Mai
1998
Der
Westdeutsche Rundfunk (WDR II) forderte am 22.5.1998 seine Hörer
auf, zum Abschied Johannes Raus von seinen politischen Ämtern
passende Bibelsprüche zu faxen. Bemerkenswert, denn auch so lässt
sich die staatlich-kirchliche Verquickung dokumentieren, für die
nicht nur Johannes Rau ein Paradebeispiel ist.
Machen wir uns nichts vor, für den
beispiellosen Verfall der Hauptschulen in NRW ist dieser christliche
Mann mitverantwortlich und für die Augenwischerei mit der
angeblichen Chancengleichheit durch die Gesamtschule ebenfalls. In
seiner Regentschaft verschlechterten sich die Bedingungen nicht nur
für die Schüler, sondern auch für die (angehenden) Lehrer, für
Studenten und Hochschullehrer. NRW war einmal die Nummer 1 unter den
Bundesländern; unter Rau ging diese Position verloren.
Der
Abschied des Mannes, dem Ehrlichkeit und Fleiß nicht abzusprechen
sind, produziert eine unerträgliche Gleichschaltung der öffentlichen
Meinungsmacher, wenn etwa in der „Neuen Westfälischen“ vom
23.5.1998 die Überschrift „Der Junge kommt von der Kirche“
prangt und dann alle möglichen mehr oder weniger wichtigen Leute
sich überwiegend in Lobeshymnen ergehen, die bei Friedhelm Ost
gipfeln: „Das Werk von Johannes Rau sollte nach biblischem Maß
bewertet werden.“ Bei so viel indifferentem Personenkult und
salbungsvollen Reden auf dem SPD-Sonderparteitag, selbst von jenen
Leuten, die Raus Rücktritt vorangetrieben haben, denke ich
unwillkürlich an „Selig die Armen im Geiste“.
Nun
soll Rau auch als Nachfolger von Bundespräsident Herzog gehandelt
werden. Das weist sogar einige Logik auf: Ein weithin gewürdigter
Sonntagsredner übergäbe sein Amt an einen bibelfesten Prediger, auf
dass Staat und Kirche weiterhin kungeln mögen.
©
Raymond Walden
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