Posts mit dem Label Konsequenz werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Konsequenz werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 10. März 2020

Menschliches Glauben: Recht und Ordnung (S. 73)


September 1997

Die Zeit ist nicht so lang her, da galten die Worte "Recht und Ordnung" als politisch rechtslastig; wer die entsprechenden Inhalte einforderte, war ein unbelehrbar Gestriger. Heute sollten wir es besser wissen: Die Demokratie nimmt auf allen Ebenen Schaden, weil sie offensichtlich "Recht und Ordnung" so weit verkommen lässt, dass die freiheitlichen Fundamente bürgerlichen Zusammenlebens untergraben werden. Woran liegt das?
     Man könnte tiefenpsychologische Seminare veranstalten, endlos debattieren, nichts beschließen und von den „Nichtbeschlüssen“ auch nicht einen zur Durchsetzung bringen. Damit hätte man wenigstens das Problem umschrieben, keineswegs aber erfasst.
     Dabei ist Demokratie manchmal weit einfacher als uns Berufsdemokraten verkünden. Man wende die bestehenden Gesetze konsequent an und verfalle nicht in den Fehler anzunehmen, Konsequenz sei Intoleranz. Könnte sich eine demokratische Staatsordnung mit eben jener Konsequenz in allen Belangen zum „Nichttötungsgrundsatz“ aufschwingen, wäre dies vielleicht sogar ein Signal für manchen Ganoven.
     Nein, Demokratie ist nicht nur eine Regierungsform, sie ist das Selbstverständnis des menschlichen Miteinanderumgehens. All den Vertretern der Todesstrafe halte ich entgegen, dass Menschenwürde nicht teilbar sein kann. Auch der Schwerstkriminelle ist ein Mensch; er muss konsequent bestraft, darf nicht vorzeitig entlassen werden. Er sollte für seinen Aufenthalt im Vollzug hart arbeiten müssen.
     Viel wichtiger aber: Die Gesellschaft muss hart arbeiten an ihrem Selbstverständnis. Eine Millionen von Menschen umfassende Fernsehgemeinde, die regelmäßig ihren Sonntagskrimi mit Mord und Niedertracht braucht, ist selbst nicht ganz bei Troste, so wie die Verantwortlichen für den stilisierten Nervenkitzel: Aufsichtsräte in den Mediengremien, Teilhaber der privaten Medienkonzerne, fast alle mit Partei- und Gesangbuch. Diese Demokratie geht nicht an rechten Wählern - wie jetzt angeblich (beinahe) in Hamburg zugrunde, sie scheitert an ihren Pharisäern, die sich auch im Parlament mästen.


© Raymond Walden



Montag, 8. August 2016

Sequenzen von Skepsis (243)

Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

3072
Konsequenz garantiert Abhilfe! Aber will man die?

3073
Wissen wird anerkannt, geachtet und zertifiziert, beliebt aber ist das Blendwerk.

3074
Kosmopolit wird man nicht durch Massentourismus, sondern in der objektiven Wertschätzung des Fremden wie aber auch durch unvoreingenommene Kritikfähigkeit. Weltoffenheit jenseits von Ideologie, Nationalismus und Religion bildet die Grundvoraussetzung.

3075
Wahrheiten sind unbequem im Erkennen wie im Ertragen. Im Verstehen aber liegt der unüberbietbare Komfort, auf dem erst sich Kultur aufbaut.

