John
Steinbeck hat erst recht heute allen im weitesten Sinne
Militär-Sympathisanten etwas zu sagen; in seinem Roman „Jenseits
von Eden“ schenkt ein Vater (Cyrus) seinem Sohn Adam klaren Wein
über das Militär ein.
„...
Du wirst bald eintreten – du bist nun in dem Alter dazu.“
„Ich
will nicht“, sagte Adam hastig.
„Du
wirst bald eintreten“, fuhr der Vater fort, ohne auf ihn zu hören.
„Aber ich will dich vorbereiten, damit du nicht erstaunt bist.
Zuerst wird man dir deine Kleider ausziehen, aber man wird noch viel
weiter gehen. Man wird dir auch das geringste Gefühl von Würde
abziehen, das du hast. Du wirst das verlieren, was du für das dir
zukommende Recht hältst, daß du in Anstand dein Leben führen
darfst und daß man dich dein Leben für dich allein führen läßt.
Man wird dich zwingen, in nächster Nähe anderer Menschen zu leben,
zu essen, zu schlafen und zu scheißen. Und wenn man dich dann neu
eingekleidet hat, dann wirst du dich selbst nicht von den anderen
unterscheiden können. Du darfst nicht einmal einen Fetzen tragen
oder einen Zettel an deine Brust heften, um auszudrücken: ' Das bin
ich – ich bin anders als die andern …' “
„Ich
will nicht hin“, sagte Adam.
„Nach
einiger Zeit“, sagte Cyrus, „wirst du keinen Gedanken haben, den
die anderen nicht haben. Du wirst kein Wort wissen, das die anderen
nicht sagen könnten. Und du wirst dies und das tun, weil die anderen
es tun. Du wirst merken, welche Gefahr in jeglichem Unterschied
beschlossen liegt, eine Gefahr für die ganze Masse gleichdenkender,
gleichhandelnder Menschen.“
„Und
wenn ich es nicht tue?“ fragte Adam.
„Ja“,
sagte Cyrus, „das kommt manchmal vor. Hin und wieder tritt einmal
einer auf, der nicht tun will, was von ihm verlangt wird. Weißt du,
was dann geschieht? Dann widmet sich der ganze Apparat kalt der
Ausrottung dieser Regelwidrigkeit. Mit Stahlruten geißeln sie deine
Seele und dein Nervensystem, dein Leib und dein Geist werden
geschlagen, bis die gefährliche Regelwidrigkeit aus dir
herausgeprügelt ist. Wenn du dann noch immer nicht klein beigibst,
dann speien sie dich aus und lassen dich stinkend draußen liegen,
weder zu ihnen gehörig noch freigelassen. Es ist gescheiter, sich
ihnen anzugleichen. Sie tun das ja bloß zum Selbstschutz. Etwas so
sieghaft Unlogisches, etwas so herrlich Sinnloses wie eine Armee darf
keine Frage zulassen, die sie schwächen könnte. ...“
Quelle:
Steinbeck, J. , Jenseits von Eden, Lizenzausgabe für den Bertelsmann
Lesering mit Genehmigung des Diana Verlages Zürich, ©
by Diana Verlag Zürich, Gesamtherstellung Mohn & Co GmbH,
Gütersloh, Buch Nr. 5040, S. 35, 36
Ein
klarer Verstand hat dem wohl nichts hinzuzufügen, vielleicht aber
eine kleine Interpretationshilfe: In einem Krieg bekämpfen sich auf
beiden Seiten so sieghaft
unlogische, so herrlich sinnlose Armeen, die keine Frage zulassen,
die sie schwächen könnte.
Aufrüster und Kriegstreiber verteufeln genau die
Grausamkeiten, Gräueltaten
und Kriegsverbrechen der Gegenseite, die auf der eigenen Seite
rundheraus geleugnet, aber tatsächlich als Siege angestrebt und
gefeiert werden.
Diese
Bewusstseinsspaltung stellt alles andere dar als die Verteidigung von
Zivilisation, von Aufklärung, Intelligenz und freiheitlicher,
demokratischer Humanität. Sie ist ein Rückfall in die Barbarei.