Mittwoch, 8. Januar 2020

Ergänzungen zum Monatsarchiv Dezember 2019


Im Monatsarchiv Dezember 2019 fehlen am Anfang fünf Beiträge, die mit den hier folgenden Links aufgerufen werden können:

02.12.2019
www.raymond-walden.blogspot.com/2019/12/sequenzen-von-skepsis-359.html

05.12.2019
www.raymond-walden.blogspot.com/2019/12/triviales.html

06.12.2019
www.raymond-walden.blogspot.com/2019/12/das-buch-menschliches-glauben-von.html

07.12.2019

www.raymond-walden.blogspot.com/2019/12/menschliches-glauben-1-natur.html

08.12.2019
www.raymond-walden.blogspot.com/2019/12/geschliffene-sichtweisen.html

Sequenzen von Skepsis (363)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

4660
Jeder Krieg hat seine gläubigen Verfechter, die faktischen Feinde des Lebens.

4661
Wenn Priester Präsidenten preisen,
geht der Segen über Leichen und Versehrte,
über Witwen und Waisen,
denn Laudatoren wie Geehrte
gieren nach Macht in übereinstimmender Niedertracht.

4662
Religion heißt Kampf gegen den „Bösen“, den Anderen – in der Ermangelung kosmonomischen Weitblicks und universaler Humanität.

4663
Verschafft sich Idiotie die Mehrheit, verspielt Demokratie sogar den Konjunktiv, wie weltweit aktuell der Brauch – forcierend und primitiv.

4664
Fasse dich kurz, ganz im Sinne eines ebensolchen Lebens.

4665
Fairer, besonders auch internationaler Wettbewerb ist nur innerhalb eines allseits anerkannten und befolgten Regelsystems möglich. Außerhalb solcher Minimalübereinkunft herrscht subtiler oder offener Krieg, wie ihn der geistig unterentwickelte, entsprechend kleinkariert regierte Erdball seit jeher zeitigt.

4666
Der „Globus“ ist nicht durch gegeneinander arbeitende Systeme zu „retten“, sondern bedarf der Bündelung aller Anstrengungen zu einem globalen Wir.
Die evolutionäre Vielfalt aber lehrt, wie übrigens auch die Entwicklung der einzelnen Kulturen, dass ein Wir das Individuum voraussetzt.
Ein kosmonomisch-globales Wir verfolgt demgemäß keine Gleichmachereien innerhalb bisheriger Unterwerfungsideologien, sondern eine Wertschätzung und Wertschöpfung aus menschlichem Individualismus.
Über der Würde jedes einzelnen Menschen, existiert keine Macht, die zur Entwürdigung berechtigt.
Auch bei Straffälligkeit bleibt ein Grundwert an Menschenwürde unantastbar, soll sich die Strafverfolgung nicht selbst entwürdigen, das heißt, schuldig machen.


© Raymond Walden




Dienstag, 7. Januar 2020

Menschliches Glauben: Sonnenuntergang (S. 37)

Dezember 2001

Ein Tag geht zu Ende und die Sonne steigt hinab zum Westhorizont. Der Ort des Untergangs ist jedoch – ähnlich wie übrigens auch der des morgendlichen Aufgangs – nicht stationär. Bis zum Sommeranfang am 21. Juni wandert der Punkt am Horizont täglich ein Stück weiter nordwestlich, alsdann kehrt er die Bewegung um, bis zum Winteranfang am 21. Dezember täglich ein Stück zurück, über West nach Südwest. So dokumentiert sich die Höhe des täglichen Bogens, den die Sonne am Firmament beschreibt; es ist das Spiel der Jahreszeiten, mit den variierenden Nacht- und Tageslängen.
     Zum jeweiligen Tagesabschied wie auch beim Sonnenaufgang ist der Weg des Lichts durch die Erdatmosphäre besonders lang, die Lichtflut wird so weit gedämpft, dass sich große Sonnenflecken manchmal sogar mit dem bloßen Auge entdecken lassen. Diese Erscheinungen unterliegen einem Elfjahresrhythmus, denn unsere Sonne ist schlechthin das dynamische Zentrum unseres Planetensystems, eine Energiequelle mit vielen physikalischen und chemischen Zyklen. Wasserstoffkerne werden in Heliumkerne umgeschmolzen – ein Fusionsreaktor.
     Langsam verblasst der Taghimmel, scheinbar als offenes Feuer taucht die Sonne in den Ozean, flackert durch die Bäume des Waldes, die Wolken und die Silhouetten menschlicher Siedlungen verlieren sich im Rotgold. Schwächer wird die Glut, lautlos erlischt sie ganz, streut noch Leben in die Abenddämmerung, die sich niedersenkt und die Natur je nach geografischer Breite mehr oder weniger zögerlich in die Finsternis entlässt.
     Wie war unser Tag? Gehe ich müde an sein Ende oder treiben mich Ideen, Wünsche voran? Geruhsam entfaltet sich die Nacht; wenn ich möchte, mache ich sie zum Tag – diese Freiheit hat der moderne Mensch. Ich mag heute aber nicht, denn die Faszination des kontrastreich anschwellenden Sternenhimmels fängt mich ein. Ich blicke auf, staune, denke, erkenne mich wieder, bevor ich spät einschlafe in der ruhigen Gewissheit eines neuen Sonnenaufgangs, frei im Kräftespiel der Natur, so gänzlich frei von Orakeln, Götterfantasien und politischen Moden, eingeschränkt allein durch die stets allgegenwärtige und vertraute Möglichkeit, auch in dieser Nacht wie zu jedem anderen Zeitpunkt für immer einschlafen zu können. Ich bin Teil der Evolution.



© Raymond Walden



Montag, 6. Januar 2020

Menschliches Glauben: Mondimpressionen (S. 34)


