Öffentlichkeit bemüht man sich in diesen Kreisen eher um ein Herunterspielen der Astrologie, die esoterische Praxis der Anthroposophen stellt sich anders dar. Das soll hier einmal demonstriert werden am Programm eines „Paritätischen Bildungswerkes, Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ und seines Studienhauses Rüspe:

     Kurs 3 „Einführung in die Astrologie unter anthroposophischen Gesichtspunkten“

     Kurs 42 „Spirituelle Psychologie – die Verbindung von irdischem und kosmischem Menschen“

     Aus dem Inhalt: Die Verbindung des Menschen zu den Elementen, Planeten und dem Tierkreis – Was teilt sich aus dem Ätherischen und Seelisch-Geistigen des Menschen mit usw.

     Kurs 52 „Sinn und Nutzen der Astrologie durch Deutung des eigenen Horoskops“

     Aus dem Inhalt: Sie (die Astrologie) ermöglicht Einsicht, um in Kontakt zum eigenen Wesenszentrum zu gelangen, ...

     Kurs 74 „Wie deute ich mein Horoskop? Ein Kurzlehrgang für Einsteiger“

     Kurs 77 „Astrologie und Karma – Haben Sie einen „Drachen“ in Ihrem Geburtsbild?“

     Kurs 113 „Dem Leben Tiefenschärfe geben“

     Aus dem Inhalt: Die Wirkungen zwischen Kosmos und Mensch, die Zusammenhänge zwischen den Tierkreiskräften und die Sprache zwischen den Planetensphären wollen wir uns als Hintergrundwissen unter anthroposophischen Gesichtspunkten erarbeiten.

     Kurs 116 „Der schwarze Mond im Horoskop“ – Astrologische Studien über Adams erste Frau, Lilith, und das archaisch Weibliche im Menschen

     Kurs 125 „Seelische Muster und Konstitutionsfragen aus astrologischer Sicht“

     Kurs 128 „Menschliches und kosmisches Denken“ – Eine Einführung in kosmische Gedankenformen auf der Grundlage der ‘Philosophie der Freiheit’ Rudolf Steiners

     Aus dem Inhalt: In der Eurythmie werden die Tierkreis- und Planetenqualitäten anhand der entsprechenden eurythmischen Gesten erübt.

     Kurs 129 „Einführung in die Astronomie und anthroposophische Kosmologie“

     Aus dem Inhalt: Dabei werden wir immer wieder die vielfältigen Beziehungen der astronomischen Erscheinungen zum Menschen, den Naturreichen und der Erde aufsuchen, um dadurch mit Hilfe der Anthroposophie ein spirituelles Verständnis des Kosmos und des Menschen zu entwickeln.

     Kurs 144 „Partnerschaftsvergleich im Horoskop“

     Kurs 151 „Individuelles Schicksal und Zeitgeist im Horoskop“

     Kurs 159 „Sensitive Menschen im Erkenntnislicht der Sterne“

     Kurs 187 „Die zwölf Qualitäten des Tierkreises“

     Aus dem Inhalt: Kunsttherapeutische Ansätze zur individuellen Erweiterung der persönlichen Effektivität in der therapeutischen Praxis

     Kurs 190 „Ganzheitliche Astrologie: Der Mensch und die Sterne“

     Aus dem Inhalt: Die Sternbilder und die Tierkreiszeichen – Prägende Trigone: Feuer, Wasser, Erde, Luft – Heilende Quadrate: kardinal, fest und beweglich – Sieben oder neun Planeten? – Die Wesensglieder des Menschen und die Sinne

Als einführende Literatur wird empfohlen: „Mensch und Sterne“, Themen aus dem Gesamtwerk Rudolf Steiners, herausgegeben von Dr. Hans Herbert Schöffler. „Rudolf Steiner und die Astrologie“ von Dr. Hans Herbert Schöffler. „Kosmische Aspekte von Geburt und Tod“ von Dr. G. Wachsmuth. „Astrologie und Anthroposophie“ von Dr. Elisabeth Vreede.


