Abgesehen
von der geografisch bestimmten Terminologie, stelle ich Europa in Frage.
Was
ist denn Europa, existiert es wirklich und wenn, mit welcher Perspektive?
Oder
wabert Europa lediglich als idealisierte Wunschvorstellung einerseits und als
unwillkommene, despotisch ausbeuterische Göttin des Freiheitsverrats
andererseits?
Europäische
Werte?
Wer
erkühnt sich wann und warum zur Definition gar von einer Wertegemeinschaft?
Nach
der europäischen Welt-Historie?
Die
Welt ist verletzt durch ein alles niederschmetterndes abendländisches
Abenteurertum, vorgetragen besonders auch im Namen einer Gottesverkündigung,
eine Eroberungs- und Unterwerfungsmentalität, die neuzeitlich-gestrige
Nachahmer geradezu animiert. Kultur wird in den Schatten gestellt, wenn man
unter solchen beschämenden Gesichtspunkten überhaupt von Kultur sprechen
möchte.
Europäische
Mächte zerfleischten sich untereinander, vernichteten andere Völker und
Landschaften und versklavten Menschen in einer Skrupellosigkeit, die heute
weltweit als Herrscher- und Hegemonialmethode weiter eskaliert.
Europäische
Erfolgsrezepte werden selbstverständlich in jeden beliebigen Kulturkreis
übertragen, während es darum geht, Raffgier zu befriedigen, Gewalt und
Herrschaftssysteme zu stabilisieren.
Europäische
Überlegenheiten ergaben sich besonders aus der sogenannten Aufklärung, einer
bemerkenswerten Aufweichung religiöser Starre durch herausragend mutige
Intelligenzen, in deren Folge sich Wissenschaft und Technik besonders auch in
den Alltag nützlich einfügten.
Erst
diese materielle Anwendung der geistigen Lockerungen ermöglichten den
europäischen Machthabern ihre immer zerstörerischeren Feldzüge; sie
missbrauchten systematisch den Fortschritt, zu dem sie durch ihre dogmatischen
Beschränktheiten selbst nie fähig waren.
Einigermaßen
entsetzt über die verheerenden Folgen der beiden Weltkriege, entwarfen
weiterdenkende Menschen die Vorstellungen von einem geeinten und friedvollen
Europa, doch konnten sie die Politiker und die Bevölkerungen wirksam davon
überzeugen? Befindet sich Europa auf einem Weg der zunehmenden Humanisierung
oder beobachten wir lediglich eine Neuorientierung alter Machtstrukturen, ein
weiteres sich Öffnen der Schere zwischen technologischem Fortschritt und
geistiger Traditionsverknöcherung?
Ungewöhnlich
ist zunächst die lange relativ friedliche Koexistenz der europäischen Staaten
seit dem letzten Weltkrieg. Außer einigen vergleichsweise lokalen Waffengängen
herrschte Ruhe aufgrund der übergeordneten Bedrohung durch die Spaltung in Ost
und West mit absolutem Vernichtungspotenzial beider Seiten. Nach der Auflösung
des Ostblocks erstarkte die Europäische Union nicht nur zahlenmäßig durch neue
Mitglieder, sondern vor allem als die führende Wirtschaftsmacht auf dem Kontinent.
Die
Faszination von der Europäischen Idee erhält beeindruckende Realität in der
Reisefreiheit von Menschen und Gütern und in alltäglichen Kooperationen, die
sich lange schon als Routinevorgänge abspielen.
Ein
Krieg zwischen EU-Mitgliedern erscheint völlig ausgeschlossen. Europa hat sich
grundlegend gewandelt, mögen jene glauben, die nicht so genau hinsehen.
Philosophisch
zeichnet sich das Europa der Europäischen Union allerdings durch eine
unerträgliche Gedankenträgheit aus, die man gerechterweise als das bezeichnen
sollte, was sie eigentlich bedeutet, nämlich charakterlose Opportunität und
Unfähigkeit.
Mit
einer Selbstverständlichkeit wird die Meinungsmache einer bestens vernetzten
Presse hingenommen, die ungeniert fernab der Pressefreiheit agiert, Feindbilder
erzeugt, gezielte Desinformation pflegt und wesentliche Vorgänge konform
verschweigt.
Die
Europäische Union ist weder ein Bundesstaat noch ein Bund gleichberechtigter
Staaten, sondern folgt dem Diktat des Kapitals, das sich in wenigen Mitgliedsländern
konzentriert. Ohne gemeinsame Verfassung erlaubt sich die EU lächerliche
Kommissionsbeschlüsse wie die inzwischen revidierte Standardisierung der
Gurkenkrümmung oder die gültige Glühbirnenverordnung. Ein Riesenparlament dient
als scheindemokratischer Wasserkopf, der Banken-, Öl- und Rüstungslobby-Gesetze
entwirft und absegnet. Die traditionelle Ausbeutung der Dritten oder Zweiten
Welt gehört zum verschwiegenen, aber angestrebten Prozedere, getarnt durch
unzureichende Entwicklungshilfe oder spärliche Wirtschaftsvergünstigungen.