November 2001

Wer nicht verlernt hat, auch die Faszination toter Materie zu genießen, mag nachvollziehen, warum der Mond uns Menschen gefangen nimmt. Ich rede nicht von esoterischen Schwärmereien, vielmehr von Erfahrungen, gesammelt etwa am Kraterschlund des Ätna, angesichts der Landschaftsformationen um Las Vegas, bestätigt durch den scharfen Fallwind auf der Südflanke Kretas oder durch die bizarre, Ewigkeit vortäuschende Vulkankomposition Gran Canaria; die Erde ist übersät mit derartigen Naturdokumenten.
     Und der Mond präsentiert sich nicht anders: für unabsehbare Zukunft schroff, schön und tot. Kein Stein besitzt Gefühle, noch ein Bewusstsein, aber er kann dadurch beeindrucken, dass er quasi unsterblich ist, existent über Jahrmillionen, einfach da, während wir so schnell altern und sinnvollerweise vergehen. Denn was wäre versteinerte Menschlichkeit?
     Wir unterliegen einem viel kürzeren Werdegang, der ja Leben erst ausmacht, und so betrachten wir den leblosen Mond mit Emotionen. Er ist unser bestens vertrauter kosmischer Nachbar und dennoch so fern. Auf alle unsere subjektiven Interpretationen hin schweigt er, es sei denn, wir öffnen uns, die leblose Materie bestaunend, die dann in den Licht-Schatten-Spielen des Erdtrabanten so viel Erhabenheit ausstrahlt.
     Die Sonne beleuchtet immer nur eine Hälfte des dunklen Körpers. Wir verbinden mit der Abfolge der Mondphasen sogar unseren irdischen Monat, ein Zeitmaß, letztlich einen Sektor unserer persönlichen Lebensspanne. – Der zunehmende Mond folgt nach Sonnenuntergang am Abendhimmel mit dem bekannten täglichen Gewinn an Lichtgestalt. Besonders am Zyklusanfang schimmert die unbeleuchtete Mondregion aschgrau, denn die Mondnacht wird durch eine „Vollerde“ erhellt. Unser Heimatplanet reflektiert Sonnenlicht zum Mond, von wo aus ein geringer Teil wieder zur Erde geworfen wird. Der Vollmond steht der Sonne diametral gegenüber, am höchsten um Mitternacht zur Zeit des tiefsten Sonnenorts unter dem Horizont. Als abnehmender Mond beleuchtet der Trabant die zweite Nachthälfte, täglich schmaler, bis er sich als Neumond am Taghimmel zur Sonne gesellt.
     Gerade einmal sieben Prozent des auftreffenden Sonnenlichts wirft der Mond zurück, und diese bescheidene Menge wird besonders in Horizontnähe durch die Erdatmosphäre weiter gedimmt, indem vor allem das blaue Licht je nach Feuchtigkeits - und Schwebstoffgehalt der Luft absorbiert und gestreut wird, sodass der Mond im langwelligen rötlichen Spektralbereich romantisch erscheint. Auch für die scheinbare Vergrößerung des Mondes in Horizontnähe ist die irdische Luft maßgeblich, sie wirkt gegenüber dem kosmischen Vakuum wie eine Linse und zusätzlich mischen sich psychologisch bedingte persönliche Sehgewohnheiten in das Bild vom Mond.
     Übrigens steht der Sommervollmond immer tiefer als der Wintervollmond, und, wie schon erwähnt, der Sonne diametral gegenüber. Also: hohe Sommersonne – tiefer Vollmond, flache Wintersonne – steiler Vollmond. Ebbe und Flut erzeugt der Mond im Zusammenspiel mit der Sonne unmittelbar durch Gravitation auf die Wassermassen während des Erdumlaufs. Der gemeinsame Schwerpunkt des Doppelplaneten Erde-Mond liegt aufgrund der geringen Mondmasse innerhalb des Erdkörpers, jedoch nicht im Erdmittelpunkt. Demzufolge webt die Erde ihre Bahn um die Sonne um diesen Schwerpunkt, was in geringerem Maße ebenfalls zum Schwappen der Ozeane im entsprechenden Rhythmus beiträgt. Dem Kommen und Gehen der Wassermassen haben sich in zahlreichen Küstenregionen biologische Zyklen angepasst, zum Beispiel solche der Fortpflanzung. Das menschliche Leben ist jedoch viel komplexer, als dass es lunaren Gezeiten folgen würde. So können wir den Mond befreit betrachten, uns hingeben der persönlichen Stimmung, ohne Mondsüchtigkeit und Deutungsschwere, man gönne sich die Zeit!
     An irdischen Markierungen wie dem Horizont, den Bäumen, Bergen, Gebäuden lässt sich die stetige Ostwestbewegung des Mondes als Ergebnis der Erddrehung verfolgen. Bei geduldigem, genauen Hinsehen, gar durch ein Fernglas, bemerkt man die Eigenbewegung des Mondes vor dem Sternenhintergrund als Ausdruck des Umlaufs um die Erde in Westostrichtung. Dabei kann es zu Stern-, seltener Planetenbedeckungen kommen: Der im Mittel 384.400 km von uns entfernte Mond schiebt sich vor einen Stern, der Lichtjahre tief im Universum residiert. Ganz plötzlich erlischt nun scheinbar der Stern am lunaren Ostrand, um nach dem Vorbeizug des Erdtrabanten an seinem Westrand wieder unvermittelt aufzutauchen. Es gibt keine Mondatmosphäre, die das Sternenlicht schwächt, daher das abrupte Verlöschen und Wiedererstrahlen. Durchschnittlich in einer Stunde wandert der Mond am Himmel um seinen eigenen Durchmesser weiter, etwa 0.5 Grad in östliche Richtung. – Für den intelligenten Menschen lässt sich die Diskussion über die Bedeutung des Mondes nicht auf Boulevard-Niveau führen.
     Das Auge nimmt sich die Zeit, mir die Weite des kalten Himmels zu vermitteln, eines Himmels, der dennoch in seiner blauschwarzen Unergründlichkeit Wärme, ja sogar Geborgenheit erzeugen kann. Ich bin eins mit der Weite, als Teil des Kosmos hier zu Hause.
     Wie zernarbt, faltig und trotzdem glatt der Mond aussieht! 150 Grad Celsius Hitze auf seiner Taghälfte und fast ebenso viele Grad Frost in der Mondnacht haben die Oberfläche gegerbt, die zusätzlich einem fortwährenden Bombardement von Meteoriten schutzlos ausgebreitet ist. Welch eine Oase dagegen unsere Erde, die jegliches Leben vor derartig feindlicher Schönheit schützt.
     Der Mond, er „geht so stille“, auch ich werde still, will jetzt nichts sagen. Und wenn mich gerade ein lieber Mensch hier oder fern in meiner Betrachtung begleitet, ist für diesen Augenblick unseres Daseins alles gesagt.


© Raymond Walden 


 

Sonntag, 5. Januar 2020

Menschliches Glauben: Sonnenaufgang (S. 33)

November 2001

Lange schon bevor die Sonne die ersten Strahlen über den Horizont in den neuen Tag schickt, weicht die Nacht der Dämmerung. Der Osthorizont gewinnt an Helligkeit, denn die Lichtfülle unseres noch unsichtbaren Tagesgestirns wird durch die Atome und Moleküle der Erdatmosphäre zunehmend gestreut. Ganz besonders gilt dies für den kurzwelligen blauen Lichtanteil, sodass sich für uns der wolkenlose Himmel im majestätischen Blau aufbaut. Schwebstoffe, etwa winzige Wassertröpfchen oder Staub, lassen vorzugsweise den langwelligen roten Part des Lichtspektrums passieren und wir erleben ein Morgenrot, das den Moment des ersten Sonnenstrahls verzaubert. Ganz plötzlich ist dann der westliche Sonnenrand da, steigt unaufhaltsam auf, gibt mehr und mehr vom Sonnenkörper frei. 1,4 Mio. Kilometer Sonnendurchmesser besetzen scheinbar nur einen halben Grad am Himmel; es dauert wenige Minuten bis die Sonne sich im vollen Glanz zeigt. Auch ihre Farbabstufung unterliegt dem optischen Verhalten der Erdenluft, horizontnah tiefrot, das obere Sonnensegment schon gelblich. Darüber hinaus prägt die Luft auch die Sonnenform, denn die horizontnahen Lichtstrahlen werden stärker gebrochen als die oberen Randstrahlen der Sonne. Die Unterkante unseres nächsten Sterns, nichts anderes ist die Sonne, erfährt eine scheinbare Anhebung, wodurch der Kugel ein ellipsoides Aussehen verliehen wird. Bald ist das Licht so hell, dass es unsere Augen überfordert, denn unaufhaltsam rotiert die Erde weiter Richtung Osten, lässt die Sonne immer weiter westlich von meinem geografischen Standort aufgehen.
     Ein neuer Tag in meinem Leben hat begonnen. Was werde ich alles durch das Licht sehen, was erkennen? Wie viel Leben wird die Kraft der Sonne speisen, wie viel ausdörren, gar versengen? Wie sähe eine intelligente Sonne uns Menschen in all den Ländern und Kontinenten? Mag sich die Sonne jetzt vor mir im Wasser des Ozeans spiegeln, mag sie Bergkuppen vergolden, eine Wiese, einen Waldrand überfluten, ein Häusermeer erhellen: Sie trifft mich; dies ist unser Tag!



