Samstag, 7. November 2020

Menschliches Glauben: Das Recht auf „Inseln“ (S. 198)

 


Februar 1996


Inseln als Grund und Boden kann im Kapitalismus jeder finanzkräftige Käufer erwerben; Inseln im übertragenen Sinne bedeuten freiheitliche Errungenschaften demokratischer Grundprinzipien. Eilande sind naturgemäß Gefährdungen ausgesetzt: „Narrenfreiheit“ heißt die Bedrohung für die ideellen Inseln, das sprichwörtliche „Reif-für-die-Insel-Sein“.

     Eine derartige Geistesverfassung steht nicht zur Debatte, wenn ich immer wieder an kosmonomische Zurückhaltung erinnere. Denn es sind die Religiösen, die den Globus überschwemmen mit wundersamen „Geheimnissen des Glaubens“, die ein aufgeklärter Geist eigentlich nur auf Inseln vermuten würde. Die fundamentalistische Glaubenssucht, auch Glaubenswut, donnert bevölkerungsexpandierend über die Kontenente, sodass keine religionsfreie Insel einem sinnlosen Kampf mit den psychischen Urgewalten geopfert werden sollte. Gewalt beruht doch auf der Unterentwicklung von Intelligenz schlechthin, oder sollte man ehrlicherweise vom Fehlen der Intelligenz sprechen? Es ergibt keinen Sinn, religiöse Kontingente in eigener zahlenmäßiger Unterlegenheit geistig anzugreifen, wäre doch das Echo nichts als ungenierte Intrige, Gewalt und Vernichtung. Bewahren wir uns stattdessen die religionsfreien Inseln und sorgen für Landgewinn für weitere aufgeschlossene Menschen. Diese allerdings müssen wir umwerben, nicht missionieren, denn sie sind ja schon unter uns die Aufgeklärten – nicht umwerben zur Einvernahme, sondern zur freiheitlich-humanen individuellen Lebensfreude, Lebensbereicherung und auch Lebensbewältigung.


© Raymond Walden

 

 

Freitag, 6. November 2020

Menschliches Glauben: Weltfremd? (S. 197)

 


Ja, es ist richtig, Kosmonomie ist eine futuristische demokratische Philosophie, denn es gibt zur Demokratie keine humane Alternative. Nötig allerdings erscheint die Fortentwicklung der heutigen Demokratie aus dem praktizierten kapitalistisch selbstgefälligen, inkompetenten und albernen Parteienzirkus.

     Es betrifft keineswegs nur die Parteien, sondern weiter gefasst auch die Gesellschaft, die enorm denkunfähig und orientierungslos dahindümpelt, ohne auch nur im Geringsten zu begreifen, „was die Stunde geschlagen hat“. Zwei bemerkenswerte Beispiele mögen das verdeutlichen. Die britische Königin, zugleich Oberhaupt des Staates und der Anglikanischen Hochkirche „adelt“ (was immer das ist) die Schauspielerin Elizabeth Taylor wofür (?) und die Medienagenturen verbreiten die Nachricht und die Bilder des beschränkten Publikums, das dem Schwachsinn beiwohnt. Wenige Tage zuvor reist im Mai des Jahres 2000 ein seniler Papst nach Fatima und spricht dort wie vorher an anderen Orten zum x-ten Mal irgendwelche längst nicht mehr existierenden Menschen „selig“ (was immer das ist) und wieder geistern Bilder und Nachrichten euphorisierter, denkunfähiger Massen durch die Medien.

     Kosmonomie ist die bewusste Abgrenzung von der naiv-wundergläubigen Aufweichung der an sich vorhandenen Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns. Dies bedeutet freilich auch Ausgrenzung, keineswegs im Sinne von Vernichtung, wohl aber mit der Intention des Abstandes zu den so seltsam Erleuchteten, heilig-selig Adligen oder auch Parteifunktionären, die nichts von der Welt verstehen, außer sich selbst zu inszenieren!

     Kosmonomie muss zwangsläufig hinnehmen, in dem Glitter des modisch Aufgesetzten nicht gern gesehen zu sein, verschwiegen zu werden – auch durch diejenigen, die eigentlich längst erkannt haben, dass kosmonomisch vorhersehbare Konsequenzen uns alle einholen.

     So manche „Wissenschaft“ oder Programmatik wurde durch Leute etabliert, die bei näherer Betrachtung, um es neutral auszudrücken, eher seltsame Zeitgenossen waren oder auch heute noch sind. Daraus ergibt sich, dass ein Kosmonom nur schwerlich Mitglied in einer der gängigen politischen Parteien sein kann, denn sie verkörpern das Prinzip „Einfluss durch Konformität und Opportunität“ auf Kosten von Menschen und Umwelt.

     Kosmonomie lässt sich heute und bis auf Weiteres nur vorsichtig leben auf dem durch Überbevölkerung sich verengenden Globus, angesichts einer gerissen religiös-kapitalistischen Fehlinterpretation des Humanen. An dieser leidvollen Tatsache ändert sich auch dadurch nichts, dass es sehr wohl gläubige Menschen gibt, die es von Grund auf ehrlich meinen und dadurch leicht zum Spielball ihrer jeweiligen Glaubensfürsten werden.


© Raymond Walden

 

 

Donnerstag, 5. November 2020

Menschliches Glauben: 7. Kosmonomie: Zeit zur Besinnung

 



Der Alltag vieler Menschen ist bestimmt durch mehr oder weniger lästige Verpflichtungen und ein ebenso mehr oder weniger gedankenloses Freizeitverhalten. Nachweislich greift dadurch eine allgegenwärtige Leere um sich, die trotz relativen Wohlstands den Charakter eines konsumierenden Dahinvegetierens trägt. Wer als Kind in derartiges Milieu hineingeboren wird, hat kein leichtes Lebenslos gezogen, denn sich aus eigener Kraft daraus zu lösen, verlangt spätestens vom heranwachsenden Jugendlichen eine Umorientierung zu Werten hin, die ihm gar nicht oder nur in Bruchstücken vermittelt worden sind.

Die Werte einer kosmonomen Humanität sind durch Nachdenklichkeit einerseits und durch Lebensgefühl andererseits nachvollziehbar; es braucht aber im Alltäglichen immer wieder Zeit zur Entspannung, um einigermaßen unabhängig und relativ frei denken zu können.

Im Gegensatz zur religiösen Meditation spielt sich keine mystisch-weltfremde Entrücktheit ab, sondern eine Lebensbetrachtung mit Gegenwarts- und Zukunftsorientierung mit durchaus idealistischen Ansprüchen. Man ist sich menschlicher Unzulänglichkeiten bewusst, strebt aber nach ihren Minimierungen unter Einsatz von Verstand und humanen Methoden.

Die Suche nach reflektiertem Leben eröffnet Möglichkeiten inneren Reichtums, dabei sind es vor allem die natürlichen Vorgänge um uns herum, die wir in der Verstädterung, in überhitzten Terminplanungen bei oft hektischer Planlosigkeit kaum noch oder überhaupt nicht mehr wahrnehmen.

Verankert an den täglichen Auf- und Untergängen der Gestirne, im wirklich erlebten Detailablauf von Jahreszeiten, den beobachtbaren biologischen Entwicklungen, Veränderungen im Mineralbereich, angeregt durch Fest- und Trauertage im Familien- und Freundeskreis und im Erleben von Geplantem wie Unerwartetem, kann man sich dem Geben und Nehmen von Mitmenschlichkeit öffnen. Wir sind soziale Wesen mit der fantastischen Option hoher persönlicher Freiheit in der Geborgenheit einer starken Gemeinschaft – wenn sie funktioniert. Solche Wechselwirkungen wollen gepflegt werden, damit sie nicht durch egoistische Verirrungen versteinern.