     Einmal ausgestiegen aus jeglicher Vernunft, krönt sich der Wahnsinn durch Kurs 181 „Kurs für Eurythmisten und eurythmisch Fortgeschrittene“

     Aus dem Inhalt: Neben der Eurythmie der sichtbaren Sprache gibt Rudolf Steiner eine Eurythmie aus dem Wesen des Menschen: zwölf Seelenformen und sieben Seeleninhalte, eine Seelenkunde der Eurythmie für die künstlerische Praxis. Besser bekannt sind die Gesten als Tierkreisgesten und Planetengebärden. Sie umfassen das gesamte menschliche Seelenwesen im Fühlen, Verstehen und Handeln in dieser Welt und der Welt des Überzeitlichen und Überräumlichen.

     Es verwundert nun keineswegs, wenn im Kurs 183 endlich das anthroastrologische Weltbild definiert wird: „Kosmologische Menschenkunde und die Ich-Werdung des Menschen“, Arbeitsgrundlage: Rudolf Steiner, „Entsprechungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos. Der Mensch – eine Hieroglyphe des Weltenalls“, GA 201

     Das ist der gefährliche Ungeist! Der Mensch, die Verkörperung der Menschlichkeit, die auf Humanismus, auf den Menschenrechten, auf Emanzipation und intelligenter Entfaltung basiert, wird zur „Hieroglyphe des Weltenalls“ herabgewürdigt. Und so etwas geschieht unter staatlicher Förderung und Anerkennung, weil die anthroposophischen Kraken die Demokratie längst im Würgegriff haben und die sonst angeblich so wachsamen (Schein-)Demokraten wieder einmal verschlafen, was selbst ernannte Gralshüter tatsächlich zu verantworten haben.


     Astrologie besteht keineswegs aus harmlosen Zeitungshoroskopen, über die man schmunzelt, sondern ist eine knallharte Entmündigung des Individuums unter dem Deckmantel der Esoterik, sie ist als Vorbereitung auf praktizierte Menschenverachtung zur Verankerung und Stabilisierung konkret diesseitiger Machtansprüche anzusehen. Die erleuchtet dahintrottenden Massen sind bequem vertröstet, schlichtweg überbelichtet und nicht einmal als „Hieroglyphe“ ernst zu nehmen. So lässt sich trefflich regieren!


© Raymond Walden



Samstag, 3. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Astrologie, eine chaotische Weltreligion (S. 162)


Mai 1995


Die Sterndeutung mag aus historischer Sicht nachvollziehbar erscheinen, ihre entwicklungsgeschichtlich geradezu zwingende Notwendigkeit ist begründ- und erklärbar wie die jeder Religion. Während sich jedoch zahlreiche Religionen auf eine recht straffe ideologische und strenge organisatorische Ordnung gründen, unterliegt die Astrologie von Beginn an einer ungezügelten Deutungsfreiheit, sodass es nicht möglich ist von der Astrologie zu sprechen, sondern nur von einem astral-chaotischen Durcheinander religionsähnlicher Glaubensmechanismen.

     Es geht kein Mensch aus purer Neugier zum Wahrsager oder Sterndeuter, sondern vorwiegend aus Notlagen heraus, denn die Beratungen sind ja nicht billig. Bedingt durch eine Zwangssituation oder durch bereits in früher Jugend eingeübte Hinwendungen zum Irrationalen, ist die Glaubensbereitschaft unkritisch oder sogar euphorisch. Auf diese breite Basis stützt sich der Erfolg selbst von Jahrmarkts- und Automatenastrologie. Der sogenannte Unterhaltungswert ist bei der unüberschaubaren Verbreitung ein von den Verantwortlichen heuchlerisch vorgetäuschter Rechtfertigungsgrund. Gemessen an der Erscheinungsvielfalt des Obskuren, handelt es sich hierbei nicht mehr bloß um die Befriedigung eines „Unterhaltungsbedürfnises“ (es überträfe alle anderen Unterhaltungssparten), sondern offenbar um ein schwerwiegenderes Phänomen. So gibt denn das geduldige Ertragen oder das „Vergessen“ von selbst drastischen Fehlprognosen durch die astrale Glaubensgemeinschaft bereits erste Hinweise auf die unerschütterliche Glaubenssucht. Sie hat, je nach Positionierung innerhalb der Weltfremdheit, zwei Ursachen: Verunsicherung und Hilflosigkeit, aus denen der Wunsch nach geistigem Geführtwerden entsteht, und auf der anderen Seite die Unfähigkeit zum objektivierbaren Denken, die manchmal sogar eine an sich unbegründbare Selbstsicherheit erzeugt.