© Raymond Walden 


 


Samstag, 4. Januar 2020

Sequenzen von Skepsis (362)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

4648
Wer selbst nichts zu sagen hat, erfüllt immerhin die Voraussetzung zum Pressesprecher.

4649
Das Gegenteil von Musik ist Krach – ein Blutsverwandter der Politik.

4650
Die Dummheit ist grenzenlos, deshalb sorgt sie für Grenzen möglichst überall zum Zeichen ihrer gewaltigen Allmacht der Entmenschlichung.

4651
Kosmonomisches Prinzip:
Unter Achtung und Anwendung der Naturgesetze zum Wohle der Menschheit!

4652
Reden sei Silber, Schweigen sei Gold, hört man sagen. Aber mir scheint, Denken und Schreiben sind edler, nicht so metallisch.

4653
Im hohlen Schädel findet alles Glauben Platz.

4654
Besonders in Hauptstädten schießen die Lügen in den Himmel und dann rundherum und rundheraus auf Menschen, wo immer auf dem Globus.

4655
Jugend ist früher dahin, als sie selbst glauben mag. Setzt danach keine reifende Vernunft ein, greift Jugendwahn zu und verhindert lebenstüchtige Identität.

4656
In reichhaltiger und scheinbar unermüdlicher Dynamik schlägt sich jedes Herz zu Tode.

4657
Einsamkeit kommt nahe an die Wahrheit, Zweisamkeit fordert sie heraus.
(Ambivalent zu lesen.)

4658
Gefangen in den Tret- und Gebetsmühlen des täglichen Alltags, in seinen Erfordernissen, Pflichten, Zwängen, aber auch Lustbarkeiten und Träumereien, bleibt der Massenmensch unfähig zu wirksamer Hinterfragung; es fehlt an Zeit und am Willen.

4659
Freiheit setzt auf Wissen und Bildung, Ideologie stützt sich auf Desinformation und Gewalt, auf Indoktrination und Dogmen, sodass sich Gläubige in Ermangelung objektiven Wissens sogar als „Freie“ darstellen.


© Raymond Walden



Freitag, 3. Januar 2020

Menschliches Glauben: Gelassenheit (S. 32)


Februar 2001

Für viele Lebenssituationen erweist sich eine Grundhaltung als vorteilhaft, die aber von gar nicht so vielen Menschen an den Tag gelegt wird: Gelassenheit.
     Die gelassene Verhaltensweise dient vor allem dem eigenen Schutz vor Überreaktionen, also vor übereiltem und dadurch vielleicht auch falschem Handeln und möglicherweise sogar vor Energieverschwendung für gar nicht so wichtige Angelegenheiten. Gelassenheit verschafft Zeitgewinn, Abstand zum Problem und dadurch oft auch besseren Überblick, alles Kriterien für die Überlegenheit im Streitfalle oder die Souveränität in der alltäglichen Arbeitsbewältigung. Es handelt sich folglich nicht um eine Verdrängungsmentalität, dass man aus verschiedensten Gründen Entscheidungen einfach aus dem Wege gehen möchte, sondern sogar um das Gegenteil. Der gelassene Mensch ist in der Regel engagiert, verfügt über kein geringes Maß an Kenntnissen und ist bemüht, gerade auch in konkreten Fällen etwaige Wissenslücken aufzufüllen, ehe er zu einem Entschluss gelangt. Dabei kommt ihm zugute, dass er aus früheren gelassen bereinigten Situationen ein Fundament an Selbstsicherheit gegossen hat, das sich mit jeder neu gemeisterten Situation nur noch stabilisieren kann.
     Kaum jemand kommt als gelassener Mensch auf die Welt; für die meisten ist Gelassenheit eine bewusst herbeigeführte Verhaltensweise, die geübt werden möchte und zudem auch von der nervlichen Konstitution abhängt. Je reicher der Erfahrungsschatz im Leben, desto leichter mag Gelassenheit zu verwirklichen sein. Aber auch Gesichtspunkte außerhalb des bisher Erfahrenen lassen sich bis zu einem gewissen Grade üben, indem man sich immer wieder Situationen vorstellt, in die man unvermittelt zu jeder Zeit geraten könnte.
     Wie würde ich mich zum Beispiel verhalten, wenn ich genau in diesem Moment einen Schwächeanfall erlitte, wenn der Mensch neben mir stürbe, wenn nach der nächsten Straßenkurve ein Hindernis auftauchte. Dabei soll keineswegs ein fortwährendes imaginäres Krisenmanagement ablaufen, sondern lediglich eine Art von Vertrautheit mit Eventualitäten erzeugt werden. Wenn ich mir zum Beispiel ungeschminkt bewusst bin, dass mein Leben jeder Zeit zu Ende gehen kann, werde ich als Folge automatisch auch andere Gewichtungen in meinen täglichen Rhythmen und meinen mittel- und langfristigen Planungen vornehmen. Kurzfristiges Sichverschleißen wird eher als nutzlos erkannt werden, übertriebene Eile spätestens im Nachhinein meist überflüssig erscheinen. Im akuten Dringlichkeitsfall kann der Gelassene zielsicherer und wirkungsvoller Maßnahmen ergreifen als der nervlich Überlastete und Aufgeregte. Somit ist Gelassenheit für alle Beteiligten von Vorteil und stellt eigentlich für jeden Menschen eine innere Herausforderung dar, der man sich ruhig und engagiert stellen sollte. Denn völlig abwegig wäre es, Gelassenheit auf Desinteresse zu begründen.



