Dienstag, 27. Oktober 2020

„Lebst“ du noch, …

 


...oder pandemierst auch du,

indem du geistig nur noch aufnimmst,

was im „Institut“ gekocht wird,

was lauter den „Bach“ hinuntergeht

ins Tal medialer Hysterie,

wo Aerosol-Wolken die Sicht verschleiern und den Verstand benebeln?


Ah, ich sehe dich maskiert. – Keine Panik!

Ich halte Abstand,

dass dich kein ungegartes Denken infiziere,

keine dem Bachlauf nicht mitschäumende Argumentation,

welche dich in „Quarantäne“ drängen könnte,

ausgegrenzt als „Leugner“, „Querdenker“, „Rechts- oder Linksradikaler“,

Gesellschaftsschädling“, „Verschwörungstheoretiker“,

sogar als „Verfassungsfeind“.


Ich gehe schon – wir sehen uns!

Bis bald, vielleicht, demnächst, einmal.

Natürlich wünsche ich dir Gesundung.

Wenn du weißt, was ich sagen will.

Du ahnst es nicht.


Verantwortungsvoll, hygienisch kultiviert wie immer schon,

und achtsam ziehe ich mich zurück,

bedrückt und in Trauer um uns, da nun Vieles stirbt – so vorzeitig.


Ohne Angst aber will ich leben,

intelligent und fundiert aufrichtig,

mit Menschen wacher Aufgeklärtheit,

wo immer sie sich menschenwürdig und rücksichtsvoll,

freiheitlich-demokratisch und emanzipiert zu erkennen geben.




Montag, 26. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Wer ist Jude? (S. 185)


1999


Die Deutschen sind keine „Herrenrasse“ und waren es auch nie, deprimierender konnte die Selbstüberhöhung der Nazis nicht enden als in millionenfachem, weltweitem Leid, mit der Bankrotterklärung der Menschlichkeit. Und nichts anderes steht zu erwarten, wenn sich andere Völker für „auserwählt“ halten, weil ihnen die jeweiligen Politiker oder Religionsfürsten dies suggerieren. Im Besonderen meine ich das orthodoxe Judentum. Laut einer dpa-Meldung vom 14.2.1985 haben die Anhänger dieser Religion wirklich weltbewegende Sorgen: „Jüdische Frauen dürfen sich nach Auffassung des orthodoxen Oberrabbinats in Jerusalem nur künstlich befruchten lassen, wenn der Samenspender kein Jude ist. Eine künstliche Befruchtung mit dem Samen eines Juden halten die Oberrabbiner für unvereinbar mit dem jüdischen Religionsgesetz. ... Die Zugehörigkeit des mit dem Samen eines nichtjüdischen Spenders gezeugten Kindes zum Judentum bleibt gesichert: Jude ist nach uralter Definition derjenige, der eine jüdische Mutter hat.“

     In diesem Zusammenhang wiederhole ich mich: Aufgrund der einander widersprechenden und befehdenden Religionen ist es unsinnig und dem Frieden keineswegs zuträglich, irgendeine Religion in staatsbestimmende Funktionen zu erheben.

     Insgesamt drei Stunden widmete das Westdeutsche Fernsehen am 9.12. und 16.12.1996 Professor Yeshayahou Leibowitz aus Israel. Der Mann, eine im Lande umstrittene „graue Eminenz“, stellte sich aber eigentlich als exemplarischer religiöser Chaoszeuge dar. Unter Berufung auf Religionsschriften folgerte der Gelehrte (wobei mir nicht ganz klar wurde, inwieweit Ironie eine Rolle spielte): „Über Werte kann man nicht streiten, sondern nur Krieg führen.“ Man könne Werte also nicht auf Verstandesebene begründen und vermitteln. Das allerdings meint ja wohl im Klartext, dass Religion als ein Wert der jeweiligen Gesellschaft nicht hinterfragt werden könne, dass es das Schicksal der Menschheit sei, sich immer wieder auf religiöser Basis zu zerfleischen. Leibowitz forderte nun keineswegs zum Krieg auf, sondern verlangte – für die israelische Regierung äußerst unangenehm – nach mehr Demokratie durch Minimierung des Staates über das Individuum. Er beklagte zutreffend die Unterdrückung der Menschenrechte und Anwendung der Folter durch den israelischen Staat in den besetzten Palästinensergebieten. Er forderte sogar die jungen Israelis zur Kriegsdienstverweigerung in den okkupierten Landesteilen auf und wurde nicht müde, die Parallelen des israelischen Nationalismus zum Hitler-Regime aufzuzeigen: „Es gibt Juden-Nazis!“

     Die vielen Gründe für den religiös-orthodoxen Einfluss – das wird öffentlich geschickt verschwiegen - liegen, wie wir zuvor bei der Definition der Zugehörigkeit zum Judentum erfahren haben, in einem radikalen Sendungsbewusstsein, welches demokratische Prinzipien an sich rigoros ablehnt, für die eigene Ideologie aber vehement einfordert. Vergessen wir nicht, dass der so religiös geprägte Staat Israel, unfriedlich im Innern wie nach außen, als Produkt amerikanisch-westlicher Protektion besteht, begründet in einem einflussreichen Judentum in jenen Staaten. Trotz der Netanjahu-Regierung bleibt die Hoffnung, dass sich auch in Israel eines Tages das Volk durchsetzen und seine Regierung die Kraft haben wird, den ganzen Bibelballast diplomatisch geschickt zugunsten einer weltoffenen Humanität abzubauen. Im globalen Interesse kann man dem israelischen Volk nur Glück wünschen auf seinem Weg in einen demokratisch verankerten Frieden mit seinen ihrer Religion wegen ebenfalls religiös äußerst problematischen, weil fundamentalistischen Nachbarn.


© Raymond Walden



 

Sonntag, 25. Oktober 2020

Mögen Sie Aphorismen?

 


Wie wäre es mit einer geballten Ansammlung aus meinen weit über 5000 Sprüchen aus 16 Jahren?

Ich traf auf sie überraschenderweise im Internet.

Besonders in diesen nachdenklichen Zeiten lade ich Sie/Euch zu einem Treffen „vor Ort“ ein:


Raymond Walden auf QuotesBox 



Samstag, 24. Oktober 2020

Die Suche nach Leben


Wir suchen nach Leben

da draußen im Weltall

und finden es schwerlich hier

in unserem Jenseitswähnen,

in unserem tötenden Wachstum,

in unserem überhitzten Selbstverstehen,

überempfindlich, aber anspruchsvoll,

in Angst getrieben, panisch, chaotisch

zu frostigem Hass und Widersinn,

zu diktierter Willkür

im Trachten nach dem Leben

von Anderen,

die unsere Einfalt zu Feinden deklariert,

sie tatsächlich zu solchen werden lässt,

denn sie sind wie wir:

Feinde ihres wie unseres Selbst.


Sinnloses Klagen?

Mag sein.

Das Kosmonomische Manifest wäre ein Aufbruch. 

 

 

 

Freitag, 23. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Und Gott schuf (S. 182)

 


1999


Sich immer wieder mit „Offenbarungsschriften“ auseinandersetzen zu müssen, bereitet dem Skeptiker durchaus Unbehagen. Es mag daher exemplarisch der „Erste Tag“ der biblischen Genesis ausreichen, die geistliche Finsternis auszuleuchten. Zunächst der Original-Bibeltext: „Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Die Erde aber war wüst und leer. Finsternis lag über dem Abgrund, und der Geist Gottes schwebte über den Wassern. Da sprach Gott: 'Es werde Licht!' Und es ward Licht. Gott sah, dass das Licht gut war, und Gott schied zwischen dem Licht und der Finsternis. Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte er Nacht. Es ward Abend, und es ward Morgen: erster Tag.“ (Herder, Freiburg, 1966)

     Eine solche Erzählung mag naiven, unwissenschaftlichen Menschen gefallen, spätestens seit Galilei (1564-1642) stellt sie eine Verwerfung menschlicher Intelligenz dar. Bis heute wurde die Bibel immer wieder wörtlich verstanden und hat zu allen möglichen Diskussionen geführt, so konfus ist das Werk.

