Dienstag, 24. November 2020

Sequenzen von Skepsis (391)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4992

Der Mensch, der Gott braucht, ihn gebraucht, um sich teuflisch aufzuführen, wie widert er mich an; ich muss ihn fliehen, solange ich noch frei atme.


4993

Was Gott geschlossen hat, so sagt die Kirche bezüglich der Ehe, soll der Mensch nicht trennen, also bleibt Ehescheidung ein brandmarkendes Tabu. Betrachtete der Klerus doch auch das Leben ähnlich konsequent, von Gott initiiert, dem Menschen, auch hohen Priestern und Präsidenten, jedes Hinrichten verbietend!


4994

Überall wo sich auf der Erde Sterne anbiedernd aufdrängen, entblößt sich eine lächerliche Interpretation des gestirnten Himmels.


4995

Das Anhimmeln von Personen kennt einzig eine Rechtfertigung: die der aufrecht Liebenden.


4996

Kunst spiegelt die Freiheit des Empfindens, das persönlicher und keineswegs ideologischer Natur folgt.


4997

Wie lange mag Wohlstand eines Einzelnen, eines Einsamen fortdauern – wir reden nicht von Reichtum?


4998

In einer sich durch unreflektiertes Wachstum aufblähenden und ausbreitenden Entfremdung markiert das Jahr 2020 weltweit einen kulturellen und intellektuellen Zusammenbruch als Grundlage für weitere Tragödien hysterischer Unmenschlichkeit.


4999

Bei all den offiziellen geistigen Verrenkungen um Abstand voneinander wird mir immer deutlicher, zu wie vielen Menschen ich gerne auf Distanz gehe, ein „Nimmer-Wiedersehen“ eingeschlossen.

 

5000

Meine ursprünglichste Heimat ist frei atmendes Schlafen – und hernach ausgeruhtes Denken. Dann bin ich weder Herr noch Gott und Teufel, sondern mit mir im Frieden, wohl wissend, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist.


5001

Im so kurzen Leben bleiben zeitliche Zielsetzungen „systemrelevant“, manche aber erzeugen unnötigen Druck, da sie sich bei genauerer Betrachtung als irgendwann zu erledigen, als unwichtig und verzichtbar erweisen.

 

5002

Zur Verständigung mangelt es häufig an zivilisatorischer Intelligenz, Brücken zu schlagen zu anderen Sprachen, Charakteren und Weltbildern. Es fehlen die Fundamente der Bildung und Empathie.


5003

Einsamkeit mag freiheitlich verwöhnen, doch der hinfällige Körper relativiert irgendwann.


5004

Ich schreibe nicht für Länder, Völker, Nationen, sondern für Menschen – falls „die Herrschaften“ ahnen, was ich meine – für Menschen unter der Sonne und im Dunkel der Nacht, nicht in geistiger Gefangenschaft.


5005

Planungen und Ereignisse laufen derart aus dem Ruder, dass es die gutmeinende aber naive Bevölkerung aufgrund der Heftigkeit für „unmöglich“ hält. Sie verschließt bewusst Augen, Ohren und Wahrnehmungen:

Intensität verprellt Sensibilität und schlussendlich regiert Totalität.


5006

Ist der Platz neben einem erst leer, mag Erkenntnis ihn einnehmen.



© Raymond Walden


Montag, 23. November 2020

Deutschland, auch das noch im Besonderen

 


Reinhard Mey & Freunde - Nein, meine Söhne geb' ich nicht [Offizielles Video]



Deutschland, Deutschland, wache endlich auf!


Auch meine Söhne und Enkel kriegst du nicht!


Raymond Walden 

 

 

 

Freitag, 20. November 2020

Wie kommt es eigentlich, Deutschland, …

 


dass du dich über atomare Teilhabe an amerikanischen Kernwaffen so erfreust, ihre Lagerung in deinem eigenen Land begrüßt und förderst, ihren Abwurf mit deiner Luftwaffe trainierst, während du dich bei der Nutzung friedlicher Kernenergie bildlich „in die Hosen scheißt“ und mit deiner sogenannten Energiewende besonders auch international ins technologische Abseits stellst?

Was ist denn wohl „sicherer“, Atomsprengsätze oder Kernkraftwerke, was ist friedlicher und umweltfreundlicher?

 

Du, Deutschland, mit deiner von Physik völlig abdriftenden promovierten Kanzlerin, spielst ein verlogenes Spiel, denn längst weiß man, dass keine Endlager für „atomaren Abfall“ über eine Million Jahre (so deine idiotische Diktion!) nötig sind, da andere Staaten längst am Recycling erfolgreich forschen.

Du, Deutschland, spinnst den „grünen“ Gau auf der Klaviatur in sämtlichen Tonarten und beginnst, nicht nur deine Kultur, sondern Zivilisation überhaupt an die Wand zu fahren.

Du zählst neuerdings „Infektionen“, nicht wirklich Erkrankte und nicht wirklich eindeutig ursächlich Verstorbene, um Restriktionen fundamentalistisch und willkürlich zu begründen und verschleierst, wie du Menschen auf allen Ebenen nicht nur im Stich lässt, sondern mit Drangsal an den Rand der Verzweiflung, sogar in den Suizid treibst.


In deiner schleimigen Vasallenschaft zu den USA bist du ungerecht, Deutschland, gegenüber Russland, dessen Völker im Zweiten Weltkrieg die höchsten Opferzahlen durch deinen nationalsozialistischen Wahnsinn zu verkraften hatten, und du, Deutschland, verspieltest die Gelegenheit zu einem friedlichen Ausgleich mit Russland, das freilich auch kein demokratischer Musterstaat ist, als etwa Präsident Putin im Deutschen Bundestag seine auf Frieden und Zusammenarbeit innerhalb Europas gerichtete Rede hielt.

Du, Deutschland, und deine ganze NATO-Verfilzung rückten immer näher an Russlands Grenzen heran, an ein Russland, das längst nicht diese gigantischen kriegerischen Rüstungsausgaben verzeichnet wie der gesamte rüstungswahnsinnige Westen im Schlepptau der Hegemonialmacht USA.


Nein, Deutschland, du bist politisch so unmoralisch geworden und ziehst ganz Europa, die Europäische Union besonders, in eine Unfriedlichkeit, weil du schon wieder die „Welt retten“ willst, mehr noch sogar das Klima (!), dessen gültige Parameter und Eckdaten, du natürlich, du besonders, je nach eigenen politischen Mehrheitsverhältnissen diktieren willst.

Du, Deutschland, sammelst ein paar Milliönchen in telegenen Wohltätigkeitsveranstaltungen, um dich in Scheinmenschlichkeit zu pinseln, und versenkst gleichzeitig Milliarden in die Ausbeutung der Dritten Welt und schickst ihr Waffen als dein perfides Verständnis von Menschlichkeit.


Deutschland, ich bin Deutscher per Ausweis und Reisepass und darüber hinaus sehr gerne, überzeugt im Hinblick auf unsere Literatur, Kunst, Musik, auf unsere Architektur, unsere Wissenschaft, Technologie, auf unsere Medizin und Hygiene, begeistert von unserer Landschaft wie von anderen auch.

Was aber willst du, Deutschland, eigentlich in deiner Phobie, jede Kritik an deinem doppelmoralischen Selbstverständnis als „Verschwörungstheorie“ zu verunglimpfen, wenngleich es natürlich solche Unsinnstheorien gibt? Bist du inzwischen so selbstgerecht, so selbstherrlich?


Ich weiß, Deutschland, du verstehst mich nicht, Kosmonomie ist dir unbegreiflich.


Dich aber, Deutschland, zu verstehen, gelingt nur wenigen auf dem gesamten Globus, wenngleich du mit Geld viele kaufst.

Täusche dich nicht, Deutschland, auch die so zahlreichen Flüchtlinge, die dich glorifizieren, tun dies allein aus einem unermesslichen Elend in ihren Heimatländern heraus, an dem du, Deutschland, eigentlich wenig Interesse zeigst, aber durch deinen elitären Kapitalismus reichlich Mitschuld trägst.

Noch eines, Deutschland, du bist so naiv gegenüber jeglichem Terrorismus, als sei dessen Duldung, zumindest seine Relativierung, etwa als „Religionsfreiheit“, ein demokratisches Prinzip.