© Raymond Walden





Donnerstag, 2. Januar 2020

Menschliches Glauben: Angesichts der ältesten Demokratie – eines Zukunftmodells? (S. 30)


November 1998

Dem 61 Quadratkilometer großen Staat nähern sich die meisten Besucher von Norden kommend über Rimini. Nachts schon von Weitem erkennbar sind die mit Lichtern übersäten Berghänge, die hinaufführen zur eigentlichen Festung San Marino. Tagsüber, vielleicht via Ravenna die SS16 entlangfahrend, fallen vor allem dunkelhäutige, sich freizügig prostituierende Frauen auf. Der Straßenaufstieg zur Republik San Marino ist sauber von zwielichtigem Sex, aber mit kommerziellem Schilderwald zugewuchert, der Verkehrs- und Hinweisschilder nicht selten ab- oder zuschattet. „Continua 50“ wird auf den meisten Straßen signalisiert; das heißt offensichtlich für Einheimische (ungefähr 25.000), möglichst schnell überholen zu müssen. Aber keine Frage: Hier stimmt die Infrastruktur; die grandiose Landschaftskulisse und die Menschen laden ein zum Verweilen und Genießen.
     Dennoch kommen mir Zweifel im Ambiente der ungezählten kleinen Läden und Boutiquen, die in steilen Gassen ideale Motive für Fotografen abgeben. Das Sortiment quillt über, beschränkt sich aber auf folgende Bereiche: Schmuck- und Lederwaren, Uhren, Parfüms, natürlich Briefmarken, Keramik, Touristenplunder, verkitschte Heiligensymbole, Alkoholika in verführerischen Flaschen und Waffen aller Art, aus verschiedensten Epochen, vom Schlagstock, Schlagring oder Dolch, von Handschellen, Peitschen, Pistolen bis hin zur legendären Uzi, der automatischen Schnellfeuerwaffe aus Israel. Eine Hauptattraktion ist das Museum der antiken Folterwerkzeuge. Besonders an Wochenenden knallen schon zu früher Morgenstunde an den Berghängen die Büchsen der wehrhaften San-Marinesen; man sagt mir, es seien Vögel im Visier. Wie auch immer, das Schießen ist salonfähig.
     Die Frage sei gestattet, ob die san-marinesische Demokratie nicht aus tiefster Provinzialität heraus definiert und heute vor allem publikumswirksam vermarktet wird. Zwar setzt man hier zweimal pro Jahr demokratisch und besonders feierlich die beiden Oberhäupter des Staates ein, doch die katholische Staatsreligion dürfte wohl kaum andersdenkende oder ungläubige Repräsentanten zulassen. Die gesetzlichen Feiertage sind im Wesentlichen eine lange Auflistung der Kirchenfeste. San Marino ist eine Demokratie, die in globaler Denkart bestenfalls eine Puppenstubenidylle verkörpern kann. Hier wurzelt zwar das Prinzip von Demokratie und Toleranz, die Entwicklung ist aber auf einer Vorstufe stecken geblieben, mit einem seltsamen Hang zur Waffentradition. Daran ändert auch die stilisierte große Sanduhr nichts, die die atomare Abrüstung der letzten Jahre darstellt und deren Fortsetzung einfordert.
     So vermittelt der Monte Titano als Festungssitz zwar rein äußerlich beeindruckende Weitsicht, philosophisch und psychologisch hingegen eher Enge. Und das, obgleich San Marino erfreulicherweise von keinem Adelsgeschlecht abhängig ist.


© Raymond Walden



Mittwoch, 1. Januar 2020

Menschliches Glauben: Kann man Menschen mögen? (S.28)


November 1998

Der ZDF-Nachrichtensprecher entschuldigt sich am 27.8.98 für die nun folgenden Bilder: Uniformierte im Kongo haben an irgendeiner Flussbrücke einen Zivilisten der politischen Gegenseite aufgefunden, misshandeln ihn, werfen ihn über das Brückengeländer tief hinunter in den Fluss. Als der Geschundene wieder auftaucht, sich dem rettenden Ufer zubewegt, schicken die Mörder einige Gewehrsalven nach unten. An anderer Stelle zerren überwiegend junge Leute triumphierend einen verkohlten Leichnam an den Beinen über die Straße.
     Da zumindest die wachen Köpfe unter uns wissen, dass weltweit Ähnliches täglich geschieht, häufig ausgeführt von Individuen, die nicht einmal die Wörter „Gewehr“ und „Tod“, geschweige denn „Leben“ schreiben können, drängt sich folgende Frage auf: Was ist eigentlich „menschlich“?
     Die deutsche Sprache unterscheidet da nicht so genau. Ist damit „human“ gemeint oder bedeutet es so viel wie „unvollkommen“ und beschreibt oberflächlich hochgradige Dummheit, Verkommenheit und Verrohung?
     „Mögen Sie eigentlich Kinder?“ fragte mich ein Schüler. Ich schränkte ein: „Nicht alle, denn ich mag auch nicht alle Erwachsenen.“ Freilich war die Antwort von diplomatischer Natur, denn mein „Mögen“ beschränkt sich auf die im Großen und Ganzen Humanen, das Heer der „Menschlichen“ irritiert mich. Es wäre in der Tat unerträglich, gäbe es sie nicht doch – Menschen mit humaner Gesinnung. So mancher Freund irritiert mich allerdings, wenn ich ihn in bisher unbekannter, etwa opportunistischer oder gar esoterischer Rolle erlebe. Dann frage ich mich, ob und wie ich umgekehrt enttäusche. Denn dies ist offensichtlich: Guter Wille allein reicht in unserem Dasein eben nicht aus; der Verstand darf sich niemals einem „Fraktionszwang“ unterwerfen. Wo aber beginnt im Alltag Fraktionsdruck?
     Ich provoziere: in so mancher Ehe, ist doch die institutionalisierte Lebensgemeinschaft keineswegs nur die Zweierbeziehung, sondern gleichzeitig die gesellschaftliche Basis für sexuelle Doppelmoral mit allen daran anschließenden negativen Folgen. Die Partner, zunächst ausgestattet mit besten Vorsätzen und gutem Willen, sind später im Sumpf der Eifersucht allemal in der Lage, einen Menschen über das Brückengeländer zu werfen. Und eigentlich völlig unbeteiligte Moralisten, „Sonderermittler“, haben noch jeden ins Visier der abschießenden, selbst längst abgeschossenen Öffentlichkeit gezerrt.
     Beziehen wir das auf den US-Präsidenten Clinton, der ein problematisches Verhältnis zur Wahrheit hat, trifft es doch nur einen Verfechter ebendieses Systems, in dessen gewinnsüchtigem Selbstverständnis noch jede Scheinheiligkeit honoriert wird, um sodann ins Lamentieren zu verfallen, wenn es die Situation erfordert.
     Allen Fundamentalisten, Nationalisten und Dogmatikern spreche ich Menschlichkeit ab. Aber versuche dem, der einen falschen Weg verfolgt, klar zu machen, dass er es tut – er wird es nicht verstehen. Ganz im Gegenteil, solche Leute halten sich oft wie Kohl im Wahlkampf für „Weltklasse“. In ihrer Wildwestmanier entscheiden sie aber über das Schicksal von Millionen. Und der Spieß wird in einer solchen Welt schnell umgedreht, indem derjenige, der nicht mitspielt, kurzerhand für verrückt erklärt wird.
     Zwei Dinge faszinieren mich indes: Es gibt echte Freundschaften und auch wahre Liebe, zumindest für manche Menschen, und es gelten objektive Naturgesetze. – Darin steckt so viel Hoffnung, so viel Dynamik.


© Raymond Walden




Dienstag, 31. Dezember 2019

Kein gutes neues Jahr


Ja, ich erlaube mir, kein „gutes neues Jahr“ zu wünschen: all jenen Bombenwerfern, Mininenlegern, Kriegstreibern, Aufrüstern, Waffenexporteuren,
all jenen Feinden freiheitlich demokratischer Lebensart,
denen, die nach Entmündigung der Bürger rufen, nach Verboten, nach Überwachungen, Vorschriften, Diktaten, „Notständen“,
jenen, die Presse- und Meinungsfreiheit ideologisch untergraben, die vorgeben, Natur zu schützen, um ihre indoktrinäre Bildungs- und Wissenschaftsferne an die Macht zu dirigieren, um scheinheilig und verlogen gegen Menschenrechte, Menschenwürde und Emanzipation zu freveln.

