Samstag, 14. November 2020

Menschliches Glauben: Astronomischer Gesichtspunkt (S. 207)

 

Februar 2001


Als älteste und exakte Wissenschaft ist die Astronomie sehr geeignet, auch den menschlichen Standort innerhalb des Universums zu definieren. Mit zunehmenden Forschungsmöglichkeiten wird offensichtlich, dass der Mensch kosmisch recht bedeutungslos ist. Wahrscheinlich besitzt das Menschengehirn nicht genügend Kapazität, jemals den Kosmos ganz zu erschließen; zu gigantisch stellen sich die Räume, Zeitspannen und zu komplex die Entwicklungen dar. Aus dieser zu erkennenden Bescheidenheit leitet sich aber auch eine weit über irdische Kleinkariertheiten reichende Orientierungsmöglichkeit ab, denn wir sind dabei, riesige Zusammenhänge dennoch zu verstehen, sie zweifelsfrei zu beweisen. Kindlich naive Vorstellungen werden auf diese Weise beendet, Befreiung aus ideologisch-religiösen Zwangsregimen findet statt, alberne und gleichwohl verunsichernde, sogar in Abhängigkeiten zwingende Esoterikpostulate werden aufgehoben. Die interplanetare und erdnahe Raumfahrt eröffnet konkrete Verbesserungen der Lebensqualität, die galaktische wie intergalaktische Grundlagenforschung verfeinert die Methoden wissenschaftlichen Arbeitens und Planens.

     Ein kosmonomes Selbstverständnis bezieht die zuvor genannten Zusammenhänge hier und jetzt auf das tägliche Leben, und zwar mit dem Anspruch, die naturbedingten Lebensfeindlichkeiten und -widerwärtigkeiten für das Individuum abzumildern, das menschliche Dasein gleichberechtigt für alle Menschen so angenehm wie möglich zu gestalten. Kosmonomie verlässt bewusst bisherige Machtstrukturen und Ausbeutungsmentalitäten zugunsten von größtmöglicher Allgemeinbildung, aus der schließlich Einsichten reifen können, die nicht durch Ideologien oder Dogmen aufgezwungen werden. Basierend auf den Allgemeinen Menschenrechten, wird eine Weiterentwicklung der demokratischen Grundprinzipien für nötig erachtet, da die gegenwärtig existierenden Demokratien bestenfalls Scheincharakter tragen, denn sie dienen nach wie vor dem Profit und der Machterhaltung von bestimmten, sich bevorrechtigt empfindenden Gruppierungen.

     Kosmonomie unterliegt nicht dem Parteienprinzip, sondern bemüht die eigene Entscheidungskraft des Individuums aus seinem Selbstverständnis heraus.

Kosmonomen streiten und missionieren nicht, wenn das Gegenüber keine geistige Eigenständigkeit entwickelt, denn Götter und Unterwürfigkeitsstrukturen lassen sich nicht so einfach durch gelegentliche Diskussionen ersetzen. Der einzige Ersatz, den die Kosmonomie bieten kann, ist ein praktizierter Humanismus, den die Mehrheit der Menschen bisher nicht begreift. Neben eigener Standfestigkeit benötigen Kosmonomen sehr viel Geduld.


© Raymond Walden



Freitag, 13. November 2020

Menschliches Glauben: Ist Kosmonomie weltfremd, weil zu idealistisch? (S. 204)


März 1998


Ich nehme die Antwort vorweg: nein! Das wird natürlich nicht überraschen, dennoch sind die Verhältnisse keineswegs so eindeutig.

     Das wesentliche Anliegen der Kosmonomie ist die Erkenntnis, dass die einzelnen Lebensvorgänge mit der übergeordneten Naturgesetzmäßigkeit zusammenhängen: Begründung von Lebensqualität, Geborgenheit und Menschlichkeit nicht nur durch Globalisierung, sondern durch Universalität, dadurch nicht Gleichmacherei als Missverständnis vieler sich „Demokraten“ Nennenden, vielmehr Strukturbewusstsein als Basis für individuelle Vielfalt und Freiheit.

     In einer zunehmend uniformierten Konsumgesellschaft, die ihren relativen Reichtum (innerhalb existiert viel Armut) auf der Übervorteilung der sogenannten Zweiten und Dritten Welt aufbaut, stoßen kosmonomische Gedanken auf Ablehnung, weil sie äußerst unbequeme Wahrheiten definieren, die sowohl die Betreiber aktiver Marktpolitik wie die bequemen Verbraucher irritieren. Mehr noch scheucht die Kosmonomie die religiösen und/oder esoterischen Chefideologen und ihre demagogischen Ausführungsorgane auf. Also kann es nicht überraschen, dass die Kosmonomie offiziell nirgends existiert. Mag man den Vertretern der gängigen Staatsphilosophie nachsehen, dass sie Kosmonomie ablehnen, so frage ich mich, warum auch an sich fähige Kritiker unserer bestehenden Systeme nicht sonderlich viel Zustimmung zeigen, sich stattdessen lieber in ihren jeweiligen Organisationen durch Grundsatzdiskussionen aufreiben, wobei die angeblichen Grundsätze den bisherigen vordergründigen Gedankenschemen, etwa politisch links oder rechts, entsprechen. Verwickelt in die Beschäftigung mit sich selbst, demonstriert man so die eigentliche Gefangenschaft im Überkommenen, die Unfähigkeit zu wirklichem Aufbruch. Der Internationale Bund für Atheisten und Konfessionslose (IBKA) liefert derzeit ein Musterbeispiel dazu ab. Die Vehemenz, gegen Bestehendes zu sein, scheint die Akteure dermaßen einzunebeln, dass sie sich in ererbten Verhaltensmustern der Einflussnahme oder Machtausübung innerhalb ihrer Organisation verschleißen.

     Manchmal offenbart sich auch eine Überraschung: Da stehe ich seit vielen Jahren mit einem Professor in Kontakt, der selbst umfangreiche Arbeiten zur Gegenwartskritik verfasst hat, die ich weitgehend teile, und nun kündigt er sein Interesse an der Kosmonomie auf „ich kenne jetzt Ihre Diktion“, nachdem ich dezidiert gegen die Anthroposophen argumentiert habe.

     Es mutet mich seltsam an, wenn ich seit bald drei Dekaden zu astronomischen Vorträgen eingeladen werde, und zwar von Gruppierungen mit mir größtenteils fremden Philosophien, die aber ihrerseits von meinen aufklärerisch-wissenschaftlichen Ausführungen immer wieder angetan sind. Zu diesen gehören alle möglichen religiösen Veranstalter ebenso wie Rotarier, Lions-Brüder, Freimaurer und studentische (Altherren-) Verbindungen, deren regionale Selbstpflegegewohnheiten ich nicht gutheißen kann.

     Ein Sprichwort der afrikanischen Massai enthält sehr viel Wahres: „Wer die Welt liebt, schließe den Mund und öffne die Augen.“ Ich interpretiere dies so: Man betrachte die Welt hellwach, man lerne erst und fortwährend, um sodann auch mit dem Munde andere Augen öffnen zu können, indem man Meinungen ableitet und nicht ideologische Muster skandiert. Gemessen am üblichen Gebaren unserer „Vordenker“ und den Diskussionsgepflogenheiten einer geschwätzigen Masse, ist auch dies freilich idealistisch, gleichwohl nicht unmöglich.

     Eine andere Gefangenschaft beobachte ich in meinem recht vielschichtigen Bekanntenkreis, wenn gerade auch sich für intellektuell Haltende im engen wie weiteren Umfeld alle Register von Klatsch und Tratsch pflegen, ohne sich offenbar dessen bewusst zu sein, dass sie eigentlich über solchen Niederungen stehen sollten.

