September
1997
Die
Zeit ist nicht so lang her, da galten die Worte "Recht und
Ordnung" als politisch rechtslastig; wer die entsprechenden
Inhalte einforderte, war ein unbelehrbar Gestriger. Heute sollten wir
es besser wissen: Die Demokratie nimmt auf allen Ebenen Schaden, weil
sie offensichtlich "Recht und Ordnung" so weit verkommen
lässt, dass die freiheitlichen Fundamente bürgerlichen
Zusammenlebens untergraben werden. Woran liegt das?
Man
könnte tiefenpsychologische Seminare veranstalten, endlos
debattieren, nichts beschließen und von den „Nichtbeschlüssen“
auch nicht einen zur Durchsetzung bringen. Damit hätte man
wenigstens das Problem umschrieben, keineswegs aber erfasst.
Dabei
ist Demokratie manchmal weit einfacher als uns Berufsdemokraten
verkünden. Man wende die bestehenden Gesetze konsequent an und
verfalle nicht in den Fehler anzunehmen, Konsequenz sei Intoleranz.
Könnte sich eine demokratische Staatsordnung mit eben jener
Konsequenz in allen Belangen zum „Nichttötungsgrundsatz“
aufschwingen, wäre dies vielleicht sogar ein Signal für manchen
Ganoven.
Nein,
Demokratie ist nicht nur eine Regierungsform, sie ist das
Selbstverständnis des menschlichen Miteinanderumgehens. All den
Vertretern der Todesstrafe halte ich entgegen, dass Menschenwürde
nicht teilbar sein kann. Auch der Schwerstkriminelle ist ein Mensch;
er muss konsequent bestraft, darf nicht vorzeitig entlassen werden.
Er sollte für seinen Aufenthalt im Vollzug hart arbeiten müssen.
Viel
wichtiger aber: Die Gesellschaft muss hart arbeiten an ihrem
Selbstverständnis. Eine Millionen von Menschen umfassende
Fernsehgemeinde, die regelmäßig ihren Sonntagskrimi mit Mord und
Niedertracht braucht, ist selbst nicht ganz bei Troste, so wie die
Verantwortlichen für den stilisierten Nervenkitzel: Aufsichtsräte
in den Mediengremien, Teilhaber der privaten Medienkonzerne, fast
alle mit Partei- und Gesangbuch. Diese Demokratie geht nicht an
rechten Wählern - wie jetzt angeblich (beinahe) in Hamburg zugrunde,
sie scheitert an ihren Pharisäern, die sich auch im Parlament
mästen.
©
Raymond Walden