     Wo nun in den wenigen Industriestaaten der Skeptizismus Einzug gehalten hat, erklärt der Klerus, man müsse die Bibel symbolisch, nicht Wort für Wort „annehmen – übrigens eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zu allen Mysterien von Aberglaube und Esoterik. Damit reduziert sich Religion selbst zu billigem Symbolismus.

     Sonne und Planeten entstanden nach einer inzwischen allgemein anerkannten Theorie aus einer gemeinsamen kosmischen Urwolke, alles darin war zunächst heiß und hell. Entsprechend widersinnig nimmt sich die Bibel aus: „Die Erde aber war wüst und leer. Finsternis lag über dem Abgrund (welchem?), und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.“ Wasser war zu diesem Zeitpunkt unmöglich, laut Bibel „sprach Gott“ erst danach: „Es werde Licht.“ Es war längst da! Und dann „sah Gott“, „dass das Licht gut war.“ – Die Finsternis etwa nicht? Aber es herrschte ja im erst werdenden Planetensystem noch kaum Finsternis, glühten doch alle Körper, sodass es noch nirgends „Tag und Nacht“, Morgen und Abend gab. Und erst nach der Erschaffung des Lichts „schied Gott zwischen dem Licht und der Finsternis“ – Eine absolute Unmöglichkeit, denn Licht heißt Gegensatz zur Dunkelheit; mit Licht war auch gleichzeitig Schatten vorhanden. Selbst wenn man die Bibel nur symbolistisch sieht, offenbart sich eine, wenn auch historisch verständliche, Überforderung der „Genesisautoren“. Abgesehen von grotesken Widersprüchen zur realen Welt, sei die Frage nach der Qualität einer Gottheit gestattet, die etwas schafft (Licht) und erst im Nachhinein „sieht“, „dass es gut war“. Der Gott hätte sich also auch irren können (wenn es schlecht gewesen wäre)?

     Nein, wir leben keineswegs in einer aufgeklärten Zeit, vielmehr befinden wir uns noch im „Mittelalter“, welches sich heute zwar feiner präsentiert, aber unverändert blutig durchzusetzen weiß. Grausam und finster, deprimierend, inquisitorisch, unhygienisch und krank gestaltete sich das Leben seinerzeit. Und heute dauert die Umnachtung fort, weil wenige „zivilisatorische“ Staaten für ihr Wirtschaftswachstum, während sie gleichzeitig das Hochhalten der Menschenrechte heucheln, den weitaus größeren „Rest der Welt“ aushungern. Mir fallen die „Aasgeier“ (so nennt man die Armen) von Manila ein, die auf den Müllhalden nicht nur nach verwertbaren Resten suchen, sondern in dem permanenten Gestank ihre Wohnhütten aus Abfall aufbauen. Die katholische Kirche bekämpft gleichzeitig alle Bemühungen der philippinischen Regierung zur effektiven Geburtenkontrolle! Ein Seelsorger findet gar nichts dabei und erklärt den Zuschauern der ARD am 1.9.1994, die Menschen sähen doch gar nicht so unglücklich aus, das heißt, sie kämen mit ihrem Kinderreichtum in diesem Elend gut zurecht. – Zynisches Christentum! Es knechtet die sowieso Besiegten. Den Hoffnungslosen und den Sterbenden nimmt man auch noch das Letzte und vertröstet sie traditionell auf das Jenseits. Wüssten sie, wie man sie betrügt, wäre ihr Dasein noch tragischer, so eine Steigerung überhaupt möglich ist.

     Doch wenden wir uns noch einmal den kosmischen Gesichtspunkten der christlichen Religion zu, die bedingt auch für andere Offenbarungslehren stellvertretend sein kann.

    Völlig in den Bereich subjektiver Trugbilder gehören „himmlische“ Erscheinungen der „Mutter Gottes“ in Lourdes, Engels- oder Teufelsbegegnungen und so weiter. Jesus und, nach vatikanischer Behauptung, auch Maria seien leiblich in den Himmel aufgefahren. „Leiblich“ meint physisch! Wo also ist der physische Himmel, in dem sich Jesus, Maria usw. aufhalten? Diese Frage ist nicht zu verwechseln mit Gagarins provokatorischer Suche nach Gott im Kosmos, denn „Gott“ wird ja nicht als körperliches Wesen definiert.


© Raymond Walden



Donnerstag, 22. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Die Besch(n)eidung des Herren (S. 180)

 


Februar 1998


Am 8.1.1998 höre ich im Autoradio die Geschichte von Samira – ihr Name ist natürlich geändert worden – aus Kairo. Sie ist Mutter von fünf Kindern und wie alle Frauen in ihrer Umgebung beschnitten. Der Islam – und niemand sonst – feiert hier Hoch-Zeit. Eine Tochter Samiras ist inzwischen zwölf; Verwandte und Freunde drängen schon und fragen, wann die Beschneidung erfolgen solle. Und trotz der eigenen schmerzhaften Beschneidungserfahrung wird die Mutter auch ihre Tochter einem Kurpfuscher ausliefern, die Schmerzen dem Mädchen gegenüber verharmlosen und es auf die nachfolgenden Geschenke vertrösten. Irgendein mohammedanischer Gottesdiener erklärt dem Radiohörer, dass solche Beschneidungen zur Kontrolle nötig seien, da sonst die Frauen hemmungslos der eigenen Lust verfallen, ihrem zukünftigen Manne untreu werden könnten. Sinngemäß führt er aus: Wir schneiden doch nur alles Äußerliche ab. Die Frauen verlieren nicht ihre Sensitivität und können ihre Jugend mit ihrem Mann ungehindert genießen.

     Tatsache hingegen, und das betont der Radiobericht ausdrücklich, ist die geschlechtliche – äußerliche wie innerliche – Verstümmelung unter haarsträubenden medizinisch-hygienischen Verhältnissen. Die übliche männliche Beschneidung (das Entfernen der Vorhaut) dürfte, wenngleich ebenfalls äußerst schmerzhaft, eine Bagatelle sein gegenüber der Abtrennung von Klitoris und Schamlippen bei den Mädchen. Im christlichen Bereich (Jesus wurde beschnitten) sind Beschneidungen auch verankert, aber seltener und sie beschränken sich auf Jungen, z.B. auch in Nordamerika.

     Im „Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt“, Nr. 3, 1998 diskutierten Leser, Fachleute und Journalisten über „Beschneidung als Asylgrund?“ – Asyl oder Nichtasyl sind halt unendliche akademische Modethemen, dennoch geht eine derartige Verpackung für das Gräuel Beschneidung am Kern des Problems vorbei, denn die Mädchen, die beschnitten werden, sind Kinder, die kaum als Asylanten in Frage kommen, weil sie fest in der Gewalt ihrer jeweiligen Gesellschaften stehen.

     Als in den Niederlanden diskutiert wurde, ob junge Menschen ab zwölf Jahren als Geschlechtspartner juristisch und gesellschaftlich akzeptabel seien, ging ein Aufschrei durch die Reihen der Konservativen, doch ich frage: Wer schändet die Menschen, die sexuell Liberalen oder die „Herren“, die auf göttliche Berufung hin ihre eigene, offenbar unberechenbare Lust zu beschneiden suchen, indem sie Frauen verunstalten und in Schleier einwickeln? Religiöse Sexualfeindlichkeit ist das eigentliche Machtmittel der Muftis und Popen; wir sehen uns mit einer permanenten Doppelmoral konfrontiert, aufgebaut auf der vielfachen Zerstörung von Persönlichkeiten, verursacht durch Unmenschen, gezeugt von „Göttern“, deren Ursprung und ewiger Quell die vererbte Dummheit ist.


© Raymond Walden



Mittwoch, 21. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Religion in Deutschland-Radio Berlin (S. 179)

 



Juni 1996


Täglich um zwölf Uhr läutet auf den Frequenzen von Deutschland-Radio Berlin die Freiheitsglocke, eine Stiftung der USA in Erinnerung an die Berliner Blockade 1948/49, und es werden pathetische Sätze verlesen.

    Obgleich in der Zeit der Zerrissenheit der Stadt diese Symbolik für Millionen Menschen Ausdruck feierlicher Hoffnung war, die ich nachvollziehen kann, drängt es mich zu Zwischenrufen.

     Ich glaube an die Unantastbarkeit und die Würde jedes einzelnen Menschen.“

     Na, bravo!

