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Mittwoch, 1. Januar 2020

Menschliches Glauben: Kann man Menschen mögen? (S.28)


November 1998

Der ZDF-Nachrichtensprecher entschuldigt sich am 27.8.98 für die nun folgenden Bilder: Uniformierte im Kongo haben an irgendeiner Flussbrücke einen Zivilisten der politischen Gegenseite aufgefunden, misshandeln ihn, werfen ihn über das Brückengeländer tief hinunter in den Fluss. Als der Geschundene wieder auftaucht, sich dem rettenden Ufer zubewegt, schicken die Mörder einige Gewehrsalven nach unten. An anderer Stelle zerren überwiegend junge Leute triumphierend einen verkohlten Leichnam an den Beinen über die Straße.
     Da zumindest die wachen Köpfe unter uns wissen, dass weltweit Ähnliches täglich geschieht, häufig ausgeführt von Individuen, die nicht einmal die Wörter „Gewehr“ und „Tod“, geschweige denn „Leben“ schreiben können, drängt sich folgende Frage auf: Was ist eigentlich „menschlich“?
     Die deutsche Sprache unterscheidet da nicht so genau. Ist damit „human“ gemeint oder bedeutet es so viel wie „unvollkommen“ und beschreibt oberflächlich hochgradige Dummheit, Verkommenheit und Verrohung?
     „Mögen Sie eigentlich Kinder?“ fragte mich ein Schüler. Ich schränkte ein: „Nicht alle, denn ich mag auch nicht alle Erwachsenen.“ Freilich war die Antwort von diplomatischer Natur, denn mein „Mögen“ beschränkt sich auf die im Großen und Ganzen Humanen, das Heer der „Menschlichen“ irritiert mich. Es wäre in der Tat unerträglich, gäbe es sie nicht doch – Menschen mit humaner Gesinnung. So mancher Freund irritiert mich allerdings, wenn ich ihn in bisher unbekannter, etwa opportunistischer oder gar esoterischer Rolle erlebe. Dann frage ich mich, ob und wie ich umgekehrt enttäusche. Denn dies ist offensichtlich: Guter Wille allein reicht in unserem Dasein eben nicht aus; der Verstand darf sich niemals einem „Fraktionszwang“ unterwerfen. Wo aber beginnt im Alltag Fraktionsdruck?
     Ich provoziere: in so mancher Ehe, ist doch die institutionalisierte Lebensgemeinschaft keineswegs nur die Zweierbeziehung, sondern gleichzeitig die gesellschaftliche Basis für sexuelle Doppelmoral mit allen daran anschließenden negativen Folgen. Die Partner, zunächst ausgestattet mit besten Vorsätzen und gutem Willen, sind später im Sumpf der Eifersucht allemal in der Lage, einen Menschen über das Brückengeländer zu werfen. Und eigentlich völlig unbeteiligte Moralisten, „Sonderermittler“, haben noch jeden ins Visier der abschießenden, selbst längst abgeschossenen Öffentlichkeit gezerrt.
     Beziehen wir das auf den US-Präsidenten Clinton, der ein problematisches Verhältnis zur Wahrheit hat, trifft es doch nur einen Verfechter ebendieses Systems, in dessen gewinnsüchtigem Selbstverständnis noch jede Scheinheiligkeit honoriert wird, um sodann ins Lamentieren zu verfallen, wenn es die Situation erfordert.
     Allen Fundamentalisten, Nationalisten und Dogmatikern spreche ich Menschlichkeit ab. Aber versuche dem, der einen falschen Weg verfolgt, klar zu machen, dass er es tut – er wird es nicht verstehen. Ganz im Gegenteil, solche Leute halten sich oft wie Kohl im Wahlkampf für „Weltklasse“. In ihrer Wildwestmanier entscheiden sie aber über das Schicksal von Millionen. Und der Spieß wird in einer solchen Welt schnell umgedreht, indem derjenige, der nicht mitspielt, kurzerhand für verrückt erklärt wird.
     Zwei Dinge faszinieren mich indes: Es gibt echte Freundschaften und auch wahre Liebe, zumindest für manche Menschen, und es gelten objektive Naturgesetze. – Darin steckt so viel Hoffnung, so viel Dynamik.


© Raymond Walden




Montag, 16. Dezember 2019

Menschliches Glauben: Walhalla (S. 14)


Februar 1996

Da stand ich im Herbst 1995 vor äußerlich imposanten Tempeln nationalistischer Größe und angeblicher Verehrungswürdigkeit, vor der Walhalla bei Regensburg und vor der Befreiungshalle in Kelheim. Beide Monumente in beeindruckend exponierter Lage wirkten auf mich dennoch tourismusträchtig abgegriffen. Nichts berührte mich innerlich, eher als unangenehm empfand ich das Bodenmosaik im Zentrum der Befreiungshalle: „MOECHTEN DIE TEUTSCHEN NIE VERGESSEN WAS DEN BEFREIUNGSKAMPF NOTHWENDIG MACHTE UND WODURCH SIE GESIEGT“.
    Siegesgöttinnen, nicht etwa Friedensgöttinnen, bestimmen das gewaltige Rund. Wie viel Blut und Leid wird hier wie durch alle „Siegesdenkmale“ in Ruhm verkehrt? Die Siege waren ausnahmslos Niederlagen der Menschlichkeit. Das ist weltweit typisch für alle „Sieges“darstellungen. Triumphiert haben stets die Machtbesessenen, diejenigen, welche aus eigener Raffgier überhaupt erst für Ideologien und Religionen sorgen, welche die Menschen aufeinander einschlagen lassen.
    Walhalla und die Befreiungshalle atmen nichts aus, es sei denn das Wehen nationalistischer, toter Hohlräume.