Besonders aber auch das an meine Leser, wo immer in welcher Zeitzone: Dass ich (noch) so schreiben darf, ist ein deutlicher Hinweis, dass Deutschland weiterhin ein, wenngleich kränkelnder, Rechtsstaat ist. Ich möchte beitragen, ihn zu erhalten.



Donnerstag, 19. November 2020

Sequenzen von Skepsis (390, spöttelnd)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4975

Mit Wumms“ in die Milliarden-Schulden! Darauf werden noch unsere Enkel mächtig scholz sein.


4976

Eine Sozialdemidiotin erfand „Covidioten“ als ihren standesgemäßen Beitrag zur Problemlösung.


4977

Auf der Plagiatur verspielt sich mancher Doktorhut.


4978

Doktoranden kupfern, Universitäten promovieren im Schlaf.


4979

Mit deutschen Volksmassen kann man mehrheitlich fast alles machen, je nach Windrichtung. Dann aber blähen sie sich bis zum Schiffbruch auf.


4980

Vergangenheit bringt Nostalgie ins Schwärmen, Zukunft orakelt und die Gegenwart denkt noch weniger, aber verbissen.


4981

Aufrüstung für den Erhalt des längst verratenen und gebrochenen Friedens, denn für wirklichen Frieden fehlt das geistige Rüstzeug.


4982

Mal regieren Nationalisten oder Rassisten, vielleicht auch Theologen oder Virologen, häufig Kommunisten genauso wie Kapitalisten und religiöse Terroristen, und alle gebärden sich unisono uniform als Militaristen.

Fehlanzeige allumfassend: die intelligente Reifung zum Pazifisten.


4983

Jede junge Generation führt sich selbst ans Altern heran, umso vorzeitiger, je ungebildeter und ideologisierter sie Generationskonflikte schürt.


4984

Die Zentrifugen der Faktenmanipulation rotieren immer schneller wie auch die Prägemechanismen unbegrenzten Mammons, einhergehend mit Konjunkturexplosionen der Rüstungsindustrie, alle verortet in einer beispiellosen Gehirnschrumpfung. – Oder schrumpft da gar nichts im Vakuum?


4985

Siderisch“ bedeutet eine Umdrehung von 360 Grad, bezogen auf den weit entfernten Sternenhintergrund und nicht auf den etwaigen mittäglichen Sonnenstand.

Söderisch“ meint beliebige Wendungen, bezogen allein auf Machtgeilheit.


4986

Ein Bär trifft auf einen Kobold und hält ihn elektrisiert für seltenes Metall, schießt also den gewaltigen Bock und schwelgt in seiner angewandten Naturwissenschaft zur grünen Irrtumsspeicherung. Passwort: Annalena


4987

Die Gründramaturgische Apokalyptische Union (GAU)* hat im Deutschland des Jahres 2020 offensichtlich die absolute Mehrheit.

Demokratie: Quo vadis?

* Bestehend aus nahezu allen Abgeordneten des Bundestages, außer der leider nationalistischen AFD


4988

Menschlich freundliche Hände formen Herzen, dogmatisch versteifte Gliedmaßen schaffen es nur zur alternativlosen Raute.


4989

Die weibliche (!) Raute der Alternativlosigkeit schwebt als Hoheitszeichen über der Spielwiese Deutschland, wo sich bunte Rumpelstilzchen und Elfen gendergemäß darin überbieten, die Welt zu retten.


4990

Bundespressekonferenz:

Man seibert.

Noch Fragen?


4991

Fernsehen oder Litfaßsäule:

Mit Kleber haftet das Plakative.


 

© Raymond Walden



Mittwoch, 18. November 2020

Menschliches Glauben: Religion ist eine Geißel der Menschheit. (S. 213)

 


Die wirkliche Tragik der Menschen besteht darin, dass sie ihre jeweilige Religion für etwas unumstößlich Gutes halten, einen Wert darin sehen, dem sie alles unterordnen und dem sie in bester Absicht auch ihr Leben opfern. Dass sie mit jedem Opfer aber den Virus der Unselbstständigkeit, der Entmündigung und Unterwerfung, der dogmatischen Friedensunfähigkeit innerhalb der Glaubensrichtungen und der Religionen untereinander vermehren, erkennen sie nicht in ihrer Verblendung hinsichtlich eines vorgegaukelten Jenseits. Götter sind Schöpfungen des menschlichen Gehirns, das in seiner eigenen Evolution zwar das Bewusstsein entwickelt hat, darüber hinaus aber erst wenige Fragen nach dem Sinn beantworten kann.

     Eine wesentliche Erkenntnis besteht in der sinnvollen Endlichkeit des Lebens und in der Sinnlosigkeit eines „ewigen Lebens“, das allen Prinzipien der „Schöpfung“ widerspräche. Denn Ewigkeit bedeutete gleichbleibenden Status ohne jede Perspektive, ohne jede Entwicklung – ein Aberwitz im Gegensatz zum bestehenden Universum.

     Der Meinungsstreit um das angebliche Jenseits, das Glauben an einen personifizierten Gott, der sich einigen seiner Geschöpfe, den sogenannten Propheten – in Wirklichkeit Volksverführern, manche aus guter Überzeugung, die meisten aber sicher in schrulliger Halluzination oder Machtgier – offenbare, ist die kriegerische Geißel der Menschheit, die jeglichem Lebensverständnis die Grundlage entzieht, die einerseits das Blut als Lebenssaft verehrt, verherrlicht, um es andererseits in Strömen zu vergießen.

     In der gegenwärtigen Hirnforschung spricht sehr vieles dafür, dass mit dem Tod ein endgültiges Ende eintritt. Der ganze Ballast von Schuld und Sühne in einem jenseitigen Dasein verfliegt und das verpflichtet umso mehr, im tatsächlichen Leben alle Menschenrechte fortzuentwickeln und sie vor allem zu achten.

     Woher nun das Universum komme?

     Wahrscheinlich wird unser Gehirn nie reif für eine Antwort sein, es sucht aber nach einem Verursacher. Das ist legitim. Der Verursacher indes muss von einer überwältigenden Struktur sein, sodass kein Mensch behaupten kann, gar dessen Willen zu kennen. Indem jedoch genau dies geschieht, dass sich Menschen ohne jede sichere Erkenntnis, ja trotz ihrer natürlichen Beschränktheit anmaßen, den Willen eines Gottes, sogar für jeden einzelnen Menschen verbindlich, zu kennen, eröffnen sich apokalyptische Bedrohungen für den Globus.

     Vielleicht wird es immer wieder Vereinzelte geben, die dem Fiasko entrinnen und den Ast der Aufklärung im Evolutionsgeschehen weiter wachsen lassen. In der Menschwerdung des Menschen kann sich die Zukunft beweisen!




* Ende des Buches *



© Raymond Walden



Dienstag, 17. November 2020

Menschliches Glauben: Konsequenzen aus einem die Allgemeinheit überfordernden Weltbild (S. 208)

 


Mai 2001


Auf der Basis gegenseitiger menschlicher Achtung, Gewaltlosigkeit und Gleichberechtigung unternimmt die Kosmonomie den Versuch, Leben durch den Einsatz von Logik bei gleichzeitigem Fühlen und Mitfühlen zu bereichern und zu erleichtern. Ein Kosmonom müsste demnach ein glücklicherer Mensch als all die vom Glauben Gedemütigten sein – eine sehr oberflächliche Betrachtungsweise! Kein Mensch entkommt so einfach den Prägemustern seiner Herkunft, seiner gesellschaftlichen Rolle im privaten wie im öffentlichen Bereich. Die umfangreich anwachsende Unterschiedlichkeit der kosmonomen Lebensauffassung gegenüber vielen herkömmlichen Philosophien birgt eine Fülle von Konfliktmöglichkeiten, die ihrerseits als Feuertaufe für jeden angehenden Kosmonomen wirken, gilt es doch, Auseinandersetzungen konsequent zu bestehen und gleichzeitig mitmenschliche Güte und Toleranz zu üben, vor allem gegenüber Religiösen, Dogmatikern wie auch Gedankenlosen, also eigentlich den Ver- und Behinderern von Kosmonomie.

