Freitag, 13. Dezember 2019

Menschliches Glauben: Der Umgang mit dem Tod (S. 11)


Oktober 1995

Nicht nur für den Sterbenden, sondern auch für die lebendige Gesellschaft bleibt der Tod ein einschneidendes Faktum. Man sollte sich daher zurückhalten mit Ratschlägen oder gar Forderungen, die den Tod von Mitmenschen berühren. Es muss aber erlaubt sein, laut über den eigenen Tod nachzudenken. Angesichts religiöser Totenkulte und damit verbundener Geschäfte möchte ich ohne Tabus über meinen eigenen Tod plaudern.
    Zunächst denke ich an meine Familie, die meine Bestattung nach ihren Vorstellungen gestalten sollte, denn für den Toten ist sie ohne Belang. In meinem Sinne aber wäre es, nicht auf einem christlichen Friedhof mit seinem höchst zweifelhaften „Rotlichtmilieu“ und saftigen Preisen zu landen, sondern mich als Asche im Wind oder Meer zu verflüchtigen. Ich möchte damit unterstreichen, dass ich nach dem Tode eben nicht mehr da bin, dass es daher keinen Sinn ergibt, dann an meinem Grab zu stehen und sich vor meinen Gebeinen – zu welchem Zweck? – zu verneigen. Wer sich meiner erinnern möchte, sollte Bilder aus meinem Leben betrachten, Fotos, Fernseh- und Rundfunkaufzeichnungen sehen und hören, lesen, was ich irgendwann geschrieben habe – und Nachsicht mit mir üben, dass nicht alles so gelungen war. Vom heutigen Standpunkt aus könnte ich mir mein Grab auf einem der herkömmlichen Friedhöfe nur als ein anonymes vorstellen.
    Vorausgehend, konsequent sind meine Vorstellungen vom eigenen Sterben: Bei eindeutig unheilbarer Krankheit lehne ich jede Leidensverlängerung ab und bitte darüber hinaus um aktive humane Sterbehilfe. Ich betone noch einmal, dies sind meine persönlichen Wünsche, die nur für mich gelten. Selbstverständlich respektiere ich andere Überzeugungen – für andere Personen. Wegen der gängigen Praxis möchte ich aber noch einmal unterstreichen, dass ich mir andererseits keine fremden Meinungen bezüglich meines eigenen Sterbens aufdrängen lassen möchte, auch nicht von Herrn Wojtyla, wie gerade wieder auf seinem USA-Kreuzzug versucht.
    Im übrigen, ich wurde gerade 50 Jahre alt und habe noch viele Pläne!


© Raymond Walden





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