     Kosmonomie ist natürlich eine Vision, wie auch Frieden eine solche bedeutet! Niemand wird bestreiten, dass es Frieden gibt oder geben kann. Und die Kosmonomie gibt es ebenso, eigentlich war sie schon da, ehe ich sie verbalisiert habe, und deshalb existiert sie ganz real. Nun mag gefragt werden, wo denn der Wert eines Geschehens liege, das kaum jemand in unserer Massenmediengesellschaft zur Kenntnis nehme. Ich weigere mich allerdings, die Masse zum Maßstab aller Dinge zu erklären, geschweige denn ihr Kompetenz zuzuerkennen. Echtes Verständnis von Demokratie erfordert einen mündigen Bürger; von dem entfernen wir uns immer gravierender, das heißt, Demokratie ist heute längst eine Fata Morgana.

     Trotz dieses Debakels sehe ich keine andere Menschenwürde als eine demokratische; deshalb ziehe ich es vor, nicht schweigend zu resignieren, sondern Kieselsteine in die Brandung zu werfen, Kieselsteine, die aufgrund ihrer Feinstruktur die Aufmerksamkeit so manches bewussten Gezeitenwanderers finden.

     Bemerkenswert auch: Im Gegensatz zu Sektierern haben mich Politiker bisher nie diffamiert, selbst bei entschiedener Ablehnung meiner Philosophie kam es zu keinerlei verbalen Attacken, immer wieder aber zu Nichtreaktionen. Aus gegebenem wahlzeitlichen Anlass stelle ich mir vor, ich müsste mit Kohl, Schröder, den anderen, gar Clinton diskutieren. Worüber eigentlich? Wissen die denn noch, worum es wirklich geht? Sie sind Marionetten des Kapitals, der (un)feineren Maffia, ohne es zu merken?


© Raymond Walden


 

Donnerstag, 12. November 2020

Menschliches Glauben: „Beugebilder konturstarker Kontraste“ (S. 203)

 


August 1997


So oder ähnlich könnte ein soziokulturell pädagogisierender Psychophilosoph auf sich aufmerksam machen, um seine innovative "Zurück-zur-Natur-Bewusstseinsspaltung" im Feuilleton zu vermarkten.

     Ich möchte jedoch diese meine wortgewaltige Ausdruckskreation ganz nüchtern abschminken, um einen plausiblen Sachverhalt zu beschreiben, der allerdings aufgrund der bestehenden gesellschaftlichen Normierungen auch einiges Unverständnis erzeugen dürfte.

     Zunächst zur Physik: Licht wird an scharfkantigen Hindernissen, auch engen Gittern, gebeugt, Interferenzen der verschiedenen Wellenlängen verursachen Richtungsänderungen, spektrale Zerlegungen. Konturen bezeichnen klare Grenzen, Umrisse eines Gegenstands, eines Bildes; Kontraste meinen Gegensätze, etwa hell – dunkel, aber auch heiß – kalt, laut – leise etc.

     Zur Sache: Bedenken wir einmal konsequent die Situation eines atheistischen, kausal denkenden Zeitgenossen, der sich demokratischen und humanistischen Werten verbunden fühlt. Wie sieht seine alltagsgeprägte Standortanalyse aus?

Selbst wenn die eigene Familie religionsfrei sein sollte, stößt der Freidenker bei allen möglichen Lebensbanalitäten auf religiöse Eingefahrenheiten, die ihm von gedankenlos Übernommenem über bewusst gepflegtes Brauchtum bis hin zur ungeniert ausgeübten Indoktrination eine Fülle esoterischer Beschränktheiten aufdrängen. Wollte man dagegen ernsthaft ansteuern, verschwendete man einen erheblichen Teil seiner Lebenszeit der Verneinung; den Okkultisten ermöglichte man tatsächlich ihr Vorurteil über den "Geist, der stets verneint". Bei allem Engagement gegen das Glauben schlechthin scheint es mir viel wichtiger zu sein, sich zunächst die eigenen Lebenswerte zu erschließen, sie durch Hinterfragen immer wieder fortzuschreiben, Leid auf diese Weise leichter zu ertragen, die Freuden um so bewusster zu genießen, sie sogar herbeizuführen! Im Hinblick auf die Außenwelt ergeben sich deshalb permanent Diskrepanzen; sie zu verifizieren, kann sehr viel Selbstsicherheit und persönliche Zuversicht erzeugen. Zwangsläufig resultiert daraus im Verhältnis zu Gläubigen eine graduelle Ablehnung oder zumindest Reserviertheit. Man kann verantwortungsbewussterweise dem Gläubigen nicht bei jeder Gelegenheit den eigenen Unglauben aufdrängen, während freilich der Gläubige sein Gottvertrauen allgegenwärtig sich selbst bestätigt oder von außen beglaubigt sieht. Diesem Faktum müssen wir Gottlosen uns an der Jahrtausendschwelle weiterhin beugen. Individuell allerdings entscheiden wir über das Maß der "Verbiegung", die Unschärfe der Konturen und die Abschwächung der Kontraste unseres Ichs zur religiösen Umwelt, und das hat nichts mit Opportunismus, wohl aber mit realistischer Abschätzung eigener Wirksamkeit zu tun. Aus diesem permanenten Druck des Teilkompromisses gegenüber jahrtausendealten geistlichen Eintrichterungen bietet sich neben der Besinnung auf sich selbst aber auch der Dialog mit Religionsfreien an. Zahlreiche dieser Spezies sind nach dem Überwinden von Religion und Esoterik so enttäuscht von der Menschheit, dass sie sich vorzugsweise einigeln, resignieren oder ihre freiheitliche Trägheit pflegen. Zweifellos hat jeder das Recht, so zu leben. – Aber ist das Leben?


© Raymond Walden

 

 

Mittwoch, 11. November 2020

Menschliches Glauben: Freiheit muss in sich schlüssig ruhen (S. 202)

 


Mai 1997


Es gibt keine größere Freiheit als die Freiheit von Religion. Nicht Atheismus meint diese Freiheit, ganz im Gegenteil, Atheismus definiert sich ja als "gegen Gott sein“ – gegen einen Gott, den es nicht gibt! Freiheit von Religion beschreibt zunächst das eigene Befinden, weitgehend gelöst zu sein von all den uns umgebenden Religionswelten. Ich nehme mir die Freiheit, meinen Verstand zu gebrauchen und aus den mir zugänglichen Informationen Gewissheiten zu erlangen – nein, kein Dahindämmern in Selbstverwirklichung, sondern helles Wachsein, das Herstellen von Bezügen zu allen möglichen Wissens-, freilich weniger Glaubensquellen, auch das Brechen von Tabus. Erst aus den breit gefächerten Zusammenhängen ergibt sich die auch entspannende schlüssige Ruhe. Frei von Religion ist wohl nur ein Mensch, der ausgeglichen über das Sein meditieren kann, ohne immer wieder Reaktionen auf Religiöses zu konstruieren. So gefestigt, fällt dann die tägliche Begegnung mit dem Irrationalen erträglich aus.

     Nun zitieren Gläubige ebenso die Ruhe und die Kraft, die sie aus ihrer Gotteskindschaft schöpfen, und es gibt genügend Beispiele, die belegen, dass dem auch so ist. Deshalb erinnere ich daran, dass niemandem sein Glaube abgesprochen werden soll. Nicht hinnehmbar jedoch sind die religiösen Missionierungen, Einmischungen und religiösen Dogmen, die wie selbstverständlich nach Möglichkeit auf den gesamten Globus ausgedehnt werden sollen. Der Glaubende zieht seine Stärke aus einem Trugbild, aus der Bequemlichkeit, geführt zu werden. Er fühlt sich angeblich im Tode erlöst: Das verursacht eine Spaltung, die den Religiösen ein ganzes Leben gegenüber seinen strafenden und belohnenden Göttern erschüttert.


