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Dienstag, 19. September 2023

Sequenzen von Skepsis (565)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


7760

Hat sich der Teufel in einem Menschen erst einmal eingerichtet, schreckt er vor absolut „göttlichen“ Ansprüchen nicht zurück. Und dennoch handelt es sich lediglich um die Charakterdarlegung eines spleenigen Menschen.


7761

Seit jeher unterliegt die Menschheit in der Weltansicht dem „Fake“ einer Selbsttäuschung mit dem jeweilig verirrten, aber selbstgerechten Anspruch, dem Individuum den Wahnsinn aufzwingen zu müssen, und sei es durch Folter und Hinrichtung.


7762

Waren Generationskonflikte früher besonders in gesellschaftlichen und technologischen Fortentwicklungen begründet, erwachsen sie heute aus umwälzenden Beschleunigungen von Wissenschaft und Technik bei einhereilender Rückwärtswendung der Massen, bedingt durch Bildungsmangel, durch enthemmendes Anspruchsdenken, durch verrohende, wenngleich lähmende Orientierungslosigkeit und Errichtung von Doppelstandards in sämtlichen Lebensbereichen.


7763

Urwüchsige und ausufernde Dummheit hat kein Gewissen, denn es fehlt als Grundvoraussetzung ein Schuldbewusstsein.


7764

Immer zahlreichere Kirchenaustritte und somit auch Hinwendungen zu allen möglichen abenteuerlichen Weltsichten mit entsprechenden Verhaltensauffälligkeiten. Mit Aufklärung hat das nichts gemeinsam.


7765

Um keinen Illusionen aufzusitzen, gilt auch für die alltägliche Lebensbewältigung: Es gibt (bisher?) keine öffentliche kosmonomische Werteordnung, weder global noch regional, sondern lediglich persönliche individuelle, auf Erkenntnissen beruhende Wertigkeiten.


7766

Doppelmoral ist vor allem die Machtkeule der Unmoralischen und dennoch Ausgezeichneten.


7767

Edel sei die Ameise, hilfreich und gut, denn das ist des Menschen Horizont, über den er kaum hinauszuschauen vermag in einer grandiosen, ihn überfordernden Welt. Was wohl Goethe eigentlich meinte?


7768

Deutlicher nur verwirklichen sich Spießigkeit, Pedanterie und Prüderie auf so manchem Campingplatz.


7769

Man unterschätze nicht die mögliche eigene Präsenz in Abwesenheit.


7770

In der Freizeit frei zu sein, erfordert eine Qualifikation zur Freiheit, die verantwortlich bedacht sein will.


7771

Kriegsmüdigkeit“ ist eine opportune Verleumdung der definitiven Ablehnung von Krieg.


7772

Zaudert die Technik, steht hoffentlich Lebenstüchtigkeit zur Verfügung.


7773

Ein reifes Volk, erwachsen geworden durch Aufklärung, ließe sich das Predigen niemals bieten! – Doch das Volk wurde bisher von keiner Sonne erleuchtet.


7774

Nationalismus im Weltraum. – Welch ein Anachronismus, welch ein Antagonismus! Welch eine Ignoranz gegenüber dem Universum!



© Raymond Walden




Mittwoch, 11. Dezember 2019

Menschliches Glauben: Italien – einmal ganz unerwartet (S. 10)



September 1995


Seit nunmehr 25 Jahren bereise ich Italien mehr oder weniger intensiv. Von den vielfältigsten Erfahrungen möchte ich eine etwas überraschende skizzieren. Großraum Grosseto, weitläufiger Campingplatz am Meer. Organisation trotz Computers nach dem Zufallsprinzip, in sanitärer Hinsicht spitze; Umgebung und Hinterland tiefe Provinz; Meerwasserqualität: vormittags optisch sauber, später Spuren von Fäkalien. Malerische Orte der Umgebung „stinken zum Himmel“, weil man hier noch immer ins Meer macht. Das ist das kleinere Übel, denn niemand zwingt mich, in der Jauche zu baden.
    Auf dem Campingplatz sind die Italiener nahezu unter sich: Großfamilien mit aller Ausstattung.
    Zum ersten Male erlebe ich, dass niemand bereit ist, beim Einparken des Wohnwagens behilflich zu sein. Hernach beobachte ich, wie sogar Italiener untereinander sich kaum grüßen. Ich gewinne den Eindruck, dass schon ein freundliches Lächeln als Eindringen in die Familie empfunden wird.
    Fremden- oder gar Ausländerfeindlichkeit? Wahrscheinlich nicht, sondern eher familiäre Zwangsneurosen.
    Auswirkungen der familiären Überbetonung auf die Kinder konnte ich bei vielen Gelegenheiten beobachten. Die Verhaltensauffälligkeiten ähneln paradoxerweise jenen deutscher Kinder, die mehrheitlich unter Familienauflösungserscheinungen leiden.