© Raymond Walden





Sonntag, 15. Dezember 2019

Menschliches Glauben: Noch einmal: der Tod (S. 13)


Oktober 1995

Braucht man nicht doch den Glauben an irgendetwas Irrationales, um im Leben den Gedanken an den eigenen Tod zu verkraften?
    Indem ich die Natur als Abfolge von Kausalität und Logik und auch des Zufalls einigermaßen begriffen habe, die Faszination unserer Umwelt in der Sequenz von Werden und Vergehen erkenne, Menschlichkeit als höhere Stufe derselben Sequenz und damit den letztlich unerbittlichen Naturgesetzen unterworfen empfinde, habe ich keine Angst vor dem eigenen Ende. Mehr noch, ich möchte keinen Tag meines Daseins noch einmal erleben, sondern stets voranstreben, sogar wenn ich innehalte.
    In dem kosmischen Entwicklungsprozess spielt die Erde, spiele gar ich, eine so unbedeutende, aber von mir vor mir selbst zu verantwortende Rolle, dass ich mich geborgen fühle in einer Welt ohne kleinkariert aufrechnende Götter. Ich ängstige mich nur vor Schmerzen, die mir Menschen, auch aus falscher, sendungsbewusster Gesinnung heraus, gefühlsmäßig und körperlich – beim Sterben etwa durch Leidensverlängerung – zufügen könnten.


© Raymond Walden


 


Mittwoch, 24. Juli 2019

Erwachen am Strand

Aus der Dünung jenes Strandes, an dem einst Menschen gefangen gehalten und gequält wurden, steigt die Sonne auf wie Menschlichkeit aus dem Meer politischer Verirrungen.
Nun bin ich gefangen seit vielen Jahren immer aufs Neue vom Aufstehen des Tages, dem ich mit Leib und Seele angehöre, wer weiß, wie lange noch.
Zögerlich, aber unwiderstehlich öffnet der Sonnenrand den ahnungsvollen dünnen Dunstvorhang, überstrahlt ihn schließlich mit erhellendem Gold, die Sonne hebt an, und ich schwimme auf sie zu, die schmale Mondsichel über mir.

Bald gibt mir eine Sandbank samtenen Stand im sommerlich warmen Meer von Argeles in Südfrankreich. Im Hinterland geheimnisvoll gewinnt der Machtanspruch des Canigou Bergmassives an Kontur, in Richtung Hafen schauend, folgt der Blick den Ausläufern der Pyrenäen beim Abtauchen der Bergkette in die scheinbar träumende Flut. Am fernen Strand der entgegengesetzten langen Düne meditiert ein esoterischer Sonnenanbeter, sonst herrscht raunende Einsamkeit.
Schwalben jagen lebenshungrig den Insekten nach, aus dem angrenzenden Naturreservat zwitschert und pfeift es lebensfroh.

Ein Strandfischer nähert sich in seinem leise kreisenden Boot, sein Arbeitstag begann viel früher, ebenso die tägliche Pflicht so vieler Menschen.
Als wolle er meine Betrachtungen nicht mit Profanem unterbrechen, dreht der Fischer ab, und meine „Sonne der Menschlichkeit“ gehört noch eine Weile mir allein an dem friedvollen Strand, der sich bald bevölkern wird.
Hitze ist angesagt, deutet sich an, und niemand weiß, welche Menschen irgendwo verbrennen, weil sie sich und die Sonne zu einseitig romantisieren, sich nicht schützen in hitziger Vermassung und Ignoranz gegenüber einer regelrecht variablen Natur und gegenüber einer so häufig verletzlichen und verletzenden Menschlichkeit.



Samstag, 7. Juli 2018

Zweckoptimismus?

Gemessen an der Ungeistigkeit der wohl meisten Menschen, ließe sich beinahe alles und jedes zum Präsidenten wählen, was ja auch real geschieht, sogar zu Gottheiten werden tote Gegenstände, Pflanzen, Tiere und Menschen auserkoren und, völlig losgelöst von Intelligenz, in geradezu süchtiger Unterwürfigkeit verehrt und stets von Lakaien-Jüngern und Aposteln dem naiv-ignoranten Volk verklickert.
So erklären sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in verbogenen Sichtweisen des fortwährenden Echos einer Urknall-Vielfalt von vorgegaukelter Erhabenheit "in Ewigkeit, amen".

Doch es gibt sie, die Geradlinigkeit im Denken und Handeln, die moralische Aufrichtigkeit, denn anderenfalls gäbe es den Menschen ja gar nicht. Und Letzteres glaube ich nicht!

Ich weiß um menschliche Intelligenz und hoffe auf sie.
Zweckoptimismus?
Vielleicht … Aber ja doch!



Mittwoch, 14. Dezember 2016

Zivilisten sterben in Syrien - Werden Sie jetzt aktiv! @AuswaertigesAmt

Dr. Hamza Al Khatib
Aleppo, Syrien
  1. Dez. 2016 — Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,

    Meine Kolleginnen und Kollegen haben in den letzten Monaten unerbittlich gearbeitet, um lebensrettende Hilfe in einer der am härtesten umkämpften Regionen Syriens bereitzustellen. Diese Nachricht schreibe ich auch in ihrem Namen:

    Ich schreibe Ihnen, während die Gewalt in Ost-Aleppo ein neues Level an Gräueltaten erreicht. Zehntausende von uns sind nun in der Falle, eingepfercht in einem winzigen, noch von der Opposition gehaltenen Teil der Stadt. Wir sind vor Entsetzen gelähmt, da die syrische Regierung und ihr angeschlossene Kräfte nun mit Säuberungsaktionen und Festnahmen beginnen. Nach UN-Informationen haben sie bereits dutzende Zivilisten hingerichtet.

    Unser Schicksal ist gefährlich unsicher. Jetzt wo wir sehen, wie Zivilisten in die Hände der Regierungskräfte geraten, sind wir in großer Sorge über das, was jetzt noch kommen mag.

    Diejenigen unter Ihnen, die sich weiterhin für die Menschen in meiner Stadt einsetzen wollen und den unermüdlichen Einsatz der vielen Hilfskräfte vor Ort verfolgen, bitte ich noch einmal um Unterstützung. Es ist so wichtig wie nie, dass Sie sich jetzt zu Wort melden.

    Zu diesem kritischen Zeitpunkt bitte ich Sie, Ihren Außenminister direkt zu kontaktieren: Rufen Sie an, schreiben Sie jetzt E-Mails. Fordern Sie Frank-Walter Steinmeier zu einem Notfallplan auf, um die Zivilisten in Ost-Aleppo zu schützen. Jetzt muss Druck auf Syrien und Russland ausgeübt werden, um die 100.000 eingeschlossenen Zivilisten sicher aus Aleppo zu evakuieren.

    Alle Informationen finden Sie hier:

    Dr. Frank-Walter Steinmeier, MdB
    Platz der Republik 1
    11011 Berlin
    Telefon (030) 227-79408
    Fax (030) 227-76659
    E-Mail frank-walter.steinmeier@bundestag.de

    Vielen Dank für Ihre andauernde Unterstützung. Sie zeigen mir einmal mehr, dass Sie uns nicht vergessen haben.

