Januar
1985
Am
Beispiel der Freimaurer lässt sich vergegenwärtigen, dass die gute
Absicht allein noch keine Vernunft signalisiert. Die Söhne des
Lichts, wie sich die Freimaurer selbst bezeichnen, folgen den Idealen
Schönheit, Weisheit und Stärke und verstehen sich als Baumeister am
„Tempel der Menschheit“. Humanität, Toleranz und Nächstenliebe
verbieten jeden politischen Streit innerhalb der Freimaurer-Loge, in
der „Stätte der Einigung und wahren Freundschaft“ wird niemand
aufgrund seiner Religion benachteiligt. Verschwiegenheit wird von
jedem Freimaurer unabdingbar gefordert. Das Ritual in diesem
Mysterienbund geht zurück auf den ägyptischen Isiskult, die
keltischen Druidenhaine und auf die Eleusinischen Mysterien.
Winkelmaß, Zirkel und die Bibel sind die Symbole, die Drei gilt als
„heilige Zahl“. Der Tempel bildet stets ein längliches Rechteck
(vom Mittelpunkt der Erde bis in die Tiefe des Universums), darüber
spannt sich die gewölbte Decke als Abbild des Sternenhimmels. In
feierlicher Zeremonie wird die „Arbeit“ (so nennen die Freimaurer
ihre Sitzungen) in der „gerechten und vollkommenen Loge“
verrichtet. (Quelle: Westdeutscher
Rundfunk, 2. Programm, 10.1.1985, „Thema heute: Weisheit, Stärke,
Schönheit – Die geheime Gesellschaft der Freimaurer“; alle
weiteren Freimaurerzitate und Anmerkungen entstammen der
Rundfunksendung.)
Man
muss sich erst vergewissern, ob man nicht falsch versteht; ein Bund
von Männern erhebt allen Ernstes Anspruch darauf, „gerecht und
vollkommen“ zu sein. Was mit dieser Vollkommenheit gemeint ist,
wird unter anderem am Ende einer „Arbeit“ erkennbar, wenn es
da etwa heißt: „Das Schwert bleibe uns Zeichen der Wahrheit und
Zeichen der Gerechtigkeit.“ Es verwundert nicht, dass Frauen in
diese vollkommene Gerechtigkeit nicht passen, philosophierte doch ein
„Großmeister“, die Freimaurerei sei der Entstehung nach auf die
„männliche Psyche“ zugeschnitten, es seien aber gerade
Freimaurer, die sich schon immer für die „wahre Würde der Frau“
eingesetzt hätten. Gewährte man Frauen allerdings gemeinsam mit den
Männern Zutritt zum Tempel, gingen da wohl doch einige „Dinge
durcheinander“.
Trotz
dieses höheren Unsinns wurden die Freimaurer-Ideale zu Leitgedanken
der Französischen Revolution. „Freiheit, Gleichheit,
Brüderlichkeit“ sind auch die Prinzipien der amerikanischen
Unabhängigkeitserklärung, von deren 59 Unterzeichnern 53 Freimaurer
waren. Wie Washington und Jefferson bekannten sich 14 weitere
US-Präsidenten, darunter Eisenhower, Truman und die beiden
Roosevelts, zur Freimaurerei, die Freimaurer-Symbole sind sowohl in
den Grundstein des Weißen Hauses eingemeißelt wie von den
Apollo-11-Astronauten auf dem Mond hinterlegt worden. Andere Quellen
sprechen von insgesamt 15 Freimaurer-Präsidenten (Kane,
J.N.: Facts about the Presidents, New York, 1989), von 13
Freimaurern unter den Vätern der Verfassung und von neun
Freimaurern, die die Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet hätten.
Die meisten der weltweit mehr als 5 Millionen Freimaurer, nämlich
etwa 3,5 Millionen, leben in den USA (Quelle:
Enceclopedia Americana).
Die
internationale Liste prominenter, einflussreicher Freimaurer ist
umfangreich. Darf es da noch überraschen, wie alles andere als
„vollkommen“ die Weltpolitik seit jeher abläuft unter der
Führung von Menschen, die sich als Mitglieder einer vollkommenen und
gerechten Gruppierung verstehen?
©
Raymond Walden