© Raymond Walden



Dienstag, 10. November 2020

Menschliches Glauben: Elitär? (S. 200)

 


Mai 1996


In Anbetracht der allgemeinen Mittelmäßigkeit, Dummheit und Bosheit der Menschheit gibt es also offenbar eine Neigung zur Bildung intellektueller (wissenschaftlicher, künstlerischer und philosophischer) 'Eliten' zusätzlich zu den 'Machteliten' der Politiker und Regierungen. In einigen Fällen können sich die beiden Arten von 'Eliten' überdecken. Bei der Prüfung seiner eigenen Auffassung von 'menschlicher Vortrefflichkeit', welche die 'Emanzipation von der Herde' und die 'Kultur' umfasst, fügt Russel die rhetorische Frage hinzu, wie es möglich ist, die guten von den schlechten Eigenschaften zu trennen, die hier mitspielen, wie z. B. Mangel an Sympathie und Überheblichkeit gegenüber jenen außerhalb des 'Zauberkreises' (charmed circle).“ (Kuhlenbeck, H.: Gehirn, Bewusstsein und Wirklichkeit, Steinkopff, Darmstadt 1986)

     Innerhalb einer solchen Betrachtungsweise fällt Kosmonomen, gewollt oder nicht, ein elitärer Status zu; sie unterscheiden sich in der geistigen Entwicklung definitiv von der Masse, die als letzte Grundlage ihrer Lebensgestaltung Irrationales in vielfältigster Form, häufig sogar unbewusst, akzeptiert. So gesehen, ergibt sich eine tatsächliche Überlegenheit der kosmonomischen Philosophie, jedoch hebt sich die kosmonomische Vorzüglichkeit in dem Moment auf, da sie sich gegenüber der Masse überlegen gebärdet. Kosmonomie ist für den irrationalen Massenmenschen nicht nachvollziehbar, häufig sogar fühlen sich Gläubige verletzt, sodass jede Diskussion über kosmonomische Sichtweisen nur unter Kosmonomen möglich ist.

Indem diese „Elite“ nicht nach Macht strebt, durch und durch humanistisch, gewaltfrei und demokratisch lebt, ergibt sich kein Negativaspekt für die Allgemeinheit, freilich mit der Ausnahme, dass Kosmonomen durch mangelndes Engagement in irrational hergeleiteten Projekten und Traditionen auffallen. Erst in sehr viel späteren Generationen, wenn überhaupt, könnten sich Denkstrukturen dahin entwickeln, dass Kosmonomen regieren, doch dazu bedarf es einer vorhergegangenen Demokratieverwirklichung jenseits von die öffentliche Meinung bestimmenden Medien und Konzernen, Lobbyistenfilz und Unterwanderung vonseiten der Religion. So die Menschheit fernere Jahrtausende erleben sollte, wird man zu Recht unsere Epoche trotz vordergründiger „Aufklärung“ und Technologie als Bestandteil des Mittelalters betrachten. Doch das setzt geistige Weiterentwicklung voraus, für die es in den gegenwärtigen Gesellschaftsordnungen, besser -zwängen, in den heutigen süffisant und detailliert ausgearbeiteten Menschenquälereien, wenige Anzeichen gibt.


© Raymond Walden



Montag, 9. November 2020

Menschliches Glauben: Ein bisweilen aussichtsloses Unterfangen (S. 199)

 


März 1996


Längst nicht abgeschlossen ist die Epoche der Nationalstaaten, vielmehr offenbart eine globale Betrachtung einen zunehmenden Strom nationaler und nationalistischer Bestrebungen. Sowohl in den Industriestaaten wie in den weniger oder gar nicht einflussreichen Ländern fehlt, wenn es denn zur Nagelprobe kommt, der universale Bezug. Unverändert geht es um die Verteilung regionaler Machtsphären und diese Herrschaftsansprüche werden ausnahmslos von allen Regierungen in scheinheiliger Doppelmoral erbarmungslos durchgesetzt.

     Kein Machthaber der Erde könnte sich, verhielte er sich gemäß der kosmonomischen Philosophie, heute behaupten, denn die Massen, „demokratische“ wie diktatorisch unterworfene, sind unreif wie die Regenten. Kosmonomen können realistischerweise nur Individuen sein, die sich nicht heroisch in welche Schlacht auch immer stürzen, die sich nicht zu einem Verband oder dergleichen formieren, sondern die Freiheit des Einzelnen humanistisch mit Inhalt füllen.

     Sollte man also meinen, Kosmonomen seien „Auserwählte“, die es sich leisten, den Widerwärtigkeiten der Politik auszuweichen? – Grundsätzlich könnte man dies sogar bejahen, doch ist zu relativieren: Natürlich bedeutet Kosmonomie Abstand vom Parteiengerangel, aber es darf nicht geschwiegen werden, wo Aufklärungsbemühungen sinnvoll erscheinen. Sich einigelnde Kosmonomen wären nicht „Auserwählte“, sondern tragisch-komische Weltflüchtlinge und kauzige Sektierer. Es ist wichtig, immer wieder öffentlich Einspruch gegen Esoterik, Okkultismus und Religion zu erheben – aus dem geistigen Refugium der Kosmonomie heraus. Aber das Aufbegehren muss nicht immer auf einer Bühne geschehen. Jeder möge auf seinen privaten Umkreis Einfluss nehmen. Die Kunst besteht darin, sachfundierte Überlegungen menschenfreundlich zu überbringen. Ein allerdings bisweilen aussichtsloses Unterfangen! Und dann bleibt nur zu schweigen.


© Raymond Walden



Sonntag, 8. November 2020

Sequenzen von Skepsis (388)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4962

Wer sein Kind liebt, züchtigt nicht – das machen nur Götter, Teufel und ihre Gefolgsleute –, sondern unterweist einfühlsam, gleichwohl mit natürlicher Bestimmtheit und Verbindlichkeit.


4963

In Parlamenten und Universitäten verbirgt und protegiert sich weit unterschätzte Ignoranz.


4964

Am „Denglisch“ erkennt man die Inkompetenz wie die Konzeptionslosigkeit.


4965

In wesentlichem Sprach-Unverständnis stottert und stolpert Gender-Gestammel über grammatische Strukturen.


4966

Natur kennt keinen Nationalismus und keine Religion, aber widerspricht sich selbst im Menschen, der ja zur Natur gehört, denn er künstelt und halluziniert.


4967

An ungezügelter Vermehrung und gefräßigem Wachstum stranguliert sich die orientierungslose Menschheit, sie bemüht sich – gerissen und einfältig verführt – um ausgeklügelste Erarbeitung von Feindbildern und verweigert sich einer Perspektive für ein würdiges globales Miteinander. Das ist der Status des Interimsmenschen, rundum unfertig!


4968

In pandemischer Verwirrung bittet der „Mainstream“, hoffnungsvoll hingehalten und rigoros bewacht, erst um die Eingrenzung der persönlichen Freiheits-Rechte und schließlich, beinahe unbemerkt, um deren Liquidation, um ihren Tod – freilich mit ungewisser Hoffnung der Auferstehung nach dem Fall.


4969

Für den indifferenten Herdenmenschen ist „Wahrheit“ das, woran er glauben möchte und „soll“, und sei es die fette Lüge, die skurrile Fata Morgana oder die personifizierte Dummheit.


4970

Wie berührt uns ein und dieselbe Musik verschieden im Freudentaumel, im Trauerfall, beim Abschiednehmen oder Wiedersehen, in der Katastrophe anders als nach der Rettung. Die Seele komponiert mit, färbt Klänge, interpretiert Takte, bestimmt sogar Tonarten als ein wesentlicher „Notenschlüssel“.


4971

Die faktische Bindung des Präsidentenamtes an persönlichen materiellen Reichtum garantiert in keiner Weise Reichtum an Weisheit, auch nicht an Lauterkeit. Die Verfassung des „Landes mit dieser Unmöglichkeit“ müsste von solchem Makel gereinigt werden, um länger als vorbildliche Demokratie gelten zu können.


© Raymond Walden


 

Samstag, 7. November 2020

Menschliches Glauben: Das Recht auf „Inseln“ (S. 198)

 


Februar 1996


Inseln als Grund und Boden kann im Kapitalismus jeder finanzkräftige Käufer erwerben; Inseln im übertragenen Sinne bedeuten freiheitliche Errungenschaften demokratischer Grundprinzipien. Eilande sind naturgemäß Gefährdungen ausgesetzt: „Narrenfreiheit“ heißt die Bedrohung für die ideellen Inseln, das sprichwörtliche „Reif-für-die-Insel-Sein“.