     „Ich glaube, dass allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde.“

     Welcher Gott gab unter welchem Namen seinen Propheten und irdischen Verwaltern gleichere Rechte als den einzelnen Menschen, die in verfeindeten Glaubensrichtungen von Geburt an gefangen und unterjocht werden?

     „Ich verspreche, jedem Angriff auf die Freiheit und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo immer sie auftreten mögen.“

     Damit müsste der Versprechende weltweit gegen ein illustres Heer von Göttern antreten! Die könnte er zwar mit Logik und Geist spielend besiegen, doch setzten vor diesen Triumph die Götter die Dummheit, „gegen welche nun selbst die Himmlischen vergebens kämpfen“.

     Aber der Gelobende soll ja angespitzt werden für den bedingungslosen persönlichen Kampf im Dienste der gegeneinanderstehenden Systeme – und dies freilich exemplarisch unter einem Papsttum, das jetzt sein letztes Jahrtausend erleben muss: Entweder geht es unter und die Menschheit besteht fort, oder es bereitet sich und der Menschheit durch selbsterfüllende Prophetie das Ende!

     Ich hingegen verspreche nichts, aber ich kann gar nicht anders, als in meinem Umfeld „Freiheit von Religion“ zu propagieren, ausschließlich argumentativ, gemäß demokratischen Grundsätzen. Erst Freiheit von Religion bedeutet größtmögliche, aber niemals grenzenlose Freiheit.


© Raymond Walden



Dienstag, 20. Oktober 2020

Gefragt zu sein

 


Manche Person wird erst nach ihrem Tode zu einer „gefragten“.

Dann erzählt sie, was sie zuvor schon gesagt,

was aber kaum jemand zur Kenntnis genommen,

in der routinierten Eile des Alltags höchstens verschwommen.

Da die Lippen nun schweigen,

beginnt sich ein Leben zu zeigen,

neben dem man einhergegangen in ziemlicher Verkennung;

war es Achtlosigkeit oder eigene Interessen- und Ansichtentrennung?


Man hätte …, denkt man im Nachhinein,

doch zu solchem Versäumen fällt kaum etwas Entlastendes ein.


Der Tod bleibt davon unberührt,

das Weiterleben aber vielleicht anvisiert

im Bewusstsein eigener Oberflächlichkeit

mit dem Vorsatz zu offenerer und tieferer Tatsächlichkeit.

 

 

 

Montag, 19. Oktober 2020

Eins zu sein

 

Fühlst du dein Herz schlagen

wie ich meines?

Ich höre auch deines.

Und du? – Gelegentlich meins?

Dann könnten wir vorsichtig vertrauensvoll sagen:

Wir sind eins.“


Für andere mag das süßlich klingen

im vielleicht vergeblichen Ringen

um Freundschaft, nach Liebe.

Im Bewusstsein unseres Seins

aber bliebe

Herzlichkeit

die Verwirklichung eigener, unverfälschter Menschlichkeit.

 

 

 

Sonntag, 18. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Der Segen der Waffen (S. 179)

 


Februar 1996


Trotz Friedensabkommens, trotz Friedensverhandlungen und Gewaltverzichtsversprechungen bomben sie weiter wie eh und je, beispielsweise in Nordirland und London, im Kaukasus, in Algerien, in Israel; und in Teheran fallen die Schwiegersöhne Saddam Husseins einem Blutracheakt des Familienclans zum Opfer. Religiöse Eiferer und nationalistische Blindheit, letztere zumeist ausgehend von den ersteren, führen feierliche Friedenszeremonien auf, um sie schon während der Paraphierung mit der gottestreuen Option der Vernichtung des Andersgläubigen auszustatten. Das ist der primitive Teufelskreis der Religion, denn gemäß gläubiger Einfalt herrscht auf Erden vorwiegend das Böse; man könnte meinen, Gläubige glauben zunächst einmal an den Teufel. Christlichen Optimismus verkündet indes ein Autoaufkleber: „Gott liebt jeden Menschen“. Also auch Saddam Hussein und Konsorten?

     Der Allmächtige muss auch über Kardinal Meissner das Füllhorn der unsäglichen Liebe geöffnet haben. Laut „Monitor“, ARD, 15.2.96 entblößte der Kirchenmann sein kriegstechnisches Verständnis: „In betenden Händen ist die Waffe vor jedem Missbrauch sicher.“ Dem Lexikon entnehme ich, dass der Herr „Mitglied des Sekretariats für die Nichtglaubenden“ ist. – Unglaublich!


© Raymond Walden

 

 

Freitag, 16. Oktober 2020

Sequenzen von Skepsis (385, „Pandemie“-Edition)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4931

Mündige Bürger schweigen nicht, sondern melden sich verfassungskonform zu Wort. Es ist höchste Zeit.


4932

Pandemisten agieren als impertinente Verunsicherer einerseits und erstarren andererseits in unsinnigen Widersprüchlichkeiten.


4933

Die pandemierte Gesellschaft verliert jeglichen Bezug zur freiheitlichen Demokratie und strebt darüber hinaus den Abbau, ja die Zerstörung der mündigen Bürgermitbestimmung an.


4934

Schonungslos zeigt sich die umfängliche Pseudowissenschaft der politischen Pandemisten in ihrer hoffnungslosen Zerstrittenheit untereinander, in ihren willkürlichen Entscheidungsdiktaten einer sich pandemisch enttarnenden Inkompetenz bei freilich ungebrochener Machtgier und dreister Arroganz.


4935

Glaube mir, zu wissen ist härter als zu glauben, denn Freiheit basiert auf Wissen, auf der Lebenstüchtigkeit. „Härter“ meint folglich „sicherer“, entsprechend lebensmutiger, zuversichtlicher, realitätsbezogen und illusionsfrei.


4936

Naturtümelnde Politik übergeht Naturgesetze mühelos durch Ideologie.


4937

Die Disziplin, die Wissen schafft, lehnt sich an die Wissenschaft, dass man sie pflege und vermehre in freier Forschung und Lehre.


4938

Es ist wie immer schon, die hysterisch verängstigte Menge hat Angst davor, irgendjemand könnte ihr die Angst nehmen.


4939

Gegen ein „weltweit“ koordiniertes Chaos, gegen einen solchen Widerspruch in sich, kommt der Einzelne nicht an. In Anbetracht dessen empfiehlt sich Abstand mit Anstand und Achtsamkeit, mit Sachverstand, in Abwägung mit Augenmaß, auch durch Abstinenz oder gänzliche physische Abwesenheit, denn die Gefährdung ist doppelter Natur: durch tatsächliche körperliche Infektion einerseits, durch unkontrollierbare geistige Anfeindung andererseits. Es ist sinnlos, über Glaubensfragen, gegen Religion und Pseudoreligion in unmittelbarer persönlicher Konfrontation zu streiten.


4940

Ohne ein geistiges Zuhause lässt sich kein Glück finden. … Dieses Zuhause sollte man vor allem in Eigenleistungen errichten, um nicht für Indoktrinationen lebenslang „Miete“ zahlen zu müssen.


4941

O welch ein Martyrium, verfallen auch liebste Menschen dem Wahn, stellen sich sogar in seinen Dienst und werden, mehr noch, zur Gefahr, etwa durch Denunziantentum!


4942

Es ist richtig, „pandemieren“ und „Pandemist“ sind meine spontanen Wortschöpfungen, natürlich ohne „Alleinvertretungsanspruch“. Ich betrachte inzwischen größte Teile der Weltbevölkerung als pandemiert (paniert, eingewickelt) durch Pandemisten (Anschürer), die eine konkrete und auch gefährliche Krankheit bewusst oder total verblendet benutzen, um ihre eigenen Interessensüppchen rigoros zu kochen. Die Methode ist nicht neu, alle namhaften Religionen bedienen sich ihrer seit jeher kompromisslos, ebenso alle demokratiefeindlichen Herrschersysteme und „Freiheitsleugner“. Sic!

Kosmonomische Philosophie distanziert sich davon umfassend.



© Raymond Walden (ARC)

 

 

Donnerstag, 15. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Das Kreuz mit der Religion (S. 177)

 



August 1995



Was atheistische Uneinigkeit (Unfähigkeit?) nicht zustande brachte, schaffte nun ein Anthroposoph: Das Kruzifix in der Schule widerspricht höchstrichterlich der Glaubensfreiheit einer pluralistischen Gesellschaft.