© Raymond Walden

 

 

Dienstag, 3. November 2020

So Small (CG19)



Cosmonomic Glimpse (19)

from a Viewpoint of Liberty



Plans and planes are flying high

but they need serious basis and ports.

Minds and meanings are cruising the seas

and they, too, can't sail without the support of harbors.

Dreams and beliefs are rising to heavens

spreading from the sources of ordinary daily needs and sufferings.


All of us, we are so small in reality,

nothing can change this!

Not even our better singing than others,

nor the better speaking, writing, painting,

not our better piano-playing, our sporting and fighting.


We keep being small the more

we are believing to be great

before we fall down our artificial steps and stages.


Mountains of money, turning into pure greed,

will be melted and washed away,

because they are piled up

by exploiting others, taking them their lives.


Remember this:

You may be honorable by granting emancipation,

by sharing peaceful culture

and open-minded fair competition

within a humane lifetime respecting life in general also.

Humanity can build you up, can make you very special in this world.


Cosmonomic philosophy may inspire you.



Montag, 2. November 2020

Menschliches Glauben: Sexualität (S. 192)

 


Lebewesen sind mit einem dominanten Sexualtrieb ausgestattet, der die Fortpflanzung garantiert. Er ist so machtvoll, dass er einen wesentlichen Teil des Lebens überhaupt darstellt. Und ausgerechnet der Umgang mit diesem Leben erhaltenden und Leben erzeugenden Trieb wird durch Menschen dogmatisiert, mit „Unreinheit“ und „Teuflischem“ in Verbindung gebracht, um Orientierungen durchzusetzen, die als Jungfräulichkeit, Wegsperren, Verschleiern und Beschneidungen von Frauen, als Unschuld, Keuschheit, Verurteilung lustvoller Gedanken wie der Selbstbefriedigung, als Manneszucht, Zölibat und so weiter propagiert werden und sich bis zur Jungfrauengeburt auswachsen. Mütter werden allen Ernstes nach der Geburt eines Kindes „ausgesegnet“ – gereinigt!

     Die Tierwelt lässt vielfältige sexuelle Verhaltensweisen zu und ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Antrieb für die jeweilige Lebensart, zugleich Bestandsgarantie und nicht etwa Untergang der Tiere bedeuten. Es gibt lebenslange Partnerschaften wie wechselnde Beziehungen, patriarchalische wie matriarchalische Gepflogenheiten, die Vielweiberei wie die Vielmännerei, Geschwistersexualität, elterliche praktische Sexualanleitungen für den Nachwuchs, Brunftzeiten wie die ständige Bereitschaft zur Fortpflanzung. Keines dieser Verhaltensmuster ist zwingend für die menschliche Sexualität, denn wir verfügen über das mehr oder weniger ausgeprägte reflektierende Bewusstsein, das uns zwar vom Tier abhebt, aber wie schon erwähnt, fatal unterentwickelt ist. Denn trotz oder wegen aller aufgesetzten Moral geht es den Beteiligten mehrheitlich nicht gut: Ehescheidungen, Partnerschaftsabbrüche, Zerrüttungen, Not der Kinder. Mehr noch, die dogmatisch-religiösen Fremdbestimmungen erzeugen mit kompromissloser Durchsetzungsgewalt Betrug in den Partnerschaften, Prostitution und Kindesmissbrauch, Leidensdruck, an dem sich eine zwiespältige Masse, wenn es denn öffentlich wird, verschämt lustvoll delektiert, ehe sie sich angeblich mit Abscheu abwendet. Bewusstseinsspaltung durch möglichst frühe Gehirnwäsche ist die eigentliche Schwäche, nicht die „Erbsünde“ der Menschheit, weil gerade auch viele der Moralhüter bezahlten Sex konsumieren, den sie durch die Diskreditierung der daran beteiligten Menschen scheinheilig verdammen.

     Man hat sich offensichtlich daran gewöhnt, dass vor allem in christlich-jüdisch-abendländisch geprägten Presseerzeugnissen und Internetangeboten barbusige oder in anderer Weise verführerisch dargestellte Frauen, seltener auch Männer, als verkaufsfördernde Signale für alles Mögliche herhalten. Welche Fehlentwicklung verbirgt sich hinter auf offensive Sexualität abgestimmter Mode? Besonders bei „teuren“ Kreationen lässt man Busen und Schambehaarung „durchschimmern“ und verurteilt gleichzeitig jeden darauf eindeutig ansprechenden Mann als Sexisten. Da laufen minderjährige Schülerinnen mit stark entwickelten Brüsten durch die Schulen, präsentieren ihren freien Bauchnabel und tragen die Hüften so tief entblößt, dass ihre modischen Strings sichtbar werden. Reize, die den natürlichen Sexualtrieb sowohl der Frauen bzw., Mädchen als auch – in besonderem Maße – der Jungen und Männer anregen. Aber alle sollen nicht dürfen! – Eine seltsame Entartung von Sexualität, die gegenüber dem Tierreich alle Merkmale von Widernatürlichkeit trägt.

     Und solche Verblendungen sind es, die der Gesellschaft die Normen gleichsam wie Hörner aufsetzen. Mithilfe von geistlichen oder juristischen Roben verkleidete Ordnungsapostel verkünden moralisch unanfechtbar die Sexualtabus unter Androhung und Ausführung der Strafen bis hin zur Steinigung. Für wie verwerflich, verdammenswürdig, gesellschaftsschädigend, untragbar, detailliert öffentlich aufklärungsbedürftig – und nicht selten vernichtenswert stuft man je nach Kulturkreis sogar leichte Tabuverletzungen ein!

     Wie viel niederträchtige Machenschaften und Morde, sogar Kriege inszenieren sich allein aus dem Problemfeld Eifersucht! Aber da ähneln Menschen, zumindest die männlichen, beispielsweise dem stolzen Hirsch, der keinen Nebenbuhler duldet, um alle Hirschdamen seines Rudels zu besitzen. Wie viel primitive Tratschmentalität wird auf der Basis verbotener Sexualität seit jeher salonfähig! Dabei wiegt ein falsches Umgehen mit dem menschlichen Sexualtrieb gerade besonders schwer, weil wegen ideologischer Fremdbestimmung und angesichts medizinisch verbesserter Lebensumstände menschliche Fortpflanzung ausufert und völlig unkalkulierbare globale Bedingungen verursacht: Leicht zu praktizierende Methoden der Empfängnisverhütung, des Lustgewinns und zugleich des Gesundheitsschutzes werden rigoros durch Traditionen und vor allem religiöse Bevormundung verhindert. Nicht das Unterdrücken des sexuellen Trieblebens soll in Zukunft die Menschheit prägen, sondern das menschlich-humane Erleben eines überaus reichen Lebenstriebs.

     Eine völlig indiskutable „Leistung“ so vieler Religionen ist die Minderbewertung der Frauen, die ein katastrophales Weltverständnis offenlegt, aus dem sich die Menschheit erst noch befreien muss, wenn sie denn überhaupt noch Perspektiven entwickeln möchte.

     Mögen im Tierreich Gewalt und sogar tödliche Rivalitäten als sexuelle Spielarten auftreten, so sind sie doch nicht vorherrschend. Der Mensch indes ist das einzige Wesen, das mit seiner Sexualität offensichtlich nicht zurechtkommt, weil er sich nicht frei zu ihr bekennen darf – was allerdings von glaubensfesten Zeitgenossen vehement geleugnet wird.


© Raymond Walden 

 

 

Sonntag, 1. November 2020

Sequenzen von Skepsis (387)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4951

Am liebsten belügt der Mensch sich selbst, indem er es sogar ehrlich meint.


4952

Nachdenken unterscheidet sich wirklich vom Nachlaufen.


