Freitag, 29. Mai 2020

Menschliches Glauben: Abstand (S. 88)


August 1998

Abstand zu halten, mag nicht nur bedeuten, Anstand zu bewahren – etwa im Straßenverkehr oder am Bankschalter – , sondern kann auch ein tiefer verankertes Sozialverhalten kennzeichnen: Überlegungen, gar Überlegenheit, im Abstand zu den Dingen, zu den Lebensphänomenen und folglich auch zum Ich. Abstand meint dann nicht Abseits oder Rückzug, denn der Abstandhaltende gewinnt an Überblick, der die eigene Vorsicht untermauert und natürlich auch zu Absagen, Stornierungen, Aufkündigungen führen kann, wohl aber kaum im Sinne von Resignation. Gerade die Kühle des Kopfes ist geeignet, leidenschaftliches Engagement zu begründen, eine Hingabe nicht mit billigem Fan-Gehabe, die auch keineswegs mit konservativem Patriotismus oder Nationalismus verwechselt werden möchte – und schon gar nicht mit moralisch-religiöser Überhöhung oder Unterwerfung.
     Abstand zu taxieren, erfordert klare Bewusstseinsvorgaben, um, bleiben wir beim Bild des Straßenverkehrs, vorausschauend zu fahren. Stets muss ich mit der Unzulänglichkeit, ja Dummheit anderer Straßenbenutzer rechnen. Die Möglichkeit eines technischen Versagens, die Berücksichtigung landschaftlicher und meteorologischer Gegebenheiten sowie meiner eigenen Fehlbarkeit in der Beurteilung aller zuvor genannten Gesichtspunkte können eine sachliche, selbstsichere Fahrweise zur Selbstverständlichkeit werden lassen, die aber niemals alle Risiken ausschließt. Insofern führt dieser verkehrstechnische Gedankenausflug zur allgemeinen Feststellung, dass sich Risiken nur minimalisieren, nicht abschaffen lassen.
     Mir scheint, dass diese Binsenweisheit von den meisten Menschen verdrängt wird. Deshalb gehen viele Zeitgenossen zwar auf Abstand im Sinne von „sich da raushalten“, glauben in einer derartigen Beziehungslosigkeit sicher zu sein – besonders wenn sie auch gegen jedes und alles versichert sind –, merken aber nicht, wie sehr gerade sie mittendrin stehen im oberflächlich nivellierenden Massentrend. Direkt gesteuert durch Werbung, politische Anmache, ideologische Missionierung und krankhaft kokettierende Eitelkeit, schrumpft der Abstand auf jene Minimalität, die sogenannte Steher einhalten, wenn sie auf ihren Rennrädern hinter einem Temposchrittmacher herjagen.
     Dies ist ein Grund für die irrationale Schnelllebigkeit, für die Vergesslichkeit, die zum Beispiel Wahlversprechen so wertlos macht. Noch einmal: Abstand meint nicht Abwinken, Teilnahmslosigkeit, wohl aber Distanz zur Subkultur, ganz besonders auch, weil dieses Phänomen der geschwätzigen Viellaberei mehr und mehr Einzug hält gerade in regionale, vielleicht nicht ganz so profilierte Stadtratsköpfe, die sich sogar bei der Abwasserbeseitigung auf ihre jeweiligen Gurus Joschka, Gerd oder Helmut berufen, sich gar vom Papst gesegnet fühlen. Abstand meint Feinfühligkeit, Respekt oder anders formuliert, niemandem zu nahe zu treten. Dies wiederum erfordert Takt. Doch welcher dieser Egoisten, aus denen die Masse sich zusammensetzt, kennt diesen Terminus überhaupt noch?
     Nun vernehme ich schon die Kritiker: „Der macht alles madig.“ Irrtum, ein Madigmacher hätte nämlich längst resigniert. Ich kenne immerhin einige Leute, die nicht aufgeben, die aktiv hart am Ball sind, weil sie begriffen haben, dass Lebensqualität in erster Linie heißt, feinfühligen Abstand zu erzeugen, zu wahren, Respekt entgegenzubringen, der Falschheit aber entschlossen zu begegnen, um die Grundlage eigener Besonnenheit zu erhalten. Ein Friedensprinzip!


