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Freitag, 17. Juli 2020

Menschliches Glauben: 3. Bildung, Wissenschaft (S. 113)


Über Wissenschaft

1999

Religionen streiten erbittert untereinander und es gibt genügend Dogmatiker, die ähnliche Konflikte sogar in die Wissenschaft hineintragen und damit beiläufig die Richtigkeit der Evolutionstheorie beweisen, welche die Herkunft des Menschen aus primitiven Lebensformen ableitet. Alle Zeichen sprechen dafür, dass die Entwicklung zum Menschen hin noch sehr im Anfangsstadium verweilt, denn was in der Tierwelt äußerst selten und auch nur bedingt vorkommt, offenbart sich beim Menschen in vielen Kulturen: Er ist sich selbst der ärgste Zerstörer, er untermauert fortwährend seine innerliche Entfernung zur viel beschworenen Menschenwürde, denn gesunde Instinkte und Triebe bekämpft er mit bisweilen geistlosen Bewusstseinsverrenkungen.
     Streit bedeutet nicht von vornherein Zerstörung, sondern erscheint auf bestimmten Ebenen sinnvoll; erinnert sei an das rivalisierende Brunftverhalten in der Tierwelt, wodurch sich nur die stärkeren, gesunden Individuen für die Fortpflanzung qualifizieren. Auch innerhalb der Wissenschaft erweist sich eine interne Streitkultur als im wahren Sinne fruchtbar. Rivalitäten erhöhen die Forschungsanstrengungen und führen auch zu konsequenten Korrekturen, so sich eine These objektiv als fehlerhaft erwiesen hat.
     Wissenschaftlicher Zwist und Religionskonflikte sind grundsätzlich von verschiedenem Charakter, geht es doch im Bereich der Forschung um objektivierbare Weiterentwicklung, im Umfeld der Religionen hingegen um die dogmatische Verteidigung oder Durchsetzung glaubensbedingter Behauptungen über Nichtexistierendes oder Nichtbewiesenes.
Immerhin konstatierte die katholische Kirche anlässlich der zögerlichen Rehabilitierung Galileis, dass es eine objektive wissenschaftliche Wahrheit gäbe – freilich neben einer sogenannten Offenbarungswahrheit. Zwei Wahrheiten also! In der praktischen Auswirkung bedeutet dies Bewusstseinsspaltung, eine ausgekochte Methode des Prinzips „Teile und herrsche!“ Die „Teilung“ in Form von Verunsicherung findet vornehmlich in den Köpfen der unzähligen Gläubigen statt, während bei den Herrschenden so die Teilhabe an der Macht der Religion gefestigt wird.
     Die Wissenschaft verharrt traditionell in ähnlichen Abhängigkeiten, sodass einzelne herausragende Wissenschaftler aus einer distanzierten Weltsicht heraus ebenso wie aus Opportunität bestimmte Weltanschauungen öffentlich unterstützen. Da konkurrieren zum Beispiel seit Jahren verschiedene Theorien über die Entstehung des Universums, besonders favorisiert: die oft erwähnte Urknalltheorie. Sie passt so gut in den biblischen Schöpfungsbericht, „Gott schuf“ nicht evolutionär, sondern quasi im „Hauruck“. Letztere Anspielung weisen die Big-Bang-Apostel geradezu beleidigt von sich, doch als der Cobe-Satellit eine in die Theorie passende Strahlung im Weltall bestätigte, jubelte man in Wissenschaftskreisen, die „Handschrift Gottes“ entdeckt zu haben. („Newsweek International“, 4.5.1992) Damit wäre dann – ganz nebenbei – die Richtigkeit des biblischen Berichtes bewiesen, alle davon abweichenden Darstellungen seien eben falsch!
Wissenschaftler sind keine besseren Menschen. Vielleicht sind einige aus ihren Reihen gleichwohl friedfertiger als andere Mitglieder der Gesellschaft?
     Ähnlich wie der Astrologie und Astronomie, die einst identisch waren, ergeht es der christlichen Religion und der Wissenschaft; Bildungsgut (Wissenschaft) wurde hauptsächlich über Klöster und den Klerus gepflegt und vermittelt. Geistlich abweichende Lehrer standen zumeist unter religiöser Überwachung und wurden notfalls gemaßregelt oder gar vernichtet (G. Bruno, G. Galilei und andere). Es bleibt aber das Verdienst der Religionen, Wissenschaft unter verschiedenen Vorzeichen und Methoden überhaupt erst ermöglicht, Kultur hervorgebracht zu haben. – Das allerdings ist Historie.
     In der gegenwärtig eskalierenden Notlage der Zivilisation bedrohen Religionen, indem sie die Wissenschaft missbrauchen oder ihr feindlich gegenüberstehen sowie durch die Propagierung der fundamentalistischen, wörtlichen Auffassung von Schriften (Bibel, Koran, …), den Fortbestand der Menschheit unmittelbar. In einer mit Unmengen von Sekten, Kirchen und Propheten durchsetzten amerikanischen Gesellschaft stehen neben dem Präsidenten der „Weltmacht Nr. 1“ auch das Bildungssystem, die Massenmedien und die Wissenschaft, die vor allem den kapitalistischen Rentabilitätsforderungen und militärischen „Bedürfnissen“ zu genügen haben, in direkter Abhängigkeit zu religiösen Machtgruppen. Weltweit breitet sich wissenschaftliche Unfähigkeit aus, indem das US-Muster mehr oder weniger kritiklos kopiert wird. Keineswegs überrascht es da, wenn man von menschenverachtenden, über die Köpfe der Opfer hinweg getätigten amerikanischen Experimenten mit Radioaktivität erfährt. Diese Wissenschaftsauffassung steckt in Monsterschädeln, die jenen der Nazis oder der ehemaligen Sowjetimperialisten ähneln.