4953

So vielen falschen Wegen geht eine Irreführung voraus.


4954

Nach dem Trommelwirbel, dem hymnischen Choral und einer Schweigeminute folgt der Götzendienst.


4955

In umgebender Hysterie nimmt sich der aufgeklärte Skeptiker zurück, er wird nicht zum Revolutionär, sondern strebt deeskalierend nach effektiven Reformen für Friedfertigkeit, so utopisch das auch in akuter Panik erscheinen mag. Dem Chaos geht irgendwann die Luft aus; darauf muss menschliche Intelligenz vorbereitet sein.


4956

Tobt der Unsinn in seiner entfesselten Inkompetenz und Falschheit, gewinnen geistige Kontakte aufrichtiger Realisten tröstendes und empathisches Gewicht als Voraussetzung für ein Minimum an Hoffnung auf Besinnung der Massen.


4957

Es will scheinen, die Zeit jagt schneller dahin während intensiven Denkens, doch wer kann das wirklich nachvollziehen?


4958

Schöpfe die Freiheit aus, solange man ihre Quellen nicht vergällt! Die Panscher nahen in wildem Galopp.


4959

Dass ein schwerer Corona-Verlauf das Gehirn durch IQ-Verlust um 10 Jahre altern lasse, kann ich nur voller Sorge und Mitleid zur Kenntnis nehmen, aber ich sehe darüber hinaus vor allem bei den härtesten Panikpropagandisten alle Anzeichen einer Bestätigung.


4960

Im Interesse des Gemeinwohls muss Intelligenz den Blödsinn markieren und ausgrenzen.


4961

Erwache, freier Mensch! Verschlafe nicht deine Gefangennahme, sondern verhindere sie!



© Raymond Walden (ARC)



Samstag, 31. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Das Animalische als Trieb irrationaler Tabus (S. 191)

 


Einigkeit besteht bei Wissenschaftlern wie bei den meisten religiös Gläubigen in der Gewissheit, dass Tiere ihren Trieben gemäß leben, weil sich dieses Triebleben für die jeweilige Tierart im Laufe der Evolution als vorteilhaft erwiesen hat. Nun hat sich zweifelsfrei gezeigt, dass der Mensch biologisch dem Tierreich angehört, aber diese Erkenntnis führt zu Konflikten, weil sich vor allem religiöses Sendungsbewusstsein nicht mit folgender Tatsache abfinden kann: Der Mensch ist ein höher entwickeltes Tier!

     Dabei sprechen die Fakten eine noch viel drastischere Sprache: Der Mensch trägt im Herdenverbund die Merkmale dessen, was er selbst als Untier bezeichnet. Keines der höheren Lebewesen vernichtet seine Artgenossen so wie der Mensch; und dazu gebraucht er vor allem jenes Organ, das ihn vorgeblich von den anderen Lebewesen unterscheidet, sein Gehirn. Diese Zentrale des Selbstbewusstseins mit ihrem differenzierten Leistungsvermögen ist deswegen zwar nicht als Fehlentwicklung zu bezeichnen, wohl aber als zutiefst verhaftet in pubertierender Zerrissenheit, mit noch nicht wirklich humanen Orientierungswerten beschrieben, die den infantilen Massenmenschen allenfalls ansatzweise ahnen lassen, was überhaupt Menschenwürde ausmacht. Nicht zufällig bezeichnen sich Religiöse als „Kinder“ Gottes und auch andere Gesellschaften sprechen von ihren Führerpersönlichkeiten als „Vater“ oder „Mutter“; es verdeutlicht sich das Anlehnungsbedürfnis.

     Unter moralischen Gesichtspunkten müssen die Triebe in der Tierwelt als wertfrei gelten, erst der Mensch macht sich Gedanken und befrachtet die ihn ebenso beherrschenden Triebe mit Bewertungen, Sublimierungen und vor allem Mysterien. Zum einen mag die Triebintensität den Menschen immer wieder sich selbst hinterfragen lassen, zum anderen sind es aber von Religionsstiftern und Herrschern aufgestellte Normen zur sogenannten Triebbeherrschung, die zu Mythen und Tabus führen, letztlich zu individuellen Verunsicherungen, auf die sich Herrschaftssysteme bevorzugt stützen. Die Machtausübung und ihre Absicherung gelingen umso leichter, je undurchsichtiger der Ethos des Moraldschungels vor allem im Wechselspiel mit Doppelmoral wird. In allen bisherigen Kulturen erfahren die animalischen Triebe, man sollte besser von biologischen Trieben sprechen, die Verbiegung in bisweilen absonderliche Tabus. Dies zu hinterfragen, gar als Dummheit zu enttarnen, bedeutet für den Nonkonformisten die eigene Ausgrenzung, Ächtung durch die Masse und oft ganz selbstverständlich den Tod – leise oder im Zuge eines Schauprozesses.


© Raymond Walden 

 

Donnerstag, 29. Oktober 2020

Sequenzen von Skepsis (386)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4943

O ihr Leichtgläubigen, lasst euch doch nicht ins Bockshorn jagen: So mancher sich wissenschaftlich Gebärdende, ob mit oder ohne Qualifikation, läuft der eklatantesten Dummheit den Rang ab und koaliert opportunistisch, offen oder getarnt, auch mit der Bosheit. Es ist der Verrat an ehrbarer Wissenschaftlichkeit, der sich den Religionen und Ideologien zum Zwecke subjektiver egoistischer Vorteilsnahme und gebieterischer Herrschaftsansprüche andient.


4944

The American way of life“ and killing, as well, bedeutet Täuschung von Anbeginn mit dem gegenwärtigen Aufbegehren der wahren, schonungslosen Fakten. Von wegen „Fake“!


4945

Deutsche Leitkultur“ ist der mit wabernden Floskeln schillernde Betrug an der nicht verstandenen Demokratie. Das Geschwür bricht nun auf und infiziert zuerst freiheitliches Gedankengut.


4946

Chinas menschenverachtender Kommunismus bedient sich eines kapitalistischen Wolkenkratzer-Gehabes, um sich nach innen wie außen als „weltoffener“ Partner anzubiedern, der aber realiter das Individuum auszumerzen sucht, um es in Vermassung einzuschmelzen.


4947

Des Schlafens tief entspannte Genüsslichkeit ruht in aufgeklärter Gelassenheit. Aber was ist das? Vielleicht doch nur egoistische Gleichgültigkeit? Kein Traum gibt Auskunft.


4948

Regierungsamtliche Dummheit fällt nicht vom Himmel, sondern wurzelt tief in erdiger, horizontarmer Bevölkerung, rund um den Globus.


4949

Diktatur entsteht zu oft unter naiven und wohlmeinenden Zustimmungen.


4950

Volksmassen die glauben müssen, weil sie glauben wollen, sind in jede beliebige Richtung zu führen, wird der Herrschaftsanspruch des Propheten, des „Führers“, nur mit entsprechender „Alternativlosigkeit“ dem Glauben vorangestellt und gebetsmühlenartig als Begründung an sich oktroyiert. Zweifel gelten als Sakrileg und werden in stringenter Folge geahndet, kontrolliert und in auch vorauseilendem Gehorsam, in Bereitschaft zur Denunziation und Verleumdung niedergemacht.