© Raymond Walden





Mittwoch, 27. Mai 2020

Menschliches Glauben: Kann denn Liebe Sünde, Atheismus etwa realistisch sein? (S. 87)


August 1998

Ich befürchte, beides bejahen zu müssen. Mein Unbehagen bei dem Gedanken wird belebt durch den Dualismus Sünde - Realismus, denn ich kann zwar dieser Sünde absprechen, dass sie im Realen begründet liegt, damit verschaffe ich dem Atheismus, dem Freisein von Religion, aber keineswegs Bedeutung im Hier und Jetzt, denn die Wirklichkeit in unserer verkommen spiritualisierten Gesellschaft besteht im fortwährenden Sündigen in den Fesseln eines praktizierten Anti-Atheismus: Wie sollte man denn alle wirklichen Geheimnisse des Lebens, Zeugung, Geburt und Tod, schon anders beschreiben als mithilfe von Spiritualität, sprich Religiosität? Und ist Verliebtsein nicht göttlich? – Doch sind es nicht Blindengötter, im jeweiligen Augenblicke die umnebelten Visionen von dem einen, eigenen Gott, der sich, wie nicht nur der Scheidungsalltag lehrt, zu oft als Traumgebilde erweist? Innerhalb solcher Multivision, die dann auch noch persönliche Urheberrechte geltend macht, verwechseln die Paare systemkonform Liebe, Eros und Sex, übergewichten und unterschätzen, sodass sich Psychotherapeuten jeglicher Art Gewinn schöpfend die Hände reiben.
     Ich pointiere: Eine Partnerschaft, die nur auf Sex aufbaut, ist oberflächlich. Eine tiefere Partnerschaft, die wie auch immer am Sex zerbricht, hat die eigentlich beanspruchte Qualität nie besessen. Der Atheist könnte hilfreich erklären: Sex ist das eine, Liebe das Erstrebenswertere, kommen beide zusammen, dann ....
     Ersparen wir uns hier die phantastischen Welten, nicht etwa um sie zu leugnen, sondern im Sinne von Humanismus, also von Gleichberechtigung und Menschenachtung, ganz bescheiden einzugestehen, dass die Masse der Weltbevölkerung mit dem Weltbild „Atheismus“ hoffnungslos überfordert ist. Atheismus erfährt seine Realität nur unter Aufgeklärten, denn was nützt das sachliche Weltbild im Wust esoterischer Religionen!
     Was nützt Humanismus, was nützen klare menschliche Vorstellungen, Wünsche, wenn Götter menschlichen Ursprungs – menschlich heißt in dem Fall „irrfähigen, fehlerhaften Charakters“ – quasi aus ihrer Phantasiegeburt heraus über auch nur einen Menschen erhoben werden? Die moralischen Instanzen des Atheisten heißen Menschenachtung, Bildung und Ehrlichkeit. Wer den Menschen achtet, wird sich mit Interesse bilden, beides wichtige Voraussetzungen für Ehrlichkeit – nicht nur gegenüber den Menschen, sondern in Bezug auf die gesamte Natur. Atheismus wird allgemein menschenfreundliche, moralische, also wertverbindliche, Instanz aus Einsicht – nicht Diktat! Atheismus wird real und jede Sünde im Zusammenhang mit Sex wird irreal, so Menschenachtung das Empfinden und Handeln bestimmt. Eingestandenermaßen eine Zukunftsvision: Dogmatismus und Eifersucht werden verifiziert als erniedrigende, von Religion begünstigte Relikte, zum Ablegen bestimmt.
     Keine Realität lebt ohne die Vision – Vision aber meint nicht Halluzination. Alles klebt förmlich an der Frage: Wird nicht nur das Individuum, sondern wird vor allem auch der Massenmensch genügend Verstand entwickeln? Ich traue im gegenwärtigen Standium der Evolution der Masse wenig zu, denn Entwicklung allgemein stützt sich nicht auf das passive Element, sondern lebt von Aktivisten.


© Raymond Walden 


 

Freitag, 22. Mai 2020

Demokratie, du bist es gar nicht


Das Theaterstück ist aus,
der Vorhang fällt,
üblicherweise folgt Applaus,
nicht jedoch in einer Welt,
die nichts Genaues weiß
und deshalb panisch reagiert;
egal zu welchem Preis,
es werden Freiheitsrechte ausradiert.

