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Freitag, 3. Januar 2020

Menschliches Glauben: Gelassenheit (S. 32)


Februar 2001

Für viele Lebenssituationen erweist sich eine Grundhaltung als vorteilhaft, die aber von gar nicht so vielen Menschen an den Tag gelegt wird: Gelassenheit.
     Die gelassene Verhaltensweise dient vor allem dem eigenen Schutz vor Überreaktionen, also vor übereiltem und dadurch vielleicht auch falschem Handeln und möglicherweise sogar vor Energieverschwendung für gar nicht so wichtige Angelegenheiten. Gelassenheit verschafft Zeitgewinn, Abstand zum Problem und dadurch oft auch besseren Überblick, alles Kriterien für die Überlegenheit im Streitfalle oder die Souveränität in der alltäglichen Arbeitsbewältigung. Es handelt sich folglich nicht um eine Verdrängungsmentalität, dass man aus verschiedensten Gründen Entscheidungen einfach aus dem Wege gehen möchte, sondern sogar um das Gegenteil. Der gelassene Mensch ist in der Regel engagiert, verfügt über kein geringes Maß an Kenntnissen und ist bemüht, gerade auch in konkreten Fällen etwaige Wissenslücken aufzufüllen, ehe er zu einem Entschluss gelangt. Dabei kommt ihm zugute, dass er aus früheren gelassen bereinigten Situationen ein Fundament an Selbstsicherheit gegossen hat, das sich mit jeder neu gemeisterten Situation nur noch stabilisieren kann.
     Kaum jemand kommt als gelassener Mensch auf die Welt; für die meisten ist Gelassenheit eine bewusst herbeigeführte Verhaltensweise, die geübt werden möchte und zudem auch von der nervlichen Konstitution abhängt. Je reicher der Erfahrungsschatz im Leben, desto leichter mag Gelassenheit zu verwirklichen sein. Aber auch Gesichtspunkte außerhalb des bisher Erfahrenen lassen sich bis zu einem gewissen Grade üben, indem man sich immer wieder Situationen vorstellt, in die man unvermittelt zu jeder Zeit geraten könnte.
     Wie würde ich mich zum Beispiel verhalten, wenn ich genau in diesem Moment einen Schwächeanfall erlitte, wenn der Mensch neben mir stürbe, wenn nach der nächsten Straßenkurve ein Hindernis auftauchte. Dabei soll keineswegs ein fortwährendes imaginäres Krisenmanagement ablaufen, sondern lediglich eine Art von Vertrautheit mit Eventualitäten erzeugt werden. Wenn ich mir zum Beispiel ungeschminkt bewusst bin, dass mein Leben jeder Zeit zu Ende gehen kann, werde ich als Folge automatisch auch andere Gewichtungen in meinen täglichen Rhythmen und meinen mittel- und langfristigen Planungen vornehmen. Kurzfristiges Sichverschleißen wird eher als nutzlos erkannt werden, übertriebene Eile spätestens im Nachhinein meist überflüssig erscheinen. Im akuten Dringlichkeitsfall kann der Gelassene zielsicherer und wirkungsvoller Maßnahmen ergreifen als der nervlich Überlastete und Aufgeregte. Somit ist Gelassenheit für alle Beteiligten von Vorteil und stellt eigentlich für jeden Menschen eine innere Herausforderung dar, der man sich ruhig und engagiert stellen sollte. Denn völlig abwegig wäre es, Gelassenheit auf Desinteresse zu begründen.



© Raymond Walden





Samstag, 6. Januar 2018

Sequenzen von Skepsis (289)

Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

3720
Lebenskunst heute geht in die verantwortungsbewusste innere Emigration, hinaus aus dem trivialen Mediendunst, skeptisch abgeschirmt gegen politische, religiöse und kommerzielle Betrugsattacken bei distinguierter Vermeidung von Massengefolgschaften, auch in Standhaftigkeit gegen den Strom, weg vom Glauben hin zu permanenter Lern- und Wissensbereitschaft unter Offenheit für Kreativität, Mitmenschlichkeit und für lebensfreundlichen Genuss aller Sinne.

3721
Vierundzwanzig Stunden Rundfunk- und Fernsehgewäsch! Sauberes Denken bewahrt und bewährt sich im Abschalten.

3722
Wenden sich vom Schicksal erbarmungslos Geschlagene und Gemarterte voller Hoffnung und Lobpreis ihren Göttern zu, ergreift mich doppeltes Mitleid, erschütternde Rührung in ohnmächtigem Zorn, den ich beherrschen muss.

3723
Getauft, beschnitten und verschleiert, gehirngewaschen und vereidigt kennt man keine Freiheit, ängstigt sich davor. Deshalb und damit das so bleibt, zieht man entschlossen gegen sie in den Kampf.

3724
In der Gesellschaft mit einer bigott verdorbenen Sexualität gereicht dem Mann die biologisch sinnvolle Selbstbefriedigung zu einem hohen Maß an Unabhängigkeit und Ausgeglichenheit.