     Für den Sterndeuter Niehenke beispielsweise ist es unwesentlich, dass seine Doktorarbeit über die Stimmigkeit von Horoskopdeutungen ein negatives Ergebnis gezeitigt hat (Psychologische Fakultät Universität Bielefeld, Deutschland); die berufliche Praxis als Astrologe verhindert jeden Selbstzweifel; er praktiziert nun als „kritischer Astrologe“ mit Doktorwürde.

     Die Lebensuntüchtigkeit so vieler Zeitgenossen muss hier nicht untersucht werden, sie zeigt sich auch in deprimierenden Scheidungsraten. Für viele Menschen stellt sich der Alltag als Abfolge beruflicher Überforderung einerseits und Eintönigkeit andererseits dar, geprägt von Konsum- und Konkurrenzdenken, Kommunikationsarmut in der Familie und zweifelhaften Freizeitverhaltensmustern: Fernsehen, Alkohol, Nikotin, weitere Drogen etc. Aus diesen tristen Kreisläufen resultieren Krankheiten, Verzweiflung und die Bereitschaft, jeden noch so albernen Strohhalm als Rettung zu ergreifen. Da im Abendland die christlichen Kirchen logischerweise jetzt an Einfluss verlieren, entstehen in den über Generationen hinweg geprägten Denkstrukturen gewaltige Hohlräume, in denen nun eine Art Glaubenswildwuchs dominiert. Unzweifelhaft ist die Glaubensbereitschaft, an Unlogisches – an Wunder, die es nicht gibt – zu glauben, ein Erbe der religiösen Vorgeschichte.

     So wie die Alchimie durch die exakte Chemie abgelöst wurde, so wie der Medizinmann im Arzt seinen Nachfolger fand, so erlebte die Astrologie das Ende ihrer Daseinsberechtigung durch die Astronomie und die ihr verwandten Naturwissenschaften. Kein einziges Faktum des gestirnten Himmels ist durch die Astrologie erforscht worden; ein Merkmal übrigens für die Forschungsunfähigkeit der Sterndeuterei. Sie ist in allen ihren himmelsbezogenen Aussagen wissenschaftsfremd, in ihren Übertragungen auf das menschliche Leben für jegliche Willkür offen und somit unverantwortlich. Weder der astrologische Tier- noch der Häuserkreis sind am Himmel auffindbar, die Planeten besitzen alle anderen als die durch Astrologen propagierten Eigenschaften, die symbolistischen Analogien der Planeten, der Tierkreiszeichen mit den Trigonen und Kreuzen, die Aszendenten, Deszendenten, Himmelsmitten und horoskopischen Nadire sind wie die Transite und Häuseraspekte leere, wissenschaftlich klingende Worthülsen, Hirngespinste einer überholt geglaubten Zeit. Doch was nützt alle astronomische Argumentation, wenn Sternmystiker Analogien als einzige Lebensweisheiten gelten lassen? Die Astronomie liefert Beweise gegen das mystische Sternenverständnis, mithin liegt die Ursache für das allgegenwärtige Wiederaufleben der Astrologie nicht in der Naturwissenschaft, sondern in anderen gesellschaftlichen Problemen.

     Der Jahrmarkt menschlicher Eitelkeit floriert mit dem allgemeinen Wohlstand, denn auch Eitelkeit kostet ja Geld. Dem Besitzenden öffnen sich die Konferenz- und Ballsäle, die Aufsichtsräte und die Redaktionen. So erleben wir immer wieder, dass Personen, die auf irgendeinem Sektor Herausragendes leisten, plötzlich zu allen möglichen Themen öffentlich Stellung beziehen, ja sogar trotz ihrer Inkompetenz mitentscheiden. Nicht immer sind die so in Verantwortung gehievten Stars und Sternchen schuldig, denn sie gelangen selten zu der Einsicht, dass ihr Verhalten problematisch ist. Für die Schickeria ist es allemal interessant, was der Bodybuilder S. über die Reinkarnation, die Schauspielerin K. über Esoterik, der Politiker R. über Horoskope verbreitet, ob nun auf großem Parkett oder auf einer Provinz-Party. Zwar ist man vor Ort im „kleinen Schwarzen“ oder im Frack das Übersinnliche betreffend nicht ungeteilter Meinung, doch wenn die Prominenten „da oben“ schon darüber laut spekulieren, dann „ist was dran“. Dabei zeigt uns jede beliebige Klatschspalte in den Medien, wie kaputt, wie psychisch angeschlagen diese Menschen mit dermaßen verkorksten Weltbildern sind.