Da unten im Plenum kein Publikumsgesicht,
ein Paar Techniker nur für Kamera, Ton und Licht.
Kein Chor auf der Bühne,
dass sich ja keiner erkühne,
zu "nahezukommen" den „Infizierten“,
den Vermuteten, kaum Identifizierten!
Man folge „Experten“, ideologisch klassifizierten,
und nicht dem wissenschaftlich Manifestierten,
sondern wechselnden Meinungen, den redundant insistierten,
der Spekulation, der Angst und Panik von Hysterisierten.

Wie kommt es, Demokratie,
hast du dich selber verraten in all den Jahren?
Wird jetzt deutlich dein Versagen,
deine Sorglosigkeit im Wachstumswahn, in Gigantomanie?
Wie bist du mit den Armen der Welt verfahren,
was kümmert dich dein eklatantes Fehlbetragen
gegen Menschlichkeit, gegen Achtung von Tier- und Pflanzenwelt,
gegen Luft, Wasser, Grund und Boden?
Alles für Geld!
Alles für hinterhältig konstruierte Antipoden!

Neue Normalität“ nennst du dein konzeptloses Gezappel im weiteren Verlust deiner Identität.
Kennst du dich eigentlich noch selbst in anachronistischer Nationalität,
in überrüsteter Gewaltherrschaft und propagandistischer Verkommenheit?
In selbstüberzogener Benommenheit?

Es scheint, Demokratie, du warst nie ganz da;
und ich glaubte an dich, täuschte mich:
Du bist gar nicht du!

Demokratie müssen wir Menschen erst noch ins Dasein bringen
in ehrlichem, gesundem, in friedlich-kosmonomisch-intelligentem Ringen.
Wir haben eine Perspektive.




Donnerstag, 21. Mai 2020

Menschliches Glauben: Bibelsprüche für Johannes Rau (S. 86)


Mai 1998

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR II) forderte am 22.5.1998 seine Hörer auf, zum Abschied Johannes Raus von seinen politischen Ämtern passende Bibelsprüche zu faxen. Bemerkenswert, denn auch so lässt sich die staatlich-kirchliche Verquickung dokumentieren, für die nicht nur Johannes Rau ein Paradebeispiel ist.
     Machen wir uns nichts vor, für den beispiellosen Verfall der Hauptschulen in NRW ist dieser christliche Mann mitverantwortlich und für die Augenwischerei mit der angeblichen Chancengleichheit durch die Gesamtschule ebenfalls. In seiner Regentschaft verschlechterten sich die Bedingungen nicht nur für die Schüler, sondern auch für die (angehenden) Lehrer, für Studenten und Hochschullehrer. NRW war einmal die Nummer 1 unter den Bundesländern; unter Rau ging diese Position verloren.
     Der Abschied des Mannes, dem Ehrlichkeit und Fleiß nicht abzusprechen sind, produziert eine unerträgliche Gleichschaltung der öffentlichen Meinungsmacher, wenn etwa in der „Neuen Westfälischen“ vom 23.5.1998 die Überschrift „Der Junge kommt von der Kirche“ prangt und dann alle möglichen mehr oder weniger wichtigen Leute sich überwiegend in Lobeshymnen ergehen, die bei Friedhelm Ost gipfeln: „Das Werk von Johannes Rau sollte nach biblischem Maß bewertet werden.“ Bei so viel indifferentem Personenkult und salbungsvollen Reden auf dem SPD-Sonderparteitag, selbst von jenen Leuten, die Raus Rücktritt vorangetrieben haben, denke ich unwillkürlich an „Selig die Armen im Geiste“.
     Nun soll Rau auch als Nachfolger von Bundespräsident Herzog gehandelt werden. Das weist sogar einige Logik auf: Ein weithin gewürdigter Sonntagsredner übergäbe sein Amt an einen bibelfesten Prediger, auf dass Staat und Kirche weiterhin kungeln mögen.