    Ihr Dr. Hamza Al Khatib,
    einer der letzten Ärzte in Aleppo


    Quelle: Change.org, E-Mail vom 13.12.2016




Freitag, 10. Juni 2016

Sequenzen von Skepsis (240)

Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

3032
Lustlose Leiber schichten sich auf als Leichname der Prüderie.

3033
Im Reigen von Fortpflanzung und Artenerhaltung fällt dem Individuum geringe Bedeutung zu so, wie auch im Krieg das Einzelschicksal vernachlässigt wird. Die Masse macht's. Menschliche Kultur indes zählt auf Individuen, achtet sie, liebt sie, fördert sie und garantiert individuelle Menschenrechte und Menschenwürde. Kultur ist individuelle freiheitliche Entfaltung.

3034
Bild-Zeitungen sind sie inzwischen alle mehr oder weniger.

3035
Bild-Bürger machen sich Bilder, aber keines von ihrem Bildungsdefizit.

3036
Vulgär, aber bedeutungsschwer:
Sexualfeindlich einerseits enteiert,
andererseits mental und körperlich verschleiert.

3037
Die Blüte lechzt nach Wärme und Licht,
die Wurzel nach Wasser und Nahrung.
Menschlichkeit lebt so anders nicht
in Daseinslust und Welterfahrung;
verwurzelt der Sonne zugewandt.

3038
Kostverächtung, Angsterzeugung, Lustverleugnung, Freudenverteufelung, Furchtverbreitung, Blutsanbetung, Schuldbesessenheit. So viele Fundamentalismen, Puritanismen, Pietismen, Chaosreligionen vernichten Menschlichkeit, also jeden Mitläufer und sogar auch inkonsequente Kritiker.

3039
Wenn der Kopf ein religiöser Fußball ist, spricht alles für einen Tor.

3040
Nein heißt nein! Auch und vor allem gegenüber jedweder Religion, die sich Nötigungen immer und überall erlaubt.

3041
Faseln Politiker von „Jahrtausend-Hochwasser“, beweisen sie die Beschränkung ihrer Horizonte, die dramatische Enge ihres ideologischen Kerkers aus Hirngespinsten.

3042
Wo Sinnlichkeit verpönt, macht sich Zärtlichkeit rar. Schweigsame Korrektheit mag sich dehnen, Berührung allenfalls sachlich erfolgen. Anrührend, wie der Psyche Lebenslust und dem Körper Atemluft genommen werden. Dem Leiden, der Krankheit steht kaum noch etwas entgegen.

3043
Mein ist der Tag!“ ruft die Stimme. Und es ist der Einklang mit der Welt.

3044
Der Maler streicht, der Farbkundige kombiniert, der Künstler komponiert. Farbe singt, spricht, und schweigt. Sie träumt sogar.

3045
Ohne Zeit ist alles nichts.


© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.de 


 

Montag, 27. Juli 2015

Ein gewaltiger Dialog


„Ein neuer Mensch!“

„Wer?“

„Ein neuer Mensch wäre nötig.“

„Gibt es nicht genug Menschen?“

„Nicht ein weiterer; der neue Mensch ...“

„Wer soll das sein ... oder was?“

„Auf jeden Fall ein anderer als bisher.“

„Wer ist denn der bisherige ... oder was?“

„Kein Mensch. Oder zu wenig Mensch.“

„Ab wann ist man genug Mensch?“

„Vielleicht ein bisschen, wenn man das Defizit erkennt.“

„Woran?“

„An Gewalt, Blut und Krieg, an Ausbeutung und Sklaverei.“

„Dann gibt es keinen Menschen!“

„Doch! Ein paar Exemplare sind immer unterwegs.“

„Wo?“

„Auf einem langen Weg.“

„Werden sie ihr Ziel je erreichen?“

„Wenn sie sich auf ein Ziel einigen.“

„So wäre das Ziel ihr Merkmal?“

„Zweifellos. Ein Gütezeichen.“

„Alle quasi im Gleichschritt?“

„Keineswegs! Jeder in seiner individuellen Identität.“

„Wird es erkannt werden, das Merkmal als Ziel?“

„Die Masse erkennt nicht. Sie ist nicht der Mensch.“

„Also wird es keinen Frieden geben?“

„Nicht ohne den neuen Menschen ... auf seinem langen Weg ... zum einigen Ziel, zur Menschlichkeit.“

„Und diese säuselt nichts von entschuldbarer Fehlbarkeit, sondern besteht in ehrbarer Gewaltlosigkeit?“

„Ihre Macht ist Gewaltlosigkeit. Der neue Mensch wird mächtig sein, mächtiger als alles Bisherige.“

„Allmächtig gar?“

„Niemals. Denn Allmacht ist ein unmenschliches Hirngespinst der Gewalt. Menschlichkeit maßt sich keine Allmacht an, nicht einmal die Interpretation einer derartigen Täuschung!

„Könnte er wirklich kommen, der neue Mensch?“

„Ich bin skeptisch. Aber was bleibt uns sonst? – Vielleicht nur sein unerreichtes Ziel.“



Samstag, 18. Juli 2015

Stille Spuren


In der Stille des Augenblicks
und des wachen Verstandes
teilt sich die Gegenwart allen Sinnen am eindringlichsten mit.
Die Vergangenheit unterliegt der Erinnerung,
bedarf des Protokolls, des Bildes, der Deutung,
auch des objektiven Beweises.
Zukunft meint Wünsche, Träume, Ängste, Perspektiven,
Planungen und Ansporn,
Kreativität und Ungewissheit, Realitätsferne sogar.
Gegenwart ist die flüchtigste,
ein sinniger, sinnlicher Schnappschuss, und schon vorbei,
jetzt.

Stille hört man nicht, in des Wortes Bedeutung,
aber man fühlt sie,
riecht und schmeckt und sieht sie,
sogar mit geschlossenen Augen.
Eine objektive Wahrheit
in ganz individuellem Erleben, oft so flüchtig.

Wie leicht folgt die subjektive Täuschung, ist nur
einer der Sinne getrübt,
oder verschlafen wir unsere Aufmerksamkeit.

Die Sinne „sensibilisieren“ sich in der Stille,
nicht im Getöse, im Klamauk irgendeiner Räson.
Der Sinn des Lebens legt stille Spuren.