     Eine derartige Geistesverfassung steht nicht zur Debatte, wenn ich immer wieder an kosmonomische Zurückhaltung erinnere. Denn es sind die Religiösen, die den Globus überschwemmen mit wundersamen „Geheimnissen des Glaubens“, die ein aufgeklärter Geist eigentlich nur auf Inseln vermuten würde. Die fundamentalistische Glaubenssucht, auch Glaubenswut, donnert bevölkerungsexpandierend über die Kontenente, sodass keine religionsfreie Insel einem sinnlosen Kampf mit den psychischen Urgewalten geopfert werden sollte. Gewalt beruht doch auf der Unterentwicklung von Intelligenz schlechthin, oder sollte man ehrlicherweise vom Fehlen der Intelligenz sprechen? Es ergibt keinen Sinn, religiöse Kontingente in eigener zahlenmäßiger Unterlegenheit geistig anzugreifen, wäre doch das Echo nichts als ungenierte Intrige, Gewalt und Vernichtung. Bewahren wir uns stattdessen die religionsfreien Inseln und sorgen für Landgewinn für weitere aufgeschlossene Menschen. Diese allerdings müssen wir umwerben, nicht missionieren, denn sie sind ja schon unter uns die Aufgeklärten – nicht umwerben zur Einvernahme, sondern zur freiheitlich-humanen individuellen Lebensfreude, Lebensbereicherung und auch Lebensbewältigung.


© Raymond Walden

 

 

Freitag, 6. November 2020

Menschliches Glauben: Weltfremd? (S. 197)

 


Ja, es ist richtig, Kosmonomie ist eine futuristische demokratische Philosophie, denn es gibt zur Demokratie keine humane Alternative. Nötig allerdings erscheint die Fortentwicklung der heutigen Demokratie aus dem praktizierten kapitalistisch selbstgefälligen, inkompetenten und albernen Parteienzirkus.

     Es betrifft keineswegs nur die Parteien, sondern weiter gefasst auch die Gesellschaft, die enorm denkunfähig und orientierungslos dahindümpelt, ohne auch nur im Geringsten zu begreifen, „was die Stunde geschlagen hat“. Zwei bemerkenswerte Beispiele mögen das verdeutlichen. Die britische Königin, zugleich Oberhaupt des Staates und der Anglikanischen Hochkirche „adelt“ (was immer das ist) die Schauspielerin Elizabeth Taylor wofür (?) und die Medienagenturen verbreiten die Nachricht und die Bilder des beschränkten Publikums, das dem Schwachsinn beiwohnt. Wenige Tage zuvor reist im Mai des Jahres 2000 ein seniler Papst nach Fatima und spricht dort wie vorher an anderen Orten zum x-ten Mal irgendwelche längst nicht mehr existierenden Menschen „selig“ (was immer das ist) und wieder geistern Bilder und Nachrichten euphorisierter, denkunfähiger Massen durch die Medien.

     Kosmonomie ist die bewusste Abgrenzung von der naiv-wundergläubigen Aufweichung der an sich vorhandenen Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns. Dies bedeutet freilich auch Ausgrenzung, keineswegs im Sinne von Vernichtung, wohl aber mit der Intention des Abstandes zu den so seltsam Erleuchteten, heilig-selig Adligen oder auch Parteifunktionären, die nichts von der Welt verstehen, außer sich selbst zu inszenieren!

     Kosmonomie muss zwangsläufig hinnehmen, in dem Glitter des modisch Aufgesetzten nicht gern gesehen zu sein, verschwiegen zu werden – auch durch diejenigen, die eigentlich längst erkannt haben, dass kosmonomisch vorhersehbare Konsequenzen uns alle einholen.

     So manche „Wissenschaft“ oder Programmatik wurde durch Leute etabliert, die bei näherer Betrachtung, um es neutral auszudrücken, eher seltsame Zeitgenossen waren oder auch heute noch sind. Daraus ergibt sich, dass ein Kosmonom nur schwerlich Mitglied in einer der gängigen politischen Parteien sein kann, denn sie verkörpern das Prinzip „Einfluss durch Konformität und Opportunität“ auf Kosten von Menschen und Umwelt.

     Kosmonomie lässt sich heute und bis auf Weiteres nur vorsichtig leben auf dem durch Überbevölkerung sich verengenden Globus, angesichts einer gerissen religiös-kapitalistischen Fehlinterpretation des Humanen. An dieser leidvollen Tatsache ändert sich auch dadurch nichts, dass es sehr wohl gläubige Menschen gibt, die es von Grund auf ehrlich meinen und dadurch leicht zum Spielball ihrer jeweiligen Glaubensfürsten werden.


© Raymond Walden

 

 

Donnerstag, 5. November 2020

Menschliches Glauben: 7. Kosmonomie: Zeit zur Besinnung

 



Der Alltag vieler Menschen ist bestimmt durch mehr oder weniger lästige Verpflichtungen und ein ebenso mehr oder weniger gedankenloses Freizeitverhalten. Nachweislich greift dadurch eine allgegenwärtige Leere um sich, die trotz relativen Wohlstands den Charakter eines konsumierenden Dahinvegetierens trägt. Wer als Kind in derartiges Milieu hineingeboren wird, hat kein leichtes Lebenslos gezogen, denn sich aus eigener Kraft daraus zu lösen, verlangt spätestens vom heranwachsenden Jugendlichen eine Umorientierung zu Werten hin, die ihm gar nicht oder nur in Bruchstücken vermittelt worden sind.

Die Werte einer kosmonomen Humanität sind durch Nachdenklichkeit einerseits und durch Lebensgefühl andererseits nachvollziehbar; es braucht aber im Alltäglichen immer wieder Zeit zur Entspannung, um einigermaßen unabhängig und relativ frei denken zu können.

Im Gegensatz zur religiösen Meditation spielt sich keine mystisch-weltfremde Entrücktheit ab, sondern eine Lebensbetrachtung mit Gegenwarts- und Zukunftsorientierung mit durchaus idealistischen Ansprüchen. Man ist sich menschlicher Unzulänglichkeiten bewusst, strebt aber nach ihren Minimierungen unter Einsatz von Verstand und humanen Methoden.

Die Suche nach reflektiertem Leben eröffnet Möglichkeiten inneren Reichtums, dabei sind es vor allem die natürlichen Vorgänge um uns herum, die wir in der Verstädterung, in überhitzten Terminplanungen bei oft hektischer Planlosigkeit kaum noch oder überhaupt nicht mehr wahrnehmen.

Verankert an den täglichen Auf- und Untergängen der Gestirne, im wirklich erlebten Detailablauf von Jahreszeiten, den beobachtbaren biologischen Entwicklungen, Veränderungen im Mineralbereich, angeregt durch Fest- und Trauertage im Familien- und Freundeskreis und im Erleben von Geplantem wie Unerwartetem, kann man sich dem Geben und Nehmen von Mitmenschlichkeit öffnen. Wir sind soziale Wesen mit der fantastischen Option hoher persönlicher Freiheit in der Geborgenheit einer starken Gemeinschaft – wenn sie funktioniert. Solche Wechselwirkungen wollen gepflegt werden, damit sie nicht durch egoistische Verirrungen versteinern.


© Raymond Walden

 

 

Dienstag, 3. November 2020

So Small (CG19)



Cosmonomic Glimpse (19)

from a Viewpoint of Liberty



Plans and planes are flying high

but they need serious basis and ports.

Minds and meanings are cruising the seas

and they, too, can't sail without the support of harbors.

Dreams and beliefs are rising to heavens

spreading from the sources of ordinary daily needs and sufferings.


All of us, we are so small in reality,

nothing can change this!

Not even our better singing than others,

nor the better speaking, writing, painting,

not our better piano-playing, our sporting and fighting.


We keep being small the more

we are believing to be great

before we fall down our artificial steps and stages.


Mountains of money, turning into pure greed,

will be melted and washed away,

because they are piled up

by exploiting others, taking them their lives.


Remember this:

You may be honorable by granting emancipation,

by sharing peaceful culture

and open-minded fair competition

within a humane lifetime respecting life in general also.

Humanity can build you up, can make you very special in this world.


Cosmonomic philosophy may inspire you.