© Raymond Walden




Dienstag, 19. Mai 2020

Menschliches Glauben: Religion Fußball (S. 85)


Mai 1998

Der Provinzclub Kaiserslautern wurde deutscher Fußballmeister und verwies die Finanzgiganten aus Bayern auf Platz zwei. Die sogenannten Fans vom Betzenberg unterscheiden sich allerdings keineswegs von denen der Weltstadtkicker, denn im Siegesrausch offenbarten sich einige der schwarzweiß getüpfelten „Großkopferten“ als das, was das Fernsehen denn auch gern wirkungsvoll ins Bild rückt: sinnentleerte arme Gestalten, die den FCK und seine Siege zu ihrer „Religion“ gemacht haben, für die sie - so wörtlich – „über Leichen gehen“. Natürlich freut sich der Zirkus „Profifußball“ über derart nützliche Idioten, das Fernsehen und die darin Werbenden profitieren allemal von solch gestandener Religiosität.
     Nur noch wenige Tage bis zur Seligkeit der „Weltmeisterschaft“ in Frankreich, wenn dann auch noch der Klang der Nationalhymnen die Religion Fußball zu dem erhebt, was ihre geldschweren Drahtzieher anstreben, nämlich Geld und Pathos für noch mehr Geld, freilich nur im Interesse der Fußballgläubigen. Und es gibt sie ja wirklich, die armen Nationen, in denen ein Sieg der Gladiatoren den alltäglichen Kummer der Menschen für ein paar Stunden vergessen macht.
     Doch bleiben wir fair gegenüber dem Fußball; er übernahm doch nur jene Mechanismen, die in allen möglichen Bereichen unserer Gesellschaft, nicht zuletzt bei unseren Politikern, von denen einige ja auch im Fußball mitmischen, als „gesunder Wettbewerb“ bezeichnet werden.


© Raymond Walden




Freitag, 15. Mai 2020

Menschliches Glauben: Demagogie Talkshow (S. 84)


Mai 1998

Als hätte es nun wirklich auch noch der seichten „Sabine Christiansen“-Talkshow bedurft, um über die allgemeine Niveaulosigkeit deutscher Fernsehtalkshows am Nachmittag – die abendlichen wurden ausgespart – zu diskutieren. Gewichtig wurde besagter Umstand hinterfragt, um im Zuge dessen Medienvertretern sogar die Gelegenheit zu bieten, den geballten Unsinn als demokratische Freiheit zu verteidigen und den Eltern die Aufgabe zuzuschieben, ihre Kinder vor solchen Sendungen zu bewahren oder sie erst nach entsprechend kritischer Vorbereitung dem Wust nachmittäglicher Talkshows zu überlassen. Selbst die Schulen hätten da eine Aufgabe. Im Klartext heißt das ja wohl, das Fernsehen darf Unseriöses massenweise ausgießen und Eltern wie Lehrer (die jüngeren selbst schon Opfer der TV-Weltverzerrungen) haben gefälligst für ein einwandfreies Erziehungsklima zu sorgen! Ein Blick auf die Finanziers und Macher (Verlage und Medienkonzerne) und ihre politischen Verflechtungen verdeutlicht die Verlogenheit des gesamten Presse- und Rundfunkwesens in Deutschland nach amerikanischem Vorbild. Demagogie pur!
     Wussten Sie übrigens, dass der Medienzar Kirch und Bundeskanzler Kohl Duzfreunde sind und Kohl die Fusionspläne von Kirch und Bertelsmann unterstützt? Gegen eine solche (Kon-)Fusion wären alle öffentlich-rechtlichen Anstalten und die anderen privaten Anbieter wettbewerbsunfähige Familienbetriebe. Auch hier zeigt sich das wahre Demokratieverständnis des Herrn Kohl – im Hinblick auf Mediengleichschaltung, Gewaltfreiheit auf dem Bildschirm usw.


© Raymond Walden



Mittwoch, 13. Mai 2020

Pandemische Weltversponnenheiten


Die Leugner des demokratischen Gesprächs- und Diskussionsbedarfs sitzen in Regierungen, Ämtern, Parlamenten und Redaktionen und zersetzen die Demokratie besonders durch das penetrante Verleumden oppositioneller Ansichten als „rechtsradikal“, als „Verschwörungen“, als gegen den Staat gerichtet.