Freitag, 12. Juni 2015

Analoge Meditation


Ausgeschlafen bin ich, steh’ jetzt auf,
mache alle Sinne auf.
Wahrheit, auf dich baue ich,
lass’ mich, dir ergeben dich erstrebend,
bitte nicht im Stich.


Ich bin klein, von Anfang an belogen,
doch die mich beugten,
waren selber schon betrogen,
noch ehe sie mich zeugten.


Niedlich, niedlich, niedlich,
niedlich ist kein Herr.
Unaussprechlich friedlich, friedlich ist kaum er.
Er, der nie begonnen,
er, der nimmer war,
der nicht ist und spaltet;
ein Trugbild sonderbar.


Komm, o Hunger, sei mein Gast
und nimm reichlich,
was du als Mensch verdienet hast.


Mensch, du bist wohl würdig,
dass du Schutz findest unter einem Dach,
aber sie missachten dich mit falschen Worten,
denn ihr Verstand ist nicht gesund.


Kultivierter Mensch, wir loben dich,
Demütiger, wir preisen deine Stärke,
vor dir neigt die Würde sich
und bewundert deine Werke.
Wie du wirkst in unaufgeklärter Zeit,
trägst du die Hoffnung aller Menschlichkeit.


Gegrüßet seist du, freier Geist,
voll der Klugheit,
die Hoffnung ist mit dir,
du bist erkoren unter den Menschen,
und erlesen wird die Frucht deines Sinnens sein:
Emanzipation und Frieden.
Kausaler Geist der Ehrlichkeit,
öffne unseren Verstand und unsere Herzen
zu gegenseitiger Achtung der Wirklichkeit
und erlöse uns vom tödlichen Wunderglauben,
von ersponnenen Belohungen im toten Jenseits.
Denn wir lebten heute und jetzt
in Freude, auch in Seligkeit,
würdig unserer Sterblichkeit,
folgten wir nicht seit Menschengedenken schon
einer Menschen verachtenden Indoktrination.


Lebet in ehrlichem Bemühen
und kommet zu euch,
damit Frieden einkehre,
wo ihr bisher Chaos schafft!

Im Namen der Natur, des Menschen
und des kosmonomischen Seins der Welt. 



Donnerstag, 14. Mai 2015

Ungöttliche Menschlichkeit


O erlesener Durst nach Gerechtigkeit,
man benetzt deine Lippen mit Feuerwasser
und raut dir die Kehle mit Essig auf.
Verweigere den gespritzten Trunk,
den man verhohlen lächelnd kredenzt
im Bewusstsein seiner üblen Wirkung
durch Panscherei schillernder Unlauterkeit
und in giftiger Absicht.
„Zum Wohle“, prostet man zu
und meint ausschließlich sich, nicht dich.

O würdiger Hunger nach Emanzipation,
man speist dich ab mit Kröten,
füttert dich mit blähendem Fraß.
Schlucke nicht, was man dir zumutet
in der Frechheit des Rechts der Stärkeren,
des Unrechts der Reicheren und Freibeuter
und der blutigen Sklaverei.
„Guten Appetit“, adelt man die Mahlzeit
und besorgt stets Besseres für sich, nicht für dich.

Dein Durst, dein Hunger, o Menschlichkeit,
sie werden erstickt
aufgrund deiner Arglosigkeit,
deiner Leichtgläubigkeit und gewaschenen Dummheit.
Du bist religiös?
Irgendein Gott erklärt dich zu Staub?
Und du bejubelst ihn dafür?
Schon bist du angreifbar
wegen der Arroganz deines Gottes,
als sei er der einzig Wahre
und folglich der albern heilige Anlass
für Kulturkämpfe und Vernichtungskriege.

Entsprechend als „Usus“ erfahren,
hast du, o Menschlichkeit, keine Skrupel,
deinen abendländischen, christlich-jüdischen Reichtum auszuleben
auf Kosten der Armen, der Dritten Welt.
Dieses Recht hast du aber nicht.
Dein Gott, wie alle anderen Götter,
ist nicht nur Wahn,
sondern das Übel.

Willst du deinen Durst nach Gerechtigkeit,
deinen Hunger nach Emanzipation stillen,
wähle ab den Kelch des Blutes,
die Leibfresserei einer psychopathischen Prophetie!
Bestimme verantwortungsbewusst,
was du trinkst, was du isst.
Den Tisch deines Lebens
musst du eigenständig decken und schmücken.

Im Speisen und Trinken entfaltet sich die Ehrlichkeit des Lebens.
Beispielhaft erhebe sich die Aufrichtigkeit als ungöttliche Menschlichkeit.



Dienstag, 24. März 2015

Der Tyrannei widersprechen


Der Tyrannei widersprechen Herz und Verstand,
ihr verweigert sich die Menschlichkeit,
keine Ethik verbrüdert sich mit ihr noch Kunst und Wissenschaft.

Erkühne dich, o Mensch, begegne der Primitivität,
sprich die ungeschönte Wahrheit aus,
schreibe, male, singe sie – auch den Opportunisten ins Gesicht!

Den Feiglingen helfe auf, verweigere dich der Gewalt,
dem Handel des Gewinnstrebens gegen das Leben.
Bedenke ehrlich und vorausschauend deine Rolle
beim Zustandekommen von Tyrannei.

Du musst
dich in der umfassenden Existenz von ihr unterscheiden,
willst du
nicht eine verdeckte Mitschuld tragen.

Als denkender Mensch
hast du kein Recht, wegschauend,
nicht hinhörend und schweigend zu verharren.
Gar zu profitieren!

Hallo, Sie da!
          Ich spreche mit Ihnen.


Montag, 1. September 2014

Kosmonomischer Friedensaufruf


Ausgehend vom Kausalitätsprinzip, also von Ursache und Wirkung, rückt besonders auch der Mensch in das Feld der Betrachtungen. Sein Denken und Handeln erfolgen als Antworten auf Ursachen und können ihrerseits ursächlich für weitere Abfolgen wirken. Solche Zusammenhänge existieren generell und bestimmen das Geschehen auch dann, wenn sie sich jenseits der Erkenntnisebene des Menschen abspielen.

