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Donnerstag, 19. Dezember 2024

Das wäre ein Fest

 


Es ist so erfrischend, so erbauend, so ergreifend und berührend, so viel Hoffnung gebend zu erleben, wie viele Menschen bei Wohltätigkeitsveranstaltungen aktiv werden, Zeit opfern und Millionen von Euro spenden.

Darüber darf aber nicht vergessen werden, dass unvorstellbar viele dieser so hilfreichen und engagierten Menschen politische Parteien favorisieren, die Milliarden von Euro in die Rüstung und Kriegstreiberei pumpen und dass, während auf der Schaubühne festlich das „Jauchzet, frohlocket“ und „O du fröhliche“ intoniert werden, auch deutsche Waffen in zahlreichen Konfliktzonen der Erde Menschen und Infrastrukturen zerfetzen.


Das ist die erbarmungslose Doppelmoral der Menschheit, die man nicht einmal als Bewusstseinsspaltung charakterisieren kann, denn es fehlt sogar schon die Wahrnehmung des Problems vor allem auch in feierlicher Umnebelung.


Die Befreiung aus dieser Finsternis wären unbedingte Fortsetzung und Intensivierung der Wohltätigkeiten bei ebenso eifriger Aktivierung von Friedfertigkeit statt Feindbildhetze, statt eskalierend vorangetriebener „Kriegsertüchtigung“ in „Kriegsmentalität“ mit letztendlichem Abfackeln von Humanität und Zivilisation.

Das wäre ein Fest! 

 

 

 

Freitag, 2. Februar 2024

Sequenzen von Skepsis (597)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


8096

Auf Social Media und Internet schimpfen und lieber den gehässigen Kommentaren und Desinformationen von Staats- und Mainstream-Medien vertrauen, das ist Deutschland von Update zu Update, ein abgeglichenes Abendland, schwindelig ideologisiert, indoktriniert und blasiert weltverbessernd.


8097

Ein Mensch aus Überzeugung kann man erfolgreich nur im Erkennen und Abwehren des Unmenschlichen sein.


8098

Bewusst ein Mensch zu sein und zu bleiben, setzt Bildung voraus, nicht Agitation, Indoktrination und Gewaltverherrlichung.


8099

Es trieb mir einst beim KZ-Besuch in Dachau Tränen in die Augen, auch bei der Rede von Marcel Reif im Bundestag am 31.01.2024 und beinahe bei den Bildern aus dem Krankenhaus in Dschenin, Westjordanland, mit dem agierenden israelischen Tötungskommando. Dazu stehe ich – als Mensch.


8100

Die im Namen von Staaten begangenen Verbrechen sind niederschmetternd und deuten immer auf Pervertierung von Moral in Doppelstandards hin.


8101

Von einer mehrheitlich am Mobiltelefon angepflockten Gesellschaft lässt sich kaum mehr freiheitliches Verhalten erwarten.


8102

Brexit- und Exitlügen haben besonders kurze Beine, quod erat demonstrandum (was zu beweisen war). Die Lügner laufen nicht nur in Großbritannien frei herum.


8103

Eine türkische Partei in Deutschland zur türkischen Einflussnahme auf europäischer Ebene dient lediglich der Integrationsverweigerung türkischer Einwanderer, kann nicht im Sinne einer freiheitlichen Gesellschaft sein, es sei denn, man möchte sie ad absurdum führen.


8104

Demokratie verweigert sich den Staaten, die sie verraten, indem sie der Dekadenz die absolutistische Hofhaltung ermöglichen und ihr schließlich wehrlos unterliegen: Falschheit statt Frieden und Freiheit im Selbstverständnis von Hochrüstung, Gewalt und Krieg.



© Raymond Walden




 

Dienstag, 19. September 2023

Sequenzen von Skepsis (565)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


7760

Hat sich der Teufel in einem Menschen erst einmal eingerichtet, schreckt er vor absolut „göttlichen“ Ansprüchen nicht zurück. Und dennoch handelt es sich lediglich um die Charakterdarlegung eines spleenigen Menschen.


7761

Seit jeher unterliegt die Menschheit in der Weltansicht dem „Fake“ einer Selbsttäuschung mit dem jeweilig verirrten, aber selbstgerechten Anspruch, dem Individuum den Wahnsinn aufzwingen zu müssen, und sei es durch Folter und Hinrichtung.


7762

Waren Generationskonflikte früher besonders in gesellschaftlichen und technologischen Fortentwicklungen begründet, erwachsen sie heute aus umwälzenden Beschleunigungen von Wissenschaft und Technik bei einhereilender Rückwärtswendung der Massen, bedingt durch Bildungsmangel, durch enthemmendes Anspruchsdenken, durch verrohende, wenngleich lähmende Orientierungslosigkeit und Errichtung von Doppelstandards in sämtlichen Lebensbereichen.