     Aus dem wirtschaftlichen Konkurrenzkampf heraus haben die Medien ein Interesse an Sensationen und Außergewöhnlichem. Meldungen über eine „UFO-Landung“ oder astrologische Prognosen erwecken mehr Aufmerksamkeit als die Gegendarstellung: keine UFOs, Astrologie als Unsinn enttarnt. So betrachtet, kann man den Medien einiges Verständnis entgegenbringen. Es bleibt aber die Frage nach der Verpflichtung zur Wahrheit. Machen wir uns nichts vor: Wann immer es opportun erscheint, belügen die Medien die Öffentlichkeit „wie gedruckt“, ob nun auf Papier, auf dem Bildschirm oder über Lautsprecher. Die Öffentlich-Rechtlichen tun dies, indem sie sich von Parteien, Kirchen und sonstigen Gruppen in den Rundfunkräten einen „demokratischen Proporz“ absegnen lassen, die Privaten verkaufen ihre ganze Unseriosität allein mit der Berufung auf Einschaltquoten. Qualität wird bewusst zugunsten der Quantität abgestuft. Das kommt nicht aus heiterem Himmel. Die Nazis erkannten als erste die Massenwirksamkeit der Medien und setzten sie skrupellos ein. Die Anwender heute wissen noch detaillierter über ihre Möglichkeiten Bescheid.

     Was die verantwortlichen Verleger und Redakteure mithilfe des Okkulten betreiben, ist eine gezielte Desinformation, Massendesorientierung unter dem Vorwand demokratischer Meinungsfreiheit. In Wirklichkeit wird das Prinzip demokratischer Selbstbestimmung mit Füßen getreten, um die Vorherrschaft der jeweiligen „Meinungspäpste“ zu untermauern. Eine verunsicherte, darüber hinaus gewaltüberflutete Bevölkerung, durch astrologische Orakel verblendet, lässt sich leichter lenken.

     Es ist falsch verstandene Bescheidenheit, wenn seriöse Wissenschaftler zu all den verbreiteten Unsinnstheorien der Esoterik schweigen. Zwar weiß der Wissenschaftler um die tatsächliche Begrenztheit des menschlichen Verstandes und ist sich der steten Gefahr der Irrung bewusst, doch muss er – wer sonst? – zu den offensichtlichen Fehlinterpretationen Stellung beziehen. Das setzt freilich fachliche Selbstsicherheit und zusätzlich Zivilcourage voraus. Außerdem muss man den Gegner kennen! Das heißt, man sollte sich schon vor dem Einstieg in die öffentliche Diskussion mit den schrulligsten Argumenten auseinandersetzen. Das nun mag vielen Forschern zuwider sein, aber im eigenen Interesse bleibt der Wissenschaft kein anderer Weg als die interdisziplinäre Widerlegung des Okkulten.

     Die heute weit verbreitete schmale fachliche Spezialisierung bei abnehmender Allgemeinbildung verstärkt jedoch sogar die gegenteilige Tendenz: Auch Akademiker wenden sich verstört und überfordert an Wahrsager und esoterische Aussteiger. So gibt es sie wirklich, die Gurus als Kronzeugen mit astro-physikalischer Ausbildung. Innerhalb dieses Szenarios von Verunsicherung, Medienabhängigkeit, Glaubenslust und -frust, von zuverlässigen wissenschaftlichen Entwicklungen und zugleich technologischen Fehlanwendungen wie Überschätzungen, entpuppen sich chaotische Koalitionen. Da veranstalten Kirchen – offiziell Astrologie ablehnend – astrologische Bildungsseminare und verkünden, auch die okkulten Begabungen seien Schöpfungen Gottes. Die staatlich geförderten Volkshochschulen werden zu esoterischen Heilsverkündern, gestandene Industrieunternehmen bemühen Firmenastrologen, Politiker regieren mit astralem Zepter.

