Februar
1998
Am
8.1.1998 höre ich im Autoradio die Geschichte von Samira – ihr
Name ist natürlich geändert worden – aus Kairo. Sie ist Mutter
von fünf Kindern und wie alle Frauen in ihrer Umgebung beschnitten.
Der Islam – und niemand sonst – feiert hier Hoch-Zeit. Eine
Tochter Samiras ist inzwischen zwölf; Verwandte und Freunde drängen
schon und fragen, wann die Beschneidung erfolgen solle. Und trotz der
eigenen schmerzhaften Beschneidungserfahrung wird die Mutter auch
ihre Tochter einem Kurpfuscher ausliefern, die Schmerzen dem Mädchen
gegenüber verharmlosen und es auf die nachfolgenden Geschenke
vertrösten. Irgendein mohammedanischer Gottesdiener erklärt dem
Radiohörer, dass solche Beschneidungen zur Kontrolle nötig seien,
da sonst die Frauen hemmungslos der eigenen Lust verfallen, ihrem
zukünftigen Manne untreu werden könnten. Sinngemäß führt er aus:
Wir schneiden doch nur alles Äußerliche ab. Die Frauen verlieren
nicht ihre Sensitivität und können ihre Jugend mit ihrem Mann
ungehindert genießen.
Tatsache
hingegen, und das betont der Radiobericht ausdrücklich, ist die
geschlechtliche – äußerliche wie innerliche – Verstümmelung
unter haarsträubenden medizinisch-hygienischen Verhältnissen. Die
übliche männliche Beschneidung (das Entfernen der Vorhaut) dürfte,
wenngleich ebenfalls äußerst schmerzhaft, eine Bagatelle sein
gegenüber der Abtrennung von Klitoris und Schamlippen bei den
Mädchen. Im christlichen Bereich (Jesus wurde beschnitten) sind
Beschneidungen auch verankert, aber seltener und sie beschränken
sich auf Jungen, z.B. auch in Nordamerika.
Im
„Deutschen Allgemeinen
Sonntagsblatt“, Nr. 3, 1998
diskutierten Leser, Fachleute und Journalisten über
„Beschneidung als Asylgrund?“ – Asyl oder Nichtasyl sind halt
unendliche akademische Modethemen, dennoch geht eine derartige
Verpackung für das Gräuel Beschneidung am Kern des Problems vorbei,
denn die Mädchen, die beschnitten werden, sind Kinder, die kaum als
Asylanten in Frage kommen, weil sie fest in der Gewalt ihrer
jeweiligen Gesellschaften stehen.
Als
in den Niederlanden diskutiert wurde, ob junge Menschen ab zwölf
Jahren als Geschlechtspartner juristisch und gesellschaftlich
akzeptabel seien, ging ein Aufschrei durch die Reihen der
Konservativen, doch ich frage: Wer schändet die Menschen, die
sexuell Liberalen oder die „Herren“, die auf göttliche Berufung
hin ihre eigene, offenbar unberechenbare Lust zu beschneiden suchen,
indem sie Frauen verunstalten und in Schleier einwickeln? Religiöse
Sexualfeindlichkeit ist das eigentliche Machtmittel der Muftis und
Popen; wir sehen uns mit einer permanenten Doppelmoral konfrontiert,
aufgebaut auf der vielfachen Zerstörung von Persönlichkeiten,
verursacht durch Unmenschen, gezeugt von „Göttern“, deren
Ursprung und ewiger Quell die vererbte Dummheit ist.
©
Raymond Walden