7763

Urwüchsige und ausufernde Dummheit hat kein Gewissen, denn es fehlt als Grundvoraussetzung ein Schuldbewusstsein.


7764

Immer zahlreichere Kirchenaustritte und somit auch Hinwendungen zu allen möglichen abenteuerlichen Weltsichten mit entsprechenden Verhaltensauffälligkeiten. Mit Aufklärung hat das nichts gemeinsam.


7765

Um keinen Illusionen aufzusitzen, gilt auch für die alltägliche Lebensbewältigung: Es gibt (bisher?) keine öffentliche kosmonomische Werteordnung, weder global noch regional, sondern lediglich persönliche individuelle, auf Erkenntnissen beruhende Wertigkeiten.


7766

Doppelmoral ist vor allem die Machtkeule der Unmoralischen und dennoch Ausgezeichneten.


7767

Edel sei die Ameise, hilfreich und gut, denn das ist des Menschen Horizont, über den er kaum hinauszuschauen vermag in einer grandiosen, ihn überfordernden Welt. Was wohl Goethe eigentlich meinte?


7768

Deutlicher nur verwirklichen sich Spießigkeit, Pedanterie und Prüderie auf so manchem Campingplatz.


7769

Man unterschätze nicht die mögliche eigene Präsenz in Abwesenheit.


7770

In der Freizeit frei zu sein, erfordert eine Qualifikation zur Freiheit, die verantwortlich bedacht sein will.


7771

Kriegsmüdigkeit“ ist eine opportune Verleumdung der definitiven Ablehnung von Krieg.


7772

Zaudert die Technik, steht hoffentlich Lebenstüchtigkeit zur Verfügung.


7773

Ein reifes Volk, erwachsen geworden durch Aufklärung, ließe sich das Predigen niemals bieten! – Doch das Volk wurde bisher von keiner Sonne erleuchtet.


7774

Nationalismus im Weltraum. – Welch ein Anachronismus, welch ein Antagonismus! Welch eine Ignoranz gegenüber dem Universum!



© Raymond Walden




Donnerstag, 7. April 2022

Irak 2003, Ukraine 2022

 


Zwei geschundene Staaten, jeder durch einen anderen die Menschen verachtenden Aggressor gedemütigt, durch skandalöse Barbaren und Mörder.

Der eine ruchlose Angreifer vertrat und verriet die sogenannten westlichen Werte. Seine gerechte Strafe wurde nicht nur verhindert, seine Verbrecher leben weiter geachtet und geehrt in aller Öffentlichkeit.

Der andere ebenso grausame Aggressor wird aktuell und gerechterweise schon während seiner Schandtaten massiv kritisiert und mit Sanktionen belegt, angeführt aber ausgerechnet von den Lagern, die sich mit der Zerstörung des Irak extreme Schuld aufgeladen oder aber duldsam weggeschaut haben.


Diese Doppelmoral steht exemplarisch für die globale Friedensunfähigkeit, für das sich immer wiederholende exzessive Humanitätsversagen.


Das Kosmonomische Manifest möchte zu ganz anderem Denken und Handeln anregen.

Sie möchten teilhaben?

Es ist Ihre ureigene freie Angelegenheit, Kosmonomisches zu lesen und zu überdenken.

Vielleicht ergeben sich kosmonomische Übereinstimmungen, gedankliche „Verwandtschaften“?

Lassen Sie Vorsicht und Umsicht walten, wenn Ihr Umfeld geistig beengt, gar feindlich indoktriniert agiert.




Montag, 9. November 2020

Menschliches Glauben: Ein bisweilen aussichtsloses Unterfangen (S. 199)

 


März 1996


Längst nicht abgeschlossen ist die Epoche der Nationalstaaten, vielmehr offenbart eine globale Betrachtung einen zunehmenden Strom nationaler und nationalistischer Bestrebungen. Sowohl in den Industriestaaten wie in den weniger oder gar nicht einflussreichen Ländern fehlt, wenn es denn zur Nagelprobe kommt, der universale Bezug. Unverändert geht es um die Verteilung regionaler Machtsphären und diese Herrschaftsansprüche werden ausnahmslos von allen Regierungen in scheinheiliger Doppelmoral erbarmungslos durchgesetzt.

     Kein Machthaber der Erde könnte sich, verhielte er sich gemäß der kosmonomischen Philosophie, heute behaupten, denn die Massen, „demokratische“ wie diktatorisch unterworfene, sind unreif wie die Regenten. Kosmonomen können realistischerweise nur Individuen sein, die sich nicht heroisch in welche Schlacht auch immer stürzen, die sich nicht zu einem Verband oder dergleichen formieren, sondern die Freiheit des Einzelnen humanistisch mit Inhalt füllen.