© Raymond Walden



Mittwoch, 28. Oktober 2020

Menschliches Glauben: „Meinen Frieden gebe ich Euch.“ (S. 186)


1999


Der Herr hat zu seinen Aposteln gesagt: Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Deshalb bitten wir: Herr Jesus Christus, schau nicht auf unsere Sünden, sondern auf den Glauben deiner Kirche und schenke ihr nach deinem Willen Einheit und Frieden.“ (Quelle. „Friedensgebet“ 364,2 im „Gotteslob“, Katholisches Gebet- und Gesangbuch, Jungfermannsche Verlagsbuchhandlung, Paderborn, 1975)

     Das Zitat beweist, dass es der katholischen Kirche in erster Linie an ihrer Einheit und ihrem Frieden gelegen ist. Globaler Frieden steht nicht im Vordergrund, wie soll er auch, betrachtet man die Friedensphilosophie des Matthäus-Evangeliums 10, 34-36: „Glaubet nicht, ich sei gekommen, Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit der Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Und die Feinde des Menschen werden seine (eigenen) Hausgenossen sein.“

     Allein, das „Schwert“ existierte bereits vor dem „Erscheinen“ des Herrn; das „Kommen“ war nicht nur überflüssig, sondern überaus kriegfördernd.

     Gerhard Konzelmann lieferte ein Dokument aus dem historischen Afrika. „Als aber im Frühjahr 1506 Jao I., der erste christliche König des Kongo stirbt, wird Don Afonso sein Nachfolger. Er gruppiert die Stämme, die ihm treu ergeben sind, um seine Hauptstadt. 36 Häuptlinge schwören, dem Kreuz zum Sieg zu verhelfen. Über den Verlauf der letzten Schlacht berichtet ein Brief des Portugiesen Paiva Mauso: ‘Wir riefen den heiligen Jakob , den Apostel an. Kurz darauf sahen wir, wie ein Wunder geschah. Die Feinde drehten uns den Rücken zu und flohen, so schnell sie konnten. Die Flucht erschien uns rätselhaft. Wir folgten ihnen und erschlugen viele. Keiner unserer Männer verlor sein Leben. Erst nach dem Sieg erfuhren wir den Grund der Flucht. Einer der Gefangenen sagte uns, über unserem Haufen sei plötzlich ein großes weißes Kreuz sichtbar geworden. Dieses Kreuz habe die Flucht ausgelöst. Das Zeichen war gerade geschehen, als wir den heiligen Jakob um Hilfe angefleht hatten.’

     Der zweite christliche König des Kongo regiert mit der gewohnten Grausamkeit afrikanischer Herrscher: Seinen Rivalen Mpanza a Nzinga läßt er foltern und töten. Die Verwandten, die das Bekenntnis zum Christentum verweigerten, werden bestialisch ermordet. Seine Mutter – auch sie will keine Christin werden – muss sich auf eine Matte legen, die über eine offene Grube gespannt ist. Als die Mutter standhaft bleibt, befiehlt der König, die Verspannung der Matte zu lösen: Die Frau fällt in die Grube und wird mit Erde zugedeckt. Über der lebendig begrabenen Mutter tanzen die Soldaten des Königs Afonso.“ (Konzelmann, G.: „Sie alle wollten Afrika“, Bastei-Lübbe-Taschenbuch, Band 65036, S. 73, 74)

     Nichts, so scheint es, hat sich verändert, auch an der Jahrtausendschwelle verehren in allen Erdteilen Glaubensfanatiker ihre selbstgebastelten, parteiischen Götter. Und mit diesen im Rücken lassen sich ungehemmt Kriege führen.

     „Frieden ist möglich“, meint Franz Alt, indem er die Bergpredigt und alle möglichen Religionen als humane Kraftreserven anbietet: „Das Christentum des Jesus von Nazaret hat mit dazu beigetragen, Menschenopfer und Sklaverei zu überwinden. Warum sollte es heute - zusammen mit anderen Religionen – nicht den entscheidenden Beitrag zu einer Friedensethik als Voraussetzung für Frieden leisten? Wo sonst – wenn nicht im Buddhismus und Hinduismus, im Judentum und Christentum, im Islam und Shintoismus – liegen die ethischen Kraftreserven für Humanität?“ (Alt, F.: „Frieden ist möglich“, R. Piper & Co, München, 1984, S. 104)

     Das ist die eigentliche Tragik; hatten die Religionen nicht Jahrtausende (bei geringerer Erdbevölkerung als heute) Zeit zur Bewährung? Bezeichnend ist darüber hinaus, dass Alt inzwischen nicht unerwartet in der wundersamen neuen Welle der Esoterik ebenso Wahrheiten erkennt. Aber auch das legt er seinen Lesern nahe: „Das neue, 2000 Jahre alte Menschenbild der Bergpredigt ist ein Aufruf: Entscheidet euch gegen das Gesetz der Gewalt und Vergeltung für das Gesetz der Liebe und Vergebung! – Bedenkt, dass ihr Menschen seid, und vergesst alles andere! Arbeitet an der Überwindung des unmenschlichsten aller Dogmen: dass der Mensch unverbesserlich sei! Die Kirchen lehrten bisher eine heillose Welt oder ein weltloses Heil. Doch seit der Bergpredigt könnten wir wissen: Das Heil ist nicht weltlos, und die Welt ist nicht heillos. Wenn wir mitarbeiten an der Heilung der Welt – dann werden wir verstehen und erfahren: Frieden ist möglich.“ (Quelle wie zuvor, S. 117)

     Wie wahr! Das Heil ist nicht weltlos. Die Vielzahl der Prediger und ihre Gefolgschaften haben die Welt bis an den Rand der Hoffnungslosigkeit heillos gemacht. Ich gestehe Franz Alt lautere Gesinnung zu, sein Engagement, zum Frieden zu überzeugen, verdient Achtung. Dennoch fällt mir dabei Friedrich Nietzsche ein: „Keine Macht lässt sich behaupten, wenn lauter Heuchler sie vertreten; die katholische Kirche mag noch so viele 'weltliche' Elemente besitzen; ihre Kraft beruht auf jenen zahlreichen priesterlichen Naturen, welche sich das Leben schwer und bedeutungstief machen, und deren Blick und abgehärmter Leib von Nachtwachen, Hungern, glühendem Gebet, vielleicht selbst von Geißelhieben redet; diese erschüttern die Menschen und machen ihnen Angst: wie, wenn es nötig wäre, so zu leben? – dies ist die schauderhafte Frage, welche ihr Anblick auf die Zunge legt. Indem sie diesen Zweifel verbreiten, gründen sie immer von neuem wieder einen Pfeiler ihrer Macht; selbst die Freigesinnten wagen es nicht, dem derartig Selbstlosen mit hartem Wahrheitssinn zu widerstehen und zu sagen: „Betrogener du, betrüge nicht!“ (Nietzsche, F.: Menschliches Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister; Werke in zwei Bänden, Band I, Carl Hanser Verlag, München, 1967, Lizenzausgabe für Bertelsmann, R. Mohn OHG, Gütersloh, Buch Nr. 5879, S. 268)

     Seit Menschengedenken gibt es keinen religiös fundierten Frieden, nein, viel schlimmer noch, fast jede kriegerische Auseinandersetzung besitzt einen religiösen Hintergrund. Nietzsche hat den Betrug realistisch genug skizziert: „Wenn wir eines Sonntagmorgens die alten Glocken brummen hören, da fragen wir uns: ist es möglich! Dies gilt einem vor zwei Jahrtausenden gekreuzigten Juden, welcher sagte, er sei Gottes Sohn. Der Beweis für eine solche Behauptung fehlt. – Sicherlich ist innerhalb unserer Zeiten die christliche Religion ein aus ferner Vorzeit hereinragendes Altertum, und dass man jene Behauptung glaubt – während man sonst so streng in der Prüfung von Ansprüchen ist --, ist vielleicht das älteste Stück dieses Erbes. Ein Gott, der mit einem sterblichen Weibe Kinder zeugt; ein Weiser, der auffordert, nicht mehr zu arbeiten, nicht mehr Gericht zu halten, aber auf die Zeichen des bevorstehenden Weltuntergangs zu achten; eine Gerechtigkeit, die den Unschuldigen als stellvertretendes Opfer annimmt; jemand, der seine Jünger sein Blut trinken heißt; Gebete um Wundereingriffe; Sünden an einem Gott verübt, durch einen Gott gebüßt; Furcht vor einem Jenseits, zu welchem der Tod die Pforte ist; die Gestalt des Kreuzes als Symbol inmitten einer Zeit, welche die Bestimmung und die Schmach des Kreuzes nicht mehr kennt – wie schauerlich weht uns dies alles, wie aus dem Grabe uralter Vergangenheiten an! Sollte man glauben, dass so etwas noch geglaubt wird?“ (Quelle wie zuvor, S. 297, 298)