Allen Friedfertigen, Gewaltfreien und aufgeklärt aufrecht lebenden Menschen hingegen, gilt meine tief empfundene Sympathie.

Ihnen, uns allen, in schweren Zeiten
ein herzliches wie kosmonomisches* Glück auf!
für 2020







Montag, 30. Dezember 2019

Abgott Lüge


Du weißt, die Wahrheit verkauft sich schlecht,
du schreibst aber Wahrheit, jetzt erst recht.
Denn es geht um Verbrechen, um Leben und Tod,
um Armutsbekämpfung, Kriegstreiberei, um tägliches Brot.

Die Lüge ist Abgott mit agiler Gemeinde,
zerstört Vertrauen, macht aus Freunden Feinde.
Man huldigt der Lüge in Lügengebäuden,
redet von höherem Zwang in banalem Zeitvergeuden.

Die Lüge wohnt im Allerheiligsten, im Tabernakel,
sie öffnet ihn zum Lobpreis mit teuflischem Orakel,
durch die Gewölbe des Lügendoms hallt es,
von den sich biegenden Decken schallt es,
alarmierende Festtagsgeläute künden
von ideologischen und von diplomatischen Sünden.

Gehirnwäsche beginnt mit der Taufe,
und wirst du beschnitten, gleicht sich die Traufe.
Angst und Furcht sollen dich schrecken,
Glauben nicht Wissen (!) muss Kräfte wecken
des erzwungenen Schwurs der Lüge,
damit sie weiterhin und schamlos betrüge,
Freiheit, Würde und Demokratie verlasse
und jede andere Meinung hasse.

So war es schon immer, so ist es, so soll es sein?
Ich bin so frei: „Nein!“ und trete für Klarheit ein
mit wissenschaftlichen und objektiven Prämissen
gegen all jene, die beschwörend ideologische Flaggen hissen.


© Raymond Walden




Sonntag, 29. Dezember 2019

Menschliches Glauben: Angesichts der Insel Vilm (S. 27)


August 1998

Nur wenige Menschen kommen je auf den Vilm, jene kleine Insel von nicht einmal 100 ha, die südöstlich von Rügen im touristischen Schatten weilt und mehr vom Leben offenbaren kann als die neu erwachenden Rüganer Strandpromenaden. Denn auf Vilm hat das Leben wieder zu sich selbst gefunden.
     Verschiedene Umstände bescherten über einige Jahrhunderte hinweg der Insel eine relative Freiheit vom Menschen und gewährten damit der Pflanzen- und Tierwelt sowie der Küsten formenden Kraft des Meeres jene Selbstentfaltung, die Zeugnis ablegt für die Vergänglichkeit und die bescheidene Bedeutung des Individuums im Zeitmaß der Evolution.
     Maximal 30 Besucher täglich, heißt es, seien erlaubt, im Jahresschnitt sind es eher weniger. Wenngleich die Natur das eigentliche Inselerlebnis birgt, gibt es da einen philosophischen Ansatz.
     1959 wurde der Vilm für Besucher gänzlich gesperrt, und man baute eine Ferienhaussiedlung für hohe Staatsfunktionäre. Offensichtlich wollten die Kommunisten sich hier ein kleines Paradies bauen, leicht abschirmbar durch die seichten Boddengewässer, gut zu versorgen vom Rügener Hafen Lauterbach aus, doch irgendwie verraten die Anordnung und die geradezu sparsame Architektur der Häuser, dass die Erbauer von einem luxuriösen Lebensstil westlicher Prägung keine Ahnung hatten. Oder fühlten sie sich hier zu eng an ihrem eigentlichen Leben? Mag das auch der Grund dafür sein, dass die Anlage überhaupt wenig genutzt wurde? Seit 1990 dienen die einfachen Häuser der Internationalen Naturschutzakademie Insel Vilm als Forschungs- und Tagungsstätten.
     Lässt man die paar Häuser hinter sich, gelangt man in Wälder mit bis zu 300 Jahre alten Buchen, bizarr geformte alte Eichen haben so manches Wetter überdauert. Seit über 400 Jahren ist kein Baum mehr geschlagen worden. Der Urwald zeigt sich in allen Phasen seiner Entwicklung: als Blüte, Sämling, Trieb, als stattlicher Baum in kraftvoller Ganzheit und als modernder Tod, voller Schönheit, Ehrfurcht gebietend und zugleich etwas Schauder hervorrufend. Die Mücken scheinen nur die Einheimischen zu schonen. Auf kürzester Strecke wechseln die Küstenformationen, erzählen von der fernen Eiszeit und nahezu täglichen Abrissen, Anlandungen.
     Wer bist du, Wanderer, der nach wenigen Bootsminuten hier landet?
Hast du Augen, Ohren und Verstand, um zu erkennen, was Lebenszeit, was
Evolution heißt? Denn Du bist ihr Kind! 

 
© Raymond Walden



Samstag, 28. Dezember 2019

Menschliches Glauben: Das Glück zu reisen (S.26)


Mai 1998

Gedanken wurzeln in Traditionen und Herkunft, sie fliegen in Hektik und Raffgier, sie schweben in Träumen und Visionen, aber sie befreien sich, so ein Reisender denkt, ein Denkender reist. Dies meint nicht das bekannte Sprichwort „Reisen bildet“, sondern das Umschalten aus provinziellen oder urbanen Zwängen auf Eventualitäten, die in der modernen Zeit bis zu einem gewissen Grad kalkulierbar sind, aber letztlich immer eine Herausforderung in sich bergen. Freilich ist durch die Berechenbarkeit das Reisen für den Menschen von heute gegenüber früheren Generationen zur hellen Freude geworden. – Daher ja auch der Massentourismus, der dann aber wegen seiner Stupidität sofort in Nervenbelastung umschlägt.
     „Wie man sich bettet, so schläft man“ besitzt eine übertragbare Wahrheit: „Wie man seine Erwartungen begründet und die Wege plant, so ist die Lebensqualität während und nach der Reise“. Das bezieht sich zunächst vordergründig auf die Reiseroute, gilt aber viel gravierender für das gesamte Umfeld. Ich habe bisher das Glück gehabt, häufig und auch weit zu reisen; „Erhebet die Herzen“, heißt es an einer Stelle der katholischen Messfeier, an die ich mich erinnere, weil ich als Kind in die katholische Gemeinschaft eingebettet war. Heute weiß ich, dass dieser liturgische Schnickschnack nichts bedeutet gegenüber dem wirklichen Erleben dieser Erde, mit ihren Klima- und Kulturzonen, und nichts ist erbaulicher, als mit Überblick und Verständnis die jeweiligen lokalen Vorgänge annähernd, auch historisch, zu begreifen, ohne in diese wie auch immer verwickelt zu sein. Gedankenfreiheit kann erst zu einer solchen werden, hat sie das Wesen möglichst vieler Regionen „erfahren“. Literatur und andere geistige Quellen können in seltensten Fällen in Konkurrenz mit der konkreten Reise treten, wohl aber profitiert die Reise von zuvor angelesenem Wissen.
     All jenen stetig Nörgelnden, die da meinen, zu reisen sei ein Faktor der Umweltzerstörung, könnte man vielleicht entgegnen, dass bestimmte touristische Wachstumsbranchen neben der Landschaft auch den Geist (so überhaupt noch vorhanden) schädigen, doch würde dies zu einer Diskussion über die Mündigkeit der dumpfen Masse führen, die nicht reist, die verfrachtet wird, weil sie es in ihrem Unvermögen gar nicht anders erwartet. Echtes Reisen meint ja auch innehalten, verweilen, wird dadurch alles andere als mondän, gar überheblich. Wie auch immer – zu reisen meint weitverzweigte Verwurzelung des Ichs, schöner noch des Wirs, meint das extensive Erleben des Hier und Jetzt, eingewoben in die eigene Geschichtlichkeit, aufgebrochen, um der Zukunft etwas gewachsen zu sein, denn sie ist zwar begrenzt, ungewiss, hält letztlich aber für jeden den Tod bereit – am Ende aller Reisen.