3076
Was ist „Gott“ anderes als eine unberechenbare irrationale Variable.

3077
Auch Dummheit hat zwei Seiten: die menschliche und die unmenschliche, letztere als gravierende und tragische.

3078
Furcht vor Unbehagen nach dem Vergnügen (post coitum tristesse) führt Verzagte zum Verzicht auf den Genuss.

3079
Mord-Medien“ suhlen sich endlos in der sensationsheischenden Berichterstattung über Mord und Totschlag, über Naturkatastrophen, Terroranschläge, über Flugzeug- und Schiffsunglücke, Verkehrsunfälle und sonstige möglichst tödliche Schicksalsschläge. Je nach Situation treten „Experten“ zum x-ten Wiederkäuen gemutmaßter Zusammenhänge auf. Es macht sich gut, wenn die Moderation mit weinerlicher anteilnehmender Stimme säuselt, während Endlosschleifen blutige Bilder zeigen, Explosionsdonner krachen oder zumindest Sirenenautos durch den Hintergrund jagen. Darüber hinaus stellen Mord-Medien ihre geballte Sub-Intelligenz zur Schau in mehreren Kriminalfilmen pro Tag, wobei der eine oder andere auch gleich zweimal gezeigt wird.
Solche Medien tragen in einer dekadenten Gesellschaft durchaus auch den Status einer „öffentlich-rechtlichen Anstalt“.
Der Begriff „Lügenpresse“ erscheint da beinahe schmeichelhaft, denn es handelt sich um Kanäle unverhohlener Volksverdummung.

3080
In einer aufgeklärten Gesellschaft nach der Todesstrafe zu rufen, brandmarkt die Schreihälse als Gegner der Aufklärung, als Verachter des Humanen. In der Duldung dieses Schwachsinns beginge die Aufklärung einen fatalen Irrtum mit der Folge der Selbstzerstörung. Wirkliche, human gereifte und fundierte Aufklärung weist solchen Geistern ganz entschieden die Tür.

3081
Lange schon reinkarniert der Wilde Westen, pulsiert das europäische Mittelalter, besäuft sich zaristische Zügellosigkeit und morden Mafia-Strukturen: Zurück zu den Wurzeln! Das heißt: Weiter so wie bisher mit Höllenritt und Hexensabbat!

3082
Wie Antikörper verhalten sich Moralisten und ihre kleingeistigen Ableger, wie sie sich der menschlichen Körperlichkeit schämen.

3083
Der Horizont markiert eine physische Grenze; im Menschenbild mehr noch die Möglichkeit der Metamorphose zur Persönlichkeit.

3084
Was die Deutschen als Zerstörungspotenzial in Peenemünde entwickelt hatten, vervollkommneten die Sieger in bedenkenlosem Eifer mit eben den Fachleuten und mit ebensolcher eigenen Menschenverachtung, die sich bis heute im Rüstungsrausch ebenso auf Feindbilder beruft und sich scheinheiligst austobt.

3085
Den Scheißhaufen am falschen Ort und Datum zu loben, das ist das große Geschäft von Politik und Religion.


© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.de 


 

Samstag, 5. März 2016

Sequenzen von Skepsis (228)

Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

2897
Weisheit umspielt die Mundwinkel, kennt das Konfliktpotenzial und verplaudert sich nicht.

2898
Ehe du den Dom einreißt, bedenke, das seine weit stürzenden Trümmer dich erschlagen könnten.

2899
Die Globalisierung überfordert den Interimsmenschen, denn er versteht darunter lediglich die egoistische Selbstbehauptung und das Streben nach Vorherrschaft seiner kleinkarierten regionalen Werte. Von globaler Humanität spricht niemand in dem mörderischen Konkurrenzkampf.

2900
Der unbewältigte Gegensatz von Konsequenz und Wunderglauben verhindert traditionell das Menschsein.

2901
Erst im Zuber, dann in der Mangel werden Gehirne religiös-ideologisch gewaschen und geplättet.

2902
Fährt man selbst, lässt sich kutschieren, wird man geführt oder vorgeführt im Massentourismus des Lebens?

2903
Die unergründlichsten Tiefen öffnen sich im Ozean des vergossenen Blutes, in einem Meer der Sinnlosigkeit.

2904
Wo man lügt, ist mir's zuwider.
Ich stehe auf und gehe fort,
singe keine hohen Lieder,
aber achte hoch das ehrenwerte Wort.

2905
Der einzig zugängige Sinn des Lebens ist zu leben. Bewusst emanzipiert, hier und jetzt.

2906
Wer nahe am Wasser gebaut hat, beweint aus traurigem Anlass anderer im Mitleid auch sein eigenes Schicksal.

2907
Big Bang, der Urknall gibt keine Antwort auf seine Entstehung, bleibt also unbefriedigend in seinem Ursprung.


© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.de