Montag, 2. November 2020

Menschliches Glauben: Sexualität (S. 192)

 


Lebewesen sind mit einem dominanten Sexualtrieb ausgestattet, der die Fortpflanzung garantiert. Er ist so machtvoll, dass er einen wesentlichen Teil des Lebens überhaupt darstellt. Und ausgerechnet der Umgang mit diesem Leben erhaltenden und Leben erzeugenden Trieb wird durch Menschen dogmatisiert, mit „Unreinheit“ und „Teuflischem“ in Verbindung gebracht, um Orientierungen durchzusetzen, die als Jungfräulichkeit, Wegsperren, Verschleiern und Beschneidungen von Frauen, als Unschuld, Keuschheit, Verurteilung lustvoller Gedanken wie der Selbstbefriedigung, als Manneszucht, Zölibat und so weiter propagiert werden und sich bis zur Jungfrauengeburt auswachsen. Mütter werden allen Ernstes nach der Geburt eines Kindes „ausgesegnet“ – gereinigt!

     Die Tierwelt lässt vielfältige sexuelle Verhaltensweisen zu und ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Antrieb für die jeweilige Lebensart, zugleich Bestandsgarantie und nicht etwa Untergang der Tiere bedeuten. Es gibt lebenslange Partnerschaften wie wechselnde Beziehungen, patriarchalische wie matriarchalische Gepflogenheiten, die Vielweiberei wie die Vielmännerei, Geschwistersexualität, elterliche praktische Sexualanleitungen für den Nachwuchs, Brunftzeiten wie die ständige Bereitschaft zur Fortpflanzung. Keines dieser Verhaltensmuster ist zwingend für die menschliche Sexualität, denn wir verfügen über das mehr oder weniger ausgeprägte reflektierende Bewusstsein, das uns zwar vom Tier abhebt, aber wie schon erwähnt, fatal unterentwickelt ist. Denn trotz oder wegen aller aufgesetzten Moral geht es den Beteiligten mehrheitlich nicht gut: Ehescheidungen, Partnerschaftsabbrüche, Zerrüttungen, Not der Kinder. Mehr noch, die dogmatisch-religiösen Fremdbestimmungen erzeugen mit kompromissloser Durchsetzungsgewalt Betrug in den Partnerschaften, Prostitution und Kindesmissbrauch, Leidensdruck, an dem sich eine zwiespältige Masse, wenn es denn öffentlich wird, verschämt lustvoll delektiert, ehe sie sich angeblich mit Abscheu abwendet. Bewusstseinsspaltung durch möglichst frühe Gehirnwäsche ist die eigentliche Schwäche, nicht die „Erbsünde“ der Menschheit, weil gerade auch viele der Moralhüter bezahlten Sex konsumieren, den sie durch die Diskreditierung der daran beteiligten Menschen scheinheilig verdammen.

     Man hat sich offensichtlich daran gewöhnt, dass vor allem in christlich-jüdisch-abendländisch geprägten Presseerzeugnissen und Internetangeboten barbusige oder in anderer Weise verführerisch dargestellte Frauen, seltener auch Männer, als verkaufsfördernde Signale für alles Mögliche herhalten. Welche Fehlentwicklung verbirgt sich hinter auf offensive Sexualität abgestimmter Mode? Besonders bei „teuren“ Kreationen lässt man Busen und Schambehaarung „durchschimmern“ und verurteilt gleichzeitig jeden darauf eindeutig ansprechenden Mann als Sexisten. Da laufen minderjährige Schülerinnen mit stark entwickelten Brüsten durch die Schulen, präsentieren ihren freien Bauchnabel und tragen die Hüften so tief entblößt, dass ihre modischen Strings sichtbar werden. Reize, die den natürlichen Sexualtrieb sowohl der Frauen bzw., Mädchen als auch – in besonderem Maße – der Jungen und Männer anregen. Aber alle sollen nicht dürfen! – Eine seltsame Entartung von Sexualität, die gegenüber dem Tierreich alle Merkmale von Widernatürlichkeit trägt.

     Und solche Verblendungen sind es, die der Gesellschaft die Normen gleichsam wie Hörner aufsetzen. Mithilfe von geistlichen oder juristischen Roben verkleidete Ordnungsapostel verkünden moralisch unanfechtbar die Sexualtabus unter Androhung und Ausführung der Strafen bis hin zur Steinigung. Für wie verwerflich, verdammenswürdig, gesellschaftsschädigend, untragbar, detailliert öffentlich aufklärungsbedürftig – und nicht selten vernichtenswert stuft man je nach Kulturkreis sogar leichte Tabuverletzungen ein!

     Wie viel niederträchtige Machenschaften und Morde, sogar Kriege inszenieren sich allein aus dem Problemfeld Eifersucht! Aber da ähneln Menschen, zumindest die männlichen, beispielsweise dem stolzen Hirsch, der keinen Nebenbuhler duldet, um alle Hirschdamen seines Rudels zu besitzen. Wie viel primitive Tratschmentalität wird auf der Basis verbotener Sexualität seit jeher salonfähig! Dabei wiegt ein falsches Umgehen mit dem menschlichen Sexualtrieb gerade besonders schwer, weil wegen ideologischer Fremdbestimmung und angesichts medizinisch verbesserter Lebensumstände menschliche Fortpflanzung ausufert und völlig unkalkulierbare globale Bedingungen verursacht: Leicht zu praktizierende Methoden der Empfängnisverhütung, des Lustgewinns und zugleich des Gesundheitsschutzes werden rigoros durch Traditionen und vor allem religiöse Bevormundung verhindert. Nicht das Unterdrücken des sexuellen Trieblebens soll in Zukunft die Menschheit prägen, sondern das menschlich-humane Erleben eines überaus reichen Lebenstriebs.

     Eine völlig indiskutable „Leistung“ so vieler Religionen ist die Minderbewertung der Frauen, die ein katastrophales Weltverständnis offenlegt, aus dem sich die Menschheit erst noch befreien muss, wenn sie denn überhaupt noch Perspektiven entwickeln möchte.

     Mögen im Tierreich Gewalt und sogar tödliche Rivalitäten als sexuelle Spielarten auftreten, so sind sie doch nicht vorherrschend. Der Mensch indes ist das einzige Wesen, das mit seiner Sexualität offensichtlich nicht zurechtkommt, weil er sich nicht frei zu ihr bekennen darf – was allerdings von glaubensfesten Zeitgenossen vehement geleugnet wird.


© Raymond Walden 

 

 

Sonntag, 1. November 2020

Sequenzen von Skepsis (387)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4951

Am liebsten belügt der Mensch sich selbst, indem er es sogar ehrlich meint.


4952

Nachdenken unterscheidet sich wirklich vom Nachlaufen.


4953

So vielen falschen Wegen geht eine Irreführung voraus.


4954

Nach dem Trommelwirbel, dem hymnischen Choral und einer Schweigeminute folgt der Götzendienst.


4955

In umgebender Hysterie nimmt sich der aufgeklärte Skeptiker zurück, er wird nicht zum Revolutionär, sondern strebt deeskalierend nach effektiven Reformen für Friedfertigkeit, so utopisch das auch in akuter Panik erscheinen mag. Dem Chaos geht irgendwann die Luft aus; darauf muss menschliche Intelligenz vorbereitet sein.


4956

Tobt der Unsinn in seiner entfesselten Inkompetenz und Falschheit, gewinnen geistige Kontakte aufrichtiger Realisten tröstendes und empathisches Gewicht als Voraussetzung für ein Minimum an Hoffnung auf Besinnung der Massen.


4957

Es will scheinen, die Zeit jagt schneller dahin während intensiven Denkens, doch wer kann das wirklich nachvollziehen?


4958

Schöpfe die Freiheit aus, solange man ihre Quellen nicht vergällt! Die Panscher nahen in wildem Galopp.


4959

Dass ein schwerer Corona-Verlauf das Gehirn durch IQ-Verlust um 10 Jahre altern lasse, kann ich nur voller Sorge und Mitleid zur Kenntnis nehmen, aber ich sehe darüber hinaus vor allem bei den härtesten Panikpropagandisten alle Anzeichen einer Bestätigung.