     Erzählt man das dem Normalbürger, der es eigentlich längst gemerkt haben müsste, schaut er ungläubig. Hier nur drei Nagelproben: An der Decke im Kreißsaal des neuen katholischen Krankenhauses einer deutschen Stadt empfängt ein blinkender astrologischer Tierkreis die neuen Erdenbürger. An einer süddeutschen Universität bastelt eine Astrologin unter professoraler Anleitung an einer Doktorarbeit mit astrologischem Thema. Die „Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht“ (ZFU) in Köln, Deutschland, lässt unter der Nummer 741094v einen Fernkurs „Astrologische Menschenkunde“ zu (Quelle: Pressemitteilung Deutscher Astrologenverband) und bestärkt dadurch den unzutreffenden Eindruck, Astrologe sei ein seriöser Beruf.

     Die Astrologie erlebt eine weltweite Reinkarnation in einer für sie typischen Verwirrung sämtlicher erforschter natürlicher Gesetzmäßigkeiten, als hätte die Menschheit wirklich nur dies eine Ziel: die eigene Vernichtung. Denn keine der bohrenden Zukunftsfragen lässt sich astrologisch lösen: weder der Bildungsnotstand noch die sozialen Probleme in den Industrienationen, nicht der Hunger und die Epidemien weltweit, keine Umweltzerstörung und keine Kriegsmaschinerie. Astrologie selbst bedeutet geistige Zersetzung.


© Raymond Walden

 

 


 

Donnerstag, 1. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Exemplarisch: Astrologische Dummheit (S. 161)

 


März 1995


Der angebliche Diplompsychologe und Astrologe Hans J. Andersen ist mit der Prophezeiung, dass in der zweiten Aprilhälfte 1995 ein mit schweren Erdbeben verbundener Vesuv-Ausbruch stattfinden würde, an die Öffentlichkeit getreten. Als Begründung gibt er Planetenstellungen auf der „ekliptikalen Länge“ an, konkretisiert „Jupiter 120 Grad (= 0 Grad Löwe) und Pluto 240 Grad (= 0 Grad Schütze)“ und so weiter. Ein „Zusammenwirken“ von Jupiter und Pluto solle erhöhten tektonischen Plattendruck bewirken.

Dazu ist festzustellen:

  1. Die Ekliptik ist die astronomisch definierte scheinbare Sonnenbahn und nicht der astrologische Tierkreis.

  2. 120 Grad markieren auf der Ekliptik das Sternbild Krebs und 240 Grad das Sternbild Skorpion.

  3. Tektonischer Plattendruck ist eine physikalisch definierbare, nicht symbolhafte Größe, die aufgrund der Planetenentfernungen nicht durch Gravitation anderer Planeten beeinflusst wird, trotz der Riesenhaftigkeit des Jupiters. Pluto als Winzling in weitaus größerer Distanz entzieht sich jeglicher Erwähnung im Hinblick auf irgendwelche Kraftauswirkungen auf die Erde.

  4. Es kommt hinzu, dass Ende April Jupiter und Pluto auch in ihren Koordinaten, nicht zuletzt wegen der starken Plutobahnneigung gegen die Ekliptik, drastisch voneinander abweichen: In Rektaszension (grob Ost-West) um mehr als 50 Minuten, entsprechend etwa 25 Vollmonddurchmessern, und in Deklination (grob Nord-Süd) um mehr als 15 Grad, entsprechend 30 Monddurchmessern!) Jupiter bewegt sich durch den Schlangenträger, Pluto im Grenzgebiet Waage/Schlangenträger.

  5. Die astrologischen Ausführungen sind derart absurd, dass es nur zwei Erklärungen dafür gibt: entweder bewusste (böswillige?) Verunsicherung der Öffentlichkeit zum eigenen Vorteil oder explizite Dummheit und Ahnungslosigkeit.

