Oktober
1995
Nicht nur
für den Sterbenden, sondern auch für die lebendige Gesellschaft
bleibt der Tod ein einschneidendes Faktum. Man sollte sich daher
zurückhalten mit Ratschlägen oder gar Forderungen, die den Tod von
Mitmenschen berühren. Es muss aber erlaubt sein, laut über den
eigenen Tod nachzudenken. Angesichts religiöser Totenkulte und damit
verbundener Geschäfte möchte ich ohne Tabus über meinen eigenen
Tod plaudern.
Zunächst
denke ich an meine Familie, die meine Bestattung nach ihren
Vorstellungen gestalten sollte, denn für den Toten ist sie ohne
Belang. In meinem Sinne aber wäre es, nicht auf einem christlichen
Friedhof mit seinem höchst zweifelhaften „Rotlichtmilieu“ und
saftigen Preisen zu landen, sondern mich als Asche im Wind oder Meer
zu verflüchtigen. Ich möchte damit unterstreichen, dass ich nach
dem Tode eben nicht mehr da bin, dass es daher keinen Sinn ergibt,
dann an meinem Grab zu stehen und sich vor meinen Gebeinen – zu
welchem Zweck? – zu verneigen. Wer sich meiner erinnern möchte,
sollte Bilder aus meinem Leben betrachten, Fotos, Fernseh- und
Rundfunkaufzeichnungen sehen und hören, lesen, was ich irgendwann
geschrieben habe – und Nachsicht mit mir üben, dass nicht alles so
gelungen war. Vom heutigen Standpunkt aus könnte ich mir mein Grab
auf einem der herkömmlichen Friedhöfe nur als ein anonymes
vorstellen.
Vorausgehend,
konsequent sind meine Vorstellungen vom eigenen Sterben: Bei
eindeutig unheilbarer Krankheit lehne ich jede Leidensverlängerung
ab und bitte darüber hinaus um aktive humane Sterbehilfe. Ich betone
noch einmal, dies sind meine persönlichen Wünsche, die nur für
mich gelten. Selbstverständlich respektiere ich andere Überzeugungen
– für andere Personen. Wegen der gängigen Praxis möchte ich aber
noch einmal unterstreichen, dass ich mir andererseits keine fremden
Meinungen bezüglich meines eigenen Sterbens aufdrängen lassen
möchte, auch nicht von Herrn Wojtyla, wie gerade wieder auf seinem
USA-Kreuzzug versucht.
Im
übrigen, ich wurde gerade 50 Jahre alt und habe noch viele Pläne!
©
Raymond Walden
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