     Religionsfreie Menschen sollten nicht frohlocken, denn die oft allzu opportunen Richter sind der doch merkwürdigen Argumentation eines Sektierers gefolgt. Nicht nur Aufgeklärtheit spricht aus dem Urteil, sondern auch eine Öffnung in Richtung schrulligster Weltanschauungen (die Anthroposophie ist eine solche), wie sie nunmehr seit vielen Jahren in Volkshochschulen und anderen Zirkeln der öffentlichen Trägerschaft massenhaft propagiert werden und in Zukunft wohl in noch größerem Ausmaß durch die pluralistische Gesellschaft hingenommen werden müssen.

     Interessant ist die stürmische Reaktion mancher „Kreuzritter“. Im badischen Südkurier schwärmt ein Kommentator vom „Eintritt in die Kultur“ durch das Kreuzzeichen bei der Taufe. Und der glaubensfeste Waigel (MdB und Minister), den ich im letzten bayerischen Landtagswahlkampf in München auf Wahlplakaten gemeinsam mit seiner Frau für eine intakte traditionelle Familie lächeln sah, obwohl er bald darauf eine andere Frau heiratete, will sich gar starkmachen für eine Überprüfung des Urteils, als seien die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für Christen nicht bindend.

     Durch die aggressive Aufgescheuchtheit so vieler bekennender Christen dokumentiert sich wieder einmal in bedrückender Weise die Tragik der gesamten Menschheit: Provinzialität, Intoleranz und Machtanspruch der Religionen.

     Ob sich durch das Urteil jetzt die in Deutschland besonders verankerte Verfilzung von Staat und Kirche aufweichen lässt? Fatal wäre es, gelangten durch den Richterspruch vermehrt religiöse und rückschrittlich-fundamentalistische Symbole zu einer Aufwertung. Denn wozu heilige Symbolistik führt, wird in Israel überdeutlich, wo die West Bank geräumt werden soll, aber die verschiedenen religiösen Gruppen hart um „The Holiest Hot Spots“ kämpfen, „heiligste, heiße Orte“, wo sich oft, historisch nicht einmal abgesichert, bedeutungsschwere Symbole befinden. Treffend formulierte es Arnon Bruckstein (Tower of David Museum, Jerusalem) in „Newsweek“, 31.7.1995: „Es gibt kaum eine blutigere Geschichte als diese. Heiligkeit ist der besondere Kern von Intoleranz bis ans Ende der Tage“. Und der Redakteur Jeffrey Bartholet fügt hinzu: „Gemäß jüdischer Tradition findet man in Jerusalem das Tor zum Himmel – und gleichermaßen das Tor zur Hölle.“ Zuvor führt er aus: „Einige jüdische Mystiker glauben, dass man, wo immer man eine Konzentration von Heiligkeit antrifft, auch einer größeren Ansammlung des Bösen begegnet.“

     Plausible Hinweise für die Friedensunfähigkeit von Religion.



© Raymond Walden



Dienstag, 13. Oktober 2020

Was hat man zu verbergen?

 


Wie wäre es, statt mit permanent auch von der Testanzahl abhängigen Infektionszahlen Panik zu verbreiten, klare unmissverständliche Fakten zu präsentieren?


  1. Wie viele Menschen ohne Vorerkrankungen sind bisher im Jahr 2020 eindeutig ursächlich an Corona gestorben?

  2. Wie viele Corona-Patienten ohne Vorerkrankungen wurden im Krankenhaus erfolgreich behandelt und gesund entlassen?

  3. Wie viele Vorerkrankte starben eindeutig an Corona?


  4. Wie viele Menschen ohne Vorerkrankungen sind bisher im Jahr 2020 eindeutig ursächlich an Grippe gestorben?

  5. Wie viele Grippe-Patienten ohne Vorerkrankungen wurden im Krankenhaus erfolgreich behandelt und gesund entlassen?

  6. Wie viele Vorerkrankte starben eindeutig an Grippe?


Was hat man zu verbergen, da diese Zahlen aktuell nicht publiziert werden?



Montag, 12. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Selig die Gleichgestellten (S. 176)

 



Mai 1995


Dass der Papst eine Nonne selig spricht, gehört zu seinem traditionellen Selbstverständnis. Dass die Ordensfrau schon lange tot ist, erfüllt eine wesentliche Voraussetzung des Seligsprechungsprozesses, denn Lebende gehören nun einmal nicht in einen Totenkult. Dass ein Grund für die Seligsprechung in einem durch die Nonne vollbrachten Wunder liegt, beweist einmal mehr die Gleichheit beziehungsweise Wesenseinheit von Religion und okkultem Schamanentum, denn das päpstlich anerkannte Wunder besteht in der Heilung einer schwer kranken Japanerin. Weil die bereits im Jahre 1900 gestorbene Missionsschwester Helena Maria Stollwerk aus Rollesbroich in der Eifel stammte, machte sich denn auch die Gleichstellungsbeauftragte der Landesregierung NRW mit anderen Pilgern auf nach Rom, um der Seligsprechung beizuwohnen.

     Gegen eine private Teilnahme gibt es kaum Einwände, erscheint man allerdings in offizieller Funktion, zeugt dies von Instinktlosigkeit: Wird die Gleichberechtigung von Frauen nicht gerade durch die Religionen, besonders auch durch diesen Papst verhindert? Und welche Art der Gleichberechtigung gar erstreben Nonnen?

     Kurz vor Landtagswahlen zählt jede Geste – empirisch belegbar: besonders die der religiösen Anbiederung.


© Raymond Walden



Sonntag, 11. Oktober 2020

Pandemische Idiotien

 


Ich will gestehen,

die Pandemie der Idiotie nicht zu verstehen,

doch konnte ich solches nie

je in Philosophie und Ideologie,

in Politik und Historie,

in Religion und Gottheiten-Glorie.


So scheint alles beim Alten,

die Wucht aber weltweiter Gleichschaltungen

im chaotischen Propagieren und Walten

entfesselt Energien nun der Umgestaltungen:

der Mensch endgültig als systemischer Depp

im Kreislauf von Profitgier und Nepp,

meinungslos, willenlos, gewissenlos und transparent,

steuerbar, folgsam, gefügig, gefühllos, indifferent,

entmenschlicht, entpersönlicht,

der Willkür unterworfen, versklavt, medial desinformiert,

der Angst ausgesetzt, der Bestrafung zugeführt,

falls er noch denkt – der Mensch.


Also, Mensch, denk mal! –

Mutig, vor allem logisch, kausal,

ehe man „gendergemäß“ bald von dir faselt:

Es war das Mensch … einmal“. 

 

 

 

Samstag, 10. Oktober 2020

„Friedens“-Preis

 

Dynamit-Kapital-Erträge verteilen sich auf Preisverleihungen, darunter auf einen sogenannten Friedenspreis innerhalb einer auf Krieg gebürsteten Menschheit.

Preisträger sind bisweilen hochkarätige zweifelhafte Personen oder Institutionen, die sich kaum nachhaltig, da allumfassend konzeptionslos, als Friedensstifter bewähren.

Die Sprengkraft der häufigen Selbsttäuschung, Scheinheiligkeit und Opportunität zerfetzt alle Träume von reellem und realem Frieden. 

Lediglich als Fassadenmalerei einer rüstig rüstenden Spezies markieren die feierlichen Verleihungen die Würdigung selbst mancher ehrlichen persönlichen individuellen Anstrengung als "im Dienste des Systems", als „Persilschein“ für ein Weiter-so-Szenario.

 

 

Freitag, 9. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Überrepräsentierte jüdische Religion? (S. 174)

 



Mai 1995



Aufgrund der einander widersprechenden und sich befehdenden Religionen ist es unsinnig und dem Frieden keineswegs zuträglich, irgendeine Religion in staatsbestimmende Funktionen zu erheben, wie das in Israel geschehen ist.