© Raymond Walden



Freitag, 27. Dezember 2019

Menschliches Glauben: „Selbstdarsteller“ unwählbar (S. 24)


März 1998

Eine demokratische Wahl zu boykottieren, hat wenig Sinn, denn verweigerten sich alle, wäre dies das Ende der Demokratie. (Wir sind uns einig, dass Demokratie noch sehr entwicklungsbedürftig ist, um den Namen in voller Bedeutung zu führen.) Nach amerikanischem Vorbild laufen bereits jetzt die Medienkampagnen zur bevorstehenden deutschen Bundestagswahl an. Inhalte interessieren die Masse kaum, vielmehr, wie ein Kandidat „ankommt“, ob er „sexy“ ist – schlicht, ob er Medienwirksamkeit verkörpert. Wie in den billigen Fernsehshows kanalauf und -ab basiert das „Publikumsvotum“ weniger auf Bandbreite und Kompetenz, als vielmehr auf Stimmungsmache, auf der Präsentation und Akzeptanz von oberflächlichem Gehabe und Geschwätz: Das ist der eigentliche Zustand unserer zu einem beträchtlichen Teil verblödeten Gesellschaft. Jeder nicht konforme Skeptiker ist freilich in der Lage, daraus seine eigenen Schlüsse zu ziehen; mich reizt es dennoch, meine Auffassung zur Diskussion zu stellen.
     Kohl kann ich nicht wählen, weil der bei jeder Kandidatur das Volk belogen hat und dabei seine Politik auf christliche Traditionen stützt, die im globalen Maßstab lediglich regionale Einfalt repräsentieren.
     Schröder will ich nicht wählen, weil er sich von Kohl nur dadurch unterscheidet, dass er den häufigen Wechsel seiner Damenbekanntschaften öffentlich vermarktet, während Kohl mit seiner Angetrauten ein Kochbuch veröffentlicht. Lassen wir uns nicht täuschen – zum Beispiel in der Medienpolitik, im Schulwesen, in der Ausländerpolitik gibt es zwischen den beiden stärksten Parteien nur den Einheitskitt der Unfähigkeit, darüber hinaus das Buhlen um das Wohlwollen der Kirchen.
     Die FDP als stets überbewertetes Anhängsel, das zum eigenen Machterhalt so ziemlich jeden Unfug mitgestaltete, ist nicht meine Welt. Und schließlich können sich die Grünen, erst „Fundis“, dann „Realos“, also Weltfremde, dann Opportunisten, nur aufgrund der Dummheit der zuvor genannten Kartelle behaupten. Einer Erwähnung des schillernden Restes der deutschen Wahlbewerber bedarf es wohl kaum.
     Was ist zu tun? Soll ich Leute und Parteien wählen, die mir zuwider sind, quasi als „kleineres Übel“? Bisher war das meine Praxis. Diesmal folge ich dem Rat eines Freundes: „Selbstdarsteller wähle ich nicht.“ Das schreibe ich weniger drastisch auf den Wahlzettel, sollte eine Wählmaschine im Lokal stehen, wähle ich ungültig. „Die Freiheit nehme ich mir“, denn ich bin sicher, nichts mit der Stimmabgabe bewirken zu können. Mein Betätigungsfeld beschränkt sich auf das alltägliche Leben: Demokratie muss gelebt werden, standhaft, mit offenen Augen und Ohren, einem entschlossenen Mund und einer dynamischen PC-Tastatur.
     Mehr als alles andere aber schätze ich die Kommunikation mit unabhängig denkenden und zuverlässigen Menschen. Ich habe das Glück, einige von ihnen, mit ganz unterschiedlichen Charakteren, als Freunde erleben zu dürfen. 


 
© Raymond Walden



Dienstag, 24. Dezember 2019

Fact and Fake



Cosmonomic Glimpse (12)
from a Viewpoint of Liberty


Fact and Fake

It is a fact that many people are believing,
but, in particular, most is fake what they are believing in.

This explains the condition of mankind!




Fakt und Fake

Dass viele Menschen glauben, ist Fakt;
was sie glauben, ist vor allem Fake.

So erklärt sich der Zustand der Menschheit!




Montag, 23. Dezember 2019

Menschliches Glauben: „Gott hört uns.“ (S. 23)


November 1997

Gott ist groß“, „Junge Gottsucher“ – Schlagworte, die mir vor einigen Jahren in Würzburg auf Straßenplakaten begegneten, vergleichbar mit politischen Wahlkampagnen. Mir ist wieder einmal klar geworden, dass Würzburg und Umgebung ohne Gott so gar nicht existierten.
     Unser ganzes „christliches Abendland“ wurzelt in „Gott“. Manchmal scheint dem Glaubensfreien solche Wahrheit im täglichen Einerlei zu entgleiten, das ändert freilich nichts daran: Dieses Land gehört Gott, seinen Himmelswesen und vor allem den irdischen Verwaltern der geistlichen Abgehobenheit mindestens so intensiv wie im Mittelalter.
     Bei herbstlichem Sonnenschein wandere ich von der Festung hinab durch die Weinberge ins Tal, um jenseits der Leistenstraße aufzusteigen zum Käpelle, einer Wallfahrtskirche, die nächst einem kleinen Kloster liegt. Die Stufen hinauf sind als Kreuzweg gestaltet, lebensgroße Figuren stellen die bekannten christlichen Leidensstationen dar, überwölbt von mächtigen alten Laubbäumen. Hier muss jedem gläubigen Menschen Gott „greifbar“ werden, und so finden sie sich auch ein, die Meditierenden, die Stufe für Stufe im Gebet innehalten (welch ein langer Weg bis hinauf!). Ich hingegen gehe als „Wanderer“ – und komme oben an, just um zwölf Uhr. Die zahlreichen Würzburger Kirchenglocken stimmen ihr Mittagsgeläut an; die Glocke des Käpelle erhebt sich darüber; ich trete ein in das barocke Gotteshaus, stehe wieder einmal voller Bewunderung vor menschlichem Kunstschaffen.
     Zufällig probt eine Sängerin mit Orgelbegleitung das „Ave Maria“, viel zu zaghaft und mindestens eine halbe Tonlage zu tief. Das kommt mir entgegen, ich summe laut mit, bin einfach „gut drauf“. Diese religiöse Stätte mit all den künstlerischen Nachempfindungen von Prunk einerseits und Leid andererseits vergegenwärtigt mir meine völlige Unabhängigkeit von kitschig sentimentalem, bedeutungsschwerem Erlösungsglauben. Ich atme tief durch, frei, nicht überheblich, mir ganz im Gegenteil sehr bewusst, dass auch meine Leidensfähigkeit im physischen wie im psychischen Sinne wachsenden Anforderungen unterliegt. Nein, solange meine Gedanken klar sind, wird mir niemand Angst vor Göttern suggerieren, wird kein Gott mich hören, weder Lob noch Klage.
     „Wie kann Gott so gemein sein?“, fragte mich eine junge Mutter, die gerade dabei war, die Beerdigung ihres Vaters zu organisieren, als sie die Nachricht vom Tode ihres Schwagers erhielt, sodass in weiterer Folge auch noch der Kliniktermin ihres schwer kranken kleinen Sohnes verschoben werden musste.
     Religion offenbart sich als Leidverstärkerin, doch das dürfen Gläubige nicht einmal erahnen, träfe sie doch der Zorn des so getadelten Gottes.