     Neunundzwanzig Jahre ist es im Juli 1998 her, dass Menschen erstmals den Mond betraten. Waren es Wissenschaftler in moralisch vertretbarem Sinne? – Wohl kaum! Die „Errungenschaften“ verdanken wir einem Wahnsinnswettlauf zwischen den beiden damaligen Großmächten, im Zuge dessen sich beide Seiten überhaupt nicht scheuten, zwielichtige deutsche Wissenschaftler zu beschäftigen, die unter der Naziherrschaft die Kriegsmaschinerie sogar mit Gefangenen der Konzentrationslager vorangetrieben hatten. Und als dann weitere Mondlandungen erfolgten, führten diese zwar auch zu wissenschaftlich sachlichen Erkenntnissen, aber Astronauten zogen anschließend religiös missionierend durch die Länder und erzählten unter anderem dümmliche Märchen vom „Genesis Rock“, dem lunaren Stein der Weisheit: Gott hatte sie derartig erleuchtet! Und das naive Volk folgte ihnen scharenweise.
     Es ist eine Bedeutungsverdrehung, Theologie als Wissenschaft zu bezeichnen, denn Religion und Wissenschaft schließen einander aus; es sei denn, die Wissenschaft, als solche immer religionsfrei, untersucht die Religionen. Dann tritt schlagartig die Beziehungslosigkeit dieser unvereinbaren Denkstrukturen zutage. Hinwendung zum Mystizismus (Geheimnis des Glaubens) meint doch das Verlassen der Logik mit dem Anspruch auf „Strahlende Wahrheit“ („Enzyklika“, Papst Paul II.).
     Dennoch kann ein Wissenschaftler religiös sein; er besitzt als Mensch alle Rechte der Glaubens- und Meinungsfreiheit. Schließlich ist es nicht Aufgabe der Wissenschaft, den Sinn des Lebens zu erkennen oder gar die Existenz oder Nichtexistenz von Göttern zu beweisen. Die Frage ist, ob der Wissenschaftler sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit frei halten kann von religiösen Voreingenommenheiten gegenüber dem Forschungsgegenstand.
     Ein exemplarisches Gegenbeispiel findet sich in der astronomischen Zeitschrift „STAR OBSERVER“, 1/1994 aus Österreich. In der allerersten Ausgabe wurde über Giordano Bruno berichtet, der bekanntermaßen im Jahre 1600 „wegen Ketzerei“ durch die Kirche auf dem Scheiterhaufen endete. Der österreichische Wissenschaftsminister schickte die Ausgabe an den Direktor der Wiener Universitäts-Sternwarte und fragte an, ob die Zeitschrift subventionswürdig sei. Der Direktor – auch Theologe! – äußerte sich nicht nur negativ, sondern meinte, der Fall G. Bruno habe sich ja ganz anders abgespielt. Da erübrigt sich eigentlich die Feststellung, dass beide Herren mit „Wissenschaft“ offensichtlich nichts verbindet.
     Weitaus unangenehmer ist aber die versteckte Indoktrination im Tarnmantel von Toleranz, durch Glaubenssätze, die mit wissenschaftlich-staatsmännischer Miene vorgetragen werden. Dazu Ausschnitte der Rede des früheren, allseits geachteten und geschätzten deutschen Bundespräsidenten, Richard von Weizsäcker, am 8. Mai 1985 „Zum 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“: „Manche junge Menschen haben sich und uns in den letzten Monaten gefragt, warum es vierzig Jahre nach Ende des Krieges zu so lebhaften Auseinandersetzungen über die Vergangenheit gekommen ist. ... Worin liegt die innere Notwendigkeit dafür?“ Der Bundespräsident meint: „... wir sollten die Gründe dafür nicht vornehmlich in äußeren Einflüssen suchen..... Auch hier erlauben Sie mir noch einmal einen Blick auf das Alte Testament, das für jeden Menschen, unabhängig von seinem Glauben, tiefe Einsichten aufbewahrt. Dort spielen vierzig Jahre eine häufig wiederkehrende, eine wesentliche Rolle.“
     Mit Verlaub, die Bibel – ob Altes oder Neues Testament – bedeutet für Millionen Menschen gar nichts. Die heute erforderlichen „tiefen Einsichten“ sind dort keineswegs vorhanden, eher das Gegenteil. Aber der Bundespräsident fährt fort: „Vierzig Jahre sollte Israel in der Wüste bleiben, bevor der neue Abschnitt in der Geschichte mit dem Einzug ins verheißene Land begann. ... An anderer Stelle aber (Buch der Richter) wird aufgezeigt, wie oft die Erinnerung an erfahrene Hilfe und Rettung nur vierzig Jahre dauerte. Wenn die Erinnerung abriss, war die Ruhe zu Ende. So bedeuten vierzig Jahre stets einen großen Einschnitt. Sie wirken sich aus im Bewusstsein der Menschen, sei es als Ende einer dunklen Zeit mit der Zuversicht auf eine neue Zukunft, sei es als Gefahr des Vergessens und als Warnung vor Folgen.“
     Jeder Skeptiker fühlt sich unweigerlich an esoterische Ausführungen von Okkultisten erinnert; es fehlt eigentlich nur der Hinweis, dass auch irgendein Stern immer wieder, alle vierzig Jahre in irgendeinem Symbolfeld auftauche.