Tragischerweise neigt die Mehrzahl des „Homo sapiens“ bei fehlender Erkenntnis zum Wunderglauben und erhebt in ihrer Verunsicherung das irrationale Bild quasi zur eigenen Bestätigung über die Realität und damit über sich selbst: Der Mensch erfindet „Gott“.
Diese Absolutheit löst Kausalität und Logik ab und bildet die Grundlage für regionalen Dogmatismus, der sich gegen alles nicht Konforme zur Wehr setzt und darüber hinaus sich aggressiver Gewalt bedient, um seinen Einfluss auszuweiten.

Zum Krieg gehören immer zwei Voraussetzungen: die Menschenverachtung allgemein wie im Besonderen und der Wille zum Mord.
Daraus erst erwachsen die Anstrengungen zur Bewaffnung und Aufrüstung. „Gott“ als höchste Verkörperung des Guten kann nur gegen das Böse ins Leben eingebunden werden, gegen den Satan, der in jedem angeblich erlösungsbedürftigen Menschen steckt. Die spezielle Schlechtigkeit des zu ermordenden Gegners erfährt man durch Propagandalügen, die zur Konflikteskalation auf die Spitze zu treiben sind, um auch den Aufwand für die militärische Rüstung zu rechtfertigen, Waffenhandel und Schiebereien als moralische Notwendigkeiten gegen die Bosheit der anderen zu sanktionieren. Terror organisiert so den Antiterror und sorgt für globale Waffen-Profite und für die „Pflicht des Einschreitens“ der stets „guten“ Wächter der Welt.
Die Kriege vor allem der neueren Zeit kochen hoch in diesem Kausalzirkel der Desinformationen, der patriotischen Aufhetzung und in der Pervertierung eigener Glaubensmärchen angeblicher Nichttötungs-Gebote zu militärischer Tötungspflicht im Einvernehmen höchst aggressiver sogenannter Verteidigungsbündnisse.

Es gehört zur taktischen Raffinesse der bewussten oder auch nicht besser wissenden Kriegstreiber, den Pazifismus als romantisierende Weltfremdheit zu diskreditieren, denn weder Friedfertigkeit noch Friedensfähigkeit passen in die Machtstrategien dummer unfertiger Menschen, die sich wegen ihrer Unfähigkeit zur Selbstreflexion gewaltig überschätzen.

Pazifismus in der konkreten kosmonomischen Definition von kausaler Friedenszielsetzung mag man irgendwo im Bombenhagel auslöschen, als Idee hat der Pazifismus in der Welt aber eine Heimat, eine Basis aufgrund von Bildung, von denkenden Menschen, die nicht Zeitgeistern folgen, sondern Demokratie und Freiheit ernstnehmen.

Es gibt keinen „heiligen Krieg“ und keinen „gerechten Krieg“, weil jeder Waffengang Menschen schändet und vernichtet, weil jeder Krieg eine verbrecherische Vorgeschichte aufweist, ein Versagen in der Regel aller beteiligten Verantwortlichen und eine unentschuldbare Gleichgültigkeit abgestumpfter Massen.

Kosmonomischer Pazifismus heißt keinesfalls Wehrlosigkeit gegenüber destruktiven Desperados, meint eindeutige Bereitschaft zur Verteidigung und ebenso unmissverständliche Ablehnung jedes Angriffskrieges. Kosmonomisches Selbstverständnis zielt auf die Ausnutzung der Naturgesetze zur Linderung von Not und Leid, zur Verhinderung von Unmenschlichkeit, zur Förderung humanen würdigen Lebens.
Dazu sind Waffen völlig kontraproduktiv: Jeder Waffenhersteller erzeugt Leid. Und das gilt für den profitgierigen Boss wie für den unnachdenklichen Fließbandmenschen.
Künftige Kriege werden durch überlegene Digitaltechniken entschieden, die dafür sorgen, dass gegnerische Waffen ihren Dienst versagen. Alle bisher weiterhin verübten Abschlachtungen entsprechen den anachronistischen Ideologiestrukturen und einem verblödeten Militarismus.

Ein Schlüssel zum Pazifismus liegt in einer logisch-kausalen Außenpolitik, die sich am Abbau sozialer Gefälle in der Welt orientiert, das heißt an Bildung, an Entwicklungshilfe zur Selbsthilfe, an Einstellung jeglicher Ausbeutungsmentalität gegenüber sogenannten „Billiglohn-Ländern“. Darüber hinaus ist der blühende Handel mit menschenverachtenden Staaten einzustellen, denn der Nutzen liegt lediglich in einem verzichtbaren sinnlosen Wachstum der Konsumgesellschaften und vor allem in der Stabilisierung der Diktaturen und Despotien.

Erweiterungen von Militärbündnissen haben noch nie zum Frieden geführt, sondern berufen sich auf die hirnrissige Verpflichtung zum Krieg. Der kalte Krieg war kein Frieden, zog zahllose Stellvertreterkriege nach sich. Hinzu kommt, dass die NATO als mächtigste Militär-Allianz von dem weltweit kriegslüsternsten, die Demokratie völlig ruinierenden Staat dominiert wird.

Die zivile Gesellschaft muss ferner vor allem erkennen, dass die unter dem perfiden Deckmantel der Religionsfreiheit angestrebte Integration menschenzerstörender Offenbarungsweisheiten tatsächlich das unausweichliche Ende eben der Zivilisation verfolgt.

Angesichts der verworrenen Weltlage in diesem unseren Sommer/Herbst 2014 rufe ich die Friedliebenden, alle Intellektuellen besonders auf:
Schweigen Sie nicht länger! Artikulieren Sie Ihre Friedenssicht, wo, wie und wann immer Sie können, gegen völlig überforderte, Werte vorschützende, aber verratende Politiker.
Werden Sie nicht müde! Leben Sie Frieden vor. Bemühen Sie Ihren freiheitlichen Geist, denn nur ein solcher kann langfristig den Waffenwahnsinn überwinden.



Montag, 11. August 2014

Sequenzen von Skepsis (182)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

2291
Es zeugt von wenig Freiheitssinn, Narrenfreiheiten zu tolerieren, deren Erstarkungen zur Freiheitsvernichtung führen.

2292
Die geheuchelte Wertegemeinschaft besteht im Unwert: für Leidverursacher wertvoll, für die Leidenden wertlos.

2293
Was ist denn unter „menschlich“ zu verstehen?
Der Zustand der Menschheit oder die Hoffnung auf Verstand?

2294
Gutes scheitert im Großen symptomatisch, weil es im Kleinen vernachlässigt wird.

2295
Es gibt Menschen und Politiker. Dass ich so unterscheide, liegt wirklich an den Letzteren.

2296
Frieden ist Gegenwart, die im Schielen auf gestern und im Spekulieren auf morgen unbegreiflich entgleitet. Der Mensch erkennt schwerlich das Jetzt.