     Sollte man also meinen, Kosmonomen seien „Auserwählte“, die es sich leisten, den Widerwärtigkeiten der Politik auszuweichen? – Grundsätzlich könnte man dies sogar bejahen, doch ist zu relativieren: Natürlich bedeutet Kosmonomie Abstand vom Parteiengerangel, aber es darf nicht geschwiegen werden, wo Aufklärungsbemühungen sinnvoll erscheinen. Sich einigelnde Kosmonomen wären nicht „Auserwählte“, sondern tragisch-komische Weltflüchtlinge und kauzige Sektierer. Es ist wichtig, immer wieder öffentlich Einspruch gegen Esoterik, Okkultismus und Religion zu erheben – aus dem geistigen Refugium der Kosmonomie heraus. Aber das Aufbegehren muss nicht immer auf einer Bühne geschehen. Jeder möge auf seinen privaten Umkreis Einfluss nehmen. Die Kunst besteht darin, sachfundierte Überlegungen menschenfreundlich zu überbringen. Ein allerdings bisweilen aussichtsloses Unterfangen! Und dann bleibt nur zu schweigen.


© Raymond Walden



Montag, 2. November 2020

Menschliches Glauben: Sexualität (S. 192)

 


Lebewesen sind mit einem dominanten Sexualtrieb ausgestattet, der die Fortpflanzung garantiert. Er ist so machtvoll, dass er einen wesentlichen Teil des Lebens überhaupt darstellt. Und ausgerechnet der Umgang mit diesem Leben erhaltenden und Leben erzeugenden Trieb wird durch Menschen dogmatisiert, mit „Unreinheit“ und „Teuflischem“ in Verbindung gebracht, um Orientierungen durchzusetzen, die als Jungfräulichkeit, Wegsperren, Verschleiern und Beschneidungen von Frauen, als Unschuld, Keuschheit, Verurteilung lustvoller Gedanken wie der Selbstbefriedigung, als Manneszucht, Zölibat und so weiter propagiert werden und sich bis zur Jungfrauengeburt auswachsen. Mütter werden allen Ernstes nach der Geburt eines Kindes „ausgesegnet“ – gereinigt!

     Die Tierwelt lässt vielfältige sexuelle Verhaltensweisen zu und ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Antrieb für die jeweilige Lebensart, zugleich Bestandsgarantie und nicht etwa Untergang der Tiere bedeuten. Es gibt lebenslange Partnerschaften wie wechselnde Beziehungen, patriarchalische wie matriarchalische Gepflogenheiten, die Vielweiberei wie die Vielmännerei, Geschwistersexualität, elterliche praktische Sexualanleitungen für den Nachwuchs, Brunftzeiten wie die ständige Bereitschaft zur Fortpflanzung. Keines dieser Verhaltensmuster ist zwingend für die menschliche Sexualität, denn wir verfügen über das mehr oder weniger ausgeprägte reflektierende Bewusstsein, das uns zwar vom Tier abhebt, aber wie schon erwähnt, fatal unterentwickelt ist. Denn trotz oder wegen aller aufgesetzten Moral geht es den Beteiligten mehrheitlich nicht gut: Ehescheidungen, Partnerschaftsabbrüche, Zerrüttungen, Not der Kinder. Mehr noch, die dogmatisch-religiösen Fremdbestimmungen erzeugen mit kompromissloser Durchsetzungsgewalt Betrug in den Partnerschaften, Prostitution und Kindesmissbrauch, Leidensdruck, an dem sich eine zwiespältige Masse, wenn es denn öffentlich wird, verschämt lustvoll delektiert, ehe sie sich angeblich mit Abscheu abwendet. Bewusstseinsspaltung durch möglichst frühe Gehirnwäsche ist die eigentliche Schwäche, nicht die „Erbsünde“ der Menschheit, weil gerade auch viele der Moralhüter bezahlten Sex konsumieren, den sie durch die Diskreditierung der daran beteiligten Menschen scheinheilig verdammen.

     Man hat sich offensichtlich daran gewöhnt, dass vor allem in christlich-jüdisch-abendländisch geprägten Presseerzeugnissen und Internetangeboten barbusige oder in anderer Weise verführerisch dargestellte Frauen, seltener auch Männer, als verkaufsfördernde Signale für alles Mögliche herhalten. Welche Fehlentwicklung verbirgt sich hinter auf offensive Sexualität abgestimmter Mode? Besonders bei „teuren“ Kreationen lässt man Busen und Schambehaarung „durchschimmern“ und verurteilt gleichzeitig jeden darauf eindeutig ansprechenden Mann als Sexisten. Da laufen minderjährige Schülerinnen mit stark entwickelten Brüsten durch die Schulen, präsentieren ihren freien Bauchnabel und tragen die Hüften so tief entblößt, dass ihre modischen Strings sichtbar werden. Reize, die den natürlichen Sexualtrieb sowohl der Frauen bzw., Mädchen als auch – in besonderem Maße – der Jungen und Männer anregen. Aber alle sollen nicht dürfen! – Eine seltsame Entartung von Sexualität, die gegenüber dem Tierreich alle Merkmale von Widernatürlichkeit trägt.