3725
So viel Unrecht wird göttlich gerechtfertigt!

3726
Ja, es hilft wenig, Dummen vorzuhalten, sie seien so. Vorteilhaft wäre es, Kluge zu ermuntern. Doch wo sind sie? Wo, wann und wie erfolgt ihr Auftritt? Ich will nicht daran zweifeln.

3727
Das Verhunzen der Sprache treibt seine stinkigsten Blüten auf politischem Acker.

3728
Wenn Natur das Haus zertrümmert,
Krankheit des Menschen Los verschlimmert,
Hunger und Durst Leben vernichten,
die Infrastruktur des Landes ein Chaos entfacht,
sich materielle und geistige Not verdichten,
so spricht man vertröstend gern von höherer Macht.
Viel empörender gebärdet sich aber der Gang der Zeit,
geschieht dem Menschen durch selbst entfachten Krieg all dieses Leid.

3729
Für die eigene Karriere verbiegt sich der weitaus größte Teil der Menschen, verleugnet sich bis zu aktivem Foltern und Morden, täuscht sich und der Welt Rechtschaffenheit vor.

3730
Nichts, wirklich nichts existiert materiell noch geistig ohne Vorgeschichte, ohne Ursache.
Intelligenz weiß das, kennt die eigene Unvollkommenheit und widersetzt sich deshalb im Leben allem Absoluten: also einem „Gott“ wie einem anderen „Urknall“.

3731
Romane ziehen sich; das ist ihre Absicht.
Der Aphorismus blitzt auf und erzeugt je nach Gedankenentfernung einen Donnerhall.

3732
Ein „Simpatico“ hat keinen Sitz im Parlament. Seine Aufrichtigkeit wünscht auch gar keinen Einzug.

3733
Beginne den Tag mit dir; bist du mit dir im Reinen, magst du beispielhaft wirken.


© Raymond Walden

Freitag, 29. April 2016

Sequenzen von Skepsis (236)

Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

2981
Tief begründetes Denken gab es schon vor Jahrtausenden, allein die Häufigkeit scheint seither zu stagnieren.

2982
Wo gesunder Schlaf gegeben, will ich leben, ausgeruht nach Neuem streben.

2983
Seerosen ankern tief, blühen auf bewegten Wasserspiegeln und schwimmen niemals mit dem Strom.

2984
Prüderie und Spießigkeit ziehen schon dem jüngeren Leben Zahn um Zahn, und dann erübrigt sich sogar das Putzen und das Lächeln.

2985
Die Sorge um die Freiheit muss einen gefangen nehmen, wenn man wirklich Freigeist ist.

2986
Der Spannung folgt die Entspannung, falls aber nicht, etabliert sich Verspannung. Sie zu lösen, bedarf es erprobter Heilverfahren, vielleicht jedoch nur der Erinnerung an Lebenskunst.

2987
Überwindet man die eigene Sprachlosigkeit, ändert das noch nichts an der grassierenden Verständnislosigkeit der Zuhörer.

2988
Digitalsklaven outen sich mit gebeugtem Tafelblick, in stammelndem Sprachverlust, naiver Selfie-Vergessenheit und offiziell in der Abspeicherung von Unsinnsaktionismen, dem Dreschen leeren Strohs, regierungsamtlich und medial kanalisiert.

2989
Die vom amerikanischen Lehnsherrn öffentlich gebauchpinselte, sonst recht kriecherische deutsche Vasallin strafft ihren Habitus als Herrin im Abglanz der Macht gegenüber der übrigen Welt.

2990
Wer in tausend Zimmern haust, sehnt sich vergeblich nach Geborgenheit, fühlt sich beleidigt durch jede Fliege, die seine makellose Leere beschmutzt. Unmenschlicher Zorn wallt in ihm auf aus seinem Glaubensfundament, das durch den leisesten Flügelschlag freiheitlicher Kritik erschüttert wird. Es treibt ihn das Ego, er kann nicht anders, er muss zuschlagen, tausendfach in all seinen Sultanskemenaten.

2991
Globalisierung wäre weltweite Vernetzung von Kultur, Bildung, Humanität, Infrastruktur, Armutsbekämpfung, Friedensforschung, Transparenz und Aufklärung.
Reiche und Mächtige trachten jedoch nach dem definitiven Gegenteil, um ihre barbarische Vorherrschaft über den Globus widerrechtlich und unmenschlich zu stabilisieren. Unter diesen ideologischen Vorgaben ist Globalisierung ein Fluch auf Gegenwart und Zukunft.
Allein schon die Rüstungsaufwendungen brandmarken die Frevler, eingehüllt in ihre chauvinistisch vergifteten Nationalfarben.

2992
Ergründe und begründe gründlich!

2993
Aufrecht gehe der Mensch, gewaltfrei, sauber und tatenfroh.

2994
Der Welten Wahnwitz verleiht dem Kosmonomischen Manifest seine Dringlichkeit.


© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.de