     Aufgeklärte Menschen sind immer wieder im Räderwerk der Geschichte zerrieben worden, doch ohne die revolutionären und evolutionären Ideen und Taten dieser Vordenker und ihrer Gefolgschaften hätte „Zivilisation" nie stattgefunden. Allerdings genügt der Zivilisationsbegriff längst nicht kosmonomen Ansprüchen, denn es gibt Zivilisation nur in Bruchstücken innerhalb einer global wuchernden Barbarei der offenen und dogmatisierenden Gewalt, nicht selten verkleidet in diplomatischen Raffinessen und Intrigen auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu finden.

     Eine in sich ruhende Persönlichkeit bedarf schon besonderer Standfestigkeit und Selbstsicherheit, wenn in der Routine des täglichen Lebens auf Schritt und Tritt religiöse und paranormale Gesetze, Überlieferungen und Gewohnheiten direkt oder versteckt das Geschehen lenken. Jede Gottheit, die Gottesfurcht sowie das Gottvertrauen sind nur bedingt „gut" zu bewerten, bedeuten sie ja dem Kosmonomen nichts als Albernheiten, die angereichert sind mit transzendentalem Fetischismus des Leidens und Sterbens. Der religiösen Anmaßung, die jeweils einzig richtige Definition über Lebensbeginn, -verlauf und -ende zu besitzen, setzt die Kosmonomie objektivierbare Fakten der Geburtenregelung, des Humanismus und eines würdigen, auch selbst bestimmten Todes entgegen. Dadurch leben Kosmonomen in der Welt, die eine ganz andere ist als jene aus den Offenbarungsweisheiten der Irrationalisten, die mehrheitlich schuldlos im spiritistischen Dunst verharren. Und Nebelschwaden solcher Art wallen zwischen bornierter Religiosität, oberflächlichem Mittun und bequemer unreflektierter Anpassung.

     Hier zu unterscheiden und abzuwägen, wann und wo sich engagierter Widerstand lohnen könnte, ist für Kosmonomen oft langweilig bis widerwärtig, geht es doch mitunter um Probleme, die am eigentlichen Leben vorbeizielen. Sie lassen sich einfach nicht abschütteln und ignorieren, die Einladungen zu Taufen, Erstkommunionen, Konfirmationen, kirchlichen Trauungen, Beerdigungen etc., alle zugleich Eckpfeiler der Doppel- und Scheinmoral.

     Die Taufe: In-Beschlag-Nehmen des Menschen von Geburt an.

     Erstkommunion, Konfirmation: Missbrauch junger, weitgehend beurteilungs- und kritikunfähiger Menschen zur feierlich-religiösen Vergatterung.

     Kirchliche Trauungen: Verfestigung einer heuchlerischen Sexualität.

     Beerdigungen: Scheinentwurf eines besseren Jenseits.

     Solche spiritistischen Bollwerke reißt Kosmonomie nicht ein, aber Kosmonomen müssen sie verarbeiten, nicht nur als Gäste solcher Anlässe, sondern viel intensiver noch im eigenen Leben – etwa als Patient im Krankenhaus, in juristischen Angelegenheiten und besonders als alternder, schwächer werdender Mensch. Da heißt es, rechtzeitig bei gesunden Kräften und unter Berufung auf demokratische Rechte Vorsorge zu treffen, den Anspruch auf Selbstbestimmung schriftlich und mündlich verbindlich zu definieren. Niemand hat dem anderen seine ideologische Meinung aufzudrängen: keine Kirche dem Richter, kein Jurist dem Mediziner, kein Arzt dem Patienten. Aber stattdessen ist das heutige Gesundheitswesen eine unheilvolle Verquickung von Religionsträgerschaften etwa der Krankenhäuser und Altenheime, von Pharmaindustrielobby, religionsbegründeter Juristerei und überhofierten (-bezahlten) Medizinpäpsten einerseits und hoffnungslos überfordertem, ausgebeutetem Krankenhauspersonal andererseits.

     Größte Skepsis ist geboten gegenüber Ärzten, die mit geradezu lächerlichen Dissertationen ihre Doktortitel erwerben können, um als „Götter in Weiß" unter Berufung auf ihr Standesethos, bei vielen eher auf ihren Standesdünkel, die Entmündigung des Patienten zu perfektionieren. Kaum zu durchleuchten sind die teilweise abenteuerlichen paramedizinischen Ausrichtungen der Ärzte und dem setzt die deutsche Gesetzgebung noch die Krone auf, indem sie sogenannten Heilpraktikern alle möglichen Rechte einräumt.

     Ein Sprichwort erkennt richtig: „Auf See und vor Gericht ist man in Gottes Hand", das heißt, allen Eventualitäten sind Tür und Tor geöffnet. Bleiben wir im Bild, so ist man in der Medizin viel zu oft in Teufels Hand, weil viel zu viele am Patienten verdienen wollen. Bei der Gesundheit geht es um das unmittelbare, ureigene Recht auf den eigenen Körper und dieses Recht wird kein Kosmonom leichtfertig an Ärzte, Therapeuten und Apotheker delegieren. Letztere verfügen nicht selten über ein wahrhaftes Alchimisten-Warensortiment.

     Eine Gesellschaft, die sich ein Zweiklassen-Patientenrecht (Privat- und Kassenpatienten) herausnimmt, in dem Geld die Bedingungen regelt, zeigt ihr tatsächlich inhumanes Selbstverständnis. Und sie setzt dies fort in einem merkwürdigen Totenkult mit teuren bis sinnlos-luxuriösen Beerdigungen, so als hätten viele der Trauernden gegenüber den Verstorbenen einiges gutzumachen, was sie zu Lebzeiten des Verstorbenen versäumt haben. Doch es hilft kein Fabulieren: Tote haben nichts mehr davon; nur die Lebenden setzen sich (und sonst nichts) in Szene.

     „Vorbereitet" wird solches Tun durch ständige religiöse Infiltration, denken wir an die Verflochtenheiten von Schulen und Religionsunterricht, gar an staatliche Konfessionsschulen, besonders im Grundschulbereich. Kritisch zu hinterfragen sind vor allem auch die deutschen Volkshochschulen, längst etablierte Hochburgen der Esoterik, der spleenigen Selbstverwirklichung auf einer Ebene des aus allen möglichen Kulturkreisen importierten Andersseins in erleuchtetem Bewusstsein. Betrachten wir aber auch die Dauerpräsenz des Religiösen in den Medien, seriöse wie abgeschmackte, Schund verbreitende Sender und Blätter kennen „christliche" Kolumnen, religiöse oder pseudoreligiöse Besinnungsminuten, gemäß dem Strickmuster, man halte die Armen im Geiste dumm und mehre den eigenen Reichtum, zumindest den der Herrschenden.

     Dem gleichen Muster folgen politische Parteien und Regierungen, erinnert sei an das Konkordat Deutschlands mit dem Vatikan, oder vergegenwärtigen wir uns die nationalistisch-religiöse Verquickung der Schulen beispielsweise in den USA, wo die Kinder täglich der Nationalfahne und der Republik, für die sie steht, „der einen unteilbaren Nation unter Gott" Loyalität geloben. „In God we trust.“ – „Wir vertrauen auf Gott“ steht auf jeder Dollar-Note. So sanktioniert man die Mehrung des Eigenkapitals unter gnadenloser Übervorteilung von Menschen (auch anderen Staaten), Tieren und Umwelt.

     Bliebe es bei dem bloßen Erkennen der Missstände, auch in so vielen anderen Belangen, wäre das sicher der Beginn der persönlichen Resignation, die jedoch nicht gerechtfertigt ist. Gerade im Bewusstsein der Menschheitsentwicklung muss man zugeben, dass derjenige, der Freiheit will, der aufklärerische Unabhängigkeit sucht, in den „westlichen Demokratien" die bisher umfassendsten Möglichkeiten der Persönlichkeitsentfaltung besitzt, was keineswegs übermütig gefeiert, sondern relativ an der gesamten Menschheitstragödie gemessen werden soll. Innerhalb dieses Dramas also ein Aufbruch – mit kreativen Fakten, nicht Hoffnungen, denn das „Prinzip Hoffnung" ist kontra-kosmonom. Die vor allem vorausplanenden, logische Konsequenzen erfassenden Entscheidungen und Taten sind bei allgegenwärtiger Skepsis gegenüber Irrtumsmöglichkeiten kosmonomisch, meint eigentlich “human“, dem menschlichen Dasein sinngebend. So mag es manchmal unbequem erscheinen, das eigene Leben selbst in die Hand zu nehmen, es ist in Wahrheit jedoch ein beflügelndes Glück der Unabhängigkeit, wenn man zum Beispiel Familienfeste, von Geburt an bis hin zum Begräbnis ohne religiösen Firlefanz gestalten kann, wenn man weder einen Gott noch dessen Teufel zu fürchten hat, wenn man sich besinnt in einem Realisieren von Wertschätzungen des Lebens im Hier und Jetzt, der Destruktion konsequent begegnet durch Wachsamkeit, Ehrlichkeit vor allem gegenüber sich selbst und Engagement für die über den kleinkariert-regionalen Horizont hinaus bedeutsamen Zusammenhänge; in einer Welt aber, die sich einer ignoranten Masse nicht oder erst sehr wenig erschließt. Daher haben Kosmonomen sicherlich häufiger Schwierigkeiten, ähnlich unabhängige Mitmenschen zu finden.