     Und solche Verblendungen sind es, die der Gesellschaft die Normen gleichsam wie Hörner aufsetzen. Mithilfe von geistlichen oder juristischen Roben verkleidete Ordnungsapostel verkünden moralisch unanfechtbar die Sexualtabus unter Androhung und Ausführung der Strafen bis hin zur Steinigung. Für wie verwerflich, verdammenswürdig, gesellschaftsschädigend, untragbar, detailliert öffentlich aufklärungsbedürftig – und nicht selten vernichtenswert stuft man je nach Kulturkreis sogar leichte Tabuverletzungen ein!

     Wie viel niederträchtige Machenschaften und Morde, sogar Kriege inszenieren sich allein aus dem Problemfeld Eifersucht! Aber da ähneln Menschen, zumindest die männlichen, beispielsweise dem stolzen Hirsch, der keinen Nebenbuhler duldet, um alle Hirschdamen seines Rudels zu besitzen. Wie viel primitive Tratschmentalität wird auf der Basis verbotener Sexualität seit jeher salonfähig! Dabei wiegt ein falsches Umgehen mit dem menschlichen Sexualtrieb gerade besonders schwer, weil wegen ideologischer Fremdbestimmung und angesichts medizinisch verbesserter Lebensumstände menschliche Fortpflanzung ausufert und völlig unkalkulierbare globale Bedingungen verursacht: Leicht zu praktizierende Methoden der Empfängnisverhütung, des Lustgewinns und zugleich des Gesundheitsschutzes werden rigoros durch Traditionen und vor allem religiöse Bevormundung verhindert. Nicht das Unterdrücken des sexuellen Trieblebens soll in Zukunft die Menschheit prägen, sondern das menschlich-humane Erleben eines überaus reichen Lebenstriebs.

     Eine völlig indiskutable „Leistung“ so vieler Religionen ist die Minderbewertung der Frauen, die ein katastrophales Weltverständnis offenlegt, aus dem sich die Menschheit erst noch befreien muss, wenn sie denn überhaupt noch Perspektiven entwickeln möchte.

     Mögen im Tierreich Gewalt und sogar tödliche Rivalitäten als sexuelle Spielarten auftreten, so sind sie doch nicht vorherrschend. Der Mensch indes ist das einzige Wesen, das mit seiner Sexualität offensichtlich nicht zurechtkommt, weil er sich nicht frei zu ihr bekennen darf – was allerdings von glaubensfesten Zeitgenossen vehement geleugnet wird.


© Raymond Walden 

 

 

Samstag, 31. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Das Animalische als Trieb irrationaler Tabus (S. 191)

 


Einigkeit besteht bei Wissenschaftlern wie bei den meisten religiös Gläubigen in der Gewissheit, dass Tiere ihren Trieben gemäß leben, weil sich dieses Triebleben für die jeweilige Tierart im Laufe der Evolution als vorteilhaft erwiesen hat. Nun hat sich zweifelsfrei gezeigt, dass der Mensch biologisch dem Tierreich angehört, aber diese Erkenntnis führt zu Konflikten, weil sich vor allem religiöses Sendungsbewusstsein nicht mit folgender Tatsache abfinden kann: Der Mensch ist ein höher entwickeltes Tier!

     Dabei sprechen die Fakten eine noch viel drastischere Sprache: Der Mensch trägt im Herdenverbund die Merkmale dessen, was er selbst als Untier bezeichnet. Keines der höheren Lebewesen vernichtet seine Artgenossen so wie der Mensch; und dazu gebraucht er vor allem jenes Organ, das ihn vorgeblich von den anderen Lebewesen unterscheidet, sein Gehirn. Diese Zentrale des Selbstbewusstseins mit ihrem differenzierten Leistungsvermögen ist deswegen zwar nicht als Fehlentwicklung zu bezeichnen, wohl aber als zutiefst verhaftet in pubertierender Zerrissenheit, mit noch nicht wirklich humanen Orientierungswerten beschrieben, die den infantilen Massenmenschen allenfalls ansatzweise ahnen lassen, was überhaupt Menschenwürde ausmacht. Nicht zufällig bezeichnen sich Religiöse als „Kinder“ Gottes und auch andere Gesellschaften sprechen von ihren Führerpersönlichkeiten als „Vater“ oder „Mutter“; es verdeutlicht sich das Anlehnungsbedürfnis.