    Liz Greene, amerikanische Astrologin, erhellt Zusammenhänge: „Der Uranus braucht vierundachtzig Jahre für seine Umlaufbahn um die Sonne, und er bildet eine Opposition zu seinem Stand im Geburtshoroskop, wenn der Mensch zwischen vierzig und zweiundvierzig Jahre alt ist. Dadurch fällt er mit der Phase psychischer Entwicklungen zusammen, die Jung die Krise in der Lebensmitte nennt. Bei diesem kritischen Punkt ist nicht nur der Uranus-Zyklus involviert. Wir dürfen nicht vergessen, dass Saturn seinen Zyklus alle neunundzwanzig Jahre vollendet und alle sieben einen bedeutenden Aspekt zu seinem Geburtsstand bildet. Vierzehn Jahre nach der Rückkehr Saturns hat der Planet wieder einen halben Zyklus vollendet. In unserem zweiundvierzigsten Lebensjahr steht er dann in Opposition zu seinem Geburtsstand. In diesem Alter müssen wir also mit dem Einfluss zweier wichtiger Transite fertig werden.“ (Wiechoczek, R.: Uranus lächelt über Hiroshima, Die horoskopierte Gesellschaft, Arbeitsgemeinschaft für Religions- und Weltanschauungsfragen, München 1992)
     Der Bruder des Bundespräsidenten, der weithin bekannte und anerkannte Physiker, Prof. Dr. C. F. von Weizsäcker, teilte in persönlichem Schreiben vom 22.10.1985 mit, dass „empirisch recht gute Argumente für z. B. astrologische Charakteranalysen vorgebracht werden können.“
     Wer sich je rational mit der Astrologie auseinandersetzt hat, weiß, dass es sich um selbsterfüllende Aussagen und Prophezeiungen handelt. Darüber hinaus wenden sich die Argumente, die gegen die Ersatzreligion Sterndeutung gerichtet sind, gleichermaßen gegen jede Religion.
     Fasst man hingegen „Religiosität“ weiter im Sinne von Ehrfurcht vor der Größe der Natur, im Sinne von Erkenntnis der eigenen Begrenztheit und Selbstbescheidung, dann erscheint Religiosität als sogar logische Folge, auch in der Hinwendung zum Mitmenschen und zur Umwelt, als Begründung einer überzeugenden Humanität.
     Albert Einstein: „Das Moralische ist ihm (dem Wissenschaftler; d. Verf.) keine göttliche, sondern eine rein menschliche Angelegenheit.“ Und: „Sie werden schwerlich einen tiefer schürfenden wissenschaftlichen Geist finden, dem nicht eine eigentümliche Religiosität eigen ist. Diese Religiosität unterscheidet sich aber von derjenigen des naiven Menschen. Letzterem ist Gott ein Wesen, von dessen Sorgfalt man hofft, dessen Strafe man fürchtet – ein sublimiertes Gefühl von der Art der Beziehung des Kindes zum Vater – , ein Wesen, zu dem man gewissermaßen in einer persönlichen Beziehung steht, so respektvoll diese auch sein mag. Der Forscher aber ist von der Kausalität allen Geschehens durchdrungen.“ (Einstein, A.: Mein Weltbild, Hrsg.: C. Seelig, Bertelsmann, Gütersloh)
     Am Beispiel des inzwischen zusammengebrochenen sowjetischen Kommunismus schilderte Konrad Lorenz eindrucksvoll, welche Menschen am anfälligsten sind für geistige Vergewaltigung: „Eines aber ist mir ... klar geworden ... Es ist dies die Tatsache, dass die sozial am besten veranlagten, gutherzigsten und anständigsten Menschen gegen die Anschläge des indoktrinierenden Demagogen besonders wehrlos sind. Vor allem hindert sie eine wirkliche Tugend, nämlich ihre Treue, daran, sich von der Doktrin zu lösen, selbst dann, wenn sie ihre Wertlosigkeit voll durchschaut haben. Wenn man die Tragik dieser Treue eingesehen hat, fühlt man die Verantwortlichkeit, die Jugend vor den Leimruten der Indoktrination jeder Art zu bewahren.“ (Lorenz, K.: Der Abbau des Menschlichen, Bertelsmann, Gütersloh, 1983)
     Bereits im Jahre 1981 habe ich in einem Aufsatz die idealistische Philosophie der „Kosmonomie“ vorgestellt. Wissenschaft wird definiert als forschende Disziplin, die für ihre Ergebnisse über eindeutige Beweisführungen verfügt, unabhängig von Religion, Parteipolitik, Kapital und Mode. Die sogenannten Geisteswissenschaften arbeiten bisher zu „unsauber“ und sind besonders anfällig gegenüber Esoterik, Unfug und Spuk.
     Irrungen der „Wissenschaft“ begründen sich in voreiliger kommerzieller Ausschlachtung, in persönlichen Abhängigkeitsverhältnissen und in niederem, vordergründigem Konkurrenzverhalten der sogenannten Wissenschaftler zueinander sowie im Phänomen des Fachidioten und eines aufgeblähten Beamtentums. Kosmonomisch verstandene Wissenschaft basiert, trotz des stets eiligen allgemeinen Fortschritts, auf sorgfältiger Selbstkritik im Bewusstsein der Begrenztheit menschlicher Möglichkeiten und mit dem Blick über lokale Horizonte hinaus, in der Vergegenwärtigung, dass alles nur in kosmischen Zusammenhängen realistisch erforscht werden und zum Nutzen der Menschheit Verwendung finden kann.
     Freilich sieht die Wirklichkeit ganz anders aus, wenn nicht gar hoffnungslos. Eine Gesellschaft, die auf ministerieller Ebene erdstrahlgläubige „Wissenschaftler“ fördert, die im Gesundheitswesen zu Gesundbeterei, Quacksalberei, mit Religion vermengter Meditation und Selbstverwirklichung durch „Selbstheilung“ zurückkehrt, deren sogenannte „Wissenschaftler“ immer häufiger über den Dooms Day (Weltuntergang) orakeln, scheint bereits endgültig kaputt.
     Sehen wir aber für unsere Nachfolgegenerationen nicht zu schwarz? Die Erde könnte sich viel schneller als erwartet selbst von einer solchen Menschheit heilen, denn so mancher Mensch würde vielleicht schnell lernen, wenn ihn die allgegenwärtige Misere noch unbarmherziger dazu zwänge. Die zahlreichen freireligiösen, humanistischen Gruppen sollten endlich konkret über politische Machtgestaltung nachdenken. Das bisher kaum merkliche Gewicht entspricht jedenfalls nicht der Zahl religionsfreier Menschen.