Mit Sprache zu jonglieren, Zahlen zu verdrehen, Zahlen subjektiv zu frisieren, sie zu ideologisieren, bedeutet rundum Unberechenbarkeit, Unzuverlässigkeit, Unfähigkeit und mehr noch: Unlauterkeit.

Es gibt Institute mit berühmten Namen, die eben ihrem jeweils eigenen Namen die Ehre abschneiden.

Pandemie zeichnet neben dem Tod eine zweite grässliche Fratze: das Potenzial totalitärer Verblödung mit naiver Dummheit im Vorhof der Zivilisation.

Verschwörungstheorien entstehen in kranken Gehirnen und besonders durch scheindemokratische Propaganda, die keine freiheitliche Kritik duldet.

Vor- und Nachbeter der Dummheit treten immer wieder sogar pandemisch auf.

Sie opfern sich auf den Altären ihrer pandemischen Dummheit.

Schuldig sind immer die anderen, niemals die eigene Wachstumsdekadenz, die ungenierte Ausbeutermentalität, das gewaltsame Vorherrschaftsstreben, der Missbrauch von Wissenschaft und Technologie, das Propagieren von Pseudowissenschaft, die Schändungen von Mensch, Tier und Natur!

Nie ist die Menschheit vor (Hexen-)Wahn gefeit, solange es an freiheitlicher Aufklärung fehlt.

Alles Maulkorbmaskerade!
Und Demokratie tanzt – länger schon – je nach Landesfürst willkürlich auf dem sinkenden Schiff ins pandemische Requiem.



Montag, 11. Mai 2020

Menschliches Glauben: Wider den tierischen Ernst ... (S. 83)


Februar 1998

oder: Selbst im Karneval hat der opportunistische Schwachsinn Methode, wenn Politiker für ihren angeblichen Humor in den Aachener Albernheiten-Orden aufgenommen werden. Unabhängig von der politischen Couleur pflegt man sich gegenseitig zu hofieren, zu applaudierend, einander zuprostend und ach so lustig demokratisch. Im echten Sinne ein Narrenclub, stets telegen in Szene gesetzt. Die sich so possenhaft Offenbarenden vergessen selbst in der Bütt den Wahlkampf nicht, denn auch Narrenvolkes-Stimme schafft die Grundlage für das Regieren. Die Ordensritter gehören jener Gattung von Menschen an, die sich auch in Verbänden, Kirchen, Aufsichtsräten eingenistet hat; sie repräsentieren das gesellschaftliche Spektrum der „Meinungsvielfalt“.
     Unwillkürlich schweifen meine Gedanken zu der Institution Fernsehen, die ja im öffentlich-rechtlichen Rahmen auch von derartigen Leuten gesteuert wird. Könnte man sich nicht rundum geborgen fühlen, wo doch ein Theologe die Nachrichten verliest und ein anderer wie eine Fliege durch alle esoterischen Sparten summt? Und welch ein erhebendes Gefühl, predigt im Fernsehgottesdienst die Vizepräsidentin des Bundestags von der Kanzel herunter in ihrer angestammten Rolle als Pfarrerin. Trotzdem werden auch an diesem Tag im Fernsehen erneut zahlreiche unterhaltsame Morde dargeboten, Gefühle und „Seelen“ vor allem junger Menschen verroht – als Antwort auf deren eventuell später verübte Verbrechen wird dann vielleicht doch die Todesstrafe hermüssen!
     Der Tod, das ist offensichtlich, stellt eine Option für die Religionen und ihre Verbündeten dar. Seine Bedeutung wird thematisiert und festgeschrieben. Das Recht auf ein humanes Leben wird von Leuten dieser Prägung, ob auf der Narrenbühne, der Kanzel oder im Parlament, kaum logisch begründet, weil spiritistische und Macht begründende Gottheiten ihre eigene, lockere Auslegung von Humanität haben.
     Ich unterstelle nicht einmal in jedem Falle bösen Willen, denn auch diese Leute sind aus unserem Erziehungssysteme hervorgegangen. In NRW sind viele Grundschulen Bekenntnisschulen (welch ein Anachronismus!); die Eltern, auch jene, welche nicht der jeweiligen Schulkonfession angehören, werden demnächst schriftlich erklären müssen, dass ihre Kinder am Religionsunterricht teilnehmen. Wer das nicht möchte, kann sein Kind zu einer „Gemeinschaftsschule“ schicken, die mitunter weit entfernt ist. Schon jetzt ist absehbar, dass sich in den zuletzt genannten Schulen eine „Multi-Kulti-Szene“ mit allen Problemen entwickeln wird, während in den konfessionell konformen Bildungseinrichtungen die „Elite“ im Geiste Gottes behütet heranwachsen kann.
     Eine feine Gesellschaft – eben wider den tierischen Ernst.