     „Die Gründerväter Israels haben, auch wenn es sich in der überwiegenden Mehrzahl um Menschen handelte, die als Intellektuelle dem Arbeiterzionismus zugetan waren und der jüdischen Religion fernstanden, die Heimkehr des jüdischen Volkes nicht zuletzt als ein Ereignis im Geiste der Bibel und Propheten gefeiert. ... Die religiösen Juden dagegen sahen in der Heimkehr Israels in das Heilige Land die Erfüllung eines göttlichen Gebotes. ... Die Stellung der Religion im Lande ist nicht nur widersprüchlich, sie ist auch sehr einflussreich. Aus mehreren Gründen ist es den religiös-orthodoxen Kräften gelungen, ihre heutige starke Position zu erringen, die praktisch einer religionsgesetzlichen Majorisierung der weithin säkularisierten und größtenteils indifferenten Gesellschaft durch eine Minderheit gleichkommt: ...“ (Quelle: Jendges, H.: „Israel“ – Eine politische Landeskunde, Colloquium Verlag, Berlin, 1973, S.37-38)

     Kein Volk hat das Recht, alle anderen Völker, in welcher Weise auch immer, zu bevormunden. Die Deutschen haben diesen närrischen Anspruch exemplarisch und drastisch büßen müssen. Andere Völker haben offensichtlich diese Schmach noch vor sich, denn ihre Selbstüberschätzung nimmt gerade jetzt groteske Gestalt an, da doch eigentlich eine offene, multikulturelle Gesellschaft allenthalben gepriesen wird. „Multikulturell“ wird jedoch nicht als gleichberechtigtes Nebeneinander verstanden, man betreibt vielmehr die Vermengung zu einem konsistenzlosen Einheitsbrei, entsprechend der amerikanischen Schmelztiegelmentalität. – Dies ist die eine Seite. Innerhalb dieser weltweit etablierten Coca-Cola-Philosophie gedeihen sie prächtig, die Süppchen der göttlich Auserwählten, des jeweiligen „Gottesvolkes“, das es aber objektiv gesehen (in Ermangelung des Gottes) gar nicht gibt!

     An der „Bewältigung“ des Holocausts lässt sich verdeutlichen, welchen ungehemmten Stellenwert Religion für sich beansprucht. Kaum ein anderer Staat ist so mit seiner Religion verwoben wie der israelische, aber nicht nur dort regiert der religiöse Irrationalismus selbstherrlich, sondern auch in den USA und andernorts, wo Religiöse Einfluss nehmen.

     Wenn all die Sonntagsredner zum Gedenken an den 50. Jahrestag des Kriegsendes immer wieder vorzugsweise dem religiösen Judentum ihre Aufwartung machen, ist dies ein Affront gegenüber den religionsfreien Juden, zu denen zum Beispiel ein Albert Einstein gehörte. Jüdische Menschen haben wie andere auch zu allen Zeiten Herausragendes geleistet, die Kulturen der Völker bereichert. Viele dieser Menschen könnten die heute übliche Einverleibung der Religion in das Bewusstsein des Staates Israel oder eines amerikanischen Judentums nicht ertragen, da ihr Geist weiter reichte, über biblische Ländergrenzen und Konzerngewinne hinaus.

     Nunmehr leuchtet nach der Wiedereröffnung der einst „schönsten und größten Synagoge“ (Neue Westfälische, Bielefeld, 5.5.95) auch wieder „Davids Stern über Berlins Mitte“. Ein politisches Heiligtum. Dass das „Gotteshaus“ als Denkmal wiedererstanden ist, zeugt von Geschichtsbewusstsein; dass es wieder zur religiösen Machtuntermauerung dient, offenbart Gestrigkeit und Lernunfähigkeit. Politik und Religion: Das müssen doch zweierlei Schuhe sein! – Eine bisher utopische Forderung!

     Ich zitiere noch einmal die zuvor genannte Zeitung: „Ende der achtziger Jahre gab DDR-Staatschef Erich Honecker den Startschuss zum Wiederaufbau (der Synagoge), weil er unbedingt zum Staatsbesuch in die Vereinigten Staaten eingeladen werden wollte. Ohne eine Geste gegenüber den amerikanischen Juden war das aber nicht möglich.“

     Soll Demokratie ernst genommen werden, können alle gesellschaftlich relevanten Gruppierungen nur gemäß ihrem prozentualen Anteil an der Gesamtbevölkerung Gewichtung erfahren; nicht mehr und nicht weniger. Auch für den orthodoxen jüdischen Glauben gilt: Die praktizierten Religionen sind mit Demokratie letztlich nicht zu vereinbaren.



© Raymond Walden



Donnerstag, 8. Oktober 2020

Menschliches Glauben: 6. Religion, Muhammad und die extraterrestrischen Hominiden (S. 173)

 



März 1995



Als grafische Darstellung der astronomischen Himmelspositionen habe ich schon vor einigen Jahren das Astrogramm entwickelt, die unmissverständliche Antwort auf jede Horoskopzeichnung. Ich verwende das Astrogramm für jedes beliebige Datum in meinen öffentlichen Vorträgen, und hin und wieder bestellen Interessenten ein Astrogramm als Geburtstagsgeschenk.

     Schon vor einigen Monaten entwarf ich ein Astrogramm zu Muhammads 1.362. Todestag am 8.6.1994 und schickte es verschiedenen islamischen Organisationen in Deutschland zu. Ich hätte, so meine offensichtlich naive Annahme, einerseits aufklärerisch wirken und andererseits vielleicht durch eine höhere Auflage finanziellen Gewinn erzielen können. Von einem der Adressaten erhielt ich eine Antwort, die es in sich hat. Statt eines Absenders trug der Briefumschlag die Aufschrift: „Wegen Post-Diebstahls – auch durch Banditen aus Saudi-Arabien – bitten wir um ordnungsgemäße Zustellung an den Empfänger!“

    Das Schreiben zitiere ich ungekürzt:

    „Sehr geehrter Herr W. – besten Dank für die Zusendung Ihres Astrogramms. Nehmen Sie es uns bitte nicht übel, aber für uns ist dieses ohne Bedeutung und basiert außerdem auf einem falschen Kalender. Wir sind das Islamische Religionsamt in der BRD, aber kein Geschäft/Reisebüro, und die einzige Institution, die den reinen Islam vertritt. Unser Prophet Muhammad, F.s.a.i., starb am 02. Rab.I 11 (H.), der entsprechend variablem Islamischen Mond-Kalender – der neue Tag beginnt abends nach Sonnen-Untergang – seinerzeit auf den 26. Juni 632 M./nachmittags gefallen ist. Der 02. Rab.I 1415 (H.) fällt 1994 M. auf den 19./20. August, und es ist der 1.404. Todestag unseres Propheten (nicht: der 1.362. Todestag).

     Vorsicht: Im Islam gibt es keine Konfessionen, und Sekten und ähnliches sind entsprechend korrektem Al-Qur’an ebenso wenig erlaubt wie Parteien etc.; außer-islamische Muslime gibt es seit Vasyet-Arafat-Tag unseres Propheten Muhammad, F.s.a.i., v. 9.12.10 H./6.3.632 M. nicht mehr.

     Wissenschaftlich verbindlich sind genannte Sternbilder (aus dem Jahre 1925) nicht mehr, sondern entsprechen deren Situation vor langer Zeit und haben sich inzwischen geändert; dass weitere Planeten existieren, ist längst bewiesen, und ebenso, dass es extraterrestrische Hominiden gibt, wie auch Menschen vor und nach uns (entsprechend dem korrekten Al-Qur’an), die sich auf Terra befinden.

    Mit freundlichen Grüßen Frau N.N. - Direktor - “



     Als Skeptiker beobachten wir allerdings weltweit heftige Zwiste zwischen islamischen Gruppierungen; Gott oder Allah ist eben nichts als eine offenbar sehr missverständliche Idee! Was uns alarmieren muss, ist die Tatsache, dass der Religionsunterricht an deutschen Schulen – überflüssig wie er ohnehin schon ist – nunmehr um die islamische Variante erweitert wird!