© Raymond Walden



Donnerstag, 2. Juli 2020

Menschliches Glauben: Was ist schon Wahrheit im Alltäglichen? (S. 100)


Man mag darüber streiten, ob ein Gefäß halb voll oder halb leer ist, unbestreitbar wird bei dieser Sachlage der zur Verfügung stehende Hohlraum zur Hälfte ausgenutzt. Die Begriffe „voll“ und „leer“ in Bezug auf die Hälfte signalisieren eine Interpretation des Beobachters, der damit seinen eigenen Ausgangspunkt der Betrachtung in die Diskussion einbringt. An der Tatsache der nur halben Befüllung wird dadurch nichts geändert. Eventuell ist aber das Faktum der Hälfte an sich bei der Zustandsbeschreibung gar nicht so entscheidend wie vielleicht der Anstieg auf die Hälfte oder das Absinken bis dahin. Von der eigentlichen Wahrheit wird so gewollt abgelenkt, geradezu klassische Beispiele für derartiges Vorgehen liefern die Interpretationen politischer Wahlergebnisse durch die Kandidaten, die sich nicht selten alle als Sieger empfinden; auch die Verlierer suchen sich je nach Bedarf einen ihnen genehmen Ausgangspunkt für ihre Beurteilung, um die Wahrheit, das muss unterstrichen werden, subjektiv schönzufärben. Dass sich dieses Faktenverdrehen immer wieder ungestraft wiederholen kann, ist ein deutliches Anzeichen für die Unempfindlichkeit der Beteiligten, nämlich der Manipulatoren, der Medien als Überbringer und des Publikums.
     Nun ist in Politikerkreisen dieses Verhalten gang und gäbe besonders bei Wahlversprechen, Absichtserklärungen und den folgenden Unterlassungen wie Meinungsänderungen. „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“, kennzeichnet die überlieferte Wahrheitsliebe eines immerhin christlich-demokratischen deutschen Bundeskanzlers, der damit wenigstens ehrlich das Politikerselbstverständnis, übrigens aller Parteien, charakterisierte. Der Sarkasmus bleibt weitgehend ohne Folgen, weil die breite Masse gar nicht merkt, dass vor allem sie selbst damit verhöhnt wird. Wie wäre es denn, wenn man den so schwatzenden Politikern entgegenhielte: „Kümmert euch nicht euer gestriges Reden, warum sollte uns jetzt euer heutiges kümmern?“ Dass eine solche Überlegung vielleicht gar nicht so irreal ist, zeigt sich mehr und mehr in geringen Wahlbeteiligungen, sind sie doch keineswegs nur der Ausdruck von Wählerbequemlichkeit und Desinteresse, sondern auch von Ablehnung.
     Was ist schon Wahrheit im Alltäglichen, wenn die Herrschenden sich gefallen, es mit ihr nicht so genau zu nehmen? Der Bürger empfindet dem Staat gegenüber allerdings eine ebenso lasche Wahrheitstreue und so blühen beispielsweise Schwarzarbeit und Steuerflucht, die ja ohnehin nur anrüchig werden, wenn der eine oder andere tatsächlich in juristischer Hinsicht auffällt.
     Wahrheitsverachtung üben die Staaten durch die Unterhaltung von Geheim- und Spitzeldiensten, deren Machenschaften hier nicht näher zu durchleuchten sind. Und die sogenannte Diplomatie, wenn auch zumeist in elegantem Gewande oder diskret, profiliert sich als Schacher- und Übervorteilungskunst. Die Zahl der wirklich wachen Bürger nimmt prozentual ab, deshalb wird sich in absehbarer Zeit kaum etwas grundlegend ändern lassen.
     Wird die Demokratie einerseits als die bestmögliche Staatsform gefeiert, so verfälscht sie sich andererseits durch forcierten Kapitalismus; es gibt keine wahre Demokratie, es hat sie bisher nie gegeben. Dennoch sollte das Ideal davon erhalten bleiben, um dem Menschen seine Würde wenigstens für einen späteren Zeitpunkt in Aussicht zu stellen, denn gegenwärtig bemüht er sich mehrheitlich erfolglos, und zwar aufgrund geistiger Blockaden, die er aus sich heraus noch nicht erkennt.
     Es scheint so, dass die politischen Unwahrheiten lediglich die Fortsetzung der verschiedensten Wahrheitsvernebelungen, ja Wahrheitsmeidungen im alltäglichen Umgang miteinander darstellen. Vergegenwärtigt man sich, bei wie vielen Gelegenheiten man nicht nach Wahrheit verlangt, es darüber hinaus sogar vorteilhaft ist zu schweigen oder zu lügen, so drängt sich die Frage auf: Ist im Leben der Umgang mit unverfälschter Wahrheit überhaupt möglich oder verharrt der Entwicklungsstand des Menschen vielmehr auf der Ebene des Verdrängens und Wünschens?
     Ganz offensichtlich besteht ein Missverhältnis zum eigenen Tod, der vom Massenmenschen fast gar nicht ins Sein einbezogen wird. In der Praxis regt man sich kaum über den Tod anderer Menschen auf, nimmt ihn sogar mit Sensationslust zur Kenntnis, verschließt aber die Augen vor dem, was das eigene Schicksal bringen könnte, oder öffnet sich realitätsferner Religion und Esoterik. Mit deren Hilfe werden Tabus konstruiert, die nicht nur das Privatleben, sondern ebenso die Staatsphilosophien prägen. Die Einhaltung der Tabus wird im Besonderen mit dem Hinweis auf strafende Götter und Unsterblichkeit oder Reinkarnationen und Karma durchgesetzt. Weil solche Tabus unvernünftig, das heißt gegen den klaren Verstand und auch gegen natürliche Gesetzmäßigkeiten, gepredigt werden, sind Tabubrüche vorprogrammiert, Regelverstöße, die mit Unwahrheiten gedeckt und bemäntelt werden. Offen angelegte Wahrheit wäre, so ernüchternd das klingen mag, der Tod jedes Wunderglaubens, der ja zumeist von sich behauptet, wahr zu sein.
    Sofern moralisch vertretbar, wären kleine Notlügen hinnehmbar, wenn sie beispielsweise der Schonung des Gegenübers dienen sollen, um vielleicht im Krankheitsfalle die Hoffnungen auf Heilung zu unterstützen. Was bei leichteren Leiden mit absehbarem Verlauf sicherlich ermunternd für den Patienten sein kann, bedeutet bei hoffnungsloser Erkrankung allerdings nur ein Hinauszögern, ein Augenverschließen vor dem nahenden Ende, das dann um so katastrophaler empfunden wird.
     Der Alltag ist mit Lügen gespickt, sodass der geschickteste Wahrheitsverdreher die besten Erfolgsaussichten besitzt. Nehmen wir die Zeitungen her, die mehrheitlich schon auf der Titelseite eine Unwahrheit präsentieren, indem sie sich als „bürgerlich, parteiunabhängig“ bezeichnen, obgleich sie einer straffen politischen Ausrichtung unterliegen. Man weiß es im Allgemeinen und lebt damit ebenso wie mit der Dauerberieselung durch Werbung, die sämtliche Register der Schönfärberei zieht und Negatives, man ist versucht zu sagen „naturgemäß“ ausspart oder abstreitet. So macht man sich die Erde heutzutage untertan.
     Nun wäre es leichter gegen Verlogenheiten anzugehen, könnte man in jedem Fall so ganz zweifelsfrei definieren, was Wahrheit ist. Sie öffnet sich leider nicht nur als objektivierbares Faktum, sondern unterliegt gerade auch dem jeweiligen subjektiven Wahrnehmungsvermögen. Abhängig von der Tages- und Jahreszeit, vom eigenen Alter, von der Persönlichkeitsentwicklung, von Stimmungen und so weiter, erkennen wir Sachverhalte als wahr an, die gleichwohl auch Täuschungen sein können. So entstehen Unwahrheiten, die nicht aus Boshaftigkeit und Willkür resultieren, sondern in aufrichtiger Absicht als Wahrheit beeidet werden. Da stoßen wir auf das philosophische Einkalkulieren der Begrenztheit menschlicher Wahrnehmungen und befinden uns in der vergleichbaren Situation mit so vielen Zeitgenossen, die bei astronomischen Himmelsbeobachtungen spontan nach den Grenzen des Alls fragen, ohne zuvor überhaupt verstanden zu haben, wie unsere engere kosmische Heimat, das Planetensystem, aufgebaut ist. Das bedeutet, das praktische tägliche Miteinander besteht aus unkomplizierteren Wahrheiten, um die man sich aber selbst bemühen muss, deren Handhabung zu üben ist. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Masse übungsunwillig ist und von einflussreichen Nutznießern auch übungsunfähig gehalten wird.
     Sich wenig um Wahrheit zu kümmern, gleichgültig oder mit faulen Kompromissen zu leben, das sind die Merkmale einer Erdbevölkerung, die sich in großen Teilen ganz zu Unrecht als Krone der Schöpfung beweihräuchert. Dem Drang nach Fortpflanzung folgend werden unausgesetzt „hausgemachte“ Probleme erzeugt, sodass Menschen unter viel widrigeren Umständen leben müssen als Tiere in der freien Natur, die es nicht fertigbringen, aus rein ideologischen Gründen Artgenossen zu töten, Kriege zu führen, Lebewesen zu unterdrücken, auszubeuten, psychisch und physisch zu foltern oder dies „diplomatisch“ zu dulden.
     Als interessiert hinterfragender und selbstkritischer Bürger solche Lebensart zu verneinen, ein würdigeres Leben zu führen, erfordert den enormen Kraftakt der Abgrenzung, die nicht zu Ausgrenzung und Menschenverachtung führen darf. Solche Bemühungen können das Individuum überfordern, sie können aber unter zivilisierten Voraussetzungen ebenso Quelle für Lebensmut und –qualität sein.