© Raymond Walden





Samstag, 5. Oktober 2019

Sequenzen von Skepsis (353)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

4542
Hat entfachte Hysterie erst einmal die Massen erfasst, gibt es kein Halten mehr, die Welle muss sich totlaufen, was angesichts der Menschheitsgeschichte durchaus auch wörtlich verstanden werden kann.

4543
Welches Gedankengebäude kommt ohne Apokalypse aus? Sie erst macht das hohle Leben der Einfalt spannend.

4544
Je höher die Abiturientenzahlen, gar noch mit „sehr guten“ Zeugnissen, desto miefiger die Einfalt der Gesellschaft, die sich auf ihre Bildungserfolge auf der Basis von Niveauabsenkungen etwas einbildet.

4545
Längst regieren Kartelle, Banken und Konzerne, an deren Strippen politische Möchtegerne unterwürfig groteskes Theater spielen.

4546
Weltklimarat“!
Geht es noch anmaßender?
Geht es eventuell bescheidener?
Wer erdreistet sich in zumeist naturwissenschaftlicher Unbildung
und in fachfremder Ideologie?

4547
Tabus und Spießigkeit dienen als starre Schraubzwingen dem Zusammenhalt der Gesellschaft. Brechen sie weg, wird eine neue Gebäudestatik erforderlich, deren komplexe Berechnung meist in Überforderung scheitert.

4548
Warst du Kind an einem See, besitzt er dein Herz.
Der See, wo immer du ihm wieder begegnest,
raunt bei Stille seine Geheimnisse
und ruft dich aufbrausend im Sturm.
Du aber findest Ausgleich, Gelassenheit und Mut.
Du liebst ihn für alles.

4549
Am Seeufer und an der Meeresküste gedeihen Charaktere.

4550
Ein Mikrouniversum der Menschheit tut sich auf, wenn ein begehrter Campingplatz sich belebt.

4551
Kurzsichtigkeit erblickt keinen Horizont, fühlt Hindernisse in jeder Richtung.

4552
Irgendwann legt sich aller Wind, die Wasser glätten sich und spiegeln alles, das der Mensch hineinphantasiert. Die verlässliche Wirklichkeit aber verlangt eine frische Brise und schützt sich vor Sturm.


© Raymond Walden 

 

Montag, 22. September 2014

Saisonschluss 2014


Der Wind schläft noch, als der See erwacht, glatt noch das Wasser, der Morgenschrei schwimmender Vögel schallt herüber und findet lebendiges Echo aus den Bäumen am Ufer.
Die Sonne legt alles in warmes Gelb, lässt die feuchten Wiesen glitzern und ermuntert Kaninchen zum Morgenspaziergang. Ein Specht klopft an, mit gemächlichem Flügelschlag krächzt ein Reiher hoch über dem See, in dem sich ein viel ferneres Flugzeug spiegelt, langgezogene Kondensstreifen, und verzögert erst hört man die leisen Triebwerke. Weit geht die Reise, während die verschiedenen Nationalfarben an der Zufahrt zum Strand müde noch, locker im Morgenhauch die Fahnenmasten umschmeicheln.
Irgendwo jenseits der Felder ein langsam verstummendes Auto, Gesprächsfetzen enden jäh, ein Fisch platscht am Schilfrand.
Es durftet nach frischen Brötchen und Kaffee, nicht alle Menschen hier schlafen noch.
Entspannt und urlaubsfriedlich beginnt mein neuer Tag, diesmal am Ratzeburger See, in der kleinen Bucht für Camper und Segler, die zum Örtchen Buchholz zählt.
Ein Flecken Frieden in einer sonst zunehmend ausgespähten und aufgehetzten Menschheit, der man ein falsches Zeugnis von dem aufstempelt, was die Natur und die Rolle des Menschen in ihr sei.