     Hier manifestiert sich exemplarisch die esoterische Schizophrenie, die astrologischen, faktisch nicht nachweisbaren Symbolfelder mit astrophysikalischen Parametern zu vermengen und daraus konkrete geophysikalische Vorgänge abzuleiten.


© Raymond Walden 

 

 



Mittwoch, 5. August 2020

Menschliches Glauben: Erdstrahl-Opfer: Bonner Forschungsministerium (S. 126)


Oktober 1995


Was die Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e. V. (GWUP) schon seinerzeit als Kritik vorbrachte, was sie vor allem durch eigene öffentlich dokumentierte Untersuchungen belegte, wird jetzt, wie „DER SPIEGEL“ vom 18.9.95 verlautbart, auch von dem amerikanischen Verhaltenspsychologen James Enright bestätigt. Die Münchner Physikprofessoren H.-D. Betz und H. König haben drei Jahre lang ihren eigenen Aberglauben, dass es Erdstrahlen gäbe, erforscht, und zwar mit 400.000 DM Unterstützung durch das damals von Riesenhuber geleitete Forschungsministerium. Am Ende müssen Betz und König eingestehen: Es gibt keine Erdstrahlen im Sinne einer wohldefinierten Strahlungsart.

     Bemerkenswert erscheint mir, dass Enrights jetzige Schlussfolgerung, Erdstrahlen seien eine „unrealistische Folklore“, stärkere Beachtung findet als die ebenso schlüssige und deutliche Beurteilung durch die GWUP. Amerikanisches gilt immer noch als höherstehend, besser und moderner. Deshalb leiden weite, an sich aufgeklärte Erdregionen wieder an esoterischem Irrationalismus, der in eben diesem wundersamen Amerika wuchert.

     Riesenhuber indessen schläft sicher gut über einem „Entstörsender“ unter seiner Matratze gegen Erdstrahlen abgesichert. So könnte auch eine Rückforderung vonseiten der Steuerzahler über 400 „Riesen“ das ministerielle Gewissen nicht erreichen. Aber die Deutschen von heute übertreffen ihren ehemaligen Forschungschef und investieren laut „Spiegel“ jährlich 100 Millionen Mark in den Erdstrahlenschutz.


© Raymond Walden





Donnerstag, 20. Februar 2020

Menschliches Glauben: ORGON – Psychoanalytisches Recycling (S. 61)


