Jahrelang
wurde „Menschliches Glauben“ – ein Buch für freies Denken –
(erschienen im novum Verlag, Neckenmarkt, Wien, München, 2008) in
den Medien weitestgehend verschwiegen, entsprechend unbeachtet blieb
es auf dem Büchermarkt.
Nachdem
ich als Autor wieder über alle Rechte verfüge, erfolgt die
Veröffentlichung hier auf meinem Blog.
Damit
möchte ich im Besonderen auch verdeutlichen, wie sich die
gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Wirren aus Jahre
zurückliegenden, damals schon deutlich erkennbaren Fehlern
herleiten.
Gemäß
der Inhaltsangabe im Buch werden die Texte hier sukzessive
erscheinen.
Die
jeweiligen Blogspots tragen immer den Buchtitel als Überschrift und
nach einem Doppelpunkt die Überschrift des betreffenden Artikels mit
der Seitenzahl aus dem Originalbuch.
Hier
gleich das erste Beispiel:
Menschliches
Glauben: Hinführung (S. 5)
So
seien sie nun einmal die Menschen, sagt man, so wie die täglichen
Nachrichten sie dokumentieren: Gewalttätig, hilflos, dumm, selten
erbauend. Und weil das so ist, verteidigen wir die traditionellen
Werte und reiten uns mit fortschreitender Technologie in immer
gewaltigere Desaster. Feierliche Beschwörungen von Frieden und
Freiheit, der Menschenrechte nehmen sich im Munde manches Präsidenten
aus wie die ungenierte Ankündigung des Gegenteils, das dann unter
Berufung auf irgendeinen Gott auch nicht lange auf sich warten lässt.
Nichts
an diesem Zustand ist göttlich, denn dieser Gott wäre nichts
anderes als zustandsgemäß. Götter produzieren sich im
Entwicklungsverlauf der menschlichen Gesellschaften und werden,
vorausgesetzt, sie blockieren nicht die Gesamtentwicklung als
Sackgasse der Evolution, dereinst an Bedeutung verlieren. Dies ist
freilich ein herber Trost für die Gegenwart und nähere Zukunft,
aber ein Hoffnungsschimmer für die Menschheit überhaupt.
„Menschliches Glauben“ kann
heißen, dass es menschlich sei zu glauben. Es kann aber auch meinen,
an das Menschliche zu glauben. Beide Aspekte sollen berücksichtigt
werden, denn allzu oft steht hinter der Glaubensbereitschaft eine
gute Absicht, verbirgt sich Tragik durch die ideologische Ausnutzung
und Unterwerfung der Gutgläubigen. Andererseits erscheint es
geradezu logisch zu glauben, wenn sich klare Erkenntnisse und
eindeutiges Wissen nicht ergeben.
Entwicklungen beginnen zögerlich und
betreffen zunächst nur Teile des Ganzen. Da aber bereits gottfreie
Menschen moralisch verantwortlich und keineswegs chaotisch unter uns
leben, deutet das auf einen zaghaften Neuanfang hin. Die Menschheit
braucht keine Menschwerdung eines Gottes(sohnes), sondern hat die
Qualität der Menschwerdung des Menschen, der sich erst dann wirklich
vom Tier abhebt, wenn er die humane Ethik aus sich heraus erkennt,
akzeptiert und danach lebt.
Die
edlen Ansprüche einer humanen Ethik mögen sehr futuristisch
anmuten und stellen heutige Individuen durchaus vor schwere Proben.
Denn mehrheitlich lehnen die aktuellen Gesellschaftsordnungen eine
nicht offenbarte oder nicht indoktrinierte Ethik ab, stehen ihr
feindlich bis gewalttätig gegenüber. In einer solchen Umgebung als
bekennender Ungläubiger den Mitmenschen zu begegnen, erfordert Mut,
Ausdauer, Menschenkenntnis, abwägendes, nachsichtiges Verhalten.
Verwandte, Freunde und Bekannte sind üblicherweise in Traditionen
verwurzelt und bringen wenig Verständnis für eine humane Ethik auf.
Wie schnell wird man da zum Außenseiter – von der Überzeugung her
ist man ja auch einer. Diese Rolle sucht man sich nicht aus; die
eigene Entwicklung führt zu Erkenntnissen, zu einer
Sensibilisierung gegenüber den tatsächlichen Ursachen
offensichtlicher Fehlentwicklungen.
Glaubensfreiheit ist Teil einer
humanistischen Ethik, Glaubensaufzwingung hingegen charakterisieren
gängige Religionen. Auserwähltheit Einzelner oder gar eines Volkes
bedeutet nicht nur Unreife, sondern einen Affront gegen die
Menschheit an sich.