2297
Niemand ruht im Grab, lediglich die Gedanken der Lebenden.

2298
Die Propaganda zeitigt die nachhaltigste Wirkung, die, gleichgeschaltet und redundant wiederholend, weder vom Adressaten noch von den im Auftrag handelnden Verkündern bemerkt wird, ja sogar als aufgeklärte Meinungsvielfalt und freiheitliche Staatsräson verkauft wird.

2299
Vom ersten Kindermärchen bis zum Auferstehungsgerücht des letzten Tages besteht das Leben des naiven Interimsmenschen aus einer Flucht vor der Wirklichkeit; die Flucht ist seine Wirklichkeit, die er nicht erkennen, wohl aber verdrängen will.

2300
Mit Märchen wird man nie erwachsen, sondern bleibt verwachsen.

2301
Auch Selbstgespräche erzeugen ein Echo.

2302
Die Masse erfasst nicht, sie wird erfasst.

2303 
Natur will durch den Menschen veredelt und nicht geschunden werden.  


Copyright: Raymond Walden,  www.raymond-walden.blogspot.de

Dienstag, 10. Juni 2014

Sequenzen von Skepsis (178)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

2236
Dummheit ist einzig die Domäne des menschlichen Gehirns, das seinen Dienst, getauft und indoktriniert, verweigert.

2237
Am Ende aller undurchsichtigen Späh- und Spitzelaktivitäten liegt der gläserne Mensch im gläsernen Sarg der Gesellschaft.

2238
Predigt der Präsident, ist er wohl nicht ganz präsent.

2239
Kapitalistische Welthungerhilfe sorgt, wie der Name andeutet, für globalen Hunger.

2240
Hungerlöhne mästen den Kapitalismus.

2241
Singt die Natur, zeugt sie Leben.
Singt der Mensch, zeugt das bestürzend oft vom Gegenteil.

2242
Mächtig und ahnungslos schreitet einher die ministerielle Gewaltenteilung.

2243
Wie auf- und abgesetzt wirkt Werbelächeln,
scheinbar allgegenwärtig wie allmächtig.
Gewinnend und bleibend dagegen ein verständnisvolles Lächeln,
zugewandt in ehrlicher Mitmenschlichkeit.

2244
Werbung schreit. Warum wohl?

2245
Der Schatten in der Sonne, das Dach im Regen, Leelage im Wind,
und dann noch menschliche Zuneigung: Stoßt an! Und lasst uns speisen.

2246
Immer grüßt auf hoher See die Tiefe.

2247
Sie leugnen die Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen, um ihn an ihr Weltbild anzupassen, ihn einzuschleifen, zu verbiegen, seine Kritikfähigkeit zu brechen, um ihn in den totalen Gehorsam zu zwingen, denn sie sind „Gott“.

2248
Vieles, das geschrieben steht, liegt völlig daneben. 

2249 
"Ehrlich hat am längsten gewährt, so wie jetzt offizielle Lügen die längsten Beine haben. 


 Copyright:  Raymond Walden,  www.raymond-walden.blogspot.de


Freitag, 9. Mai 2014

Europa im demokratischen Anschein



Abgesehen von der geografisch bestimmten Terminologie, stelle ich Europa in Frage.
Was ist denn Europa, existiert es wirklich und wenn, mit welcher Perspektive?
Oder wabert Europa lediglich als idealisierte Wunschvorstellung einerseits und als unwillkommene, despotisch ausbeuterische Göttin des Freiheitsverrats andererseits?
Europäische Werte?
Wer erkühnt sich wann und warum zur Definition gar von einer Wertegemeinschaft?
Nach der europäischen Welt-Historie?

Die Welt ist verletzt durch ein alles niederschmetterndes abendländisches Abenteurertum, vorgetragen besonders auch im Namen einer Gottesverkündigung, eine Eroberungs- und Unterwerfungsmentalität, die neuzeitlich-gestrige Nachahmer geradezu animiert. Kultur wird in den Schatten gestellt, wenn man unter solchen beschämenden Gesichtspunkten überhaupt von Kultur sprechen möchte.

Europäische Mächte zerfleischten sich untereinander, vernichteten andere Völker und Landschaften und versklavten Menschen in einer Skrupellosigkeit, die heute weltweit als Herrscher- und Hegemonialmethode weiter eskaliert.
Europäische Erfolgsrezepte werden selbstverständlich in jeden beliebigen Kulturkreis übertragen, während es darum geht, Raffgier zu befriedigen, Gewalt und Herrschaftssysteme zu stabilisieren.

Europäische Überlegenheiten ergaben sich besonders aus der sogenannten Aufklärung, einer bemerkenswerten Aufweichung religiöser Starre durch herausragend mutige Intelligenzen, in deren Folge sich Wissenschaft und Technik besonders auch in den Alltag nützlich einfügten.
Erst diese materielle Anwendung der geistigen Lockerungen ermöglichten den europäischen Machthabern ihre immer zerstörerischeren Feldzüge; sie missbrauchten systematisch den Fortschritt, zu dem sie durch ihre dogmatischen Beschränktheiten selbst nie fähig waren.
Einigermaßen entsetzt über die verheerenden Folgen der beiden Weltkriege, entwarfen weiterdenkende Menschen die Vorstellungen von einem geeinten und friedvollen Europa, doch konnten sie die Politiker und die Bevölkerungen wirksam davon überzeugen? Befindet sich Europa auf einem Weg der zunehmenden Humanisierung oder beobachten wir lediglich eine Neuorientierung alter Machtstrukturen, ein weiteres sich Öffnen der Schere zwischen technologischem Fortschritt und geistiger Traditionsverknöcherung?