© Raymond Walden



Freitag, 22. Mai 2020

Demokratie, du bist es gar nicht


Das Theaterstück ist aus,
der Vorhang fällt,
üblicherweise folgt Applaus,
nicht jedoch in einer Welt,
die nichts Genaues weiß
und deshalb panisch reagiert;
egal zu welchem Preis,
es werden Freiheitsrechte ausradiert.

Da unten im Plenum kein Publikumsgesicht,
ein Paar Techniker nur für Kamera, Ton und Licht.
Kein Chor auf der Bühne,
dass sich ja keiner erkühne,
zu "nahezukommen" den „Infizierten“,
den Vermuteten, kaum Identifizierten!
Man folge „Experten“, ideologisch klassifizierten,
und nicht dem wissenschaftlich Manifestierten,
sondern wechselnden Meinungen, den redundant insistierten,
der Spekulation, der Angst und Panik von Hysterisierten.

Wie kommt es, Demokratie,
hast du dich selber verraten in all den Jahren?
Wird jetzt deutlich dein Versagen,
deine Sorglosigkeit im Wachstumswahn, in Gigantomanie?
Wie bist du mit den Armen der Welt verfahren,
was kümmert dich dein eklatantes Fehlbetragen
gegen Menschlichkeit, gegen Achtung von Tier- und Pflanzenwelt,
gegen Luft, Wasser, Grund und Boden?
Alles für Geld!
Alles für hinterhältig konstruierte Antipoden!

Neue Normalität“ nennst du dein konzeptloses Gezappel im weiteren Verlust deiner Identität.
Kennst du dich eigentlich noch selbst in anachronistischer Nationalität,
in überrüsteter Gewaltherrschaft und propagandistischer Verkommenheit?
In selbstüberzogener Benommenheit?

Es scheint, Demokratie, du warst nie ganz da;
und ich glaubte an dich, täuschte mich:
Du bist gar nicht du!

Demokratie müssen wir Menschen erst noch ins Dasein bringen
in ehrlichem, gesundem, in friedlich-kosmonomisch-intelligentem Ringen.
Wir haben eine Perspektive.




Donnerstag, 21. Mai 2020

Menschliches Glauben: Bibelsprüche für Johannes Rau (S. 86)


Mai 1998

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR II) forderte am 22.5.1998 seine Hörer auf, zum Abschied Johannes Raus von seinen politischen Ämtern passende Bibelsprüche zu faxen. Bemerkenswert, denn auch so lässt sich die staatlich-kirchliche Verquickung dokumentieren, für die nicht nur Johannes Rau ein Paradebeispiel ist.
     Machen wir uns nichts vor, für den beispiellosen Verfall der Hauptschulen in NRW ist dieser christliche Mann mitverantwortlich und für die Augenwischerei mit der angeblichen Chancengleichheit durch die Gesamtschule ebenfalls. In seiner Regentschaft verschlechterten sich die Bedingungen nicht nur für die Schüler, sondern auch für die (angehenden) Lehrer, für Studenten und Hochschullehrer. NRW war einmal die Nummer 1 unter den Bundesländern; unter Rau ging diese Position verloren.
     Der Abschied des Mannes, dem Ehrlichkeit und Fleiß nicht abzusprechen sind, produziert eine unerträgliche Gleichschaltung der öffentlichen Meinungsmacher, wenn etwa in der „Neuen Westfälischen“ vom 23.5.1998 die Überschrift „Der Junge kommt von der Kirche“ prangt und dann alle möglichen mehr oder weniger wichtigen Leute sich überwiegend in Lobeshymnen ergehen, die bei Friedhelm Ost gipfeln: „Das Werk von Johannes Rau sollte nach biblischem Maß bewertet werden.“ Bei so viel indifferentem Personenkult und salbungsvollen Reden auf dem SPD-Sonderparteitag, selbst von jenen Leuten, die Raus Rücktritt vorangetrieben haben, denke ich unwillkürlich an „Selig die Armen im Geiste“.
     Nun soll Rau auch als Nachfolger von Bundespräsident Herzog gehandelt werden. Das weist sogar einige Logik auf: Ein weithin gewürdigter Sonntagsredner übergäbe sein Amt an einen bibelfesten Prediger, auf dass Staat und Kirche weiterhin kungeln mögen.


© Raymond Walden




Sonntag, 15. März 2020

Hygienischer und moralischer Abstand


Die globale Pandemie-Hysterie bringt das übliche politische Chaos aller einzelnen Gesellschaftsordnungen gleichzeitig auf die Bühne, und dieses Horrorstück des durchgängig praktizierten Werteverlusts, Werteverrats, der Degradierung des Menschen und seiner permanenten Demütigungen löst nun die eskalierende Panik aus – bei den mächtig dilettantischen und auch verbrecherischen Regierungen wie deren gutgläubigen und hinters Licht geführten Bevölkerungen.