     Unter moralischen Gesichtspunkten müssen die Triebe in der Tierwelt als wertfrei gelten, erst der Mensch macht sich Gedanken und befrachtet die ihn ebenso beherrschenden Triebe mit Bewertungen, Sublimierungen und vor allem Mysterien. Zum einen mag die Triebintensität den Menschen immer wieder sich selbst hinterfragen lassen, zum anderen sind es aber von Religionsstiftern und Herrschern aufgestellte Normen zur sogenannten Triebbeherrschung, die zu Mythen und Tabus führen, letztlich zu individuellen Verunsicherungen, auf die sich Herrschaftssysteme bevorzugt stützen. Die Machtausübung und ihre Absicherung gelingen umso leichter, je undurchsichtiger der Ethos des Moraldschungels vor allem im Wechselspiel mit Doppelmoral wird. In allen bisherigen Kulturen erfahren die animalischen Triebe, man sollte besser von biologischen Trieben sprechen, die Verbiegung in bisweilen absonderliche Tabus. Dies zu hinterfragen, gar als Dummheit zu enttarnen, bedeutet für den Nonkonformisten die eigene Ausgrenzung, Ächtung durch die Masse und oft ganz selbstverständlich den Tod – leise oder im Zuge eines Schauprozesses.


© Raymond Walden 

 

Donnerstag, 22. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Die Besch(n)eidung des Herren (S. 180)

 


Februar 1998


Am 8.1.1998 höre ich im Autoradio die Geschichte von Samira – ihr Name ist natürlich geändert worden – aus Kairo. Sie ist Mutter von fünf Kindern und wie alle Frauen in ihrer Umgebung beschnitten. Der Islam – und niemand sonst – feiert hier Hoch-Zeit. Eine Tochter Samiras ist inzwischen zwölf; Verwandte und Freunde drängen schon und fragen, wann die Beschneidung erfolgen solle. Und trotz der eigenen schmerzhaften Beschneidungserfahrung wird die Mutter auch ihre Tochter einem Kurpfuscher ausliefern, die Schmerzen dem Mädchen gegenüber verharmlosen und es auf die nachfolgenden Geschenke vertrösten. Irgendein mohammedanischer Gottesdiener erklärt dem Radiohörer, dass solche Beschneidungen zur Kontrolle nötig seien, da sonst die Frauen hemmungslos der eigenen Lust verfallen, ihrem zukünftigen Manne untreu werden könnten. Sinngemäß führt er aus: Wir schneiden doch nur alles Äußerliche ab. Die Frauen verlieren nicht ihre Sensitivität und können ihre Jugend mit ihrem Mann ungehindert genießen.

     Tatsache hingegen, und das betont der Radiobericht ausdrücklich, ist die geschlechtliche – äußerliche wie innerliche – Verstümmelung unter haarsträubenden medizinisch-hygienischen Verhältnissen. Die übliche männliche Beschneidung (das Entfernen der Vorhaut) dürfte, wenngleich ebenfalls äußerst schmerzhaft, eine Bagatelle sein gegenüber der Abtrennung von Klitoris und Schamlippen bei den Mädchen. Im christlichen Bereich (Jesus wurde beschnitten) sind Beschneidungen auch verankert, aber seltener und sie beschränken sich auf Jungen, z.B. auch in Nordamerika.

     Im „Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt“, Nr. 3, 1998 diskutierten Leser, Fachleute und Journalisten über „Beschneidung als Asylgrund?“ – Asyl oder Nichtasyl sind halt unendliche akademische Modethemen, dennoch geht eine derartige Verpackung für das Gräuel Beschneidung am Kern des Problems vorbei, denn die Mädchen, die beschnitten werden, sind Kinder, die kaum als Asylanten in Frage kommen, weil sie fest in der Gewalt ihrer jeweiligen Gesellschaften stehen.

     Als in den Niederlanden diskutiert wurde, ob junge Menschen ab zwölf Jahren als Geschlechtspartner juristisch und gesellschaftlich akzeptabel seien, ging ein Aufschrei durch die Reihen der Konservativen, doch ich frage: Wer schändet die Menschen, die sexuell Liberalen oder die „Herren“, die auf göttliche Berufung hin ihre eigene, offenbar unberechenbare Lust zu beschneiden suchen, indem sie Frauen verunstalten und in Schleier einwickeln? Religiöse Sexualfeindlichkeit ist das eigentliche Machtmittel der Muftis und Popen; wir sehen uns mit einer permanenten Doppelmoral konfrontiert, aufgebaut auf der vielfachen Zerstörung von Persönlichkeiten, verursacht durch Unmenschen, gezeugt von „Göttern“, deren Ursprung und ewiger Quell die vererbte Dummheit ist.