© Raymond Walden




Freitag, 8. Mai 2020

End of War


Raymond Walden, Avignon - France, 2019


The eighth of May 1945:
War was over, so we are told,
but was it?
It was the year I did arrive,
soon I'll be 75
and, of course, I've considered it
all my life growing old.

Did you ever hear of a peace treaty, about its signing?
Can you mark one year after without war?
Proxy wars are stirred up by former victors till now, very undermining
and tormenting the world at many places as ever before.

Though I was born into this ruined Germany,
had to flee later from East to West,
where I experienced freedom and Human Rights' philosophy,
I've lived, for sure, in a democracy – one of its best!
So I feel grateful to all people in the world, where so ever,
who struggle for liberty, honesty and emancipation.
I would support no discrimination and warmongering, never!
I stand up for true humanity, solidarity and education.

But I recognize democracy worldwide is dying,
money, nationalism, weapons and violence are ruling instead,
preachers and ideologists are denying
what is going on in a real peace-loving head.

I feel free to honor all heroes of consequent liberty
and dedicate to them all – famous and unknown ones – 
my document of peace and dignity
by this Blog of Cosmonomic Philosophy.

May enlightenment improve
and prevent war by wisdom and empathy.
Where, otherwise, would we move
in this present pandemic agony?



Mittwoch, 6. Mai 2020

„Verglauben“


Sie kennen das Verb „verglauben“ nicht, so will ich es Ihnen vorstellen. Denn es ist meine eigene Wortschöpfung, um eine bestimmte menschliche Handlungsweise, auch eine Haltung zu kennzeichnen.
Gehen wir vom bekannten „glauben“ aus, eröffnen sich drei Glaubensarten:
  1. Jemandem glauben = vertrauen
  2. Das Eintreten einer Realität vermuten => Erfahrung, Wissen, Beweisführung, Kausalität, Objektivität
  3. Irreales als Realität gleichsetzen => Religion, Esoterik, Aberglaube, Ideologie
Verglauben“ drückt jeweils die Bedingungslosigkeit (wider alle Vernunft) aus, mit der solchem Glauben die Treue gehalten wird, deutlicher gesagt: die totale Verfallenheit, die Besessenheit, die Unfähigkeit des Zweifelns, die Unbelehrbarkeit, die Fesselung bis zur Selbstaufopferung, Selbstzerstörung durch Dogmatisierung.
In der Variante 3) kommt ein offener Drang oder verdeckter Hang zur Missionierung hinzu, die deutlich eine sinnvolle und für die Gemeinschaft so fruchtbare Diskussionskultur überschreitet und verletzt.

Das Verglauben steht in Verwandtschaft zu: sich verlaufen, sich verrennen, sich verirren, sich verbeißen, sich zerreißen. Auch Adjektive wie vernagelt, indoktriniert, versklavt, hörig, unmündig, verblendet, „verpeilt“ und verwirrt finden sich in unmittelbarer Nachbarschaft.

Menschen verglauben sich sowohl absichtlich wie unbeabsichtigt, in guter wie niederträchtiger Intention, häufig aus Bequemlichkeit, in Gedankenlosigkeit, aber auch aus Opportunität, in vorauseilender Pflichterfüllung, aus Neid und Hass, Nationalismus, Rassismus und dem Dünkel von Auserwähltheit.