In derartiger Unzurechnungsfähigkeit und Unberechenbarkeit entsteht viel Unrecht: Entdemokratisierung, Entmündigung, Überwachung, Enteignung, Militarisierung, Insolvenz, Versorgungsmangel, kurz: grassierend übergreifender Notstand.
Kühle Besinnung in hygienischem und moralischem Abstand mag ein ehrlicheres Bewusstsein einleiten, vielleicht sogar ein kosmonomisches.



Donnerstag, 5. März 2020

Ein Rundblick, der zu denken geben soll


Man treibt die Sau durchs Dorf,
Panik und Chaos durch die Straßen in immer kürzeren Intervallen. Reporterscharen fallen ein, „Experten“ lallen,
dem skeptisch wachen Beobachter alleine
sind die wohlmeinenden, besorgten Treiber sichtbar:
selbst Getriebene, irgendwie auch arme Schweine.

Was die Krankheit nicht schafft, bewerkstelligt die Massenhysterie – und die wütet kopflos.

An einer „Von-der-Leyen-Wahl“ nimmt man erst gar nicht teil, um ins Amt gehievt zu werden.

Eine „Merkel-Wende“ nennt man einen fundamentalen Gesinnungswandel mit sofortiger „alternativloser“ Beschlussfassung ohne jede Debatte.

Für die alles bestimmenden "christlichen Werte" des Abendlandes gilt: Abhängig machen, ausbeuten, aber Almosen gewähren – auch diskrete Waffenlieferungen.

America first! America firster! America the firstest!
Aber: First is fake.
Auf Deutsch: Die Ersten sind die "Letzten".

Eine „Bibi-Wahl“ kommt aus dem Israelischen: äußerst rechts-nationalistisch, konservativ, religionslastig, auf geraubtem Eigentum siedelnd, auch wegen Korruption im Visier.

Das royale Imperiumsinselchen in der Nordsee macht jetzt wieder sein eigenes politisches Seepferdchen: „Rule Britannia“.

Erdogan-Türken stehen, als „Waffenbrüder“, erpressend vor einem Europa, dessen geistige Leere und Orientierungslosigkeit keine Grenzen kennt.

Westliche „Diplomatie“ foltert in der Person des Julian Assange die Pressefreiheit zu Tode, um Kriegsverbrechen zu decken. Und dann: nichts als Schweigen zum fortwährenden militärischen Schänden und Morden.

Wozu noch anstrengen, wenn die Welt sowieso untergeht? Greta macht das Licht aus. She dares!

Der „lupenreine“ Despot Putin fand die Krim so unwiderstehlich, dass er sie einfach nahm, einnahm. Da guckt der nicht minder intrigante Westen!

Chinesen kontrollieren alles! Der Westen – naiv und verfettet – fällt schon darunter, detailreich bis in seine „künstliche Intelligenz“, die er auf Dekadenz errichtet.

Ob der „ewige und allwissende Gott“ seine Meinung über den Zölibat und die Geschlechteremanzipation ändert?

Öl und Scheichs schmieren die materielle Welt gleichermaßen wie die „göttliche“.

Nationalismus in seinen faschistischen, religiösen, kapitalistischen und kommunistischen Ausprägungen stellt die eigentliche Pandemie der Menschheit dar, keine modische Psychose, keine Hysterie, sondern ansteckende tödliche Grausamkeit.

Rassismus begründet sich im Auserwähltheitsglauben ideologischer Umnachtungen auf großer Bühne wie auch in kleinkarierter Eitelkeit von bösartiger Dummheit im privaten Puppentheater.


Dem Denken ein Denkmal.


Nachwort:
Ich gebe gerne einige Zeit zum Innehalten, zum gedanklichen Sortieren und halte mich währenddessen einfach einmal schweigend zurück.
Natürlich dürfen Sie kommentieren – in menschlich angemessenem Benimm.
In kosmonomischem Selbstverständnis
Ihr/Euer
Raymond Walden

***
Redaktioneller Hinweis:
Im Archiv März 2020 fehlen die ersten fünf Spots, sie lassen sich aber wie folgt aufrufen:
           incl. "Trauersüchtig und kultverrückt"



 




Mittwoch, 5. Februar 2020

Menschliches Glauben: Es grinst die ideologische Fratze (S. 53)