© Raymond Walden

 

 

Sonntag, 15. November 2020

Sequenzen von Skepsis (389, „Tripel“-Edition)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4972

Politisch „Grün“ ist das radikale Missverständnis beziehungsweise dogmatisierende Unverständnis von Mensch und Natur. Die offensichtliche Dummheit, der breite naturwissenschaftliche Bildungsmangel und eine romantisierende Gefühlsduselei maßen sich an, die freiheitliche, wenngleich unvollkommene Demokratie in eine „grüne Diktatur“ zu verwandeln, die vor keiner Menschenwürde, vor keiner mündigen Selbstbestimmung, vor keiner Privatsphäre und vor keiner Anbiederung an skurrile Machtausübungen Halt macht. Dieses „Grün“ betrifft keineswegs nur eine Partei, sondern markiert die „Weltverschwörungstheorie“ (sic!) von der Weltzerstörung – basierend auf zur Hysterie gesteigerten Angst im Verbund mit permanenter Desinformation, Indoktrination, Opportunität und Rechtfertigung von Verleumdung, Denunziation und Gewalt.


4973

An die Welt und Deutschland speziell:

Ermächtigungsgesetze“ sind Bemächtigungsgesetze zugunsten der Herrschenden zum Zwecke der Entmachtung der Parlamente, zur Ausschaltung des demokratischen Souveräns, zur diktatorischen Unterwerfung des Volkes.


4974

Wer die Freiheit erstickt, tötet ganz konkret das Menschsein – ganz gleich unter welcher Religion, Ideologie oder in akuter Verblendung der eigentlichen Konzeptionslosigkeit, das heißt: Inkompetenz!


© Raymond Walden


Samstag, 14. November 2020

Menschliches Glauben: Astronomischer Gesichtspunkt (S. 207)

 

Februar 2001


Als älteste und exakte Wissenschaft ist die Astronomie sehr geeignet, auch den menschlichen Standort innerhalb des Universums zu definieren. Mit zunehmenden Forschungsmöglichkeiten wird offensichtlich, dass der Mensch kosmisch recht bedeutungslos ist. Wahrscheinlich besitzt das Menschengehirn nicht genügend Kapazität, jemals den Kosmos ganz zu erschließen; zu gigantisch stellen sich die Räume, Zeitspannen und zu komplex die Entwicklungen dar. Aus dieser zu erkennenden Bescheidenheit leitet sich aber auch eine weit über irdische Kleinkariertheiten reichende Orientierungsmöglichkeit ab, denn wir sind dabei, riesige Zusammenhänge dennoch zu verstehen, sie zweifelsfrei zu beweisen. Kindlich naive Vorstellungen werden auf diese Weise beendet, Befreiung aus ideologisch-religiösen Zwangsregimen findet statt, alberne und gleichwohl verunsichernde, sogar in Abhängigkeiten zwingende Esoterikpostulate werden aufgehoben. Die interplanetare und erdnahe Raumfahrt eröffnet konkrete Verbesserungen der Lebensqualität, die galaktische wie intergalaktische Grundlagenforschung verfeinert die Methoden wissenschaftlichen Arbeitens und Planens.

     Ein kosmonomes Selbstverständnis bezieht die zuvor genannten Zusammenhänge hier und jetzt auf das tägliche Leben, und zwar mit dem Anspruch, die naturbedingten Lebensfeindlichkeiten und -widerwärtigkeiten für das Individuum abzumildern, das menschliche Dasein gleichberechtigt für alle Menschen so angenehm wie möglich zu gestalten. Kosmonomie verlässt bewusst bisherige Machtstrukturen und Ausbeutungsmentalitäten zugunsten von größtmöglicher Allgemeinbildung, aus der schließlich Einsichten reifen können, die nicht durch Ideologien oder Dogmen aufgezwungen werden. Basierend auf den Allgemeinen Menschenrechten, wird eine Weiterentwicklung der demokratischen Grundprinzipien für nötig erachtet, da die gegenwärtig existierenden Demokratien bestenfalls Scheincharakter tragen, denn sie dienen nach wie vor dem Profit und der Machterhaltung von bestimmten, sich bevorrechtigt empfindenden Gruppierungen.

     Kosmonomie unterliegt nicht dem Parteienprinzip, sondern bemüht die eigene Entscheidungskraft des Individuums aus seinem Selbstverständnis heraus.

Kosmonomen streiten und missionieren nicht, wenn das Gegenüber keine geistige Eigenständigkeit entwickelt, denn Götter und Unterwürfigkeitsstrukturen lassen sich nicht so einfach durch gelegentliche Diskussionen ersetzen. Der einzige Ersatz, den die Kosmonomie bieten kann, ist ein praktizierter Humanismus, den die Mehrheit der Menschen bisher nicht begreift. Neben eigener Standfestigkeit benötigen Kosmonomen sehr viel Geduld.


© Raymond Walden



Freitag, 13. November 2020

Menschliches Glauben: Ist Kosmonomie weltfremd, weil zu idealistisch? (S. 204)


März 1998


Ich nehme die Antwort vorweg: nein! Das wird natürlich nicht überraschen, dennoch sind die Verhältnisse keineswegs so eindeutig.

     Das wesentliche Anliegen der Kosmonomie ist die Erkenntnis, dass die einzelnen Lebensvorgänge mit der übergeordneten Naturgesetzmäßigkeit zusammenhängen: Begründung von Lebensqualität, Geborgenheit und Menschlichkeit nicht nur durch Globalisierung, sondern durch Universalität, dadurch nicht Gleichmacherei als Missverständnis vieler sich „Demokraten“ Nennenden, vielmehr Strukturbewusstsein als Basis für individuelle Vielfalt und Freiheit.

     In einer zunehmend uniformierten Konsumgesellschaft, die ihren relativen Reichtum (innerhalb existiert viel Armut) auf der Übervorteilung der sogenannten Zweiten und Dritten Welt aufbaut, stoßen kosmonomische Gedanken auf Ablehnung, weil sie äußerst unbequeme Wahrheiten definieren, die sowohl die Betreiber aktiver Marktpolitik wie die bequemen Verbraucher irritieren. Mehr noch scheucht die Kosmonomie die religiösen und/oder esoterischen Chefideologen und ihre demagogischen Ausführungsorgane auf. Also kann es nicht überraschen, dass die Kosmonomie offiziell nirgends existiert. Mag man den Vertretern der gängigen Staatsphilosophie nachsehen, dass sie Kosmonomie ablehnen, so frage ich mich, warum auch an sich fähige Kritiker unserer bestehenden Systeme nicht sonderlich viel Zustimmung zeigen, sich stattdessen lieber in ihren jeweiligen Organisationen durch Grundsatzdiskussionen aufreiben, wobei die angeblichen Grundsätze den bisherigen vordergründigen Gedankenschemen, etwa politisch links oder rechts, entsprechen. Verwickelt in die Beschäftigung mit sich selbst, demonstriert man so die eigentliche Gefangenschaft im Überkommenen, die Unfähigkeit zu wirklichem Aufbruch. Der Internationale Bund für Atheisten und Konfessionslose (IBKA) liefert derzeit ein Musterbeispiel dazu ab. Die Vehemenz, gegen Bestehendes zu sein, scheint die Akteure dermaßen einzunebeln, dass sie sich in ererbten Verhaltensmustern der Einflussnahme oder Machtausübung innerhalb ihrer Organisation verschleißen.