Krieg ist wieder salonfähig in Deutschland, unmodern war er nie, schon gar nicht, als hier vor Jahren ganz in der Nähe die Stacheldrahtgrenze zum kommunistischen Unsinn verlief.
Christen, Juden , Muslime und andere an Schweres Glaubenden werfen wieder ihre scheinheiligen Werte in die Waagschalen wie schon seit jeher.
Nebel legt sich nicht nur über den See, verschleiert die Uferkonturen, Krähen kreuzen kreischend durch die Schwaden, die der aufkommenden Kälte voranwabern.

Noch einmal feiern: Abbaufest, Saisonschluss. 
Mit heiterer Leichtigkeit überwintern dann die Hoffnungen auf den nächsten Saisonbeginn da, wo die Natur authentisch das Leben inspiriert, die Menschen freundlich stimmt.

Montag, 8. September 2014

"The Fruity Sun"


Everything on earth is of solar origin, is influenced by the sun, the earth was generated almost by default during the emergence of the sun.
A campsite in the French Provence, surrounded by wide orchards, is called “Le Soleil Fruité” (The Fruity Sun). Landscape and humans are competing in cultivating fruity freshness, colour and French lifestyle.

Travellers come and go, stay for a night, for some days, they are steering unerringly their mobile homes, breathing freely under shady trees, they look at brief cloud formations at dark blue skies, are refreshing themselves in the swimming pool, let themselves carress by a warm southerly breeze and enjoy the fruits of an eventful life. Modern age is on tour as well: TV, internet, high-tech vehicles.
And the visitors are bearing the burdens of their lives, the sweetness and the bitterness, the youth and the old age, health and frailty. Labour enforced by conventions but also of independent pleasure, double standards of greed, Spießigkeit and prudishness, religious childhood and esoteric night of denial the intellect, inhibition of feelings and uncontrolled egocentricity are overflowing as lively crop rotation, delightful and sour elexiers of encouragement, excitement, threat and bloody destruction. The sun lets germinate, bloom and ripen, it scorches and burns mercilessly. It is the incentive for life aiming to the dying, the sun itself is going this way by following material reactions. 

"The Fruity Sun" of the Provence is shining on just one side of life - the comfortable one, of course. The thrives of the fruit in charming climate - and as a result of this, enthusiastic guests who become part of the entire scenario.


German version


Dienstag, 22. Juli 2014

"Die Fruchtige Sonne"


Alles auf der Erde ist von solarer Herkunft, ist von der Sonne beeinflusst; die Erde wurde im solaren Entstehen quasi nebenbei erzeugt.
Ein Campingplatz in der französischen Provence,  inmitten weiter Obstplantagen, nennt sich „Le Soleil Fruité“ (Die fruchtige Sonne). Landschaft und Menschen wetteifern in der Kultivierung fruchtiger Frische, Farbe und französischer Lebensart.

Reisende kommen und gehen, bleiben eine Nacht, ein paar Tage, steuern zielsicher ihre mobilen Heime, atmen sich frei unter schattigen Bäumen, folgen flüchtigen Wolkenformationen am tiefblauen Himmel, erfrischen sich im Swimmingpool, lassen sich vom warmen Südwind umschmeicheln und genießen die Früchte eines wechselvollen Lebens. Die Moderne reist mit: Fernsehen, Internet, Hightech-Fahrzeuge.
Und die Besucher tragen an den Lasten ihrer Lebensfrüchte, die Süße und die Bitterkeiten, die Jugend und das Alter, die Gesundheit und die Gebrechlichkeit.
Arbeit, erzwungen durch Konventionen, aber auch in freier Freude, doppelmoralische Gier, Spießigkeit und Prüderie, religiöse Kindschaft und esoterische Umnachtung der Verstandesleugnung, Verklemmung der Gefühle und hemmungslose Egozentrik quellen über als lebendige Fruchtfolgen, liebliche und saure Elixiere von Aufmunterung, Begeisterung, Bedrohung und blutiger Vernichtung. 
Die Sonne lässt es keimen, blühen und reifen, sie sengt und brennt erbarmungslos. Sie ist der Antrieb zum Leben mit dem Ziel des Sterbens; sie selbst geht diesen Weg in materieller Abfolge von Reaktionen. 

"Die fruchtige Sonne" der Provence bescheint nur eine Seite des Lebens - die angenehmste freilich: Das Gedeihen der Früchte in bezauberndem Klima - und im Gefolge begeisterte Gäste als Teil des Gesamtszenarios.