September 1995

Es wachse eine Generation von Egoisten heran, meinte die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Frau Marienfeld, die steigende Zahl der Kriegsdienstverweigerer kommentieren zu müssen. Christliches Verständnis bevorzugt wie eh und je den Tötungsdienst gegenüber dem Zivildienst!
     Erfreulicherweise widerspricht indirekt das höchste deutsche Gericht erneut: Man darf Soldaten als „Mörder“ ansehen, ohne das Volk zu „verhetzen“. (Was auch immer „verhetzen“ sein soll.)
     „Ich als Zahnarztfrau empfehle ...“, in diesem Stil stiefelte die US-Präsidentenfrau H. Clinton, bedacht auf Eigendarstellung, mit perlweißem Lächeln ans Pekinger Rednerpult der UN-Frauenkonferenz. Und in diesem menschenverachtenden Regime des Gastgeberlandes brachte sie Fundamentales über die Lippen: Frauenrechte seien Menschenrechte und umgekehrt. – Nebenbei sei erlaubt, darauf hinzuweisen, dass die Politik ihres Mannes alles daransetzt, mit den chinesischen Menschenverachtern gute Geschäfte zu unterhalten.
     „Gestalten und sparen“, beweihräuchert CSU-Weigel den Haushalt der Bundesrepublik Deutschland, den er zu verantworten hat. Auf 60 Milliarden DM (!!!) steigt die Neuverschuldung dieses Zahlenjongleurs im christlich-bayerischen Habitus.
     Das höhere Interesse der französischen Nation steht für den Präsidenten der Käse- und Rotwein-Republik ohne Zweifel im Vordergrund, wenn es um die Durchsetzung von Atomtests in kolonialen Territorien geht. Der Ewiggestrige erdreistet sich sogar, europäische Solidarität für sein regional-nationalistisches Muskelspiel einzufordern. Greenpeace, keineswegs moralisch sauber, hat mehr Format als Bundeskanzler Kohl, der das wieder einmal einer doppelten Moral folgend aussitzt.
     Seine neuerliche Begegnung mit Jelzin beschrieb er folgendermaßen: Russland sei eine erste Adresse im Balkankonflikt; wer das nicht begreife, habe von Geschichte keine Ahnung. Stimmt!
     Unterstützte Russland nicht, religiös bedingt, die Serben und Deutschland die Gegenseite (oder wen dort immer, besonders mit Waffen), dann ließe sich wahrscheinlich schnell Frieden schaffen. Die beiden verstehen sich aber, daher geht das De-facto-Sterben weiter. – Und die deutsche Rüstungsindustrie sichert weitere Arbeitsplätze für Kohls nächsten Wahlkampf.
     Am 3.9.95 empfange ich abends auf 11.675 MHz einen englischsprachigen Kurzwellensender mit einer religiös-fundamentalistischen Abhandlung über Theorien der Kindererziehung. Die Verbohrtheit gipfelt in der Frage, wozu Theorien zur Kindererziehung überhaupt gut wären. Es gäbe doch die Bibel und die sei diesbezüglich keine Theorie, sondern Fakt. Die Redaktion sitzt in Würzburg, Deutschland und ist als „Universelles Leben“ einschlägig bekannt. Der Sender allerdings, der regelmäßig geistliche Ergüsse solcher Qualität verbreitet, ist noch bekannter: Radio Moskau, Worldservice!
      Über die ASTRA-Satelliten habe ich auch die freie Wahl, RTL-Radio, in sauberster Tonlage zu konsumieren, in endlosem Wiederholungszirkus alter Schlager (manchmal durchaus anregend), garniert mit der üblichen penetranten Werbung, die dem Programmwechsel dann schließlich Vorschub leistet. Am gar nicht so späten Abend liefert der Nostalgiekanal das auch bei der von ihm angepeilten Hörerschaft offensichtlich unverzichtbare religiöse Betthupferl, gesprochen in „biblischer“ Tonlage. Ich möchte das nicht unterbinden, aber ich wünschte mir in meinem – technisch sehr breiten – Empfangsspektrum nur einen religionsfreien und unabhängigen Kanal.
     Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ kommentiert am 4.9.95 den klassischen religiösen Brennpunkt: „Es bleibt dabei: Jerusalem ist eine heilige Stadt, in der es, der Politik wie der Religion wegen, oft unheilig zugeht.“
     Zweimal klebte ich einen Aufruf in einer Provinz-Hochschule an die Wand, um Kontakt zu religionsfreien Menschen aufzunehmen. Die längste „Überlebenszeit“ meiner wirklich dezenten Zettel betrug etwa 2 ½ Stunden. Sie wurden beseitigt. Was würde wohl passieren, stellte ich mich beim nächsten Mal schützend davor? (Was ich keineswegs vorhabe.)
     „Fratzen“ mögen auch abstoßen durch Überzeichnung. – Werden sie gewöhnlich nicht unterzeichnet?


© Raymond Walden


***
Redaktioneller Hinweis:
Im Monatsarchiv fehlen die ersten drei Spots, sie lassen sich aber wie folgt aufrufen:
1.2. Sequenzen von Skepsis (365)  
2.2. Menschliches Glauben: Bequeme Uneinigkeit (S. 50)
3.2. Nicht nur das Klima ändert sich 







Samstag, 25. Januar 2020

Menschliches Glauben: Ozon verwirrt! (S. 48)


Mai 1995

Der Sauerstoff als eine unserer Lebensgrundlagen verwandelt sich schlagartig in Gift, wenn er von einem zweiatomigen zu einem instabilen dreiatomigen Molekül avanciert. In der Hochatmosphäre „killt“ Ozon die harte Sonnenstrahlung, am Boden hingegen ist Ozon in Mikrogramm pro 1.000 Liter Luft so schädlich, dass Wissenschaftler (und Politiker schon gar) nicht wissen, ab welcher Konzentration denn Alarm zu schlagen sei. Vor gar nicht langer Zeit unterzog man sich während eines Kuraufenthalts einer Ozontherapie, setzte man Kinder im vitaminarmen Winter unter Höhensonnen, die nebenbei Ozon erzeugten. Heute produzieren Solarien, Kopierer, Laserdrucker, Fernsehgeräte oder Bandgeneratoren zur Hochspannungserzeugung im Schüler-Physik-Experiment eben dieses Ozon. Kam je einer auf die Idee, die Nutzung der Geräte einzuschränken oder zu verbieten? Bei ein bisschen Sommer allerdings werden viele Bürger „ozonwetterfühlig“ – und schon wird die akute Ozonreduzierung verordnet: 80 oder 90 km/h für Autos! Die sind dann entsprechend länger unterwegs, zum Beispiel durch den Großraum Frankfurt am Main, schleichen schließlich durch verunsichertes Bremsen noch langsamer, und die Fahrer lassen sich durch ihr schlechtes Gewissen quälen, wenn sie dann doch auf die linke Überholspur wechseln und Gas geben. Fliegen etwa die Flugzeuge langsamer? Werden Heizungen bzw. Klimaanlagen und Industrieabgase heruntergefahren?
     Die bodennahe Ozonverminderung bedarf ehrlicher, ideologiefreier Maßnahmen: Man kann nicht Wachstum im Flugverkehr und in der Autoproduktion bejubeln, um dann das moderne Kat-Auto wie die altmodische Dreckschleuder gleichermaßen zu drosseln.
     Nein, dies ist kein Konzept, sondern rot-grüner Schmier, auf dem auch die CDU-Umweltministerin Angela Merkel ahnungslos schlüpfrige Politik praktiziert. Die Massenpsychose Ozon ist ein partei- und medienpolitischer Tick. Doch in der Stratosphäre tickt aufgrund dieser bodenständigen Politiker ein Problem, das tief unten in idiotischer Konsumphilosophie wurzelt, denn harte Strahlung tötet zwar langsam, aber wirklich.


© Raymond Walden




Samstag, 4. Januar 2020

Sequenzen von Skepsis (362)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

4648
Wer selbst nichts zu sagen hat, erfüllt immerhin die Voraussetzung zum Pressesprecher.

4649
Das Gegenteil von Musik ist Krach – ein Blutsverwandter der Politik.

4650
Die Dummheit ist grenzenlos, deshalb sorgt sie für Grenzen möglichst überall zum Zeichen ihrer gewaltigen Allmacht der Entmenschlichung.

4651
Kosmonomisches Prinzip:
Unter Achtung und Anwendung der Naturgesetze zum Wohle der Menschheit!

4652
Reden sei Silber, Schweigen sei Gold, hört man sagen. Aber mir scheint, Denken und Schreiben sind edler, nicht so metallisch.

4653
Im hohlen Schädel findet alles Glauben Platz.

4654
Besonders in Hauptstädten schießen die Lügen in den Himmel und dann rundherum und rundheraus auf Menschen, wo immer auf dem Globus.