     Manchmal offenbart sich auch eine Überraschung: Da stehe ich seit vielen Jahren mit einem Professor in Kontakt, der selbst umfangreiche Arbeiten zur Gegenwartskritik verfasst hat, die ich weitgehend teile, und nun kündigt er sein Interesse an der Kosmonomie auf „ich kenne jetzt Ihre Diktion“, nachdem ich dezidiert gegen die Anthroposophen argumentiert habe.

     Es mutet mich seltsam an, wenn ich seit bald drei Dekaden zu astronomischen Vorträgen eingeladen werde, und zwar von Gruppierungen mit mir größtenteils fremden Philosophien, die aber ihrerseits von meinen aufklärerisch-wissenschaftlichen Ausführungen immer wieder angetan sind. Zu diesen gehören alle möglichen religiösen Veranstalter ebenso wie Rotarier, Lions-Brüder, Freimaurer und studentische (Altherren-) Verbindungen, deren regionale Selbstpflegegewohnheiten ich nicht gutheißen kann.

     Ein Sprichwort der afrikanischen Massai enthält sehr viel Wahres: „Wer die Welt liebt, schließe den Mund und öffne die Augen.“ Ich interpretiere dies so: Man betrachte die Welt hellwach, man lerne erst und fortwährend, um sodann auch mit dem Munde andere Augen öffnen zu können, indem man Meinungen ableitet und nicht ideologische Muster skandiert. Gemessen am üblichen Gebaren unserer „Vordenker“ und den Diskussionsgepflogenheiten einer geschwätzigen Masse, ist auch dies freilich idealistisch, gleichwohl nicht unmöglich.

     Eine andere Gefangenschaft beobachte ich in meinem recht vielschichtigen Bekanntenkreis, wenn gerade auch sich für intellektuell Haltende im engen wie weiteren Umfeld alle Register von Klatsch und Tratsch pflegen, ohne sich offenbar dessen bewusst zu sein, dass sie eigentlich über solchen Niederungen stehen sollten.

     Kosmonomie ist natürlich eine Vision, wie auch Frieden eine solche bedeutet! Niemand wird bestreiten, dass es Frieden gibt oder geben kann. Und die Kosmonomie gibt es ebenso, eigentlich war sie schon da, ehe ich sie verbalisiert habe, und deshalb existiert sie ganz real. Nun mag gefragt werden, wo denn der Wert eines Geschehens liege, das kaum jemand in unserer Massenmediengesellschaft zur Kenntnis nehme. Ich weigere mich allerdings, die Masse zum Maßstab aller Dinge zu erklären, geschweige denn ihr Kompetenz zuzuerkennen. Echtes Verständnis von Demokratie erfordert einen mündigen Bürger; von dem entfernen wir uns immer gravierender, das heißt, Demokratie ist heute längst eine Fata Morgana.

     Trotz dieses Debakels sehe ich keine andere Menschenwürde als eine demokratische; deshalb ziehe ich es vor, nicht schweigend zu resignieren, sondern Kieselsteine in die Brandung zu werfen, Kieselsteine, die aufgrund ihrer Feinstruktur die Aufmerksamkeit so manches bewussten Gezeitenwanderers finden.

     Bemerkenswert auch: Im Gegensatz zu Sektierern haben mich Politiker bisher nie diffamiert, selbst bei entschiedener Ablehnung meiner Philosophie kam es zu keinerlei verbalen Attacken, immer wieder aber zu Nichtreaktionen. Aus gegebenem wahlzeitlichen Anlass stelle ich mir vor, ich müsste mit Kohl, Schröder, den anderen, gar Clinton diskutieren. Worüber eigentlich? Wissen die denn noch, worum es wirklich geht? Sie sind Marionetten des Kapitals, der (un)feineren Maffia, ohne es zu merken?


© Raymond Walden


 

Donnerstag, 12. November 2020

Menschliches Glauben: „Beugebilder konturstarker Kontraste“ (S. 203)

 


August 1997


So oder ähnlich könnte ein soziokulturell pädagogisierender Psychophilosoph auf sich aufmerksam machen, um seine innovative "Zurück-zur-Natur-Bewusstseinsspaltung" im Feuilleton zu vermarkten.

     Ich möchte jedoch diese meine wortgewaltige Ausdruckskreation ganz nüchtern abschminken, um einen plausiblen Sachverhalt zu beschreiben, der allerdings aufgrund der bestehenden gesellschaftlichen Normierungen auch einiges Unverständnis erzeugen dürfte.

     Zunächst zur Physik: Licht wird an scharfkantigen Hindernissen, auch engen Gittern, gebeugt, Interferenzen der verschiedenen Wellenlängen verursachen Richtungsänderungen, spektrale Zerlegungen. Konturen bezeichnen klare Grenzen, Umrisse eines Gegenstands, eines Bildes; Kontraste meinen Gegensätze, etwa hell – dunkel, aber auch heiß – kalt, laut – leise etc.

     Zur Sache: Bedenken wir einmal konsequent die Situation eines atheistischen, kausal denkenden Zeitgenossen, der sich demokratischen und humanistischen Werten verbunden fühlt. Wie sieht seine alltagsgeprägte Standortanalyse aus?

Selbst wenn die eigene Familie religionsfrei sein sollte, stößt der Freidenker bei allen möglichen Lebensbanalitäten auf religiöse Eingefahrenheiten, die ihm von gedankenlos Übernommenem über bewusst gepflegtes Brauchtum bis hin zur ungeniert ausgeübten Indoktrination eine Fülle esoterischer Beschränktheiten aufdrängen. Wollte man dagegen ernsthaft ansteuern, verschwendete man einen erheblichen Teil seiner Lebenszeit der Verneinung; den Okkultisten ermöglichte man tatsächlich ihr Vorurteil über den "Geist, der stets verneint". Bei allem Engagement gegen das Glauben schlechthin scheint es mir viel wichtiger zu sein, sich zunächst die eigenen Lebenswerte zu erschließen, sie durch Hinterfragen immer wieder fortzuschreiben, Leid auf diese Weise leichter zu ertragen, die Freuden um so bewusster zu genießen, sie sogar herbeizuführen! Im Hinblick auf die Außenwelt ergeben sich deshalb permanent Diskrepanzen; sie zu verifizieren, kann sehr viel Selbstsicherheit und persönliche Zuversicht erzeugen. Zwangsläufig resultiert daraus im Verhältnis zu Gläubigen eine graduelle Ablehnung oder zumindest Reserviertheit. Man kann verantwortungsbewussterweise dem Gläubigen nicht bei jeder Gelegenheit den eigenen Unglauben aufdrängen, während freilich der Gläubige sein Gottvertrauen allgegenwärtig sich selbst bestätigt oder von außen beglaubigt sieht. Diesem Faktum müssen wir Gottlosen uns an der Jahrtausendschwelle weiterhin beugen. Individuell allerdings entscheiden wir über das Maß der "Verbiegung", die Unschärfe der Konturen und die Abschwächung der Kontraste unseres Ichs zur religiösen Umwelt, und das hat nichts mit Opportunismus, wohl aber mit realistischer Abschätzung eigener Wirksamkeit zu tun. Aus diesem permanenten Druck des Teilkompromisses gegenüber jahrtausendealten geistlichen Eintrichterungen bietet sich neben der Besinnung auf sich selbst aber auch der Dialog mit Religionsfreien an. Zahlreiche dieser Spezies sind nach dem Überwinden von Religion und Esoterik so enttäuscht von der Menschheit, dass sie sich vorzugsweise einigeln, resignieren oder ihre freiheitliche Trägheit pflegen. Zweifellos hat jeder das Recht, so zu leben. – Aber ist das Leben?