© Raymond Walden



Freitag, 28. August 2020

Menschliches Glauben: Die Staatslüge (S. 141)

 


Februar 1996


Seit 1981 war der ehemalige französische Staatspräsident François Mitterrand krebskrank. Um an der Macht zu bleiben, belog er sein Volk und die Welt, indem er sein Leiden verschwieg. Heimlich wurde er jahrelang behandelt, immerhin ein Mann, der über eine atomar gerüstete Streitmacht gebot. Jedem Lokführer oder Flugzeugpiloten hätte man gerechtfertigterweise seine Position entzogen. (Quelle: „Die Zeit“, 26.1.96) Aber scheinbar gilt für sendungsbewusste Politiker ein anderer Maßstab. So erklärt sich auch die banale Doppelmoral des Präsidenten, sich mehr oder weniger öffentlich neben der Ehefrau eine weitere Dame als Geliebte zu halten. – War er nicht Christ??

     Immerhin, und das ehrt den Franzosen, hat er seine Regentschaft einigermaßen bewältigt. Sein persönlicher Freund, der deutsche Kanzler Kohl, ist drauf und dran, viel drastischere Staatslügen auszusitzen. Seit seiner Amtsübernahme spricht er von sicheren Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Aus dem Geschichtsunterricht habe ich indes nicht vergessen, dass eine hohe Arbeitslosenquote Hitlers Machtergreifung seinerzeit wesentlich erleichterte – nunmehr ist diese sogar überschritten. Ich „vergesse“ auch nicht, wie Hitler mit Stalin über das Schicksal machtloser Völker des Ostens entschied. Heute unterstützt der deutsche Kanzler uneingeschränkt und fortdauernd den russischen Präsidenten Jelzin, der im Kaukasus ungehemmt den Freiheitswillen eines Volkes in Blut auflöst. In ihrer auf Machterhalt gerichteten Verbundenheit gehen Jelzin und Kohl über Leichen, weil der russische „Reformkurs“ angeblich gestützt werden müsse. So verrät der Christdemokrat Kohl freiheitliche Ideale, begünstigt durch die mangelhafte Präsenz einer nicht vorhandenen Opposition. Kann es da wundern, dass auch in den neuen Bundesländern Menschen an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen und psychischen Leidensfähigkeit geraten, weil der Machtmensch aus Bonn seine eigenen Weissagungen über „blühende Landschaften“ längst als Täuschungsmanöver abgeheftet hat? Aber der Kanzler mit klerikalem Wohlwollen, der bei seinem Russlandbesuch im Februar 1996 jeden Kontakt mit der dortigen Opposition mied, besuchte stattdessen medienwirksam ein orthodoxes Kloster.

     Im Juni diese Jahres wird der römische „Vertreter Christi“ ihm persönlich die Aufwartung machen. Wiederum habe ich nicht vergessen, dass es vatikanischer Tradition entspricht, Regierungen zu hofieren, die sich auf Christentum, Gott oder Vorsehung berufen. „Gott mit uns“ stand auf dem Koppelschloss der Wehrmachtssoldaten. Aber das berührt schon eine weitere exemplarische Staatslüge: „In God we trust“ ziert die amerikanische Dollar-Note – „Wir vertrauen auf Gott“. Ein Blick auf das US-Sozialsystem offenbart Abgründe genauso wie das allgemeine Bildungsniveau – von den weltweiten amerikanischen Kriegsverbrechen ganz zu schweigen.


© Raymond Walden


Montag, 2. März 2020

Menschliches Glauben: Spatzengehirn? (S. 69)


Juni 1997

27.5.1997: Es läuft nicht so recht für Tennisspielerin Anke Huber bei den French Open gegen die Amerikanerin Kimberley Po. Huber verzweifelt schier, verdreht die Augen, schneidet Grimassen und beugt sich schließlich resignierend vorwärts. Anlass genug für den Kameramann von Eurosport Live, für längere Zeit Ankes miniberocktes Hinterteil, in gemustertem Höschen, aus nächster Nähe zu präsentieren. Sexismus? – Von wem?
     Frühjahr 1997: Fernsehankündigung einer Sendung über den Alltag von Spatzen. Flattern, baden, sich paaren, Aufzucht der Jungen, Futtersuche allenthalben und wieder sich paaren.
     Frühjahr 1997; Fernsehen, die 3. Szene: Pferdezucht, herrliche Tiere, Geduld der Züchter, Pferde für (Geld-)Adel. Der Hengst beschält die Stute groß im Bild, am Brennpunkt des Bildes hält sich zufällig der Züchter auf und verdeckt das Eindringliche.
     Frühjahr 1997: Nachrichten über Präsident Clinton; muss wahrscheinlich vor Zivilgericht; war angeblich als Gouverneur von Arkansas in Laune: Hose runter, dadurch eine Frau gedemütigt, ungeheuerlich, Schadensersatzforderungen von 700.000 Dollar.
     Nachrichten, die 2. Szene: Eine amerikanische Pilotin der Airforce spreizte ihren eigenen militärischen Ehrenkodex für einen ihr untergeordneten Soldaten, der vorgab, in Scheidung zu leben. Der Feurige ist indes nach wie vor verheiratet. Man hört wenig über ihn, die Soldatin wird vorgeführt und unehrenhaft entlassen. – Recht so?
     Nachrichten, die 3. Szene: Im Iran gewinnt ein angeblich Liberaler, in Wahrheit selbstverständlich von der Religion Abhängiger, die Präsidentschaftswahl. Er kann sich dem Vernehmen nach tatsächlich vorstellen, Frauen in politischen Funktionen zuzulassen, ihnen den Schleier nicht vorzuschreiben.
     Moral des Szenarios in toto: glückliche Spatzen!