© Raymond Walden



Sonntag, 22. Dezember 2019

Menschliches Glauben: November: Christliche Trauer“aufarbeitung“ (S. 21)


November 1997

Ich gestehe, dass der November nicht meine Zeit im Jahre ist, sosehr ich mich bemühe, möglichst jedem Lebensabschnitt viel Angenehmes abzugewinnen. Denn eines steht für mich außer Frage: Trotz aller Rückschläge und Widerwärtigkeiten braucht man im Leben Optimismus und vor allem bedarf es einer Öffnung zu den Menschen hin. Dies fällt häufig sehr schwer, wobei die Ursache sowohl in der eigenen Verzagtheit wie auch in den Menschen liegt, mit denen man umzugehen hat.
     Der November jedenfalls hält mit seinen diversen Totengedenktagen für mich ein reales Problem bereit: die Trauer. Oft frage ich mich, ob Trauer, die ich empfinde, nichts anderes ist als entrücktes Mitleid oder gar Selbstmitleid, das zwar einem realen Anlass entspringt, aber von einer surrealen Welt zeugt. Es ist deshalb so unangenehm, das eigene Verhältnis zur Trauer laut zu hinterfragen, weil die Zuhörer oder Leser allemal geneigt sind, daraus Forderungen an sich selbst abzuleiten. Da ich jegliches Ansinnen in diese Richtung aufrichtig verneine, seien mir einige Bemerkungen zum Thema „Trauer“ gestattet.
     Der Tod an sich kann für einen naturwissenschaftlich geprägten Menschen nichts Schreckliches beinhalten, wohl aber der häufig leidvolle, tragische Weg des Sterbens. Die Problematik einer aktiven Leidensverkürzung, sprich Sterbehilfe, möchte ich hier gar nicht neu aufwerfen, sondern den Status des Todes charakterisieren.
     Kann man allen Ernstes in Trauerreden Verstorbene persönlich ansprechen? Definitiv besteht doch einzig und allein eine Wahrnehmung vonseiten der Trauergemeinde; es handelt sich also schlicht um einen Akt – bitte jetzt nichts Abwegiges interpretieren – der Selbstbefriedigung. Der Tote hat von dem ganzen Aufhebens nichts mehr. Dieses zu realisieren, würde den Abschied von Verstorbenen wirklich erleichtern.
     Nichts geht mehr nach dem Tode; alles was man im Leben gegenüber dem Verstorbenen versäumt oder falsch gemacht hat, lässt sich nicht mehr korrigieren. Jeder Versuch dieser Art ist nichts als scheinheilige Gefühlsduselei, die freilich von daran interessierter Seite als „Aufarbeitung“ des Trauerfalls gravitätisch durchpsychologisiert wird. Der Tod ist das logische und sinnvolle Ende, damit kann ich gut leben. Was mir das Dasein bisweilen schwer macht, ist die direkte Konfrontation mit den Jenseitsgläubigen, denen ich in dieser Beziehung nicht zu folgen vermag, die aber von mir erwarten, dass ich ihren Totenriten respektvoll beiwohne, ja dass ich sie beispielsweise im Verwandtenkreis in allen Einzelheiten nachvollziehe.
     Nein, der November, so wie diese Weltanschauung ihn geprägt hat, ist nicht mein Monat: Ich möchte niemals auf solche Art verabschiedet werden, zumindest müssen diejenigen, die mich dereinst auf herkömmliche Weise begraben wollen, wissen, dass ich dies ablehne.
     Nun mag man fragen, warum ich all das eigentlich erzähle. – Ich denke, dass vielleicht eine offen und ehrlich geführte Diskussion über das Begehen von entscheidenden Stationen der individuellen Existenz einiges beitragen könnte zu einem entspannteren Verhältnis im menschlichen Miteinander.
     Da fehlen einfach neue Antworten auf dieses mystische Weltbild.


© Raymond Walden




Samstag, 21. Dezember 2019

Menschliches Glauben: Rechtschreibung? (S. 20)


November 1997

Richtig schreiben, recht schreiben, gar rechts schreiben oder gerecht schreiben? Das ist inzwischen die Frage des intellektuellen Seins oder Nichtseins! Dabei ist nicht solchermaßen Anspruchslosigkeit das Kriterium, sondern die Freiheit des Autors, sich innerhalb unverzichtbarer Regeln Verständnis zu sichern. „Unverzichtbar“ meint nicht Regelwust, sondern Regelminimierung ohne Ausdrucksverlust.
     Was die aktuelle Rechtschreibreform betrifft: Ich erlaube mir als Schreibender, meinem Empfinden gerecht zu werden: Meine Leser müssen mich schon so akzeptieren.
     Die Lehrer sollten vonseiten erst noch Auszubildender keinen Wildwuchs hinnehmen, gipfelt dieser ja bereits vielfach in Artikulationsunfähigkeit und in sich ausweitendem Analphabetentum. Sprache darf jedoch nicht als Gängelungswerkzeug dienen, eher soll sie ein Instrument der Befreiung sein. Den Gebrauch des Instruments muss jeder freiheitliche Geist natürlich erst erlernen – oder aber ist die Sprache dafür verantwortlich, dass sich das Freiheitliche überhaupt entwickelt hat? Erst in dieser funktionierenden Wechselbeziehung kann man Regeln hinterfragen, neu gestalten und zielsicher auch individuell modifizieren.
      Sprache ist das Zeugnis vom Menschen, allerdings nicht von Menschlichkeit, denn auch Sprache kann blenden, vortäuschen. – Rechtschreibung? Erst das Schreibenlernen berechtigt zum Schreiben und vor allem – viel wichtiger – zum Lesen.
     Rechtschreibkundige wurden in früheren Zeiten der Ketzerei verdächtigt, denn sie hatten natürlich die Befähigung zur schriftlich dokumentierten Gesellschafts-, sprich Religionskritik.
     Bin ich Ketzer? Aber ja doch! Denn über Sprache nur lässt sich, wenn überhaupt, dem Esoterikkult, den Religionen und dem Verlust an Menschlichem widersprechen. Und freie Sprache ist stets allen festgeschriebenen Sprüchen und Suren überlegen.
     Sprechen wir uns?