© Raymond Walden

 

 

Mittwoch, 11. November 2020

Menschliches Glauben: Freiheit muss in sich schlüssig ruhen (S. 202)

 


Mai 1997


Es gibt keine größere Freiheit als die Freiheit von Religion. Nicht Atheismus meint diese Freiheit, ganz im Gegenteil, Atheismus definiert sich ja als "gegen Gott sein“ – gegen einen Gott, den es nicht gibt! Freiheit von Religion beschreibt zunächst das eigene Befinden, weitgehend gelöst zu sein von all den uns umgebenden Religionswelten. Ich nehme mir die Freiheit, meinen Verstand zu gebrauchen und aus den mir zugänglichen Informationen Gewissheiten zu erlangen – nein, kein Dahindämmern in Selbstverwirklichung, sondern helles Wachsein, das Herstellen von Bezügen zu allen möglichen Wissens-, freilich weniger Glaubensquellen, auch das Brechen von Tabus. Erst aus den breit gefächerten Zusammenhängen ergibt sich die auch entspannende schlüssige Ruhe. Frei von Religion ist wohl nur ein Mensch, der ausgeglichen über das Sein meditieren kann, ohne immer wieder Reaktionen auf Religiöses zu konstruieren. So gefestigt, fällt dann die tägliche Begegnung mit dem Irrationalen erträglich aus.

     Nun zitieren Gläubige ebenso die Ruhe und die Kraft, die sie aus ihrer Gotteskindschaft schöpfen, und es gibt genügend Beispiele, die belegen, dass dem auch so ist. Deshalb erinnere ich daran, dass niemandem sein Glaube abgesprochen werden soll. Nicht hinnehmbar jedoch sind die religiösen Missionierungen, Einmischungen und religiösen Dogmen, die wie selbstverständlich nach Möglichkeit auf den gesamten Globus ausgedehnt werden sollen. Der Glaubende zieht seine Stärke aus einem Trugbild, aus der Bequemlichkeit, geführt zu werden. Er fühlt sich angeblich im Tode erlöst: Das verursacht eine Spaltung, die den Religiösen ein ganzes Leben gegenüber seinen strafenden und belohnenden Göttern erschüttert.


© Raymond Walden



Dienstag, 10. November 2020

Menschliches Glauben: Elitär? (S. 200)

 


Mai 1996


In Anbetracht der allgemeinen Mittelmäßigkeit, Dummheit und Bosheit der Menschheit gibt es also offenbar eine Neigung zur Bildung intellektueller (wissenschaftlicher, künstlerischer und philosophischer) 'Eliten' zusätzlich zu den 'Machteliten' der Politiker und Regierungen. In einigen Fällen können sich die beiden Arten von 'Eliten' überdecken. Bei der Prüfung seiner eigenen Auffassung von 'menschlicher Vortrefflichkeit', welche die 'Emanzipation von der Herde' und die 'Kultur' umfasst, fügt Russel die rhetorische Frage hinzu, wie es möglich ist, die guten von den schlechten Eigenschaften zu trennen, die hier mitspielen, wie z. B. Mangel an Sympathie und Überheblichkeit gegenüber jenen außerhalb des 'Zauberkreises' (charmed circle).“ (Kuhlenbeck, H.: Gehirn, Bewusstsein und Wirklichkeit, Steinkopff, Darmstadt 1986)

     Innerhalb einer solchen Betrachtungsweise fällt Kosmonomen, gewollt oder nicht, ein elitärer Status zu; sie unterscheiden sich in der geistigen Entwicklung definitiv von der Masse, die als letzte Grundlage ihrer Lebensgestaltung Irrationales in vielfältigster Form, häufig sogar unbewusst, akzeptiert. So gesehen, ergibt sich eine tatsächliche Überlegenheit der kosmonomischen Philosophie, jedoch hebt sich die kosmonomische Vorzüglichkeit in dem Moment auf, da sie sich gegenüber der Masse überlegen gebärdet. Kosmonomie ist für den irrationalen Massenmenschen nicht nachvollziehbar, häufig sogar fühlen sich Gläubige verletzt, sodass jede Diskussion über kosmonomische Sichtweisen nur unter Kosmonomen möglich ist.

Indem diese „Elite“ nicht nach Macht strebt, durch und durch humanistisch, gewaltfrei und demokratisch lebt, ergibt sich kein Negativaspekt für die Allgemeinheit, freilich mit der Ausnahme, dass Kosmonomen durch mangelndes Engagement in irrational hergeleiteten Projekten und Traditionen auffallen. Erst in sehr viel späteren Generationen, wenn überhaupt, könnten sich Denkstrukturen dahin entwickeln, dass Kosmonomen regieren, doch dazu bedarf es einer vorhergegangenen Demokratieverwirklichung jenseits von die öffentliche Meinung bestimmenden Medien und Konzernen, Lobbyistenfilz und Unterwanderung vonseiten der Religion. So die Menschheit fernere Jahrtausende erleben sollte, wird man zu Recht unsere Epoche trotz vordergründiger „Aufklärung“ und Technologie als Bestandteil des Mittelalters betrachten. Doch das setzt geistige Weiterentwicklung voraus, für die es in den gegenwärtigen Gesellschaftsordnungen, besser -zwängen, in den heutigen süffisant und detailliert ausgearbeiteten Menschenquälereien, wenige Anzeichen gibt.


© Raymond Walden



Montag, 9. November 2020

Menschliches Glauben: Ein bisweilen aussichtsloses Unterfangen (S. 199)

 


März 1996


Längst nicht abgeschlossen ist die Epoche der Nationalstaaten, vielmehr offenbart eine globale Betrachtung einen zunehmenden Strom nationaler und nationalistischer Bestrebungen. Sowohl in den Industriestaaten wie in den weniger oder gar nicht einflussreichen Ländern fehlt, wenn es denn zur Nagelprobe kommt, der universale Bezug. Unverändert geht es um die Verteilung regionaler Machtsphären und diese Herrschaftsansprüche werden ausnahmslos von allen Regierungen in scheinheiliger Doppelmoral erbarmungslos durchgesetzt.

     Kein Machthaber der Erde könnte sich, verhielte er sich gemäß der kosmonomischen Philosophie, heute behaupten, denn die Massen, „demokratische“ wie diktatorisch unterworfene, sind unreif wie die Regenten. Kosmonomen können realistischerweise nur Individuen sein, die sich nicht heroisch in welche Schlacht auch immer stürzen, die sich nicht zu einem Verband oder dergleichen formieren, sondern die Freiheit des Einzelnen humanistisch mit Inhalt füllen.

     Sollte man also meinen, Kosmonomen seien „Auserwählte“, die es sich leisten, den Widerwärtigkeiten der Politik auszuweichen? – Grundsätzlich könnte man dies sogar bejahen, doch ist zu relativieren: Natürlich bedeutet Kosmonomie Abstand vom Parteiengerangel, aber es darf nicht geschwiegen werden, wo Aufklärungsbemühungen sinnvoll erscheinen. Sich einigelnde Kosmonomen wären nicht „Auserwählte“, sondern tragisch-komische Weltflüchtlinge und kauzige Sektierer. Es ist wichtig, immer wieder öffentlich Einspruch gegen Esoterik, Okkultismus und Religion zu erheben – aus dem geistigen Refugium der Kosmonomie heraus. Aber das Aufbegehren muss nicht immer auf einer Bühne geschehen. Jeder möge auf seinen privaten Umkreis Einfluss nehmen. Die Kunst besteht darin, sachfundierte Überlegungen menschenfreundlich zu überbringen. Ein allerdings bisweilen aussichtsloses Unterfangen! Und dann bleibt nur zu schweigen.


© Raymond Walden



Sonntag, 8. November 2020

Sequenzen von Skepsis (388)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4962

Wer sein Kind liebt, züchtigt nicht – das machen nur Götter, Teufel und ihre Gefolgsleute –, sondern unterweist einfühlsam, gleichwohl mit natürlicher Bestimmtheit und Verbindlichkeit.


4963

In Parlamenten und Universitäten verbirgt und protegiert sich weit unterschätzte Ignoranz.


4964

Am „Denglisch“ erkennt man die Inkompetenz wie die Konzeptionslosigkeit.


4965

In wesentlichem Sprach-Unverständnis stottert und stolpert Gender-Gestammel über grammatische Strukturen.


4966

Natur kennt keinen Nationalismus und keine Religion, aber widerspricht sich selbst im Menschen, der ja zur Natur gehört, denn er künstelt und halluziniert.


4967

An ungezügelter Vermehrung und gefräßigem Wachstum stranguliert sich die orientierungslose Menschheit, sie bemüht sich – gerissen und einfältig verführt – um ausgeklügelste Erarbeitung von Feindbildern und verweigert sich einer Perspektive für ein würdiges globales Miteinander. Das ist der Status des Interimsmenschen, rundum unfertig!