© Raymond Walden



Mittwoch, 7. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Anthro-Astrologie (S. 169)

 

Juni 2001


Astrologie ist für keinen aufgeklärten Menschen ein ernst zu nehmendes Thema, doch nimmt weltweit im Rahmen der Bevölkerungsexplosion und regional im Rahmen ideologisch und kommerziell verlotternder Bildungssysteme der prozentuale Anteil der logisch und kausal denkenden Bürger trotz wissenschaftlich-technologischer Fortschritte ab und keineswegs zu. Entsprechend erblüht die Sterndeutung, nicht zuletzt durch die Medien, deren Nutzungsmöglichkeiten sich auch den Astrologen erschließen, in an sich widersinniger Intensität. Mag der einzelne Sterndeuter dies im Hinblick auf seinen finanziellen Gewinn begrüßen, mag er die Tatsache, dass so viele an die Aussagekraft der Gestirne glauben, als Beweis für die Richtigkeit astraler Analysen und Beratungen ansehen, so gibt es Gruppierungen, die seit jeher die Sterndeutung als Unterstützung ihrer okkulten Weltanschauungen nutzen, sie einbauen in die wirren Vorstellungen von vergeistigtem Dasein, von Schicksal durch Karma und Wiedergeburt. Alle derartigen Ansprüche entbehren weder der Tragik noch der Komik: In der Offenbarung wissenschaftlicher Ahnungslosigkeit, daraus erwachsender Wissenschaftsfeindlichkeit und einer sich hemmungslos ausbreitenden, gefühlsbedingten Flucht aus der faktischen Welt zu tröstend abgehobenen Ufern von Scheinkontinenten und Zukunftsvisionen wandeln diese Geister- und Dämonenabhängigen vergleichsweise in einer immerwährenden „Love-Parade“, die Berge von Müll – so oder so – erzeugt.

     Innerhalb solchen Szenarios spielen Anthroposophen unter Berufung auf ihren Begründer und Guru, Rudolf Steiner, keine unbedeutende Rolle – vor allem als Multiplikatoren, die über alle möglichen Kanäle wirken. In der Öffentlichkeit bemüht man sich in diesen Kreisen eher um ein Herunterspielen der Astrologie, die esoterische Praxis der Anthroposophen stellt sich anders dar. Das soll hier einmal demonstriert werden am Programm eines „Paritätischen Bildungswerkes, Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.“ und seines Studienhauses Rüspe:

     Kurs 3 „Einführung in die Astrologie unter anthroposophischen Gesichtspunkten“

     Kurs 42 „Spirituelle Psychologie – die Verbindung von irdischem und kosmischem Menschen“

     Aus dem Inhalt: Die Verbindung des Menschen zu den Elementen, Planeten und dem Tierkreis – Was teilt sich aus dem Ätherischen und Seelisch-Geistigen des Menschen mit usw.

     Kurs 52 „Sinn und Nutzen der Astrologie durch Deutung des eigenen Horoskops“

     Aus dem Inhalt: Sie (die Astrologie) ermöglicht Einsicht, um in Kontakt zum eigenen Wesenszentrum zu gelangen, ...

     Kurs 74 „Wie deute ich mein Horoskop? Ein Kurzlehrgang für Einsteiger“

     Kurs 77 „Astrologie und Karma – Haben Sie einen „Drachen“ in Ihrem Geburtsbild?“

     Kurs 113 „Dem Leben Tiefenschärfe geben“

     Aus dem Inhalt: Die Wirkungen zwischen Kosmos und Mensch, die Zusammenhänge zwischen den Tierkreiskräften und die Sprache zwischen den Planetensphären wollen wir uns als Hintergrundwissen unter anthroposophischen Gesichtspunkten erarbeiten.

     Kurs 116 „Der schwarze Mond im Horoskop“ – Astrologische Studien über Adams erste Frau, Lilith, und das archaisch Weibliche im Menschen

     Kurs 125 „Seelische Muster und Konstitutionsfragen aus astrologischer Sicht“

     Kurs 128 „Menschliches und kosmisches Denken“ – Eine Einführung in kosmische Gedankenformen auf der Grundlage der ‘Philosophie der Freiheit’ Rudolf Steiners

     Aus dem Inhalt: In der Eurythmie werden die Tierkreis- und Planetenqualitäten anhand der entsprechenden eurythmischen Gesten erübt.

     Kurs 129 „Einführung in die Astronomie und anthroposophische Kosmologie“

     Aus dem Inhalt: Dabei werden wir immer wieder die vielfältigen Beziehungen der astronomischen Erscheinungen zum Menschen, den Naturreichen und der Erde aufsuchen, um dadurch mit Hilfe der Anthroposophie ein spirituelles Verständnis des Kosmos und des Menschen zu entwickeln.

     Kurs 144 „Partnerschaftsvergleich im Horoskop“

     Kurs 151 „Individuelles Schicksal und Zeitgeist im Horoskop“

     Kurs 159 „Sensitive Menschen im Erkenntnislicht der Sterne“

     Kurs 187 „Die zwölf Qualitäten des Tierkreises“

     Aus dem Inhalt: Kunsttherapeutische Ansätze zur individuellen Erweiterung der persönlichen Effektivität in der therapeutischen Praxis

     Kurs 190 „Ganzheitliche Astrologie: Der Mensch und die Sterne“

     Aus dem Inhalt: Die Sternbilder und die Tierkreiszeichen – Prägende Trigone: Feuer, Wasser, Erde, Luft – Heilende Quadrate: kardinal, fest und beweglich – Sieben oder neun Planeten? – Die Wesensglieder des Menschen und die Sinne

Als einführende Literatur wird empfohlen: „Mensch und Sterne“, Themen aus dem Gesamtwerk Rudolf Steiners, herausgegeben von Dr. Hans Herbert Schöffler. „Rudolf Steiner und die Astrologie“ von Dr. Hans Herbert Schöffler. „Kosmische Aspekte von Geburt und Tod“ von Dr. G. Wachsmuth. „Astrologie und Anthroposophie“ von Dr. Elisabeth Vreede.


     Einmal ausgestiegen aus jeglicher Vernunft, krönt sich der Wahnsinn durch Kurs 181 „Kurs für Eurythmisten und eurythmisch Fortgeschrittene“

     Aus dem Inhalt: Neben der Eurythmie der sichtbaren Sprache gibt Rudolf Steiner eine Eurythmie aus dem Wesen des Menschen: zwölf Seelenformen und sieben Seeleninhalte, eine Seelenkunde der Eurythmie für die künstlerische Praxis. Besser bekannt sind die Gesten als Tierkreisgesten und Planetengebärden. Sie umfassen das gesamte menschliche Seelenwesen im Fühlen, Verstehen und Handeln in dieser Welt und der Welt des Überzeitlichen und Überräumlichen.

     Es verwundert nun keineswegs, wenn im Kurs 183 endlich das anthroastrologische Weltbild definiert wird: „Kosmologische Menschenkunde und die Ich-Werdung des Menschen“, Arbeitsgrundlage: Rudolf Steiner, „Entsprechungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos. Der Mensch – eine Hieroglyphe des Weltenalls“, GA 201

     Das ist der gefährliche Ungeist! Der Mensch, die Verkörperung der Menschlichkeit, die auf Humanismus, auf den Menschenrechten, auf Emanzipation und intelligenter Entfaltung basiert, wird zur „Hieroglyphe des Weltenalls“ herabgewürdigt. Und so etwas geschieht unter staatlicher Förderung und Anerkennung, weil die anthroposophischen Kraken die Demokratie längst im Würgegriff haben und die sonst angeblich so wachsamen (Schein-)Demokraten wieder einmal verschlafen, was selbst ernannte Gralshüter tatsächlich zu verantworten haben.


     Astrologie besteht keineswegs aus harmlosen Zeitungshoroskopen, über die man schmunzelt, sondern ist eine knallharte Entmündigung des Individuums unter dem Deckmantel der Esoterik, sie ist als Vorbereitung auf praktizierte Menschenverachtung zur Verankerung und Stabilisierung konkret diesseitiger Machtansprüche anzusehen. Die erleuchtet dahintrottenden Massen sind bequem vertröstet, schlichtweg überbelichtet und nicht einmal als „Hieroglyphe“ ernst zu nehmen. So lässt sich trefflich regieren!