Ungewöhnlich ist zunächst die lange relativ friedliche Koexistenz der europäischen Staaten seit dem letzten Weltkrieg. Außer einigen vergleichsweise lokalen Waffengängen herrschte Ruhe aufgrund der übergeordneten Bedrohung durch die Spaltung in Ost und West mit absolutem Vernichtungspotenzial beider Seiten. Nach der Auflösung des Ostblocks erstarkte die Europäische Union nicht nur zahlenmäßig durch neue Mitglieder, sondern vor allem als die führende Wirtschaftsmacht auf dem Kontinent.
Die Faszination von der Europäischen Idee erhält beeindruckende Realität in der Reisefreiheit von Menschen und Gütern und in alltäglichen Kooperationen, die sich lange schon als Routinevorgänge abspielen.
Ein Krieg zwischen EU-Mitgliedern erscheint völlig ausgeschlossen. Europa hat sich grundlegend gewandelt, mögen jene glauben, die nicht so genau hinsehen.

Philosophisch zeichnet sich das Europa der Europäischen Union allerdings durch eine unerträgliche Gedankenträgheit aus, die man gerechterweise als das bezeichnen sollte, was sie eigentlich bedeutet, nämlich charakterlose Opportunität und Unfähigkeit.
Mit einer Selbstverständlichkeit wird die Meinungsmache einer bestens vernetzten Presse hingenommen, die ungeniert fernab der Pressefreiheit agiert, Feindbilder erzeugt, gezielte Desinformation pflegt und wesentliche Vorgänge konform verschweigt.
Die Europäische Union ist weder ein Bundesstaat noch ein Bund gleichberechtigter Staaten, sondern folgt dem Diktat des Kapitals, das sich in wenigen Mitgliedsländern konzentriert. Ohne gemeinsame Verfassung erlaubt sich die EU lächerliche Kommissionsbeschlüsse wie die inzwischen revidierte Standardisierung der Gurkenkrümmung oder die gültige Glühbirnenverordnung. Ein Riesenparlament dient als scheindemokratischer Wasserkopf, der Banken-, Öl- und Rüstungslobby-Gesetze entwirft und absegnet. Die traditionelle Ausbeutung der Dritten oder Zweiten Welt gehört zum verschwiegenen, aber angestrebten Prozedere, getarnt durch unzureichende Entwicklungshilfe oder spärliche Wirtschaftsvergünstigungen.
Rüstung und Krieg stellen lohnende Geschäfte und Weichenstellungen sogar mit den undemokratischsten Herrschaftssystemen dar, Eingliederungen verrotteter religiöser Weltbilder und das Festhalten an „christlichen Werten“, die sich seit zweitausend Jahren als mörderische Staatsdoktrinen erwiesen haben, untermauern eine vorsintflutliche Gesellschaftsräson, die immer hoffnungsloser hinter technologischen Fortschritten hinterherhinkt.

Demokratie und Transparenz werden ideologisch verhindert durch eine inszenierte Klima-Angsterzeugungsreligion sowie eine vor allem deutsche, völlig abwegige sogenannte Energiewende. Beide Strategien dienen dem strikten Abzocken jedes einzelnen Bürgers, einer sinnlosen Geschäftemacherei, welche die Umwelt nicht pflegt und schützt, sondern belastet.
In der Rigorosität und Skrupellosigkeit der kapitalistischen Durchsetzung von Profit und Wachstum steht die Europäische Union weltweit nach den USA an zweiter Stelle, so erklärt sich ihr „Erfolg“, welcher bei den Menschen vor allem in den ärmeren Staaten der Welt märchenhafte Verklärung erfährt.
Natürlich lebt es sich einigermaßen komfortabel in den USA oder in der EU, wenn man über ein Einkommen verfügt und wenn man ein opportuner oder ein naiver Mitläufer und Gutmensch ist. Entspricht man dem „Standard“ nicht, schwankt je nach Abweichung des kritischen Denkens die Ausgrenzung von verdecktem Verschweigen bis hin zu öffentlicher Anprangerung und Diffamierung oder sogar strafrechtlicher Verfolgung.

Die europäische Vereinigung signalisiert keineswegs ein offenes (Welt-)Bürgertum, sondern führte gerade in jüngster Vergangenheit zur Bildung zahlreicher Kleinstaaten, ruft nationalistische und separatistische Kleinkariertheiten auf den Plan, sorgt darüber hinaus für hausgemachte Europafeindlichkeit.
Letztere entsteht besonders durch grundlegende Uneinigkeiten in Wirtschafts- und Währungsangelegenheiten, ebenso in Sozial- und Außenpolitik. Während einige Staaten der NATO angehören, verweilen andere in offizieller Neutralität – ein Durcheinander, das in Deutschland – daran sei erinnert – kulminiert, da es keinen Friedensvertrag seit 1945 gibt, keine vom deutschen Volk verabschiedete Verfassung und stattdessen nach wie vor die Feindstaatenklausel in der UN-Charta. Den verbrecherischen Irak-Krieg führten die Amerikaner in wesentlichen Teilen von Deutschland aus, wo auch amerikanische Atomwaffen durch die Besatzungsmacht gelagert werden. (Die Besatzung wird freilich in deutscher Vasallentreue gegenüber den USA nicht so genannt.)

Es stellt sich die unausweichliche Frage nach der demokratischen Legitimation der EU: Ist der Bestand des Staatenbundes durch ein Diktat des Kapitals und durch die Verwaltungswillkür in Brüssel zu rechtfertigen?

Europa als grandiose Idee der Menschlichkeit erleidet derzeit einen gewaltigen Verrat – und nirgends gibt es mutige Vordenker und Philosophen, die dem ein Ende setzen können. Geheimdienste, Großkonzerne, Wirtschaftsstrategen und Kriegsideologen verhindern die kühnsten Ansätze von Menschenwürde und Freiheitlichkeit.
Teile Europas präsentieren sich in selbstgefälliger Zufriedenheit, in Wachstumsorientierung und Saturiertheit, während man ignoriert, wie Afrika, Lateinamerika, große Teile Asiens und sogar eigene Mitgliedsländer übervorteilt werden.

Europa ist bisher nicht in der Lage, über seine antiquierten Schatten zu springen und wirklich humane Veränderungen aufzugreifen, wie sie beispielsweise im Kosmonomischen Manifest entworfen sind. Stattdessen wird aktuell und geheim über ein sogenanntes „Freihandelsabkommen“ mit den USA verhandelt. Undemokratisch in der Methode wie in der Substanz! Man kennt ähnliche, jede Demokratie verachtenden Vorgehensweisen, etwa bei den Bilderberg-Konferenzen.
Wahlen zum Europa-Parlament vor diesem Hintergrund erscheinen als Farce, als gehobene Volksverdummung und Tarnung eines tatsächlichen Demokratieabbaus.