4960

Im Interesse des Gemeinwohls muss Intelligenz den Blödsinn markieren und ausgrenzen.


4961

Erwache, freier Mensch! Verschlafe nicht deine Gefangennahme, sondern verhindere sie!



© Raymond Walden (ARC)



Samstag, 31. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Das Animalische als Trieb irrationaler Tabus (S. 191)

 


Einigkeit besteht bei Wissenschaftlern wie bei den meisten religiös Gläubigen in der Gewissheit, dass Tiere ihren Trieben gemäß leben, weil sich dieses Triebleben für die jeweilige Tierart im Laufe der Evolution als vorteilhaft erwiesen hat. Nun hat sich zweifelsfrei gezeigt, dass der Mensch biologisch dem Tierreich angehört, aber diese Erkenntnis führt zu Konflikten, weil sich vor allem religiöses Sendungsbewusstsein nicht mit folgender Tatsache abfinden kann: Der Mensch ist ein höher entwickeltes Tier!

     Dabei sprechen die Fakten eine noch viel drastischere Sprache: Der Mensch trägt im Herdenverbund die Merkmale dessen, was er selbst als Untier bezeichnet. Keines der höheren Lebewesen vernichtet seine Artgenossen so wie der Mensch; und dazu gebraucht er vor allem jenes Organ, das ihn vorgeblich von den anderen Lebewesen unterscheidet, sein Gehirn. Diese Zentrale des Selbstbewusstseins mit ihrem differenzierten Leistungsvermögen ist deswegen zwar nicht als Fehlentwicklung zu bezeichnen, wohl aber als zutiefst verhaftet in pubertierender Zerrissenheit, mit noch nicht wirklich humanen Orientierungswerten beschrieben, die den infantilen Massenmenschen allenfalls ansatzweise ahnen lassen, was überhaupt Menschenwürde ausmacht. Nicht zufällig bezeichnen sich Religiöse als „Kinder“ Gottes und auch andere Gesellschaften sprechen von ihren Führerpersönlichkeiten als „Vater“ oder „Mutter“; es verdeutlicht sich das Anlehnungsbedürfnis.

     Unter moralischen Gesichtspunkten müssen die Triebe in der Tierwelt als wertfrei gelten, erst der Mensch macht sich Gedanken und befrachtet die ihn ebenso beherrschenden Triebe mit Bewertungen, Sublimierungen und vor allem Mysterien. Zum einen mag die Triebintensität den Menschen immer wieder sich selbst hinterfragen lassen, zum anderen sind es aber von Religionsstiftern und Herrschern aufgestellte Normen zur sogenannten Triebbeherrschung, die zu Mythen und Tabus führen, letztlich zu individuellen Verunsicherungen, auf die sich Herrschaftssysteme bevorzugt stützen. Die Machtausübung und ihre Absicherung gelingen umso leichter, je undurchsichtiger der Ethos des Moraldschungels vor allem im Wechselspiel mit Doppelmoral wird. In allen bisherigen Kulturen erfahren die animalischen Triebe, man sollte besser von biologischen Trieben sprechen, die Verbiegung in bisweilen absonderliche Tabus. Dies zu hinterfragen, gar als Dummheit zu enttarnen, bedeutet für den Nonkonformisten die eigene Ausgrenzung, Ächtung durch die Masse und oft ganz selbstverständlich den Tod – leise oder im Zuge eines Schauprozesses.


© Raymond Walden 

 

Donnerstag, 29. Oktober 2020

Sequenzen von Skepsis (386)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4943

O ihr Leichtgläubigen, lasst euch doch nicht ins Bockshorn jagen: So mancher sich wissenschaftlich Gebärdende, ob mit oder ohne Qualifikation, läuft der eklatantesten Dummheit den Rang ab und koaliert opportunistisch, offen oder getarnt, auch mit der Bosheit. Es ist der Verrat an ehrbarer Wissenschaftlichkeit, der sich den Religionen und Ideologien zum Zwecke subjektiver egoistischer Vorteilsnahme und gebieterischer Herrschaftsansprüche andient.


4944

The American way of life“ and killing, as well, bedeutet Täuschung von Anbeginn mit dem gegenwärtigen Aufbegehren der wahren, schonungslosen Fakten. Von wegen „Fake“!


4945

Deutsche Leitkultur“ ist der mit wabernden Floskeln schillernde Betrug an der nicht verstandenen Demokratie. Das Geschwür bricht nun auf und infiziert zuerst freiheitliches Gedankengut.


4946

Chinas menschenverachtender Kommunismus bedient sich eines kapitalistischen Wolkenkratzer-Gehabes, um sich nach innen wie außen als „weltoffener“ Partner anzubiedern, der aber realiter das Individuum auszumerzen sucht, um es in Vermassung einzuschmelzen.


4947

Des Schlafens tief entspannte Genüsslichkeit ruht in aufgeklärter Gelassenheit. Aber was ist das? Vielleicht doch nur egoistische Gleichgültigkeit? Kein Traum gibt Auskunft.


4948

Regierungsamtliche Dummheit fällt nicht vom Himmel, sondern wurzelt tief in erdiger, horizontarmer Bevölkerung, rund um den Globus.


4949

Diktatur entsteht zu oft unter naiven und wohlmeinenden Zustimmungen.


4950

Volksmassen die glauben müssen, weil sie glauben wollen, sind in jede beliebige Richtung zu führen, wird der Herrschaftsanspruch des Propheten, des „Führers“, nur mit entsprechender „Alternativlosigkeit“ dem Glauben vorangestellt und gebetsmühlenartig als Begründung an sich oktroyiert. Zweifel gelten als Sakrileg und werden in stringenter Folge geahndet, kontrolliert und in auch vorauseilendem Gehorsam, in Bereitschaft zur Denunziation und Verleumdung niedergemacht.


© Raymond Walden



Mittwoch, 28. Oktober 2020

Menschliches Glauben: „Meinen Frieden gebe ich Euch.“ (S. 186)


1999


Der Herr hat zu seinen Aposteln gesagt: Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Deshalb bitten wir: Herr Jesus Christus, schau nicht auf unsere Sünden, sondern auf den Glauben deiner Kirche und schenke ihr nach deinem Willen Einheit und Frieden.“ (Quelle. „Friedensgebet“ 364,2 im „Gotteslob“, Katholisches Gebet- und Gesangbuch, Jungfermannsche Verlagsbuchhandlung, Paderborn, 1975)

     Das Zitat beweist, dass es der katholischen Kirche in erster Linie an ihrer Einheit und ihrem Frieden gelegen ist. Globaler Frieden steht nicht im Vordergrund, wie soll er auch, betrachtet man die Friedensphilosophie des Matthäus-Evangeliums 10, 34-36: „Glaubet nicht, ich sei gekommen, Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit der Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Und die Feinde des Menschen werden seine (eigenen) Hausgenossen sein.“

     Allein, das „Schwert“ existierte bereits vor dem „Erscheinen“ des Herrn; das „Kommen“ war nicht nur überflüssig, sondern überaus kriegfördernd.

     Gerhard Konzelmann lieferte ein Dokument aus dem historischen Afrika. „Als aber im Frühjahr 1506 Jao I., der erste christliche König des Kongo stirbt, wird Don Afonso sein Nachfolger. Er gruppiert die Stämme, die ihm treu ergeben sind, um seine Hauptstadt. 36 Häuptlinge schwören, dem Kreuz zum Sieg zu verhelfen. Über den Verlauf der letzten Schlacht berichtet ein Brief des Portugiesen Paiva Mauso: ‘Wir riefen den heiligen Jakob , den Apostel an. Kurz darauf sahen wir, wie ein Wunder geschah. Die Feinde drehten uns den Rücken zu und flohen, so schnell sie konnten. Die Flucht erschien uns rätselhaft. Wir folgten ihnen und erschlugen viele. Keiner unserer Männer verlor sein Leben. Erst nach dem Sieg erfuhren wir den Grund der Flucht. Einer der Gefangenen sagte uns, über unserem Haufen sei plötzlich ein großes weißes Kreuz sichtbar geworden. Dieses Kreuz habe die Flucht ausgelöst. Das Zeichen war gerade geschehen, als wir den heiligen Jakob um Hilfe angefleht hatten.’