4968

In pandemischer Verwirrung bittet der „Mainstream“, hoffnungsvoll hingehalten und rigoros bewacht, erst um die Eingrenzung der persönlichen Freiheits-Rechte und schließlich, beinahe unbemerkt, um deren Liquidation, um ihren Tod – freilich mit ungewisser Hoffnung der Auferstehung nach dem Fall.


4969

Für den indifferenten Herdenmenschen ist „Wahrheit“ das, woran er glauben möchte und „soll“, und sei es die fette Lüge, die skurrile Fata Morgana oder die personifizierte Dummheit.


4970

Wie berührt uns ein und dieselbe Musik verschieden im Freudentaumel, im Trauerfall, beim Abschiednehmen oder Wiedersehen, in der Katastrophe anders als nach der Rettung. Die Seele komponiert mit, färbt Klänge, interpretiert Takte, bestimmt sogar Tonarten als ein wesentlicher „Notenschlüssel“.


4971

Die faktische Bindung des Präsidentenamtes an persönlichen materiellen Reichtum garantiert in keiner Weise Reichtum an Weisheit, auch nicht an Lauterkeit. Die Verfassung des „Landes mit dieser Unmöglichkeit“ müsste von solchem Makel gereinigt werden, um länger als vorbildliche Demokratie gelten zu können.


© Raymond Walden


 

Samstag, 7. November 2020

Menschliches Glauben: Das Recht auf „Inseln“ (S. 198)

 


Februar 1996


Inseln als Grund und Boden kann im Kapitalismus jeder finanzkräftige Käufer erwerben; Inseln im übertragenen Sinne bedeuten freiheitliche Errungenschaften demokratischer Grundprinzipien. Eilande sind naturgemäß Gefährdungen ausgesetzt: „Narrenfreiheit“ heißt die Bedrohung für die ideellen Inseln, das sprichwörtliche „Reif-für-die-Insel-Sein“.

     Eine derartige Geistesverfassung steht nicht zur Debatte, wenn ich immer wieder an kosmonomische Zurückhaltung erinnere. Denn es sind die Religiösen, die den Globus überschwemmen mit wundersamen „Geheimnissen des Glaubens“, die ein aufgeklärter Geist eigentlich nur auf Inseln vermuten würde. Die fundamentalistische Glaubenssucht, auch Glaubenswut, donnert bevölkerungsexpandierend über die Kontenente, sodass keine religionsfreie Insel einem sinnlosen Kampf mit den psychischen Urgewalten geopfert werden sollte. Gewalt beruht doch auf der Unterentwicklung von Intelligenz schlechthin, oder sollte man ehrlicherweise vom Fehlen der Intelligenz sprechen? Es ergibt keinen Sinn, religiöse Kontingente in eigener zahlenmäßiger Unterlegenheit geistig anzugreifen, wäre doch das Echo nichts als ungenierte Intrige, Gewalt und Vernichtung. Bewahren wir uns stattdessen die religionsfreien Inseln und sorgen für Landgewinn für weitere aufgeschlossene Menschen. Diese allerdings müssen wir umwerben, nicht missionieren, denn sie sind ja schon unter uns die Aufgeklärten – nicht umwerben zur Einvernahme, sondern zur freiheitlich-humanen individuellen Lebensfreude, Lebensbereicherung und auch Lebensbewältigung.


© Raymond Walden

 

 

Freitag, 6. November 2020

Menschliches Glauben: Weltfremd? (S. 197)

 


Ja, es ist richtig, Kosmonomie ist eine futuristische demokratische Philosophie, denn es gibt zur Demokratie keine humane Alternative. Nötig allerdings erscheint die Fortentwicklung der heutigen Demokratie aus dem praktizierten kapitalistisch selbstgefälligen, inkompetenten und albernen Parteienzirkus.

     Es betrifft keineswegs nur die Parteien, sondern weiter gefasst auch die Gesellschaft, die enorm denkunfähig und orientierungslos dahindümpelt, ohne auch nur im Geringsten zu begreifen, „was die Stunde geschlagen hat“. Zwei bemerkenswerte Beispiele mögen das verdeutlichen. Die britische Königin, zugleich Oberhaupt des Staates und der Anglikanischen Hochkirche „adelt“ (was immer das ist) die Schauspielerin Elizabeth Taylor wofür (?) und die Medienagenturen verbreiten die Nachricht und die Bilder des beschränkten Publikums, das dem Schwachsinn beiwohnt. Wenige Tage zuvor reist im Mai des Jahres 2000 ein seniler Papst nach Fatima und spricht dort wie vorher an anderen Orten zum x-ten Mal irgendwelche längst nicht mehr existierenden Menschen „selig“ (was immer das ist) und wieder geistern Bilder und Nachrichten euphorisierter, denkunfähiger Massen durch die Medien.

     Kosmonomie ist die bewusste Abgrenzung von der naiv-wundergläubigen Aufweichung der an sich vorhandenen Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns. Dies bedeutet freilich auch Ausgrenzung, keineswegs im Sinne von Vernichtung, wohl aber mit der Intention des Abstandes zu den so seltsam Erleuchteten, heilig-selig Adligen oder auch Parteifunktionären, die nichts von der Welt verstehen, außer sich selbst zu inszenieren!

     Kosmonomie muss zwangsläufig hinnehmen, in dem Glitter des modisch Aufgesetzten nicht gern gesehen zu sein, verschwiegen zu werden – auch durch diejenigen, die eigentlich längst erkannt haben, dass kosmonomisch vorhersehbare Konsequenzen uns alle einholen.

     So manche „Wissenschaft“ oder Programmatik wurde durch Leute etabliert, die bei näherer Betrachtung, um es neutral auszudrücken, eher seltsame Zeitgenossen waren oder auch heute noch sind. Daraus ergibt sich, dass ein Kosmonom nur schwerlich Mitglied in einer der gängigen politischen Parteien sein kann, denn sie verkörpern das Prinzip „Einfluss durch Konformität und Opportunität“ auf Kosten von Menschen und Umwelt.

     Kosmonomie lässt sich heute und bis auf Weiteres nur vorsichtig leben auf dem durch Überbevölkerung sich verengenden Globus, angesichts einer gerissen religiös-kapitalistischen Fehlinterpretation des Humanen. An dieser leidvollen Tatsache ändert sich auch dadurch nichts, dass es sehr wohl gläubige Menschen gibt, die es von Grund auf ehrlich meinen und dadurch leicht zum Spielball ihrer jeweiligen Glaubensfürsten werden.


© Raymond Walden

 

 

Donnerstag, 5. November 2020

Menschliches Glauben: 7. Kosmonomie: Zeit zur Besinnung

 



Der Alltag vieler Menschen ist bestimmt durch mehr oder weniger lästige Verpflichtungen und ein ebenso mehr oder weniger gedankenloses Freizeitverhalten. Nachweislich greift dadurch eine allgegenwärtige Leere um sich, die trotz relativen Wohlstands den Charakter eines konsumierenden Dahinvegetierens trägt. Wer als Kind in derartiges Milieu hineingeboren wird, hat kein leichtes Lebenslos gezogen, denn sich aus eigener Kraft daraus zu lösen, verlangt spätestens vom heranwachsenden Jugendlichen eine Umorientierung zu Werten hin, die ihm gar nicht oder nur in Bruchstücken vermittelt worden sind.

Die Werte einer kosmonomen Humanität sind durch Nachdenklichkeit einerseits und durch Lebensgefühl andererseits nachvollziehbar; es braucht aber im Alltäglichen immer wieder Zeit zur Entspannung, um einigermaßen unabhängig und relativ frei denken zu können.

Im Gegensatz zur religiösen Meditation spielt sich keine mystisch-weltfremde Entrücktheit ab, sondern eine Lebensbetrachtung mit Gegenwarts- und Zukunftsorientierung mit durchaus idealistischen Ansprüchen. Man ist sich menschlicher Unzulänglichkeiten bewusst, strebt aber nach ihren Minimierungen unter Einsatz von Verstand und humanen Methoden.

Die Suche nach reflektiertem Leben eröffnet Möglichkeiten inneren Reichtums, dabei sind es vor allem die natürlichen Vorgänge um uns herum, die wir in der Verstädterung, in überhitzten Terminplanungen bei oft hektischer Planlosigkeit kaum noch oder überhaupt nicht mehr wahrnehmen.