© Raymond Walden



Dienstag, 6. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Anthroposophie – skandalöser Wahnsinn (S. 168)

 


März 1996


Nicht nur astronomische Widersprüche zu Anthroposophie“, so überschrieb ich eine Pressemeldung und setzte sie an dpa und verschiedene Redaktionen ab:

     „Am 27. Februar jährte sich der Geburtstag Rudolf Steiners, am 30. März 1996 ist der 71. Todestag. Steiner begründete die sogenannte Anthroposophie und erfreut sich heute nach wie vor breiter Gefolgschaften, anthroposophische Einrichtungen genießen staatliche Anerkennung und Förderung. Aus astronomischer Sicht ist die Steinersche Philosophie die Ausgeburt eines kranken Gehirns. Einige Fakten aus Steiners „Akasha-Chronik“: Der Mensch existierte vor der Entstehung der Erde, die Sonne löste sich aus der Erde, danach trat der Mond aus der Erde aus. Der angeblich immer wieder geborene Mensch, der sich als Äther-, Astralleib und so weiter entwickelt, wandelte in früheren Zeiten über Saturn, Sonne und Mond, wird auf dem Jupiter ein neues Bewusstsein entwickeln und Unsterblichkeit erlangen. Die Gottseligkeit allerdings erfolgt erst auf dem Planeten Venus. Die sehr umfangreichen Schriften Steiners belegen deutlich dessen Bewusstseinsspaltung. Nahezu alle Aspekte des menschlichen Lebens werden in abstruser Weise, hellseherisch und okkult abgehandelt. Dieses Weltbild tarnt sich als menschenfreundlich, stellt tatsächlich das Gegenteil dar. Alle heutigen „Anthroposophen“ sollten Steiner wirklich lesen. Es ist höchste Zeit aufzuwachen! Die Anthroposophie verhöhnt menschliche Intelligenz, jeden pluralistischen, demokratischen Anspruch; auch ihr schulischer Beitrag ist äußerst angreifbar. Steiner forderte Lehrer und Erzieher als „Verteidiger des ganzen Systems der Waldorfschule: Subtile Besitzergreifung von Menschen aufgrund wahnwitziger, spiritistischer und symbolistischer, sogar rassistischer Bewusstseinseintrübung. Niemand soll sich eines Tages herausreden, denn Steiner hat wie Hitler, dessen Geisteskrankheit Parallelen aufweist, allen geballten Unsinn in seinen Publikationen ausgedrückt. Staatliche Duldung und gar Förderung der Anthroposophie verkörpern einen Skandal erster Kategorie.“

     Erwartungsgemäß verschwiegen alle Stellen die Meldung.

Auch ich habe die Anthroposophie bisher zu wenig beachtet; nunmehr gewinne ich den Eindruck, einen ganz wesentlichen Krankheitsherd der sogenannten „Meinungsbildner“ getroffen zu haben. Mir liegt Material vor, zu dem mir, auch nach einem „Gewöhnungsprozess“, die Worte fehlen. Aber ich werde zusammen mit anderen bereits mutigen Menschen nicht schweigend ausharren.


© Raymond Walden

 

 

Montag, 5. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Dänikens Fantasien entbehren jeder Beweiskraft (S. 167)

 


Februar 1996


Seit Jahrzehnten schon tingelt von Däniken durch die Länder, erzählt von seinen „Forschungen“ über Außerirdische und schreibt erfolgreich Bücher. Aber noch hat kein gesunder Mensch je ein außerirdisches Flugobjekt gesehen, darüber hinaus entbehren Dänikens Raum- und Zeitfantasien objektiv jeglicher Beweiskraft.

     Der Paranormale benötigt keine exakte Beweisführung, denn als geschäftstüchtiges Phänomen dieser irdischen Gesellschaft dokumentiert er den schier grenzenlosen Durst der Massenmenschen nach Dummheit. Dies ist die einzige zuverlässige Erkenntnis aus dem Gesamtwerk des sich angeblich an die Zukunft Erinnernden, des erleuchteten Interpreten der von ihm erfundenen Götterastronauten, die sich mit Irdischen paaren.

     Im Gegensatz zu manch anderen Esoterikern, Sehern, Gurus und Astrologen ist Däniken ein demagogisches Leichtgewicht, greift er ja nicht direkt in das Lebensschicksal Einzelner ein. Freilich trägt er zur Verschrobenheit ganzer Bevölkerungsschichten bei, doch gibt es von dieser Qualität noch viele andere, sich als seriös bezeichnende „Meinungsbildner“.

     Vor einigen Jahren wurde der Experte bei der an seinen Vortrag anschließenden Diskussion irdisch sehr müde. Ich konfrontierte ihn mit einigen logisch-kausalen Argumenten, er bat um Verständnis, dass er sich nach einem anstrengenden Tag nunmehr ins Hotel zurückziehen wolle.


© Raymond Walden



Samstag, 3. Oktober 2020

Menschliches Glauben: Astrologie, eine chaotische Weltreligion (S. 162)


Mai 1995


Die Sterndeutung mag aus historischer Sicht nachvollziehbar erscheinen, ihre entwicklungsgeschichtlich geradezu zwingende Notwendigkeit ist begründ- und erklärbar wie die jeder Religion. Während sich jedoch zahlreiche Religionen auf eine recht straffe ideologische und strenge organisatorische Ordnung gründen, unterliegt die Astrologie von Beginn an einer ungezügelten Deutungsfreiheit, sodass es nicht möglich ist von der Astrologie zu sprechen, sondern nur von einem astral-chaotischen Durcheinander religionsähnlicher Glaubensmechanismen.

     Es geht kein Mensch aus purer Neugier zum Wahrsager oder Sterndeuter, sondern vorwiegend aus Notlagen heraus, denn die Beratungen sind ja nicht billig. Bedingt durch eine Zwangssituation oder durch bereits in früher Jugend eingeübte Hinwendungen zum Irrationalen, ist die Glaubensbereitschaft unkritisch oder sogar euphorisch. Auf diese breite Basis stützt sich der Erfolg selbst von Jahrmarkts- und Automatenastrologie. Der sogenannte Unterhaltungswert ist bei der unüberschaubaren Verbreitung ein von den Verantwortlichen heuchlerisch vorgetäuschter Rechtfertigungsgrund. Gemessen an der Erscheinungsvielfalt des Obskuren, handelt es sich hierbei nicht mehr bloß um die Befriedigung eines „Unterhaltungsbedürfnises“ (es überträfe alle anderen Unterhaltungssparten), sondern offenbar um ein schwerwiegenderes Phänomen. So gibt denn das geduldige Ertragen oder das „Vergessen“ von selbst drastischen Fehlprognosen durch die astrale Glaubensgemeinschaft bereits erste Hinweise auf die unerschütterliche Glaubenssucht. Sie hat, je nach Positionierung innerhalb der Weltfremdheit, zwei Ursachen: Verunsicherung und Hilflosigkeit, aus denen der Wunsch nach geistigem Geführtwerden entsteht, und auf der anderen Seite die Unfähigkeit zum objektivierbaren Denken, die manchmal sogar eine an sich unbegründbare Selbstsicherheit erzeugt.

     Für den Sterndeuter Niehenke beispielsweise ist es unwesentlich, dass seine Doktorarbeit über die Stimmigkeit von Horoskopdeutungen ein negatives Ergebnis gezeitigt hat (Psychologische Fakultät Universität Bielefeld, Deutschland); die berufliche Praxis als Astrologe verhindert jeden Selbstzweifel; er praktiziert nun als „kritischer Astrologe“ mit Doktorwürde.

     Die Lebensuntüchtigkeit so vieler Zeitgenossen muss hier nicht untersucht werden, sie zeigt sich auch in deprimierenden Scheidungsraten. Für viele Menschen stellt sich der Alltag als Abfolge beruflicher Überforderung einerseits und Eintönigkeit andererseits dar, geprägt von Konsum- und Konkurrenzdenken, Kommunikationsarmut in der Familie und zweifelhaften Freizeitverhaltensmustern: Fernsehen, Alkohol, Nikotin, weitere Drogen etc. Aus diesen tristen Kreisläufen resultieren Krankheiten, Verzweiflung und die Bereitschaft, jeden noch so albernen Strohhalm als Rettung zu ergreifen. Da im Abendland die christlichen Kirchen logischerweise jetzt an Einfluss verlieren, entstehen in den über Generationen hinweg geprägten Denkstrukturen gewaltige Hohlräume, in denen nun eine Art Glaubenswildwuchs dominiert. Unzweifelhaft ist die Glaubensbereitschaft, an Unlogisches – an Wunder, die es nicht gibt – zu glauben, ein Erbe der religiösen Vorgeschichte.