Rüstung
und Krieg stellen lohnende Geschäfte und Weichenstellungen sogar mit den
undemokratischsten Herrschaftssystemen dar, Eingliederungen verrotteter
religiöser Weltbilder und das Festhalten an „christlichen Werten“, die sich
seit zweitausend Jahren als mörderische Staatsdoktrinen erwiesen haben,
untermauern eine vorsintflutliche Gesellschaftsräson, die immer hoffnungsloser
hinter technologischen Fortschritten hinterherhinkt.
Demokratie
und Transparenz werden ideologisch verhindert durch eine inszenierte
Klima-Angsterzeugungsreligion sowie eine vor allem deutsche, völlig abwegige
sogenannte Energiewende. Beide Strategien dienen dem strikten Abzocken jedes
einzelnen Bürgers, einer sinnlosen Geschäftemacherei, welche die Umwelt nicht
pflegt und schützt, sondern belastet.
In
der Rigorosität und Skrupellosigkeit der kapitalistischen Durchsetzung von
Profit und Wachstum steht die Europäische Union weltweit nach den USA an
zweiter Stelle, so erklärt sich ihr „Erfolg“, welcher bei den Menschen vor
allem in den ärmeren Staaten der Welt märchenhafte Verklärung erfährt.
Natürlich
lebt es sich einigermaßen komfortabel in den USA oder in der EU, wenn man über
ein Einkommen verfügt und wenn man ein opportuner oder ein naiver Mitläufer und
Gutmensch ist. Entspricht man dem „Standard“ nicht, schwankt je nach Abweichung
des kritischen Denkens die Ausgrenzung von verdecktem Verschweigen bis hin zu
öffentlicher Anprangerung und Diffamierung oder sogar strafrechtlicher
Verfolgung.
Die
europäische Vereinigung signalisiert keineswegs ein offenes (Welt-)Bürgertum,
sondern führte gerade in jüngster Vergangenheit zur Bildung zahlreicher
Kleinstaaten, ruft nationalistische und separatistische Kleinkariertheiten auf
den Plan, sorgt darüber hinaus für hausgemachte Europafeindlichkeit.
Letztere
entsteht besonders durch grundlegende Uneinigkeiten in Wirtschafts- und
Währungsangelegenheiten, ebenso in Sozial- und Außenpolitik. Während einige
Staaten der NATO angehören, verweilen andere in offizieller Neutralität – ein
Durcheinander, das in Deutschland – daran sei erinnert – kulminiert, da es
keinen Friedensvertrag seit 1945 gibt, keine vom deutschen Volk verabschiedete
Verfassung und stattdessen nach wie vor die Feindstaatenklausel in der
UN-Charta. Den verbrecherischen Irak-Krieg führten die Amerikaner in
wesentlichen Teilen von Deutschland aus, wo auch amerikanische Atomwaffen durch
die Besatzungsmacht gelagert werden. (Die Besatzung wird freilich in deutscher
Vasallentreue gegenüber den USA nicht so genannt.)
Es
stellt sich die unausweichliche Frage nach der demokratischen Legitimation der
EU: Ist der Bestand des Staatenbundes durch ein Diktat des Kapitals und durch
die Verwaltungswillkür in Brüssel zu rechtfertigen?
Europa
als grandiose Idee der Menschlichkeit erleidet derzeit einen gewaltigen Verrat
– und nirgends gibt es mutige Vordenker und Philosophen, die dem ein Ende
setzen können. Geheimdienste, Großkonzerne, Wirtschaftsstrategen und
Kriegsideologen verhindern die kühnsten Ansätze von Menschenwürde und
Freiheitlichkeit.
Teile
Europas präsentieren sich in selbstgefälliger Zufriedenheit, in
Wachstumsorientierung und Saturiertheit, während man ignoriert, wie Afrika,
Lateinamerika, große Teile Asiens und sogar eigene Mitgliedsländer übervorteilt
werden.
Europa
ist bisher nicht in der Lage, über seine antiquierten Schatten zu springen und
wirklich humane Veränderungen aufzugreifen, wie sie beispielsweise im
Kosmonomischen Manifest entworfen sind. Stattdessen wird aktuell und geheim
über ein sogenanntes „Freihandelsabkommen“ mit den USA verhandelt.
Undemokratisch in der Methode wie in der Substanz! Man kennt ähnliche, jede
Demokratie verachtenden Vorgehensweisen, etwa bei den Bilderberg-Konferenzen.
Wahlen
zum Europa-Parlament vor diesem Hintergrund erscheinen als Farce, als gehobene
Volksverdummung und Tarnung eines tatsächlichen Demokratieabbaus.