Verankert an den täglichen Auf- und Untergängen der Gestirne, im wirklich erlebten Detailablauf von Jahreszeiten, den beobachtbaren biologischen Entwicklungen, Veränderungen im Mineralbereich, angeregt durch Fest- und Trauertage im Familien- und Freundeskreis und im Erleben von Geplantem wie Unerwartetem, kann man sich dem Geben und Nehmen von Mitmenschlichkeit öffnen. Wir sind soziale Wesen mit der fantastischen Option hoher persönlicher Freiheit in der Geborgenheit einer starken Gemeinschaft – wenn sie funktioniert. Solche Wechselwirkungen wollen gepflegt werden, damit sie nicht durch egoistische Verirrungen versteinern.


© Raymond Walden

 

 

Dienstag, 3. November 2020

So Small (CG19)



Cosmonomic Glimpse (19)

from a Viewpoint of Liberty



Plans and planes are flying high

but they need serious basis and ports.

Minds and meanings are cruising the seas

and they, too, can't sail without the support of harbors.

Dreams and beliefs are rising to heavens

spreading from the sources of ordinary daily needs and sufferings.


All of us, we are so small in reality,

nothing can change this!

Not even our better singing than others,

nor the better speaking, writing, painting,

not our better piano-playing, our sporting and fighting.


We keep being small the more

we are believing to be great

before we fall down our artificial steps and stages.


Mountains of money, turning into pure greed,

will be melted and washed away,

because they are piled up

by exploiting others, taking them their lives.


Remember this:

You may be honorable by granting emancipation,

by sharing peaceful culture

and open-minded fair competition

within a humane lifetime respecting life in general also.

Humanity can build you up, can make you very special in this world.


Cosmonomic philosophy may inspire you.



Montag, 2. November 2020

Menschliches Glauben: Sexualität (S. 192)

 


Lebewesen sind mit einem dominanten Sexualtrieb ausgestattet, der die Fortpflanzung garantiert. Er ist so machtvoll, dass er einen wesentlichen Teil des Lebens überhaupt darstellt. Und ausgerechnet der Umgang mit diesem Leben erhaltenden und Leben erzeugenden Trieb wird durch Menschen dogmatisiert, mit „Unreinheit“ und „Teuflischem“ in Verbindung gebracht, um Orientierungen durchzusetzen, die als Jungfräulichkeit, Wegsperren, Verschleiern und Beschneidungen von Frauen, als Unschuld, Keuschheit, Verurteilung lustvoller Gedanken wie der Selbstbefriedigung, als Manneszucht, Zölibat und so weiter propagiert werden und sich bis zur Jungfrauengeburt auswachsen. Mütter werden allen Ernstes nach der Geburt eines Kindes „ausgesegnet“ – gereinigt!

     Die Tierwelt lässt vielfältige sexuelle Verhaltensweisen zu und ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Antrieb für die jeweilige Lebensart, zugleich Bestandsgarantie und nicht etwa Untergang der Tiere bedeuten. Es gibt lebenslange Partnerschaften wie wechselnde Beziehungen, patriarchalische wie matriarchalische Gepflogenheiten, die Vielweiberei wie die Vielmännerei, Geschwistersexualität, elterliche praktische Sexualanleitungen für den Nachwuchs, Brunftzeiten wie die ständige Bereitschaft zur Fortpflanzung. Keines dieser Verhaltensmuster ist zwingend für die menschliche Sexualität, denn wir verfügen über das mehr oder weniger ausgeprägte reflektierende Bewusstsein, das uns zwar vom Tier abhebt, aber wie schon erwähnt, fatal unterentwickelt ist. Denn trotz oder wegen aller aufgesetzten Moral geht es den Beteiligten mehrheitlich nicht gut: Ehescheidungen, Partnerschaftsabbrüche, Zerrüttungen, Not der Kinder. Mehr noch, die dogmatisch-religiösen Fremdbestimmungen erzeugen mit kompromissloser Durchsetzungsgewalt Betrug in den Partnerschaften, Prostitution und Kindesmissbrauch, Leidensdruck, an dem sich eine zwiespältige Masse, wenn es denn öffentlich wird, verschämt lustvoll delektiert, ehe sie sich angeblich mit Abscheu abwendet. Bewusstseinsspaltung durch möglichst frühe Gehirnwäsche ist die eigentliche Schwäche, nicht die „Erbsünde“ der Menschheit, weil gerade auch viele der Moralhüter bezahlten Sex konsumieren, den sie durch die Diskreditierung der daran beteiligten Menschen scheinheilig verdammen.

     Man hat sich offensichtlich daran gewöhnt, dass vor allem in christlich-jüdisch-abendländisch geprägten Presseerzeugnissen und Internetangeboten barbusige oder in anderer Weise verführerisch dargestellte Frauen, seltener auch Männer, als verkaufsfördernde Signale für alles Mögliche herhalten. Welche Fehlentwicklung verbirgt sich hinter auf offensive Sexualität abgestimmter Mode? Besonders bei „teuren“ Kreationen lässt man Busen und Schambehaarung „durchschimmern“ und verurteilt gleichzeitig jeden darauf eindeutig ansprechenden Mann als Sexisten. Da laufen minderjährige Schülerinnen mit stark entwickelten Brüsten durch die Schulen, präsentieren ihren freien Bauchnabel und tragen die Hüften so tief entblößt, dass ihre modischen Strings sichtbar werden. Reize, die den natürlichen Sexualtrieb sowohl der Frauen bzw., Mädchen als auch – in besonderem Maße – der Jungen und Männer anregen. Aber alle sollen nicht dürfen! – Eine seltsame Entartung von Sexualität, die gegenüber dem Tierreich alle Merkmale von Widernatürlichkeit trägt.

     Und solche Verblendungen sind es, die der Gesellschaft die Normen gleichsam wie Hörner aufsetzen. Mithilfe von geistlichen oder juristischen Roben verkleidete Ordnungsapostel verkünden moralisch unanfechtbar die Sexualtabus unter Androhung und Ausführung der Strafen bis hin zur Steinigung. Für wie verwerflich, verdammenswürdig, gesellschaftsschädigend, untragbar, detailliert öffentlich aufklärungsbedürftig – und nicht selten vernichtenswert stuft man je nach Kulturkreis sogar leichte Tabuverletzungen ein!

     Wie viel niederträchtige Machenschaften und Morde, sogar Kriege inszenieren sich allein aus dem Problemfeld Eifersucht! Aber da ähneln Menschen, zumindest die männlichen, beispielsweise dem stolzen Hirsch, der keinen Nebenbuhler duldet, um alle Hirschdamen seines Rudels zu besitzen. Wie viel primitive Tratschmentalität wird auf der Basis verbotener Sexualität seit jeher salonfähig! Dabei wiegt ein falsches Umgehen mit dem menschlichen Sexualtrieb gerade besonders schwer, weil wegen ideologischer Fremdbestimmung und angesichts medizinisch verbesserter Lebensumstände menschliche Fortpflanzung ausufert und völlig unkalkulierbare globale Bedingungen verursacht: Leicht zu praktizierende Methoden der Empfängnisverhütung, des Lustgewinns und zugleich des Gesundheitsschutzes werden rigoros durch Traditionen und vor allem religiöse Bevormundung verhindert. Nicht das Unterdrücken des sexuellen Trieblebens soll in Zukunft die Menschheit prägen, sondern das menschlich-humane Erleben eines überaus reichen Lebenstriebs.

     Eine völlig indiskutable „Leistung“ so vieler Religionen ist die Minderbewertung der Frauen, die ein katastrophales Weltverständnis offenlegt, aus dem sich die Menschheit erst noch befreien muss, wenn sie denn überhaupt noch Perspektiven entwickeln möchte.

     Mögen im Tierreich Gewalt und sogar tödliche Rivalitäten als sexuelle Spielarten auftreten, so sind sie doch nicht vorherrschend. Der Mensch indes ist das einzige Wesen, das mit seiner Sexualität offensichtlich nicht zurechtkommt, weil er sich nicht frei zu ihr bekennen darf – was allerdings von glaubensfesten Zeitgenossen vehement geleugnet wird.


© Raymond Walden