Mai
1997
Glanzvoll,
der Landschaft entsprechend, lichtdurchflutet wie die Provence und
die Cote d'Azur, so kennt man viele Gemälde der "Impressionisten"
– einer der wichtigsten Vertreter war Pierre-Auguste Renoir.
Die
Stadt Cagnes-sur-Mer bei Nizza hat Renoirs Wohnhaus 1960 erworben und
die Villa als Museum dem Publikum geöffnet. Alles in Gebäude und
Park ist so erhalten wie es in der Zeit von 1908 bis 1919 ausgesehen
hat, als Renoir hier wohnte. "Ein in der Provence lebendes
französisches Hellas unter Ölbäumen, Zypressen und Pinien ... .
Zweifellos hat Renoir, der von seinem Cagner Wohnsitz aus das
Mittelmeer betrachtete, schließlich gesehen, wie die ewige Göttin
wiederum aus den Schaumkronen geboren wurde." (Zitat von
Francois Fosca, Museumprospekt).
Das
Ambiente der großzügigen Wohnung mit all den durchaus banalen
Gegenständen des Alltags überträgt sich mir ganz unmittelbar, und
es würde begreiflich, wie ein Genie in dieser Umgebung derartig
verzaubernde Bilder und Skulpturen schaffen konnte, wäre da nicht
Renoirs Handicap gewesen. Er war zunehmend von starkem Rheuma
geplagt, man musste ihn vom Bett zum Rollstuhl tragen. Es war "die
elende und zugleich herrliche Zeit des Leidens und des Ruhms, der
wunderbaren Einfälle – man steckt ihm den Pinsel zwischen seine
verkümmerten, verunstalteten Finger." (Zitat von Georges
Besson, Museumsprospekt).
Licht
und Leid flößen dem Besucher Begeisterung und Ehrfurcht zugleich
ein, vermitteln in der Weitläufigkeit des Parks Besinnlichkeit,
Lebensfreude und die stete Gegenwart des Schattens – trotz oder
wegen des grandiosen Blickes an Orangen und Zitronen vorbei hinüber
auf Nizza und die Altstadt von Cagnes. Hier lässt sich göttlich
leben! Doch die Götter bedürfen des Kontrastes der Unterwelt.
Auf
unserem Fußweg zur höher gelegenen alten Festung Cagnes "über
dem Meer" fahren Gangster mit Ihrem Auto ganz dicht an meine
Frau heran und entreißen ihr die Handtasche mit allem, was man so im
Urlaub benötigt. – Die Wirklichkeit hat uns wieder. Doch selbst
jetzt noch bleibt ein Hauch aus Renoirs Zauberwelt. Ein französischer
Augenzeuge stellt uns spontan und kostenlos sein Handy zur Verfügung,
sodass wir vom Straßenrand aus die Sperrung des Kontos in
Deutschland veranlassen können. Auf der Polizeistation erfahren wir,
dass das Gangsterauto zehn Minuten zuvor als gestohlen gemeldet
worden ist. Es seien Zigeunerbanden, die seit etwa zwei Jahren aus
Albanien und anderen östlichen Krisenländern kommend den Großraum
Nizza verunsicherten; ein Problem der Multikultur?
©
Raymond Walden
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