     Menschenwürde als Wertmaßstab verbietet sowohl die diktatorische Unterwerfung wie die versteckte, sich freiheitlich gebärdende Indoktrination, die sich geschäftsmäßig und machtgierig der Lüge und Täuschung bedient. Am Menschen und nicht an einer der unzähligen vermenschlichten Götterfiguren orientiert sich die Menschenwürde. Sie erfordert einen sorgsamen Umgang mit den Menschen und ihrer physischen Umwelt. Fortschreibung des ganz irdischen Lebens, keinesfalls Lebenszerstörung, ist menschenwürdiges Gebot.

     Menschen hätten nirgendwo im All ein Refugium. Unser Platz ist die Erde und es wird keine Emigrationsmöglichkeit geben. Die Menschheit lebt hier und jetzt, oder sie wird dem Tod irgendeiner unbedingten Theologie oder Ideologie die Treue schwören.

     „Sogleich aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne sich verfinstern, und der Mond wird seinen Schein nicht mehr geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Und dann wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen. Und dann werden alle Völker der Erde wehklagen, und sie werden den Menschensohn auf den Wolken des Himmels kommen sehen mit großer Macht und Herrlichkeit. Und er wird seine Engel aussenden mit lautem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten sammeln von den vier Winden her, von einem Ende des Himmels bis zum anderen.“ (Bibel; Matthäus, 24, 29-31, Herder, Freiburg i. Br., 1966)

     So sieht das Ende nach der allgegenwärtigen christlichen Vision aus (wissenschaftlich eine Aneinanderreihung von grotesken Albernheiten); bei anderen Kulturen nicht minder abschreckend und verwandt masochistisch, auf die Ewigkeit vertröstend. Deshalb ist Religion nicht imstande, global das Leben menschenwürdig zu gestalten.

     Es stimmt, was Friedrich Schiller in seinem „Don Carlos“ den Großinquisitor sagen lässt: „Vor dem Glauben gilt keine Stimme der Natur“. (Schiller, F.: „Don Carlos“, 5. Akt, 10. Auftritt) – Der Mensch ist Teil der Natur, Religionen hingegen sind künstlich ausgeklügelte Machwerke gegen die Natur unter missbräuchlicher Ausnutzung der natürlichen menschlichen Gefühlswelt. Religion ist so abgehoben, dass sie Frieden predigt, lokalen Frieden bisweilen vortäuscht und in zeitlich und geografisch ausgedehnteren Räumen einen Krieg nach dem anderen heiligt. Ein Hohn auf die Würde des Menschen!


© Raymond Walden


 

Dienstag, 27. Oktober 2020

„Lebst“ du noch, …

 


...oder pandemierst auch du,

indem du geistig nur noch aufnimmst,

was im „Institut“ gekocht wird,

was lauter den „Bach“ hinuntergeht

ins Tal medialer Hysterie,

wo Aerosol-Wolken die Sicht verschleiern und den Verstand benebeln?


Ah, ich sehe dich maskiert. – Keine Panik!

Ich halte Abstand,

dass dich kein ungegartes Denken infiziere,

keine dem Bachlauf nicht mitschäumende Argumentation,

welche dich in „Quarantäne“ drängen könnte,

ausgegrenzt als „Leugner“, „Querdenker“, „Rechts- oder Linksradikaler“,

Gesellschaftsschädling“, „Verschwörungstheoretiker“,

sogar als „Verfassungsfeind“.


Ich gehe schon – wir sehen uns!

Bis bald, vielleicht, demnächst, einmal.

Natürlich wünsche ich dir Gesundung.

Wenn du weißt, was ich sagen will.

Du ahnst es nicht.


Verantwortungsvoll, hygienisch kultiviert wie immer schon,

und achtsam ziehe ich mich zurück,

bedrückt und in Trauer um uns, da nun Vieles stirbt – so vorzeitig.


Ohne Angst aber will ich leben,

intelligent und fundiert aufrichtig,

mit Menschen wacher Aufgeklärtheit,

wo immer sie sich menschenwürdig und rücksichtsvoll,

freiheitlich-demokratisch und emanzipiert zu erkennen geben.




Montag, 26. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Wer ist Jude? (S. 185)


1999


Die Deutschen sind keine „Herrenrasse“ und waren es auch nie, deprimierender konnte die Selbstüberhöhung der Nazis nicht enden als in millionenfachem, weltweitem Leid, mit der Bankrotterklärung der Menschlichkeit. Und nichts anderes steht zu erwarten, wenn sich andere Völker für „auserwählt“ halten, weil ihnen die jeweiligen Politiker oder Religionsfürsten dies suggerieren. Im Besonderen meine ich das orthodoxe Judentum. Laut einer dpa-Meldung vom 14.2.1985 haben die Anhänger dieser Religion wirklich weltbewegende Sorgen: „Jüdische Frauen dürfen sich nach Auffassung des orthodoxen Oberrabbinats in Jerusalem nur künstlich befruchten lassen, wenn der Samenspender kein Jude ist. Eine künstliche Befruchtung mit dem Samen eines Juden halten die Oberrabbiner für unvereinbar mit dem jüdischen Religionsgesetz. ... Die Zugehörigkeit des mit dem Samen eines nichtjüdischen Spenders gezeugten Kindes zum Judentum bleibt gesichert: Jude ist nach uralter Definition derjenige, der eine jüdische Mutter hat.“

     In diesem Zusammenhang wiederhole ich mich: Aufgrund der einander widersprechenden und befehdenden Religionen ist es unsinnig und dem Frieden keineswegs zuträglich, irgendeine Religion in staatsbestimmende Funktionen zu erheben.

     Insgesamt drei Stunden widmete das Westdeutsche Fernsehen am 9.12. und 16.12.1996 Professor Yeshayahou Leibowitz aus Israel. Der Mann, eine im Lande umstrittene „graue Eminenz“, stellte sich aber eigentlich als exemplarischer religiöser Chaoszeuge dar. Unter Berufung auf Religionsschriften folgerte der Gelehrte (wobei mir nicht ganz klar wurde, inwieweit Ironie eine Rolle spielte): „Über Werte kann man nicht streiten, sondern nur Krieg führen.“ Man könne Werte also nicht auf Verstandesebene begründen und vermitteln. Das allerdings meint ja wohl im Klartext, dass Religion als ein Wert der jeweiligen Gesellschaft nicht hinterfragt werden könne, dass es das Schicksal der Menschheit sei, sich immer wieder auf religiöser Basis zu zerfleischen. Leibowitz forderte nun keineswegs zum Krieg auf, sondern verlangte – für die israelische Regierung äußerst unangenehm – nach mehr Demokratie durch Minimierung des Staates über das Individuum. Er beklagte zutreffend die Unterdrückung der Menschenrechte und Anwendung der Folter durch den israelischen Staat in den besetzten Palästinensergebieten. Er forderte sogar die jungen Israelis zur Kriegsdienstverweigerung in den okkupierten Landesteilen auf und wurde nicht müde, die Parallelen des israelischen Nationalismus zum Hitler-Regime aufzuzeigen: „Es gibt Juden-Nazis!“

     Die vielen Gründe für den religiös-orthodoxen Einfluss – das wird öffentlich geschickt verschwiegen - liegen, wie wir zuvor bei der Definition der Zugehörigkeit zum Judentum erfahren haben, in einem radikalen Sendungsbewusstsein, welches demokratische Prinzipien an sich rigoros ablehnt, für die eigene Ideologie aber vehement einfordert. Vergessen wir nicht, dass der so religiös geprägte Staat Israel, unfriedlich im Innern wie nach außen, als Produkt amerikanisch-westlicher Protektion besteht, begründet in einem einflussreichen Judentum in jenen Staaten. Trotz der Netanjahu-Regierung bleibt die Hoffnung, dass sich auch in Israel eines Tages das Volk durchsetzen und seine Regierung die Kraft haben wird, den ganzen Bibelballast diplomatisch geschickt zugunsten einer weltoffenen Humanität abzubauen. Im globalen Interesse kann man dem israelischen Volk nur Glück wünschen auf seinem Weg in einen demokratisch verankerten Frieden mit seinen ihrer Religion wegen ebenfalls religiös äußerst problematischen, weil fundamentalistischen Nachbarn.