Sich zu verglauben meint also, sich – aus welchem Grund immer – gegen die objektive Wirklichkeit zu positionieren und aus dieser Scheinwelt gegebenenfalls die Wirklichkeit bis auf das Grausamste und Verachtendste zu fälschen.
Fake“! Sic.
Wird nun solche Fälschung regierungsmächtig, wie es traditionell gang und gäbe ist, übernimmt die Fälschung den Status der Realität und gilt als „wahr“.
Ein Ausweg aus dieser Welttragödie ist nicht in Sicht, denn die Menschheit, überheblich, wie sie sich gerne gibt, steht offensichtlich noch auf tiefen Sprossen ihrer Entwicklungsleiter. Ich spreche gerne vom „Interimsmenschen“.
Die überfliegenden Fortschrittspropagandisten verglauben sich ebenso wie die gestrigen fundamentalistischen Kreationisten.
Fern einer weit aufgefächerten Aufklärung kann es aber nur ein Verglauben geben, geradezu exemplarisch im Jahre 2020 vorgeführt durch die Covid-19-Pandemie. „Man“ hat sich rundum verglaubt in einer „verwahnt“ einigen Uneinigkeit. (Und damit habe ich gleich noch ein weiteres eigenes Wort erwähnt.)

Das Verglauben wie die Verwahnung sind bereits exzessiv aktiv, die freiheitliche Grundordnung zu zerstören, da die Massen in Meinungsumfragen den Saboteuren schon zu absoluten Mehrheiten verhelfen – ein untrügliches Signal, dass die Demokratie im „Fake“ versinkt.
Ich möchte es wie folgt beklagen:
Gute Nacht, Deutschland, schlafe aus und erwache!
Die Welt um dich, Deutschland, ist freilich nicht besser, du aber hättest Potenzial genug, sie hilfreich zu inspirieren, stattdessen baust du ab und verglaubst dich seit längerem in seltsamen ideologischen Verwahnungen.
Als Kosmopolit, als Kosmonom kann ich dir geistig nicht folgen.




Montag, 4. Mai 2020

Lebensart


Alles schon hat der Mensch in tausenden Generationen gedacht,
besprochen, beschrieben, besungen, gemalt, modelliert,
berechnet, gebaut – gefürchtet, gehofft.
Mir bleibt eigentlich immer nur ein zaghaftes Dacapo,
das ich auf einem weiten philosophischen Meer anstimme,
dessen ferne Gestade mir kosmonomisch zu fluoreszieren scheinen:
wo Flut und Felsen Frieden finden, feinen Sand formen
und freundliche Menschen ihr Leben lieben.

Ein ehrlicher Aphorismus,
angeregt in wohliger Schlafunterbrechung des Nachts,
ausgeschlafen notiert am Morgen danach,
ist mir Sonnenaufgang, aufmunternde Morgenluft,
Kaffeeduft und Frühstücksei.
Dann noch rasieren
und der Tag mag reüssieren, mir zu Diensten sein.
So lebe ich und liebe es,
will mich freiheitlich nützlich machen.



Freitag, 1. Mai 2020

Es kam der Mai 2020


Mit Unverstand
ruiniert man Stadt und Land,
weltweit,
zu dreisten Notverordnungen bereit,
Angst und Panik erzeugend,
Verfassung und Menschenrecht beugend,
über Kompetenz und Fürsorge lügend,
ganze Völker betrügend.
Zum eigenen Machterhalt
miemt man Sachverstand im Medienwald,
kreiert Chaos aus taktischem Hinterhalt,
phantasiert listig vom „Miteinander“
und regiert regional-ideologisch gegeneinander.

Der Mai ist gekommen,
Polit-Blüten arten aus,
da bleibt man erzwungen, befohlen
mit Sorgen zu Haus:
Ein Thema nur noch, eine Melodie:
Pandemie, Pandemie, Pandemie!

Wirklich krank aber sind sie zahlreich an und in Massenhysterie.

Sei wachsam“ (Reinhard Mey),
ich füge hinzu: „Seien Sie achtsam“
und rege Veränderungen an, nämlich Kosmonomie;
lange schon, im umfassenden Denken:
Lesen Sie zwanglos in meinen Archiven,
lassen Sie Aufmerksamkeit auf sich, Ihre Lieben – auf uns lenken,
täuschen Sie sich nicht länger, verletzen Sie sich nicht,
erkranken Sie nicht im Angesicht von windigen Motiven.

Der „Wonnemonat Mai“, besonders 2020, sei uns unbenommen,
er lasse mündige Menschen zur Besinnung kommen:
auf Freiheit und Demokratie,
auf Rechtsstaat und lebendige Philosophie;
auf Bevormundung und Diktatur nie!