     Der zweite christliche König des Kongo regiert mit der gewohnten Grausamkeit afrikanischer Herrscher: Seinen Rivalen Mpanza a Nzinga läßt er foltern und töten. Die Verwandten, die das Bekenntnis zum Christentum verweigerten, werden bestialisch ermordet. Seine Mutter – auch sie will keine Christin werden – muss sich auf eine Matte legen, die über eine offene Grube gespannt ist. Als die Mutter standhaft bleibt, befiehlt der König, die Verspannung der Matte zu lösen: Die Frau fällt in die Grube und wird mit Erde zugedeckt. Über der lebendig begrabenen Mutter tanzen die Soldaten des Königs Afonso.“ (Konzelmann, G.: „Sie alle wollten Afrika“, Bastei-Lübbe-Taschenbuch, Band 65036, S. 73, 74)

     Nichts, so scheint es, hat sich verändert, auch an der Jahrtausendschwelle verehren in allen Erdteilen Glaubensfanatiker ihre selbstgebastelten, parteiischen Götter. Und mit diesen im Rücken lassen sich ungehemmt Kriege führen.

     „Frieden ist möglich“, meint Franz Alt, indem er die Bergpredigt und alle möglichen Religionen als humane Kraftreserven anbietet: „Das Christentum des Jesus von Nazaret hat mit dazu beigetragen, Menschenopfer und Sklaverei zu überwinden. Warum sollte es heute - zusammen mit anderen Religionen – nicht den entscheidenden Beitrag zu einer Friedensethik als Voraussetzung für Frieden leisten? Wo sonst – wenn nicht im Buddhismus und Hinduismus, im Judentum und Christentum, im Islam und Shintoismus – liegen die ethischen Kraftreserven für Humanität?“ (Alt, F.: „Frieden ist möglich“, R. Piper & Co, München, 1984, S. 104)

     Das ist die eigentliche Tragik; hatten die Religionen nicht Jahrtausende (bei geringerer Erdbevölkerung als heute) Zeit zur Bewährung? Bezeichnend ist darüber hinaus, dass Alt inzwischen nicht unerwartet in der wundersamen neuen Welle der Esoterik ebenso Wahrheiten erkennt. Aber auch das legt er seinen Lesern nahe: „Das neue, 2000 Jahre alte Menschenbild der Bergpredigt ist ein Aufruf: Entscheidet euch gegen das Gesetz der Gewalt und Vergeltung für das Gesetz der Liebe und Vergebung! – Bedenkt, dass ihr Menschen seid, und vergesst alles andere! Arbeitet an der Überwindung des unmenschlichsten aller Dogmen: dass der Mensch unverbesserlich sei! Die Kirchen lehrten bisher eine heillose Welt oder ein weltloses Heil. Doch seit der Bergpredigt könnten wir wissen: Das Heil ist nicht weltlos, und die Welt ist nicht heillos. Wenn wir mitarbeiten an der Heilung der Welt – dann werden wir verstehen und erfahren: Frieden ist möglich.“ (Quelle wie zuvor, S. 117)

     Wie wahr! Das Heil ist nicht weltlos. Die Vielzahl der Prediger und ihre Gefolgschaften haben die Welt bis an den Rand der Hoffnungslosigkeit heillos gemacht. Ich gestehe Franz Alt lautere Gesinnung zu, sein Engagement, zum Frieden zu überzeugen, verdient Achtung. Dennoch fällt mir dabei Friedrich Nietzsche ein: „Keine Macht lässt sich behaupten, wenn lauter Heuchler sie vertreten; die katholische Kirche mag noch so viele 'weltliche' Elemente besitzen; ihre Kraft beruht auf jenen zahlreichen priesterlichen Naturen, welche sich das Leben schwer und bedeutungstief machen, und deren Blick und abgehärmter Leib von Nachtwachen, Hungern, glühendem Gebet, vielleicht selbst von Geißelhieben redet; diese erschüttern die Menschen und machen ihnen Angst: wie, wenn es nötig wäre, so zu leben? – dies ist die schauderhafte Frage, welche ihr Anblick auf die Zunge legt. Indem sie diesen Zweifel verbreiten, gründen sie immer von neuem wieder einen Pfeiler ihrer Macht; selbst die Freigesinnten wagen es nicht, dem derartig Selbstlosen mit hartem Wahrheitssinn zu widerstehen und zu sagen: „Betrogener du, betrüge nicht!“ (Nietzsche, F.: Menschliches Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister; Werke in zwei Bänden, Band I, Carl Hanser Verlag, München, 1967, Lizenzausgabe für Bertelsmann, R. Mohn OHG, Gütersloh, Buch Nr. 5879, S. 268)

     Seit Menschengedenken gibt es keinen religiös fundierten Frieden, nein, viel schlimmer noch, fast jede kriegerische Auseinandersetzung besitzt einen religiösen Hintergrund. Nietzsche hat den Betrug realistisch genug skizziert: „Wenn wir eines Sonntagmorgens die alten Glocken brummen hören, da fragen wir uns: ist es möglich! Dies gilt einem vor zwei Jahrtausenden gekreuzigten Juden, welcher sagte, er sei Gottes Sohn. Der Beweis für eine solche Behauptung fehlt. – Sicherlich ist innerhalb unserer Zeiten die christliche Religion ein aus ferner Vorzeit hereinragendes Altertum, und dass man jene Behauptung glaubt – während man sonst so streng in der Prüfung von Ansprüchen ist --, ist vielleicht das älteste Stück dieses Erbes. Ein Gott, der mit einem sterblichen Weibe Kinder zeugt; ein Weiser, der auffordert, nicht mehr zu arbeiten, nicht mehr Gericht zu halten, aber auf die Zeichen des bevorstehenden Weltuntergangs zu achten; eine Gerechtigkeit, die den Unschuldigen als stellvertretendes Opfer annimmt; jemand, der seine Jünger sein Blut trinken heißt; Gebete um Wundereingriffe; Sünden an einem Gott verübt, durch einen Gott gebüßt; Furcht vor einem Jenseits, zu welchem der Tod die Pforte ist; die Gestalt des Kreuzes als Symbol inmitten einer Zeit, welche die Bestimmung und die Schmach des Kreuzes nicht mehr kennt – wie schauerlich weht uns dies alles, wie aus dem Grabe uralter Vergangenheiten an! Sollte man glauben, dass so etwas noch geglaubt wird?“ (Quelle wie zuvor, S. 297, 298)

     Menschenwürde als Wertmaßstab verbietet sowohl die diktatorische Unterwerfung wie die versteckte, sich freiheitlich gebärdende Indoktrination, die sich geschäftsmäßig und machtgierig der Lüge und Täuschung bedient. Am Menschen und nicht an einer der unzähligen vermenschlichten Götterfiguren orientiert sich die Menschenwürde. Sie erfordert einen sorgsamen Umgang mit den Menschen und ihrer physischen Umwelt. Fortschreibung des ganz irdischen Lebens, keinesfalls Lebenszerstörung, ist menschenwürdiges Gebot.

     Menschen hätten nirgendwo im All ein Refugium. Unser Platz ist die Erde und es wird keine Emigrationsmöglichkeit geben. Die Menschheit lebt hier und jetzt, oder sie wird dem Tod irgendeiner unbedingten Theologie oder Ideologie die Treue schwören.

     „Sogleich aber nach der Drangsal jener Tage wird die Sonne sich verfinstern, und der Mond wird seinen Schein nicht mehr geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Und dann wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen. Und dann werden alle Völker der Erde wehklagen, und sie werden den Menschensohn auf den Wolken des Himmels kommen sehen mit großer Macht und Herrlichkeit. Und er wird seine Engel aussenden mit lautem Posaunenschall, und sie werden seine Auserwählten sammeln von den vier Winden her, von einem Ende des Himmels bis zum anderen.“ (Bibel; Matthäus, 24, 29-31, Herder, Freiburg i. Br., 1966)

     So sieht das Ende nach der allgegenwärtigen christlichen Vision aus (wissenschaftlich eine Aneinanderreihung von grotesken Albernheiten); bei anderen Kulturen nicht minder abschreckend und verwandt masochistisch, auf die Ewigkeit vertröstend. Deshalb ist Religion nicht imstande, global das Leben menschenwürdig zu gestalten.