© Raymond Walden



 

Sonntag, 25. Oktober 2020

Mögen Sie Aphorismen?

 


Wie wäre es mit einer geballten Ansammlung aus meinen weit über 5000 Sprüchen aus 16 Jahren?

Ich traf auf sie überraschenderweise im Internet.

Besonders in diesen nachdenklichen Zeiten lade ich Sie/Euch zu einem Treffen „vor Ort“ ein:


Raymond Walden auf QuotesBox 



Samstag, 24. Oktober 2020

Die Suche nach Leben


Wir suchen nach Leben

da draußen im Weltall

und finden es schwerlich hier

in unserem Jenseitswähnen,

in unserem tötenden Wachstum,

in unserem überhitzten Selbstverstehen,

überempfindlich, aber anspruchsvoll,

in Angst getrieben, panisch, chaotisch

zu frostigem Hass und Widersinn,

zu diktierter Willkür

im Trachten nach dem Leben

von Anderen,

die unsere Einfalt zu Feinden deklariert,

sie tatsächlich zu solchen werden lässt,

denn sie sind wie wir:

Feinde ihres wie unseres Selbst.


Sinnloses Klagen?

Mag sein.

Das Kosmonomische Manifest wäre ein Aufbruch. 

 

 

 

Freitag, 23. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Und Gott schuf (S. 182)

 


1999


Sich immer wieder mit „Offenbarungsschriften“ auseinandersetzen zu müssen, bereitet dem Skeptiker durchaus Unbehagen. Es mag daher exemplarisch der „Erste Tag“ der biblischen Genesis ausreichen, die geistliche Finsternis auszuleuchten. Zunächst der Original-Bibeltext: „Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Die Erde aber war wüst und leer. Finsternis lag über dem Abgrund, und der Geist Gottes schwebte über den Wassern. Da sprach Gott: 'Es werde Licht!' Und es ward Licht. Gott sah, dass das Licht gut war, und Gott schied zwischen dem Licht und der Finsternis. Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte er Nacht. Es ward Abend, und es ward Morgen: erster Tag.“ (Herder, Freiburg, 1966)

     Eine solche Erzählung mag naiven, unwissenschaftlichen Menschen gefallen, spätestens seit Galilei (1564-1642) stellt sie eine Verwerfung menschlicher Intelligenz dar. Bis heute wurde die Bibel immer wieder wörtlich verstanden und hat zu allen möglichen Diskussionen geführt, so konfus ist das Werk.

     Wo nun in den wenigen Industriestaaten der Skeptizismus Einzug gehalten hat, erklärt der Klerus, man müsse die Bibel symbolisch, nicht Wort für Wort „annehmen – übrigens eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zu allen Mysterien von Aberglaube und Esoterik. Damit reduziert sich Religion selbst zu billigem Symbolismus.

     Sonne und Planeten entstanden nach einer inzwischen allgemein anerkannten Theorie aus einer gemeinsamen kosmischen Urwolke, alles darin war zunächst heiß und hell. Entsprechend widersinnig nimmt sich die Bibel aus: „Die Erde aber war wüst und leer. Finsternis lag über dem Abgrund (welchem?), und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.“ Wasser war zu diesem Zeitpunkt unmöglich, laut Bibel „sprach Gott“ erst danach: „Es werde Licht.“ Es war längst da! Und dann „sah Gott“, „dass das Licht gut war.“ – Die Finsternis etwa nicht? Aber es herrschte ja im erst werdenden Planetensystem noch kaum Finsternis, glühten doch alle Körper, sodass es noch nirgends „Tag und Nacht“, Morgen und Abend gab. Und erst nach der Erschaffung des Lichts „schied Gott zwischen dem Licht und der Finsternis“ – Eine absolute Unmöglichkeit, denn Licht heißt Gegensatz zur Dunkelheit; mit Licht war auch gleichzeitig Schatten vorhanden. Selbst wenn man die Bibel nur symbolistisch sieht, offenbart sich eine, wenn auch historisch verständliche, Überforderung der „Genesisautoren“. Abgesehen von grotesken Widersprüchen zur realen Welt, sei die Frage nach der Qualität einer Gottheit gestattet, die etwas schafft (Licht) und erst im Nachhinein „sieht“, „dass es gut war“. Der Gott hätte sich also auch irren können (wenn es schlecht gewesen wäre)?

     Nein, wir leben keineswegs in einer aufgeklärten Zeit, vielmehr befinden wir uns noch im „Mittelalter“, welches sich heute zwar feiner präsentiert, aber unverändert blutig durchzusetzen weiß. Grausam und finster, deprimierend, inquisitorisch, unhygienisch und krank gestaltete sich das Leben seinerzeit. Und heute dauert die Umnachtung fort, weil wenige „zivilisatorische“ Staaten für ihr Wirtschaftswachstum, während sie gleichzeitig das Hochhalten der Menschenrechte heucheln, den weitaus größeren „Rest der Welt“ aushungern. Mir fallen die „Aasgeier“ (so nennt man die Armen) von Manila ein, die auf den Müllhalden nicht nur nach verwertbaren Resten suchen, sondern in dem permanenten Gestank ihre Wohnhütten aus Abfall aufbauen. Die katholische Kirche bekämpft gleichzeitig alle Bemühungen der philippinischen Regierung zur effektiven Geburtenkontrolle! Ein Seelsorger findet gar nichts dabei und erklärt den Zuschauern der ARD am 1.9.1994, die Menschen sähen doch gar nicht so unglücklich aus, das heißt, sie kämen mit ihrem Kinderreichtum in diesem Elend gut zurecht. – Zynisches Christentum! Es knechtet die sowieso Besiegten. Den Hoffnungslosen und den Sterbenden nimmt man auch noch das Letzte und vertröstet sie traditionell auf das Jenseits. Wüssten sie, wie man sie betrügt, wäre ihr Dasein noch tragischer, so eine Steigerung überhaupt möglich ist.

     Doch wenden wir uns noch einmal den kosmischen Gesichtspunkten der christlichen Religion zu, die bedingt auch für andere Offenbarungslehren stellvertretend sein kann.

    Völlig in den Bereich subjektiver Trugbilder gehören „himmlische“ Erscheinungen der „Mutter Gottes“ in Lourdes, Engels- oder Teufelsbegegnungen und so weiter. Jesus und, nach vatikanischer Behauptung, auch Maria seien leiblich in den Himmel aufgefahren. „Leiblich“ meint physisch! Wo also ist der physische Himmel, in dem sich Jesus, Maria usw. aufhalten? Diese Frage ist nicht zu verwechseln mit Gagarins provokatorischer Suche nach Gott im Kosmos, denn „Gott“ wird ja nicht als körperliches Wesen definiert.