Juli 1996

Des deutschen Bundeskanzlers Lieblingssender (sagt man) 3SAT wiederholte am 12.6.1996 um 20.45 Uhr eine Erleuchtung des NDR aus dem Jahre 1995: „Heilkraft aus dem All – Auf der Suche nach Orgon“.
     Belichten wir einmal den Erfinder von Orgon, über den im Lexikon Folgendes steht: „Reich, Wilhelm, österr. Psychoanalytiker u. Psychiater, *24.3.1897 Dobzau, Ukraine, +3.11.1957 Lewisburg, Pa. (USA); Mitarbeiter Freuds, 1924-1930 Leiter des Wiener Seminars für psychoanalyt. Theorie, 1930-1933 Dozent in Berlin. R. sah seelische Krankheiten weitgehend als Ergebnisse gesellschaftlicher Sexualunordnung an. Er trat der KPD bei u. gründete die Sexpol-Bewegung („Sexualökonomie u. Politik“). Sein Versuch, durch Anwendung der Libidotheorie auf die gesellschaftliche Praxis („sexuelle Revolution“) die Psychoanalyse mit marxistischer Gesellschaftskritik zu verbinden („Massenpsychologie des Faschismus“ 1933), führte zum Ausschluss aus der KPD u. zum Bruch mit der institutionalisierten Psychoanalyse. R. emigrierte in die USA. Wohl schon unter dem Einfluss einer geistigen Erkrankung, glaubte er, eine allg. „bioelektrische Energie“ entdeckt zu haben, die er „Orgon“ nannte u. medizinischen Zwecken nutzbar machen wollte, was, als Betrug gewertet, ihm 1956 eine zweijährige Gefängnisstrafe eintrug. Er starb in der Haft. R.s Gedanken wurden von der antiautoritären Bewegung Ende der 1960er Jahre aufgegriffen. Hptw.: „Die Funktion des Orgasmus“ 1927, Neudr. 1969; „Charakteranalyse“ 1933; „Die Sexualität im Kulturkampf“ 1936; „Die sexuelle Revolution“ 1945 – Ausgewählte Schriften 1957.“ (Quelle: Bertelsmann Lexikon, Band 12, Gütersloh, 1985)
     Betrachten wir die Zusammensetzung der Kontrollorgane unserer staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, entbehrt es keiner Logik, dass geisteskranke Weltansichten heute mehr und mehr mediale Präsenz genießen. Darüber hinaus lassen sich mit Orgon einträgliche Geschäfte machen. Ein gewisser Roland Plocher aus Meersburg vertreibt im großen Stil Quarzmehl, das er zuvor „energetisch informiert“ hätte. Ein paar Kilogramm dieses Wundermehls würden es beispielsweise schaffen, ganze Seen von faulendem Wasser innerhalb kürzester Zeit wieder zu klaren Wasserparadiesen werden zu lassen. Orgon ist nach Plochers Meinung „eine nicht messbare Information auf Energiebasis“, die sich auf zahlreiche Stoffe übertragen ließe. Ja mehr noch, er hätte simple Kästen konstruiert, die als „Orgonakkumulatoren“ immer wieder aufgeladen werden könnten.
     Derartiger Quatsch wurde selbst von einem Psychologen der Universität Marburg, Rainer Gebauer, seriös erläutert und der Arzt Heiko Lassek vom Berliner „W.-Reich-Institut“ meint sogar Krebs mit Orgon heilen und lindern zu können. Der Moderator der Sendung trug ein auffallendes Armband an der rechten Hand. (Ich gebe zu, dass ich aufgrund meiner jahrelangen, meist Skepsis auslösenden Erfahrungen sofort einige Vorurteile hegte!)
     Und so wurde Orgon plastisch beschrieben. Mit „entspannten Augen“ könne man helle Punkt am blauen Himmel sehen, der Horizont zeige sich in wellenförmigen Bewegungen, denn der Fluss von Orgon verlaufe von West nach Ost. Allerdings schränkte Gebauer ein, dass manche Leute nichts spürten: „Menschen mit chronisch verspannten Augen sehen nichts.“ Geradezu entlarvend auch das Empfinden von Prof. Dr. Armin Beckmann, der Orgon sogar als Waffe für einsetzbar hält.
     Ich frage mich indes, ob ich nicht doch diesen „entspannten“ Schwachsinnspredigern ein Ende wünsche, wie es W. Reich ereilte.


© Raymond Walden 


 

Dienstag, 15. September 2015

Sequenzen von Skepsis (211)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

2666
Freiheit gründet im Mut zur Eigen- und Mitverantwortung.

2667
Monarchie schwingt ein mächtiges Zepter der Esoterik und Religion.

2668
Wirklich allein ist man in der Rushhour, im Verkehrsstau, im Mainstream, in jenen Stillstandsbewegungen geistleerer Zeitabtötung.

2669
Die Analyse des Negativen sollte nicht die Verzweiflung stützen, sondern dem Positiven alles, wirklich alles abgewinnen.

2670
Der pseudoreligiöse Wachstumswahn soll über die Unfähigkeit zur gerechten Güterverteilung hinwegtäuschen und die Expansion des Reichtums Weniger moralisch rechtfertigen.

2671
Geld wird zum Herrschen gedruckt, um Demokratie zu entwerten.

2672
Die Ideologie des Wachstums äußert sich nun auch in der „Unbegrenztheit des Asylrechts“. Eine so unbegrenzte Beschränktheit erhält aber nirgends Aufnahme, es sei denn als pathologischer Notfall.

2673
Klartext kommt nie vom Staatsrundfunk; und es gibt gar keinen anderen.

2674
Europa hat kein Gesicht und kein Herz, denn es ist geistlos fleischlos.

2675
„Fraktionszwang“ nennt sich eine parlamentarische Fußfessel, die Intelligenzsprünge verhindern soll.

2676
Naturgesetze werden verschleiert, denn die Erotik der Erkenntnis ist pure Wollust und Lebensfreude.

2677
So viel Schönes bietet sich an, und Begeisterung greift zu.

2678
Im vereinigten Götter- und Esoterik-Universum gibt es weder Koordinaten noch Maßeinheiten, sodass Intelligenz ins Leere greift. 