Mittwoch, 26. März 2014

Unvereinbarkeiten


Ein guter Freund aus Osteuropa schrieb mir dieser Tage folgende wohlmeinenden Gedanken, die keinerlei Chauvinismus darstellen, sondern Sorgen widerspiegeln, die Deutschland niemals lindern konnte, nicht kann und auch nicht können wird:
„Germany is very important to change this world. If Germany falls, all Europe and all world will fall. And this should not happen. – Deutschland ist sehr wichtig, um diese Welt zu ändern. Wenn Deutschland fällt, werden ganz Europa und die ganze Welt fallen. Und das sollte nicht geschehen.“
Unwillkürlich denkt man an das unselige  „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“, doch intendiert die Zuschrift das wirklich nicht. Sie bezieht sich lediglich auf die unterschiedlichen alltäglichen Lebensbedingungen in Deutschland gegenüber den meisten Ländern dieser Welt.
Der befreundete Autor befürwortet die kosmonomische Philosophie und unterliegt  hin und wieder der Versuchung, sie als „deutsche Philosophie“ zu betrachten.
Kosmonomie ist jedoch unvereinbar mit der Bevorzugung irgendeiner temporären Nation – alle Staatsgebilde sind nur temporär – oder mit irgendeinem  Patriotismus.
Daran ändert auch nichts, dass ich als Urheber der Kosmonomie in Deutschland als Kind von Deutschen geboren wurde. Darüber hinaus ist das gegenwärtige Deutschland als Vasall des Kapitalismus, unter dem Deckmantel einer Scheindemokratie mit dem Kosmonomischen Manifest nicht kompatibel, da die Bundesrepublik Deutschland bei jeder politisch opportunen Gelegenheit gegen eigene demokratisch freiheitliche Grundsätze, sogar gegen das Grundgesetz verstößt.

Es gibt im Leben Kriterien, die im aufgeklärten, das heißt im religionsfreien und im indoktrinationslosen Verständnis wie auch in der Würdigung von Kausalität und Logik und in rücksichtsvoller Teilnahme an der Gefühlswelt des Menschen nicht verhandelbar, weil nicht vereinbar sind.

„Unvereinbarkeit“ meint in letzter Konsequenz eine Güterabwägung: Was verträgt eine freiheitliche Grundordnung an Kompromissen, ohne sich über kurz oder lang selbst zu untergraben, sich selbst zu beseitigen?
Der anzulegende Maßstab darf nicht manipuliert werden, weil es sich gegebenenfalls nicht mehr um eine verbindliche Richtschnur, sondern um ein schwammiges Polittheater handelt.

Alle Menschen sind gleichberechtigt, insbesondere auch Mann und Frau.
Man betrachte aber nur einmal das Lohngefälle zum Beispiel in Deutschland.
Unvereinbar!

„Selbstverwirklichung“ auf Kosten von zwar verhätschelten, aber vernachlässigten Kindern.
Unvereinbar!

Geschlechtsverstümmelungen (Beschneidungen) als antiquierte Religionsausübung.
Unvereinbar!

Religiöse Indoktrination von Geburt an.
Unvereinbar!

Waffenexporte.
Unvereinbar!

Krieg.
Unvereinbar!

Folter.
Unvereinbar!

Menschenhandel und modernes Sklaventum.
Unvereinbar!

Zerstörung der Privatsphäre durch Spionage und ideologische Geheimdienste.
Unvereinbar!

Meinungsmonopole.
Unvereinbar!

Nötigungen der Politik durch Konzerne und Lobbyisten.
Unvereinbar!

Bildung von Kartellen, zum Beispiel in der Energieversorgung.
Unvereinbar!

Profitorientierte Naturschändung.
Unvereinbar!

Und so weiter ... .


Alle genannten Unvereinbarkeiten bedeuten nichts Geringeres als Unrecht, Übervorteilung, Unterwerfung und Menschenverachtung zu Gunsten irgendwelcher erdachten, haltlosen  „höheren“ Werte, weil man sich nicht zu einer wirklich freiheitlichen Demokratie bekennt, nicht zur kausalen Logik, nicht zu einer aufgeklärten Gefühlswelt, sondern sie missachtet und sogar bekämpft.
Es handelt sich um einen in dieser „Ganzheitlichkeit“ beispiellosen Verrat an der Menschheit und Menschlichkeit.
Die Kosmonomische Philosophie wehrt sich dagegen und ermutigt zur konsequenten und systematisch vorkalkulierten Gewaltfreiheit.
Dadurch erscheint die Kosmonomie mit dem Heute unvereinbar; sie ist aber vereinbar mit einer Zukunft, die hoffentlich nicht betend, spekulierend und mordend total verspielt wird durch unverbesserlich gestrige Schein-Philosophie und daraus abgeleitete jeweils herrscherfreundliche Staatsräson.



Montag, 17. März 2014

Sequenzen von Skepsis (171)


 Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

2149
Die signifikanteste „Gottähnlichkeit“ offenbart der Mensch, nicht ohne Logik, im Umbringen.
„Gott“ ließ sogar seinen Sohn ermorden.

2150
Unreflektiertes Überhöhen von Weltbildern führt die Menschen zur Erniedrigung, zur Verachtung und zur Beseitigung der Menschlichkeit.

2151
Nicht unerwartet, breitet sich im Rahmen der dringenden Frauenemanzipation eine gestrige Prüderie aus. – Ein Ergebnis der bisherigen veralteten Herrschaftsstrukturen.

2152
Eile mag geboten sein,
Hast überstürzt sich.

2153
Es gäbe keine dummen Fragen?
Wer so dem Gesprächspartner schmeichelt, hegt Verkaufsabsichten.

2154
Nenne den Kapitalismus nie beim Namen, denn er fühlt sich schon dadurch irritiert und diskriminiert.

2155
Mögen viele die Zeit totschlagen, der Zeitgeist erschlägt effektiver.

2156
Auch wenn Banken wanken, sitzen Geldsäcke auf festen Stühlen.

2157
Generationen wechseln fliegend.

2158
Das ist die Mode des stilisierten Weicheis.

2159
Dem prüden Spießer ist an der nackten Wahrheit beides ein Ärgernis.

2160
Viele verschlafen die Zeit des Erwachens, andere schlafen nie. 
Was für ein entgangenes Leben. 


Copyright: Raymond Walden,  www.raymond-walden.blogspot.de