© Raymond Walden



Donnerstag, 22. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Die Besch(n)eidung des Herren (S. 180)

 


Februar 1998


Am 8.1.1998 höre ich im Autoradio die Geschichte von Samira – ihr Name ist natürlich geändert worden – aus Kairo. Sie ist Mutter von fünf Kindern und wie alle Frauen in ihrer Umgebung beschnitten. Der Islam – und niemand sonst – feiert hier Hoch-Zeit. Eine Tochter Samiras ist inzwischen zwölf; Verwandte und Freunde drängen schon und fragen, wann die Beschneidung erfolgen solle. Und trotz der eigenen schmerzhaften Beschneidungserfahrung wird die Mutter auch ihre Tochter einem Kurpfuscher ausliefern, die Schmerzen dem Mädchen gegenüber verharmlosen und es auf die nachfolgenden Geschenke vertrösten. Irgendein mohammedanischer Gottesdiener erklärt dem Radiohörer, dass solche Beschneidungen zur Kontrolle nötig seien, da sonst die Frauen hemmungslos der eigenen Lust verfallen, ihrem zukünftigen Manne untreu werden könnten. Sinngemäß führt er aus: Wir schneiden doch nur alles Äußerliche ab. Die Frauen verlieren nicht ihre Sensitivität und können ihre Jugend mit ihrem Mann ungehindert genießen.

     Tatsache hingegen, und das betont der Radiobericht ausdrücklich, ist die geschlechtliche – äußerliche wie innerliche – Verstümmelung unter haarsträubenden medizinisch-hygienischen Verhältnissen. Die übliche männliche Beschneidung (das Entfernen der Vorhaut) dürfte, wenngleich ebenfalls äußerst schmerzhaft, eine Bagatelle sein gegenüber der Abtrennung von Klitoris und Schamlippen bei den Mädchen. Im christlichen Bereich (Jesus wurde beschnitten) sind Beschneidungen auch verankert, aber seltener und sie beschränken sich auf Jungen, z.B. auch in Nordamerika.

     Im „Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt“, Nr. 3, 1998 diskutierten Leser, Fachleute und Journalisten über „Beschneidung als Asylgrund?“ – Asyl oder Nichtasyl sind halt unendliche akademische Modethemen, dennoch geht eine derartige Verpackung für das Gräuel Beschneidung am Kern des Problems vorbei, denn die Mädchen, die beschnitten werden, sind Kinder, die kaum als Asylanten in Frage kommen, weil sie fest in der Gewalt ihrer jeweiligen Gesellschaften stehen.

     Als in den Niederlanden diskutiert wurde, ob junge Menschen ab zwölf Jahren als Geschlechtspartner juristisch und gesellschaftlich akzeptabel seien, ging ein Aufschrei durch die Reihen der Konservativen, doch ich frage: Wer schändet die Menschen, die sexuell Liberalen oder die „Herren“, die auf göttliche Berufung hin ihre eigene, offenbar unberechenbare Lust zu beschneiden suchen, indem sie Frauen verunstalten und in Schleier einwickeln? Religiöse Sexualfeindlichkeit ist das eigentliche Machtmittel der Muftis und Popen; wir sehen uns mit einer permanenten Doppelmoral konfrontiert, aufgebaut auf der vielfachen Zerstörung von Persönlichkeiten, verursacht durch Unmenschen, gezeugt von „Göttern“, deren Ursprung und ewiger Quell die vererbte Dummheit ist.


© Raymond Walden



Mittwoch, 21. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Religion in Deutschland-Radio Berlin (S. 179)

 



Juni 1996


Täglich um zwölf Uhr läutet auf den Frequenzen von Deutschland-Radio Berlin die Freiheitsglocke, eine Stiftung der USA in Erinnerung an die Berliner Blockade 1948/49, und es werden pathetische Sätze verlesen.

    Obgleich in der Zeit der Zerrissenheit der Stadt diese Symbolik für Millionen Menschen Ausdruck feierlicher Hoffnung war, die ich nachvollziehen kann, drängt es mich zu Zwischenrufen.

     Ich glaube an die Unantastbarkeit und die Würde jedes einzelnen Menschen.“

     Na, bravo!

     „Ich glaube, dass allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde.“

     Welcher Gott gab unter welchem Namen seinen Propheten und irdischen Verwaltern gleichere Rechte als den einzelnen Menschen, die in verfeindeten Glaubensrichtungen von Geburt an gefangen und unterjocht werden?

     „Ich verspreche, jedem Angriff auf die Freiheit und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo immer sie auftreten mögen.“

     Damit müsste der Versprechende weltweit gegen ein illustres Heer von Göttern antreten! Die könnte er zwar mit Logik und Geist spielend besiegen, doch setzten vor diesen Triumph die Götter die Dummheit, „gegen welche nun selbst die Himmlischen vergebens kämpfen“.

     Aber der Gelobende soll ja angespitzt werden für den bedingungslosen persönlichen Kampf im Dienste der gegeneinanderstehenden Systeme – und dies freilich exemplarisch unter einem Papsttum, das jetzt sein letztes Jahrtausend erleben muss: Entweder geht es unter und die Menschheit besteht fort, oder es bereitet sich und der Menschheit durch selbsterfüllende Prophetie das Ende!

     Ich hingegen verspreche nichts, aber ich kann gar nicht anders, als in meinem Umfeld „Freiheit von Religion“ zu propagieren, ausschließlich argumentativ, gemäß demokratischen Grundsätzen. Erst Freiheit von Religion bedeutet größtmögliche, aber niemals grenzenlose Freiheit.


© Raymond Walden



Dienstag, 20. Oktober 2020

Gefragt zu sein

 


Manche Person wird erst nach ihrem Tode zu einer „gefragten“.

Dann erzählt sie, was sie zuvor schon gesagt,

was aber kaum jemand zur Kenntnis genommen,

in der routinierten Eile des Alltags höchstens verschwommen.

Da die Lippen nun schweigen,

beginnt sich ein Leben zu zeigen,

neben dem man einhergegangen in ziemlicher Verkennung;

war es Achtlosigkeit oder eigene Interessen- und Ansichtentrennung?


Man hätte …, denkt man im Nachhinein,

doch zu solchem Versäumen fällt kaum etwas Entlastendes ein.


Der Tod bleibt davon unberührt,

das Weiterleben aber vielleicht anvisiert

im Bewusstsein eigener Oberflächlichkeit

mit dem Vorsatz zu offenerer und tieferer Tatsächlichkeit.

 

 

 

Montag, 19. Oktober 2020

Eins zu sein

 

Fühlst du dein Herz schlagen

wie ich meines?

Ich höre auch deines.

Und du? – Gelegentlich meins?

Dann könnten wir vorsichtig vertrauensvoll sagen:

Wir sind eins.“


Für andere mag das süßlich klingen

im vielleicht vergeblichen Ringen

um Freundschaft, nach Liebe.

Im Bewusstsein unseres Seins

aber bliebe

Herzlichkeit

die Verwirklichung eigener, unverfälschter Menschlichkeit.

 

 

 

Sonntag, 18. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Der Segen der Waffen (S. 179)

 


Februar 1996


Trotz Friedensabkommens, trotz Friedensverhandlungen und Gewaltverzichtsversprechungen bomben sie weiter wie eh und je, beispielsweise in Nordirland und London, im Kaukasus, in Algerien, in Israel; und in Teheran fallen die Schwiegersöhne Saddam Husseins einem Blutracheakt des Familienclans zum Opfer. Religiöse Eiferer und nationalistische Blindheit, letztere zumeist ausgehend von den ersteren, führen feierliche Friedenszeremonien auf, um sie schon während der Paraphierung mit der gottestreuen Option der Vernichtung des Andersgläubigen auszustatten. Das ist der primitive Teufelskreis der Religion, denn gemäß gläubiger Einfalt herrscht auf Erden vorwiegend das Böse; man könnte meinen, Gläubige glauben zunächst einmal an den Teufel. Christlichen Optimismus verkündet indes ein Autoaufkleber: „Gott liebt jeden Menschen“. Also auch Saddam Hussein und Konsorten?

