Es
liegt im Wesen des Menschen, dass er neugierig sein Umfeld erkundet,
denn die Kenntnis der Lebensbedingungen stellt die Grundlage seiner
mittelbaren Überlegenheit gegenüber der Konkurrenz anderer
Lebenserscheinungen auf der Erde dar und versetzt ihn zunehmend in
die Lage, sich erfolgreich gegen Naturwidrigkeiten zu wappnen. Ebenso
im Wesen des Menschen liegt die Neigung, egozentrisch, regional wie
nationalistisch voreilige Schlüsse zu ziehen, die immer dann
besonders deutlich als solche zutage treten, wenn Naturgewalten
wieder einmal gnadenlos nicht nur Gedankengebäude hinweggerissen
haben.
Neugier, so scheint es, kennt vier
Qualitätsgrade:
Die
erste Stufe ist die primitive Neugier, die nichts weiter erstrebt als
zu erfahren, was Mitmenschen so treiben, nicht selten gepaart mit
niederen Instinkten wie Häme, Neid, getragen von einer doppelten Moral.
Als
zweite Stufe präsentiert sich Neugier anspruchsvoller im
Lösungsversuch eines konkreten Problems vor Ort; der Fachmann,
Experte erntet hier seine materielle, aber auch ideelle Anerkennung.
Auf
der dritten Ebene arbeitet die Grundlagenforschung, die sich um
Wissenserweiterung bemüht, ohne kommerzielle oder
gesellschaftspolitische Konsequenzen zu berücksichtigen. Das zieht
sehr unterschiedliche Beurteilungen nach sich, die von begeisterter
Zustimmung bis zu vehementer Ablehnung reichen, allein, sie ändern
nichts daran, dass Menschen immer ausprobieren werden, was denn
„machbar“ ist.
Mit
dem höchsten Anspruch der Neugier beschäftigen sich nur wenige
Menschen, indem sie nämlich Erkenntnisse suchen, die globale, gar
universale Zusammenhänge aufzeigen, um Antworten zu finden auf
Fragen wie zum Beispiel: „Was ist der Mensch? Welche Rolle spielt
er im Universum?“ Glauben spielt bei ungeklärten Phänomenen
lediglich auf der Basis erkenntnistheoretischer Strukturen eine
Rolle, nicht jedoch im Sinne von Offenbarungsreligionen.
Es
ist das Manko der Menschheit, dass ihre Herrscher äußerst selten
nur die erste Hierarchietreppe der Neugier übersteigen, denn die
Mechanismen der Machterlangung sind entweder menschenverachtende
Gewalt oder ebenso niedere, ausgeklügelte, als Demokratie
beschriebene Werbestrategien einer machtbesessenen Eitelkeit, die Lug
und Trug als Selbstverständlichkeit einschließt, gleichgültig, wer
eigentlich für diesen Politpoker zu zahlen hat.
Auf
so deprimierender Ebene dümpelt und blutet die Menschheit vor sich
hin und wenn sie irgendwo eine kulturelle Hochleistung feiert, kann
man sicher sein, dass ihr gleichzeitig woanders unverhältnismäßig
primitive Armut, Unterjochung und Leid ins Gesicht schlagen.
Die
Gesamtheit leidet auf zweierlei Art, erstens durch gezielt negativen
Einsatz einer an sich guten Erfindung und zweitens durch ein
Spezialistentum, das die Auswirkungen nicht oder kaum in Beziehung
setzt zu Nebeneffekten aus dem Spektrum der Naturwissenschaften und
ebenso wenig aus dem Feld der Geisteswissenschaften. Ein Grund dafür
liegt in einer unersättlichen Profitgier. So geschieht es
tatsächlich, dass ärmeren Völkern preiswerte Aidsmedikamente
vorenthalten werden, weil Kapitalkonzerne ihre Markenrechte gegen
jede Humanität beanspruchen. Ähnliches gilt für die
Nahrungsmittelproduktion, die wissenschaftlich verfeinert Überschüsse
erzeugt, welche aber aufgrund angeblicher Logistikschwierigkeiten
nicht an die bedürftigen und wirklich verhungernden Menschen
weitergegeben werden. Andererseits ist keine Region der Erde für
Kriegstreiber und Kriegsgewinnler abgelegen genug, um überreichlich
Waffen und Zerstörungspotentiale herbeizuschaffen.
Die
meisten Spitzentechnologien weisen eine Verbindung zum Militär auf
und es besteht keine Hoffnung auf eine Änderung des
Aggressionsverhaltens, solange sich bestimmte Gruppierungen auf
diesem Planeten in ideologischer Verblendung für „besser“ als
andere halten. Vielleicht sind die Demagogen in ihrem grenzenlosen
Egoismus sogar wirklich frei von Schuldgefühlen, so wie es auch der
Massenmensch in den angeblich zivilisierten Staaten ist, indem er die
Missstände zwar mehr oder weniger kennt, sie aber nicht wirklich
zur Kenntnis nimmt, weil er ebenso selbstbezogen vor allem nach eigenem
Vorteil trachtet.
Nicht
nur der Erdball ist in drastische Interessensphären aufgeteilt,
sondern auch im Weltraum spiegeln sich bereits dieselben Strukturen
derselben Drahtzieher wider und erleben eine Rückkopplung auf der
Erde durch Spionage-, Kontroll- und Killer-Hightech und ganz
besonders auch durch Propagandasysteme, die mit einschläfernder
Permanenz richtungskonforme Meinungen verbreiten bis hin zur
penetrant wiederholten Falschmeldung und Desinformation. Ähnlich ist
es bei wissenschaftlichen Themenstellungen, im Konkurrenzkampf der
Firmen und Institute untereinander und zur Massenbeeinflussung durch
angebliche Berufung auf die Wissenschaft, selbst wenn es sich um
naive Einfalt und puren Unsinn handelt.
Machtansprüche stützen sich auf
Feindbilder, diese wiederum auf Vorurteile und fehlende Bildung.
Bildung heißt nicht Anhäufung vordergründigen Wissens, sondern
meint die Fähigkeit, für die vielfältigen Aspekte des Lebens
Verknüpfungen aus dem Wissen herzuleiten. Nicht das zwecks
Selbstverwirklichung in Mode gekommene Fabulieren von Ganzheit, die
es nicht gibt, kann dem Leben Sinn verleihen, sondern die
intellektuelle Öffnung für die Folgen des eigenen Handelns. Ohne
Intellekt kein Selbstverständnis noch sonst irgendein Verstehen und
ohne Bildung kein Intellekt; so regiert denn keineswegs nur der
einzelne Despot, sondern genauso der Kapitalismus, der freilich ein
ebensolcher ist und sich auf Opportunisten und nützliche Idioten
stützt.
©
Raymond Walden