© Raymond Walden



Freitag, 20. Dezember 2019

Menschliches Glauben: "Auf Rügen mit Licht" (S. 19)


Juni 1997

In der Tat erinnern auf Rügen vor allem die Sommerabende ein wenig an die verklärenden Lichtverhältnisse Schwedens, wo man das Auto auch tagsüber "mit Licht" bewegt. Die Rüganer gelten als forsche Kraftfahrer mit entsprechend hohen Unfallraten, die unter anderem "mit Licht" reduziert werden sollen.
     Für mich hat die Insel zweifellos eine ganz eigenartige Beziehung zur Lebendigkeit wie auch zu einer rauen Abgestumpftheit. Ich bin wiederholt hierhergekommen, weil Freunde (wie ich aus dem Westen) nach der Vereinigung Deutschlands einen völlig heruntergekommenen Kotten aufgekauft haben, um ihn nun seit Jahren äußerst arbeitsintensiv in ein Schmuckstück zu verwandeln. Baustoffe und selbst Arbeitskräfte sind aus NRW herangefahren worden, weil es aus vielfältigen Gründen auf Rügen keine Möglichkeiten gegeben hat. An vielen Stellen der Insel zeigt sich dieses Phänomen eines bescheidenen Einsatzwillens, der daran schuld ist, dass sich ganze Straßenzüge und Hinterhöfe immer noch in wenig ansprechendem Zustand befinden. Ein erfolgreicher Landwirt erzählt stolz, er habe ein einziges Mal die Insel verlassen – bis Stralsund sei er gekommen! Und es gelüste ihn keineswegs zu reisen.
     Ich höre den Radiosender Nordvorpommern mit einem Wunschkonzert, das gut 40 Jahre alt sein könnte, vernehme Reportagen, die an Naivität, Gestrigkeit und Plattheit die Gegend einnorden. Hier geht es bieder zu, FKK an den herrlich weiten, zumeist windigen Sandstränden ist hier kein Zeichen von "Offenheit". Eher symbolisieren die lichtdurchfluteten Mischwälder die beschauliche Reserviertheit, die keineswegs Unfreundlichkeit meint. Dies alles nun mit dem "Ossi-Wessi-Gegensatz" erklären zu wollen, scheint unangebracht. Was man wahrnimmt, ist nichts anderes als ein Teil Gesamtdeutschlands. Die Deutschen hier sind und waren immer so, weisen wie die Bewohner anderer Landstriche gleichermaßen ihre Eigenheiten auf, unterscheiden sich aber eigentlich nur durch Oberflächenmerkmale von ihnen.
     Ich verhehle nicht, dass ich erst jetzt so richtig die heimatfreundliche Deutschtümelei auf allen Medienkanälen wahrnehme. Seit Wiederherstellung der deutschen Einheit überbieten sie sich an Volkstümlichem, das freilich seinen Stellenwert besitzt, aber nun geradezu mit System ins Schnulzenhafte abfährt. Deutschland ist so! Ich persönlich mag diese Seite deutscher Lebensart nicht, registriere aber auch in anderen Ländern den Rückfall in einen banalen Fundamentalismus heimatlicher Klangschwülste.
     "In Europa mit Licht" – solchermaßen möchte ich die Rüganer Verkehrsinitiative umwandeln; allein Licht beseitigt keine Kurzsichtigkeit.


© Raymond Walden




Donnerstag, 19. Dezember 2019

Gutes zum Fest, das zur Orgie von Konsum und Kitsch verkam



Besinnung!

Mehr nicht, vorerst.

Dann lebendige Neugier,
Wissensfreude, hoffentlich.

Lerneifer, Kreativität und Muße.

Achtsame Lebenslust.

Dem Dogmatismus der Indoktrination immer überlegen,
niemals hörig, noch Sklave oder Vasall.


In Aufrichtigkeit:
Freiheitlichem Frieden im Wort
durch Literatur, Kunst und Musik,
in der Kultur täglichen Arbeitens und Ausruhens
und des Feierns! 


 

Menschliches Glauben: Angesichts tausendjähriger Olivenbäume (S. 17)


Mai 1997

Glanzvoll, der Landschaft entsprechend, lichtdurchflutet wie die Provence und die Cote d'Azur, so kennt man viele Gemälde der "Impressionisten" – einer der wichtigsten Vertreter war Pierre-Auguste Renoir.
     Die Stadt Cagnes-sur-Mer bei Nizza hat Renoirs Wohnhaus 1960 erworben und die Villa als Museum dem Publikum geöffnet. Alles in Gebäude und Park ist so erhalten wie es in der Zeit von 1908 bis 1919 ausgesehen hat, als Renoir hier wohnte. "Ein in der Provence lebendes französisches Hellas unter Ölbäumen, Zypressen und Pinien ... . Zweifellos hat Renoir, der von seinem Cagner Wohnsitz aus das Mittelmeer betrachtete, schließlich gesehen, wie die ewige Göttin wiederum aus den Schaumkronen geboren wurde." (Zitat von Francois Fosca, Museumprospekt).
     Das Ambiente der großzügigen Wohnung mit all den durchaus banalen Gegenständen des Alltags überträgt sich mir ganz unmittelbar, und es würde begreiflich, wie ein Genie in dieser Umgebung derartig verzaubernde Bilder und Skulpturen schaffen konnte, wäre da nicht Renoirs Handicap gewesen. Er war zunehmend von starkem Rheuma geplagt, man musste ihn vom Bett zum Rollstuhl tragen. Es war "die elende und zugleich herrliche Zeit des Leidens und des Ruhms, der wunderbaren Einfälle – man steckt ihm den Pinsel zwischen seine verkümmerten, verunstalteten Finger." (Zitat von Georges Besson, Museumsprospekt).
     Licht und Leid flößen dem Besucher Begeisterung und Ehrfurcht zugleich ein, vermitteln in der Weitläufigkeit des Parks Besinnlichkeit, Lebensfreude und die stete Gegenwart des Schattens – trotz oder wegen des grandiosen Blickes an Orangen und Zitronen vorbei hinüber auf Nizza und die Altstadt von Cagnes. Hier lässt sich göttlich leben! Doch die Götter bedürfen des Kontrastes der Unterwelt.
     Auf unserem Fußweg zur höher gelegenen alten Festung Cagnes "über dem Meer" fahren Gangster mit Ihrem Auto ganz dicht an meine Frau heran und entreißen ihr die Handtasche mit allem, was man so im Urlaub benötigt. – Die Wirklichkeit hat uns wieder. Doch selbst jetzt noch bleibt ein Hauch aus Renoirs Zauberwelt. Ein französischer Augenzeuge stellt uns spontan und kostenlos sein Handy zur Verfügung, sodass wir vom Straßenrand aus die Sperrung des Kontos in Deutschland veranlassen können. Auf der Polizeistation erfahren wir, dass das Gangsterauto zehn Minuten zuvor als gestohlen gemeldet worden ist. Es seien Zigeunerbanden, die seit etwa zwei Jahren aus Albanien und anderen östlichen Krisenländern kommend den Großraum Nizza verunsicherten; ein Problem der Multikultur?


© Raymond Walden