     Der Allmächtige muss auch über Kardinal Meissner das Füllhorn der unsäglichen Liebe geöffnet haben. Laut „Monitor“, ARD, 15.2.96 entblößte der Kirchenmann sein kriegstechnisches Verständnis: „In betenden Händen ist die Waffe vor jedem Missbrauch sicher.“ Dem Lexikon entnehme ich, dass der Herr „Mitglied des Sekretariats für die Nichtglaubenden“ ist. – Unglaublich!


© Raymond Walden

 

 

Freitag, 16. Oktober 2020

Sequenzen von Skepsis (385, „Pandemie“-Edition)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4931

Mündige Bürger schweigen nicht, sondern melden sich verfassungskonform zu Wort. Es ist höchste Zeit.


4932

Pandemisten agieren als impertinente Verunsicherer einerseits und erstarren andererseits in unsinnigen Widersprüchlichkeiten.


4933

Die pandemierte Gesellschaft verliert jeglichen Bezug zur freiheitlichen Demokratie und strebt darüber hinaus den Abbau, ja die Zerstörung der mündigen Bürgermitbestimmung an.


4934

Schonungslos zeigt sich die umfängliche Pseudowissenschaft der politischen Pandemisten in ihrer hoffnungslosen Zerstrittenheit untereinander, in ihren willkürlichen Entscheidungsdiktaten einer sich pandemisch enttarnenden Inkompetenz bei freilich ungebrochener Machtgier und dreister Arroganz.


4935

Glaube mir, zu wissen ist härter als zu glauben, denn Freiheit basiert auf Wissen, auf der Lebenstüchtigkeit. „Härter“ meint folglich „sicherer“, entsprechend lebensmutiger, zuversichtlicher, realitätsbezogen und illusionsfrei.


4936

Naturtümelnde Politik übergeht Naturgesetze mühelos durch Ideologie.


4937

Die Disziplin, die Wissen schafft, lehnt sich an die Wissenschaft, dass man sie pflege und vermehre in freier Forschung und Lehre.


4938

Es ist wie immer schon, die hysterisch verängstigte Menge hat Angst davor, irgendjemand könnte ihr die Angst nehmen.


4939

Gegen ein „weltweit“ koordiniertes Chaos, gegen einen solchen Widerspruch in sich, kommt der Einzelne nicht an. In Anbetracht dessen empfiehlt sich Abstand mit Anstand und Achtsamkeit, mit Sachverstand, in Abwägung mit Augenmaß, auch durch Abstinenz oder gänzliche physische Abwesenheit, denn die Gefährdung ist doppelter Natur: durch tatsächliche körperliche Infektion einerseits, durch unkontrollierbare geistige Anfeindung andererseits. Es ist sinnlos, über Glaubensfragen, gegen Religion und Pseudoreligion in unmittelbarer persönlicher Konfrontation zu streiten.


4940

Ohne ein geistiges Zuhause lässt sich kein Glück finden. … Dieses Zuhause sollte man vor allem in Eigenleistungen errichten, um nicht für Indoktrinationen lebenslang „Miete“ zahlen zu müssen.


4941

O welch ein Martyrium, verfallen auch liebste Menschen dem Wahn, stellen sich sogar in seinen Dienst und werden, mehr noch, zur Gefahr, etwa durch Denunziantentum!


4942

Es ist richtig, „pandemieren“ und „Pandemist“ sind meine spontanen Wortschöpfungen, natürlich ohne „Alleinvertretungsanspruch“. Ich betrachte inzwischen größte Teile der Weltbevölkerung als pandemiert (paniert, eingewickelt) durch Pandemisten (Anschürer), die eine konkrete und auch gefährliche Krankheit bewusst oder total verblendet benutzen, um ihre eigenen Interessensüppchen rigoros zu kochen. Die Methode ist nicht neu, alle namhaften Religionen bedienen sich ihrer seit jeher kompromisslos, ebenso alle demokratiefeindlichen Herrschersysteme und „Freiheitsleugner“. Sic!

Kosmonomische Philosophie distanziert sich davon umfassend.



© Raymond Walden (ARC)

 

 

Donnerstag, 15. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Das Kreuz mit der Religion (S. 177)

 



August 1995



Was atheistische Uneinigkeit (Unfähigkeit?) nicht zustande brachte, schaffte nun ein Anthroposoph: Das Kruzifix in der Schule widerspricht höchstrichterlich der Glaubensfreiheit einer pluralistischen Gesellschaft.

     Religionsfreie Menschen sollten nicht frohlocken, denn die oft allzu opportunen Richter sind der doch merkwürdigen Argumentation eines Sektierers gefolgt. Nicht nur Aufgeklärtheit spricht aus dem Urteil, sondern auch eine Öffnung in Richtung schrulligster Weltanschauungen (die Anthroposophie ist eine solche), wie sie nunmehr seit vielen Jahren in Volkshochschulen und anderen Zirkeln der öffentlichen Trägerschaft massenhaft propagiert werden und in Zukunft wohl in noch größerem Ausmaß durch die pluralistische Gesellschaft hingenommen werden müssen.

     Interessant ist die stürmische Reaktion mancher „Kreuzritter“. Im badischen Südkurier schwärmt ein Kommentator vom „Eintritt in die Kultur“ durch das Kreuzzeichen bei der Taufe. Und der glaubensfeste Waigel (MdB und Minister), den ich im letzten bayerischen Landtagswahlkampf in München auf Wahlplakaten gemeinsam mit seiner Frau für eine intakte traditionelle Familie lächeln sah, obwohl er bald darauf eine andere Frau heiratete, will sich gar starkmachen für eine Überprüfung des Urteils, als seien die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für Christen nicht bindend.

     Durch die aggressive Aufgescheuchtheit so vieler bekennender Christen dokumentiert sich wieder einmal in bedrückender Weise die Tragik der gesamten Menschheit: Provinzialität, Intoleranz und Machtanspruch der Religionen.

     Ob sich durch das Urteil jetzt die in Deutschland besonders verankerte Verfilzung von Staat und Kirche aufweichen lässt? Fatal wäre es, gelangten durch den Richterspruch vermehrt religiöse und rückschrittlich-fundamentalistische Symbole zu einer Aufwertung. Denn wozu heilige Symbolistik führt, wird in Israel überdeutlich, wo die West Bank geräumt werden soll, aber die verschiedenen religiösen Gruppen hart um „The Holiest Hot Spots“ kämpfen, „heiligste, heiße Orte“, wo sich oft, historisch nicht einmal abgesichert, bedeutungsschwere Symbole befinden. Treffend formulierte es Arnon Bruckstein (Tower of David Museum, Jerusalem) in „Newsweek“, 31.7.1995: „Es gibt kaum eine blutigere Geschichte als diese. Heiligkeit ist der besondere Kern von Intoleranz bis ans Ende der Tage“. Und der Redakteur Jeffrey Bartholet fügt hinzu: „Gemäß jüdischer Tradition findet man in Jerusalem das Tor zum Himmel – und gleichermaßen das Tor zur Hölle.“ Zuvor führt er aus: „Einige jüdische Mystiker glauben, dass man, wo immer man eine Konzentration von Heiligkeit antrifft, auch einer größeren Ansammlung des Bösen begegnet.“

     Plausible Hinweise für die Friedensunfähigkeit von Religion.



© Raymond Walden