     Es stimmt, was Friedrich Schiller in seinem „Don Carlos“ den Großinquisitor sagen lässt: „Vor dem Glauben gilt keine Stimme der Natur“. (Schiller, F.: „Don Carlos“, 5. Akt, 10. Auftritt) – Der Mensch ist Teil der Natur, Religionen hingegen sind künstlich ausgeklügelte Machwerke gegen die Natur unter missbräuchlicher Ausnutzung der natürlichen menschlichen Gefühlswelt. Religion ist so abgehoben, dass sie Frieden predigt, lokalen Frieden bisweilen vortäuscht und in zeitlich und geografisch ausgedehnteren Räumen einen Krieg nach dem anderen heiligt. Ein Hohn auf die Würde des Menschen!


© Raymond Walden


 

Dienstag, 27. Oktober 2020

„Lebst“ du noch, …

 


...oder pandemierst auch du,

indem du geistig nur noch aufnimmst,

was im „Institut“ gekocht wird,

was lauter den „Bach“ hinuntergeht

ins Tal medialer Hysterie,

wo Aerosol-Wolken die Sicht verschleiern und den Verstand benebeln?


Ah, ich sehe dich maskiert. – Keine Panik!

Ich halte Abstand,

dass dich kein ungegartes Denken infiziere,

keine dem Bachlauf nicht mitschäumende Argumentation,

welche dich in „Quarantäne“ drängen könnte,

ausgegrenzt als „Leugner“, „Querdenker“, „Rechts- oder Linksradikaler“,

Gesellschaftsschädling“, „Verschwörungstheoretiker“,

sogar als „Verfassungsfeind“.


Ich gehe schon – wir sehen uns!

Bis bald, vielleicht, demnächst, einmal.

Natürlich wünsche ich dir Gesundung.

Wenn du weißt, was ich sagen will.

Du ahnst es nicht.


Verantwortungsvoll, hygienisch kultiviert wie immer schon,

und achtsam ziehe ich mich zurück,

bedrückt und in Trauer um uns, da nun Vieles stirbt – so vorzeitig.


Ohne Angst aber will ich leben,

intelligent und fundiert aufrichtig,

mit Menschen wacher Aufgeklärtheit,

wo immer sie sich menschenwürdig und rücksichtsvoll,

freiheitlich-demokratisch und emanzipiert zu erkennen geben.




Montag, 26. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Wer ist Jude? (S. 185)


1999


Die Deutschen sind keine „Herrenrasse“ und waren es auch nie, deprimierender konnte die Selbstüberhöhung der Nazis nicht enden als in millionenfachem, weltweitem Leid, mit der Bankrotterklärung der Menschlichkeit. Und nichts anderes steht zu erwarten, wenn sich andere Völker für „auserwählt“ halten, weil ihnen die jeweiligen Politiker oder Religionsfürsten dies suggerieren. Im Besonderen meine ich das orthodoxe Judentum. Laut einer dpa-Meldung vom 14.2.1985 haben die Anhänger dieser Religion wirklich weltbewegende Sorgen: „Jüdische Frauen dürfen sich nach Auffassung des orthodoxen Oberrabbinats in Jerusalem nur künstlich befruchten lassen, wenn der Samenspender kein Jude ist. Eine künstliche Befruchtung mit dem Samen eines Juden halten die Oberrabbiner für unvereinbar mit dem jüdischen Religionsgesetz. ... Die Zugehörigkeit des mit dem Samen eines nichtjüdischen Spenders gezeugten Kindes zum Judentum bleibt gesichert: Jude ist nach uralter Definition derjenige, der eine jüdische Mutter hat.“

     In diesem Zusammenhang wiederhole ich mich: Aufgrund der einander widersprechenden und befehdenden Religionen ist es unsinnig und dem Frieden keineswegs zuträglich, irgendeine Religion in staatsbestimmende Funktionen zu erheben.

     Insgesamt drei Stunden widmete das Westdeutsche Fernsehen am 9.12. und 16.12.1996 Professor Yeshayahou Leibowitz aus Israel. Der Mann, eine im Lande umstrittene „graue Eminenz“, stellte sich aber eigentlich als exemplarischer religiöser Chaoszeuge dar. Unter Berufung auf Religionsschriften folgerte der Gelehrte (wobei mir nicht ganz klar wurde, inwieweit Ironie eine Rolle spielte): „Über Werte kann man nicht streiten, sondern nur Krieg führen.“ Man könne Werte also nicht auf Verstandesebene begründen und vermitteln. Das allerdings meint ja wohl im Klartext, dass Religion als ein Wert der jeweiligen Gesellschaft nicht hinterfragt werden könne, dass es das Schicksal der Menschheit sei, sich immer wieder auf religiöser Basis zu zerfleischen. Leibowitz forderte nun keineswegs zum Krieg auf, sondern verlangte – für die israelische Regierung äußerst unangenehm – nach mehr Demokratie durch Minimierung des Staates über das Individuum. Er beklagte zutreffend die Unterdrückung der Menschenrechte und Anwendung der Folter durch den israelischen Staat in den besetzten Palästinensergebieten. Er forderte sogar die jungen Israelis zur Kriegsdienstverweigerung in den okkupierten Landesteilen auf und wurde nicht müde, die Parallelen des israelischen Nationalismus zum Hitler-Regime aufzuzeigen: „Es gibt Juden-Nazis!“

     Die vielen Gründe für den religiös-orthodoxen Einfluss – das wird öffentlich geschickt verschwiegen - liegen, wie wir zuvor bei der Definition der Zugehörigkeit zum Judentum erfahren haben, in einem radikalen Sendungsbewusstsein, welches demokratische Prinzipien an sich rigoros ablehnt, für die eigene Ideologie aber vehement einfordert. Vergessen wir nicht, dass der so religiös geprägte Staat Israel, unfriedlich im Innern wie nach außen, als Produkt amerikanisch-westlicher Protektion besteht, begründet in einem einflussreichen Judentum in jenen Staaten. Trotz der Netanjahu-Regierung bleibt die Hoffnung, dass sich auch in Israel eines Tages das Volk durchsetzen und seine Regierung die Kraft haben wird, den ganzen Bibelballast diplomatisch geschickt zugunsten einer weltoffenen Humanität abzubauen. Im globalen Interesse kann man dem israelischen Volk nur Glück wünschen auf seinem Weg in einen demokratisch verankerten Frieden mit seinen ihrer Religion wegen ebenfalls religiös äußerst problematischen, weil fundamentalistischen Nachbarn.


© Raymond Walden



 

Sonntag, 25. Oktober 2020

Mögen Sie Aphorismen?

 


Wie wäre es mit einer geballten Ansammlung aus meinen weit über 5000 Sprüchen aus 16 Jahren?

Ich traf auf sie überraschenderweise im Internet.

Besonders in diesen nachdenklichen Zeiten lade ich Sie/Euch zu einem Treffen „vor Ort“ ein:


Raymond Walden auf QuotesBox 



Samstag, 24. Oktober 2020

Die Suche nach Leben


Wir suchen nach Leben

da draußen im Weltall

und finden es schwerlich hier

in unserem Jenseitswähnen,

in unserem tötenden Wachstum,

in unserem überhitzten Selbstverstehen,

überempfindlich, aber anspruchsvoll,

in Angst getrieben, panisch, chaotisch

zu frostigem Hass und Widersinn,

zu diktierter Willkür

im Trachten nach dem Leben

von Anderen,

die unsere Einfalt zu Feinden deklariert,

sie tatsächlich zu solchen werden lässt,

denn sie sind wie wir:

Feinde ihres wie unseres Selbst.


Sinnloses Klagen?

Mag sein.

Das Kosmonomische Manifest wäre ein Aufbruch.