     So wie die Alchimie durch die exakte Chemie abgelöst wurde, so wie der Medizinmann im Arzt seinen Nachfolger fand, so erlebte die Astrologie das Ende ihrer Daseinsberechtigung durch die Astronomie und die ihr verwandten Naturwissenschaften. Kein einziges Faktum des gestirnten Himmels ist durch die Astrologie erforscht worden; ein Merkmal übrigens für die Forschungsunfähigkeit der Sterndeuterei. Sie ist in allen ihren himmelsbezogenen Aussagen wissenschaftsfremd, in ihren Übertragungen auf das menschliche Leben für jegliche Willkür offen und somit unverantwortlich. Weder der astrologische Tier- noch der Häuserkreis sind am Himmel auffindbar, die Planeten besitzen alle anderen als die durch Astrologen propagierten Eigenschaften, die symbolistischen Analogien der Planeten, der Tierkreiszeichen mit den Trigonen und Kreuzen, die Aszendenten, Deszendenten, Himmelsmitten und horoskopischen Nadire sind wie die Transite und Häuseraspekte leere, wissenschaftlich klingende Worthülsen, Hirngespinste einer überholt geglaubten Zeit. Doch was nützt alle astronomische Argumentation, wenn Sternmystiker Analogien als einzige Lebensweisheiten gelten lassen? Die Astronomie liefert Beweise gegen das mystische Sternenverständnis, mithin liegt die Ursache für das allgegenwärtige Wiederaufleben der Astrologie nicht in der Naturwissenschaft, sondern in anderen gesellschaftlichen Problemen.

     Der Jahrmarkt menschlicher Eitelkeit floriert mit dem allgemeinen Wohlstand, denn auch Eitelkeit kostet ja Geld. Dem Besitzenden öffnen sich die Konferenz- und Ballsäle, die Aufsichtsräte und die Redaktionen. So erleben wir immer wieder, dass Personen, die auf irgendeinem Sektor Herausragendes leisten, plötzlich zu allen möglichen Themen öffentlich Stellung beziehen, ja sogar trotz ihrer Inkompetenz mitentscheiden. Nicht immer sind die so in Verantwortung gehievten Stars und Sternchen schuldig, denn sie gelangen selten zu der Einsicht, dass ihr Verhalten problematisch ist. Für die Schickeria ist es allemal interessant, was der Bodybuilder S. über die Reinkarnation, die Schauspielerin K. über Esoterik, der Politiker R. über Horoskope verbreitet, ob nun auf großem Parkett oder auf einer Provinz-Party. Zwar ist man vor Ort im „kleinen Schwarzen“ oder im Frack das Übersinnliche betreffend nicht ungeteilter Meinung, doch wenn die Prominenten „da oben“ schon darüber laut spekulieren, dann „ist was dran“. Dabei zeigt uns jede beliebige Klatschspalte in den Medien, wie kaputt, wie psychisch angeschlagen diese Menschen mit dermaßen verkorksten Weltbildern sind.

     Aus dem wirtschaftlichen Konkurrenzkampf heraus haben die Medien ein Interesse an Sensationen und Außergewöhnlichem. Meldungen über eine „UFO-Landung“ oder astrologische Prognosen erwecken mehr Aufmerksamkeit als die Gegendarstellung: keine UFOs, Astrologie als Unsinn enttarnt. So betrachtet, kann man den Medien einiges Verständnis entgegenbringen. Es bleibt aber die Frage nach der Verpflichtung zur Wahrheit. Machen wir uns nichts vor: Wann immer es opportun erscheint, belügen die Medien die Öffentlichkeit „wie gedruckt“, ob nun auf Papier, auf dem Bildschirm oder über Lautsprecher. Die Öffentlich-Rechtlichen tun dies, indem sie sich von Parteien, Kirchen und sonstigen Gruppen in den Rundfunkräten einen „demokratischen Proporz“ absegnen lassen, die Privaten verkaufen ihre ganze Unseriosität allein mit der Berufung auf Einschaltquoten. Qualität wird bewusst zugunsten der Quantität abgestuft. Das kommt nicht aus heiterem Himmel. Die Nazis erkannten als erste die Massenwirksamkeit der Medien und setzten sie skrupellos ein. Die Anwender heute wissen noch detaillierter über ihre Möglichkeiten Bescheid.

     Was die verantwortlichen Verleger und Redakteure mithilfe des Okkulten betreiben, ist eine gezielte Desinformation, Massendesorientierung unter dem Vorwand demokratischer Meinungsfreiheit. In Wirklichkeit wird das Prinzip demokratischer Selbstbestimmung mit Füßen getreten, um die Vorherrschaft der jeweiligen „Meinungspäpste“ zu untermauern. Eine verunsicherte, darüber hinaus gewaltüberflutete Bevölkerung, durch astrologische Orakel verblendet, lässt sich leichter lenken.

     Es ist falsch verstandene Bescheidenheit, wenn seriöse Wissenschaftler zu all den verbreiteten Unsinnstheorien der Esoterik schweigen. Zwar weiß der Wissenschaftler um die tatsächliche Begrenztheit des menschlichen Verstandes und ist sich der steten Gefahr der Irrung bewusst, doch muss er – wer sonst? – zu den offensichtlichen Fehlinterpretationen Stellung beziehen. Das setzt freilich fachliche Selbstsicherheit und zusätzlich Zivilcourage voraus. Außerdem muss man den Gegner kennen! Das heißt, man sollte sich schon vor dem Einstieg in die öffentliche Diskussion mit den schrulligsten Argumenten auseinandersetzen. Das nun mag vielen Forschern zuwider sein, aber im eigenen Interesse bleibt der Wissenschaft kein anderer Weg als die interdisziplinäre Widerlegung des Okkulten.

     Die heute weit verbreitete schmale fachliche Spezialisierung bei abnehmender Allgemeinbildung verstärkt jedoch sogar die gegenteilige Tendenz: Auch Akademiker wenden sich verstört und überfordert an Wahrsager und esoterische Aussteiger. So gibt es sie wirklich, die Gurus als Kronzeugen mit astro-physikalischer Ausbildung. Innerhalb dieses Szenarios von Verunsicherung, Medienabhängigkeit, Glaubenslust und -frust, von zuverlässigen wissenschaftlichen Entwicklungen und zugleich technologischen Fehlanwendungen wie Überschätzungen, entpuppen sich chaotische Koalitionen. Da veranstalten Kirchen – offiziell Astrologie ablehnend – astrologische Bildungsseminare und verkünden, auch die okkulten Begabungen seien Schöpfungen Gottes. Die staatlich geförderten Volkshochschulen werden zu esoterischen Heilsverkündern, gestandene Industrieunternehmen bemühen Firmenastrologen, Politiker regieren mit astralem Zepter.

     Erzählt man das dem Normalbürger, der es eigentlich längst gemerkt haben müsste, schaut er ungläubig. Hier nur drei Nagelproben: An der Decke im Kreißsaal des neuen katholischen Krankenhauses einer deutschen Stadt empfängt ein blinkender astrologischer Tierkreis die neuen Erdenbürger. An einer süddeutschen Universität bastelt eine Astrologin unter professoraler Anleitung an einer Doktorarbeit mit astrologischem Thema. Die „Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht“ (ZFU) in Köln, Deutschland, lässt unter der Nummer 741094v einen Fernkurs „Astrologische Menschenkunde“ zu (Quelle: Pressemitteilung Deutscher Astrologenverband) und bestärkt dadurch den unzutreffenden Eindruck, Astrologe sei ein seriöser Beruf.

     Die Astrologie erlebt eine weltweite Reinkarnation in einer für sie typischen Verwirrung sämtlicher erforschter natürlicher Gesetzmäßigkeiten, als hätte die Menschheit wirklich nur dies eine Ziel: die eigene Vernichtung. Denn keine der bohrenden Zukunftsfragen lässt sich astrologisch lösen: weder der Bildungsnotstand noch die sozialen Probleme in den Industrienationen, nicht der Hunger und die Epidemien weltweit, keine Umweltzerstörung und keine Kriegsmaschinerie. Astrologie selbst bedeutet geistige Zersetzung.


© Raymond Walden