© Raymond Walden



Montag, 24. Februar 2020

Menschliches Glauben: Welt-Kindertag (S. 64)


Oktober 1996

Hochzeitszeremonien am Strand von Monterey (Brautpaar, Eltern auf Klappstühlen, ein paar herausgeputzte Kinder, Trauzeugen, vielleicht zwei, drei Freunde und der alles moralisch absegnende Prediger), ein paar hundert Meilen weiter in Las Vegas Schnellhochzeiten in einer kitschigen Wedding-Chapel, nebenan ein kaum getarntes Bordell mit den gleichen roten Neonherzen oder das Büro „Scheidungen in einem Tag“.
     Wer im Wohlstand derartig mit dem Leben spielt, ist für Kinder mit Sicherheit ungeeignet, denn solche Paare setzen ihren Nachwuchs lediglich den Launen ihrer Persönlichkeitsspaltung aus. Doch auch im vergleichsweise biederen Europa werden Ehen geschlossen, um sie in Selbstverwirklichung der Beteiligten alsbald in großer Zahl wieder zu lösen. Auf der Strecke bleiben meistens Kinder, doch die säumen ja auch die Bürgersteige der Bildungssackgassen; sie werden religiös und kommerziell-werbestrategisch von Geburt an indoktriniert, sie arbeiten in vielen Teilen der Erde gezwungenermaßen für niedrigen oder keinen Lohn, sie werden in unseren Breiten gesetzlich „geschützt“ – zum Wohle der über sie Gebietenden.
     Die Doppelmoral bezüglich des Kinderschutzes geht einher mit der sexuellen Bewusstseinsspaltung. Und so überschreibt ein erzkonservatives Blatt seine erste Seite zum Kinder-Tag mit der Aussage, Pornografie sei die Droge Nummer eins. Diesem Surfer auf der gerade aktuellen Welle der „sexuelle Kinderausbeutung“ wäre mitzuteilen, dass es von Parteien, Kirchen und Gewerkschaften beeinflusste und „kontrollierte“ Medien sind, die den Kindern zeigen, „was ein Pariser ist“. Beim Geburtstag der „BRAVO“ ließen sich denn auch die Heuchler keineswegs lumpen, lobten und zeichneten aus - eine der destruktivsten (Jugend-)Gazetten.
     Haben Sie spätestens jetzt einen Eindruck von meinem grenzenlosen, knöchernen Konservativismus? Ich bin dafür, dass man die Sexualität, sobald sie sich beim Individuum meldet (und das ist oft sehr früh!), nicht unterdrückt. „BRAVO“-Sexualität allerdings halte ich für provozierte, weltfremde Geilheit, gleichermaßen genährt vom hochgeknöpften Dekolleté der Süßmuths oder Noltes wie von den Vertretern des „Titten-Sozialismus“ („Copyright“: Fahrtmann, NRW-Minister). Die GEW hat Recht: Der Kindertag kann aufgrund der erwachsenen Verlogenheit nur abgeschafft werden.