Die
Menschheitsgeschichte legt Zeugnis vom Leiden und Quälen ab, meist
von Menschen verursacht, weil sie vieles glauben, weniges wissen,
sich aber als Ebenbilder eines angeblichen Gottes zu Beherrschern
aufschwingen. Im Namen der Götter zählt das Individuum wenig. Der
Mensch beweist mit der permanenten Auslöschung seines „göttlichen
Ebenbildes“, dass seine Götter unmenschlich sind.
Ich
unternehme den Versuch, humane Ethik anhand von alltäglichen und
besonderen Lebenssituationen und Kommentierungen zu skizzieren. Über
einen Zeitraum von vielen Jahren habe ich immer wieder daran
gearbeitet, beobachtet, nachgedacht, formuliert, verworfen,
verbessert, geschrieben, auch sogenannte „Kosmonomische
Kommentare“, und weiter gesammelt. Die Datierungen einzelner
Beiträge verdeutlichen zumindest für unsere Epoche den exemplarisch
zeitlosen Charakter der Ausführungen.
Die
Menschwerdung des Menschen geschieht durch das reflektierte Erleben
von Indoktrinationsfreiheit, von Eigenverantwortung, von der Hingabe
an die Verstandes- wie die Gefühlsebene im Bewusstsein der
Zeitlichkeit aller Vorgänge. Dazu bedarf es eines wachen kritischen
Interesses und besonders auch der Courage, offensichtliche
Fehlentwicklungen beim Namen zu nennen, sind doch
Wahrheitsvertuschungen und demagogische Politinszenierungen
medieneffektiver denn je und verhindern gerade durch die perfide
Berufung auf Freiheit die Verwirklichung humanistischer Ideale.
Häufig nehme ich Bezug auf das
„Kosmonomischen Manifest“, das ich 2005, übrigens nicht zum
ersten Mal, in „Sentenzen von Freiheit“ vorgestellt habe und
dessen Grundgedanken ich hier anhand zahlreicher Aspekte
verdeutliche.
„Kosmonomie (Kosmos – Universum,
Nomos – Gesetz, Adjektiv: kosmonomisch oder kosmonom) verlangt
ohne diplomatische Sprachdrechselei eine weiterentwickelte faktische
Demokratie, selbstredend durch Gedankenfreiheit und somit
vorurteilsfrei, religionsfrei und gewaltfrei. Die Menschwerdung des
Menschen wird durch die bewusste Einordnung des Provinziellen in
globale und sogar kosmische Zusammenhänge angestrebt.
Jeder
Staat, jede Religion, jede Philosophie muss sich entsprechend
hinterfragen lassen. – Das ist die Herausforderung des
Menschen, denn alle drei Adressaten verweigern sich und drohen
darüber hinaus jedem Aufklärer mit Gewalt.
Während
eine globale Minderheit der Menschen immer reicher, satter und
skrupelloser in der Machtausübung wird, wächst der Leidensdruck der
Unterprivilegierten. Gelegentliche Mitleidsbekundungen, etwa durch
vergleichsweise dürftige Spendenaktionen oder zweifelhafte
Entwicklungshilfe, beruhigen die industrialisierten Gesellschaften,
die in abstumpfender Opportunität zunehmend an ihren eigenen
Problemen gnadenlosen Konkurrenzverhaltens und modischer
Gleichschaltung kranken.
Beide
jedoch, Ausbeuter wie Ausgebeutete, halten unverändert an ihren
gemeinsamen Gottheiten und Ehrbegriffen fest, die im Zuge technischer
Errungenschaften nur verheerender wirken, da wie eh und je Götter,
Religionen und Heiligtümer höher eingeschätzt werden als die Würde
des Menschen.
Derzeit ist der Überlebenskampf
aufgeklärter Individuen überall auf der Erde noch sehr schwer, wird
häufig in Anonymität geführt und auch verloren. Eine
intellektuelle Aufgabe eröffnet sich, die dem intelligenten, nicht
fachspezifisch eingeengten Wesen „Mensch“, die dem Leben an
sich Sinn geben mag.
So
sollen die folgenden Ausführungen in ihrer Themenvielfalt den Leser
zu eigenem Gedankenreichtum anregen und vor allem das, wie ich meine,
Wesentliche an humaner Menschlichkeit vermitteln: Wachsamkeit im
Hinblick auf die Freiheit, Achtung, Gleichberechtigung und
Selbstbestimmung in Gewaltlosigkeit.
©
Raymond Walden