Copyright: Raymond Walden,  www.raymond-walden.blogspot.de



Freitag, 6. Februar 2015

Wie die religiösen Missstände sich gleichen!


Die kosmonomische Philosophie scheint auf „verlorenem Posten“, nicht zuletzt in Anbetracht gegenwärtiger Kriege und Kriegsgefahren, angesichts der friedensunfähigen Aufrüster weltweit.

Und dennoch erweist sich die Annahme als richtig, dass es überall auf dem Globus noch klar denkende, gewaltfreie Menschen gibt, die dankbar sind für jedes kosmopolitische und pazifistische Signal, mehr noch, die auch bereit sind, aktiv mitzuwirken bei der Etablierung eines realen aufgeklärten Humanismus, losgelöst von religiöser Bevormundung, Unterwerfung und Gewaltherrschaft.

Aktuell erleben wir in Europa deprimierend das antiquierte Spannungsfeld zwischen den hier „gängigen“ Religionen.
Nicht anders stellt sich die Problematik in den Gegensätzen anderer religiös indoktrinierter Gesellschaften wie zum Beispiel auf dem indischen Subkontinent mit mehr als einer Milliarde Menschen dar.

Freiheitliche, demokratische Kultur des Menschen ist mit Religion nicht zu erreichen.
Religion ist zutiefst demokratiefeindlich und lediglich durch eine selbstgebastelte Laschheit gegenüber den gelehrten Dogmen zu Scheinkompromissen fähig.

Diese Verwässerung von Religion bedeutet bei Weitem keine Aufklärung, sondern eher das allenthalben zu beobachtende Abgleiten in esoterische Albernheiten, aber auch in ideologische
Pseudowissenschaften mit dogmatischem Sendungsbewusstsein und unverhohlenem politischen Diktat.


Cartoon: Velayudhin Bhuvanan, Indien

Montag, 2. Juni 2014

Sequenzen von Skepsis (177)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

2223
Not weicht nicht durch Almosen, oft aber bei Hilfe zur Selbsthilfe.

2224
Von allen Lebewesen verfügt zweifellos der Mensch über das hellste Bewusstsein, doch Sinnestäuschungen, Gewohnheiten, Krankheiten, Indoktrinationen und zeitgeistige Wahnideen verursachen dramatische Abschattungen, sodass sich das Chaos der Welt erklärt.

2225
Illusionen sind die Selbstverwirklichung der Inkompetenz.

2226
Bei der Problemlösung scheitert der Massenmensch regelmäßig an der Komplexität, die er, spurgetreu eingeengt, nicht erkennen kann.

2227
Krieg ist Rechtsbruch und Pflichtverletzung, weil Frieden in der Zivilisation ein Grundrecht und eine Menschenpflicht darstellt. Es gibt aber kein Friedensministerium, stattdessen als gewaltsamen Ausdruck menschlicher Unterentwicklung und Primitivität die Kriegsministerien, die sich als Verteidiger aufspielen, als Kampforganisatoren jedes beliebigen ideologischen Unsinns.

2228
Erst wenn man den Kopf hebt, weitet sich der behütete Blick über die Krempe hinaus.

2229
Schutzheiliger der Terroristen ist „Gott“.

2230
Für Brot und Spiele
darben viel zu viele,
doch das Volk verdrängt
zugunsten von Illusionen,
von Idolen, einst selber eingeengt,
und von korrupt erwirtschafteten Millionen.
Mit Brot aber, spielt man nicht.

2231
Der Zoo lebt in und von Gefangenschaften, spiegelt also den Menschen.

2232
Ideologisierte Wissenschaft ist das grausamste Schwergewicht von Esoterik.

2233
Egoismus, am Plural ausgerichtet, wird feierlich zu Patriotismus verdichtet.

2234
Das Grün der Natur schafft Vielfalt und Farbenpracht. Gesinnungsgrün entfärbt die Vielfalt.

2235
Sogar in höchsten staatlichen Ämtern reitet sie der „Heilige Geist“ in ihrem Unverständnis aus dem Glauben, aus der objektiven Unkenntnis der Welt.


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