© Raymond Walden




Mittwoch, 5. Februar 2020

Menschliches Glauben: Es grinst die ideologische Fratze (S. 53)


September 1995

Es wachse eine Generation von Egoisten heran, meinte die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Frau Marienfeld, die steigende Zahl der Kriegsdienstverweigerer kommentieren zu müssen. Christliches Verständnis bevorzugt wie eh und je den Tötungsdienst gegenüber dem Zivildienst!
     Erfreulicherweise widerspricht indirekt das höchste deutsche Gericht erneut: Man darf Soldaten als „Mörder“ ansehen, ohne das Volk zu „verhetzen“. (Was auch immer „verhetzen“ sein soll.)
     „Ich als Zahnarztfrau empfehle ...“, in diesem Stil stiefelte die US-Präsidentenfrau H. Clinton, bedacht auf Eigendarstellung, mit perlweißem Lächeln ans Pekinger Rednerpult der UN-Frauenkonferenz. Und in diesem menschenverachtenden Regime des Gastgeberlandes brachte sie Fundamentales über die Lippen: Frauenrechte seien Menschenrechte und umgekehrt. – Nebenbei sei erlaubt, darauf hinzuweisen, dass die Politik ihres Mannes alles daransetzt, mit den chinesischen Menschenverachtern gute Geschäfte zu unterhalten.
     „Gestalten und sparen“, beweihräuchert CSU-Weigel den Haushalt der Bundesrepublik Deutschland, den er zu verantworten hat. Auf 60 Milliarden DM (!!!) steigt die Neuverschuldung dieses Zahlenjongleurs im christlich-bayerischen Habitus.
     Das höhere Interesse der französischen Nation steht für den Präsidenten der Käse- und Rotwein-Republik ohne Zweifel im Vordergrund, wenn es um die Durchsetzung von Atomtests in kolonialen Territorien geht. Der Ewiggestrige erdreistet sich sogar, europäische Solidarität für sein regional-nationalistisches Muskelspiel einzufordern. Greenpeace, keineswegs moralisch sauber, hat mehr Format als Bundeskanzler Kohl, der das wieder einmal einer doppelten Moral folgend aussitzt.
     Seine neuerliche Begegnung mit Jelzin beschrieb er folgendermaßen: Russland sei eine erste Adresse im Balkankonflikt; wer das nicht begreife, habe von Geschichte keine Ahnung. Stimmt!
     Unterstützte Russland nicht, religiös bedingt, die Serben und Deutschland die Gegenseite (oder wen dort immer, besonders mit Waffen), dann ließe sich wahrscheinlich schnell Frieden schaffen. Die beiden verstehen sich aber, daher geht das De-facto-Sterben weiter. – Und die deutsche Rüstungsindustrie sichert weitere Arbeitsplätze für Kohls nächsten Wahlkampf.
     Am 3.9.95 empfange ich abends auf 11.675 MHz einen englischsprachigen Kurzwellensender mit einer religiös-fundamentalistischen Abhandlung über Theorien der Kindererziehung. Die Verbohrtheit gipfelt in der Frage, wozu Theorien zur Kindererziehung überhaupt gut wären. Es gäbe doch die Bibel und die sei diesbezüglich keine Theorie, sondern Fakt. Die Redaktion sitzt in Würzburg, Deutschland und ist als „Universelles Leben“ einschlägig bekannt. Der Sender allerdings, der regelmäßig geistliche Ergüsse solcher Qualität verbreitet, ist noch bekannter: Radio Moskau, Worldservice!
      Über die ASTRA-Satelliten habe ich auch die freie Wahl, RTL-Radio, in sauberster Tonlage zu konsumieren, in endlosem Wiederholungszirkus alter Schlager (manchmal durchaus anregend), garniert mit der üblichen penetranten Werbung, die dem Programmwechsel dann schließlich Vorschub leistet. Am gar nicht so späten Abend liefert der Nostalgiekanal das auch bei der von ihm angepeilten Hörerschaft offensichtlich unverzichtbare religiöse Betthupferl, gesprochen in „biblischer“ Tonlage. Ich möchte das nicht unterbinden, aber ich wünschte mir in meinem – technisch sehr breiten – Empfangsspektrum nur einen religionsfreien und unabhängigen Kanal.
     Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ kommentiert am 4.9.95 den klassischen religiösen Brennpunkt: „Es bleibt dabei: Jerusalem ist eine heilige Stadt, in der es, der Politik wie der Religion wegen, oft unheilig zugeht.“
     Zweimal klebte ich einen Aufruf in einer Provinz-Hochschule an die Wand, um Kontakt zu religionsfreien Menschen aufzunehmen. Die längste „Überlebenszeit“ meiner wirklich dezenten Zettel betrug etwa 2 ½ Stunden. Sie wurden beseitigt. Was würde wohl passieren, stellte ich mich beim nächsten Mal schützend davor? (Was ich keineswegs vorhabe.)
     „Fratzen“ mögen auch abstoßen durch Überzeichnung. – Werden sie gewöhnlich nicht unterzeichnet?


© Raymond Walden


***
Redaktioneller Hinweis:
Im Monatsarchiv fehlen die ersten drei Spots, sie lassen sich aber wie folgt aufrufen:
1.2. Sequenzen von Skepsis (365)  
2.2. Menschliches Glauben: Bequeme Uneinigkeit (S. 50)
3.2. Nicht nur das Klima ändert sich