4655
Jugend ist früher dahin, als sie selbst glauben mag. Setzt danach keine reifende Vernunft ein, greift Jugendwahn zu und verhindert lebenstüchtige Identität.

4656
In reichhaltiger und scheinbar unermüdlicher Dynamik schlägt sich jedes Herz zu Tode.

4657
Einsamkeit kommt nahe an die Wahrheit, Zweisamkeit fordert sie heraus.
(Ambivalent zu lesen.)

4658
Gefangen in den Tret- und Gebetsmühlen des täglichen Alltags, in seinen Erfordernissen, Pflichten, Zwängen, aber auch Lustbarkeiten und Träumereien, bleibt der Massenmensch unfähig zu wirksamer Hinterfragung; es fehlt an Zeit und am Willen.

4659
Freiheit setzt auf Wissen und Bildung, Ideologie stützt sich auf Desinformation und Gewalt, auf Indoktrination und Dogmen, sodass sich Gläubige in Ermangelung objektiven Wissens sogar als „Freie“ darstellen.


© Raymond Walden



Montag, 9. Dezember 2019

Klimafragen


Wie rational und seriös ist die deutsche und darüber hinaus die internationale Klimapolitik?

Sehen Sie dazu den Fragen-Katalog von "Klimafragen" an die Politiker.

Machen Sie mit und
unterzeichnen Sie die Initiative!

Warten wir gespannt auf die Antworten der Volksvertreter!


Montag, 2. Dezember 2019

Sequenzen von Skepsis (359)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

4618
Wenn nur Schwerstreiche Präsident werden können, gibt es keine Demokratie und schon gar nicht im Schwur auf Religion.

4619
Kinder wollen weniger gefragt werden, vielmehr liebende, einfühlsame Antworten und gegenseitiges Vertrauen.

4620
Religiöse Ekstase täuscht den Himmel vor, den es nicht gibt, und bestätigt die Hölle im Erwachen.

4621
Seriöses verliert an Präsenz und gewinnt zunehmend an Seltenheitswert.

4622
Was man in jungen Jahren „um des lieben Friedens Willen“ aus der Hand gab, wird später erst nachdrücklich bewusst, da der Frieden schwindet.

4623
Wo kein Hirn, da auch kein Irrtum!
Anders formuliert: Ideologie hat immer Recht.

4624
In kosmopolitischem Verständnis lässt sich die vorwiegend ökologische Globalisierung nicht rechtfertigen, bedeutet sie doch eine hemmungslose Übervorteilung der Armen und eine zügellose Schädigung der Natur.

4625
Naturschutz wird zu einer der dringlichsten Lebensvoraussetzungen, „Klimarettung“ wie „Umwelthilfe“ indes bezeichnen kontraproduktive ideologische Verblendung und Naturbelastung.

4626
Wer andere fadenscheinig zum Feind erklärt, will selbst Feind sein.

4627
Politik und Kirche oder umgekehrt – keine göttliche Komödie, sondern Endlos-Drama von Indoktrination, Verlogenheit, von Intrige und Mord im Namen von „Offenbarungen“ des Irrsinns, in Diensten von Psychopathen und Egomanen.
Frieden ist nicht „göttlich“, sondern menschlich konkret im Hier und Jetzt, basierend auf Realität, Objektivität und Ehrlichkeit, alle drei im missionierten Glauben in schaurig blumigen Moralansprüchen verworfen und eliminiert.


© Raymond Walden


Montag, 25. November 2019

Sequenzen von Skepsis (358)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

4604
Prominente unterliegen gern der Versuchung, sich neben ihrer angestammten Spur zu blamieren, was sie allerdings in ihrer selbstherrlichen Überschätzung nicht einmal bemerken. Nicht selten stellen sie sich damit in den Dienst opportunistischen Zeitgeistes, der sich mit solchen Blüten schmückt.

4605
Wer sich in stürmischer Liebe verbiegt, wird absehbar bald gebeugt.

4606
Das Orwell'sche Schwein grunzt: „Ich bin Gott!“

4607
Folgungswahn ist uralt und keine Erfindung des Internets.

4608
Ideologische Ausgrenzung kennzeichnet die versteckte Verneinung der Demokratie.

4609
Die DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen, spintisieren rote Bonzen, die jetzt angeblich in der politischen Mitte angekommen und koalitionsfähig sind. Wenn sich das so fortsetzt, befindet sich nunmehr Gesamt-Deutschland auf der Abschiedstour vom Rechtsstaat.

4610
In der Betrachtung der Werbebranche und der von ihr zu verantwortenden Szenerie lässt sich unmittelbar die Primitivität weiter Gesellschaftskreise nachweisen.

4611
Die Kraft der Natur für den Menschen liegt im objektiven Erkennen und Nutzen ihrer Ambivalenz. Im einengenden subjektiven Glauben eskaliert die Schwäche – nichts anderes ist Glauben – bis zur eigenen Zerstörung.

4612
Der Glaube betet: „Von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“
Die Wirklichkeit findet statt: „Vom Nichts ins Leere. Basta.“
Kosmonomische Inspiration: „Von der Barbarei zur Menschenwürde. Sofort!“
Unverzüglich!

4613
Wer sich selbst in politische Schubladen von rechts, Mitte, links einordnet oder auch religiös verortet, einsperren lässt, ist niemals frei, denn das freiheitliche Leben ist komplex, im wahrhaftigen Sinne fächerübergreifend und nicht „fachidiotisch“ schmalspurig, ideologisch beschränkt und begrenzt.

4614
Militär ins Weltall, aber komplett!

4615
Energiewende“ und „Atomausstieg“ bleiben als das Erbe einer offensichtlich angeschlagenen und einsamen Frau, die sich trotz eines Studiums der Physik selbst in die Überforderung und wankende Unaufrichtigkeit promovierte – bis zur „mächtigsten Frau der Welt“, denn die Welt ist so krank.

4616
In einem der freiheitlichsten Staaten der Welt, in Deutschland, nimmt logischerweise auch die Dummheit intensiv ihre Rechte wahr und zwingt darüber hinaus sogar die Intelligenz zur „Prostitution“ im Tollhaus der Religionen und Ideologien.

4617
Parteitage feiern ihre Unabhängigkeit vom Tageslicht und von Erleuchtung im stürmischen Blitzlichtgewitter.


© Raymond Walden



Freitag, 26. Juli 2019

Sequenzen von Skepsis (345)

Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

4441
Die Brutalität und Widerwärtigkeit im Internet werden beklagt, doch was erwartet wer von einer Menschheit, die sich zum Freizeitvergnügen seinerzeit an Gladiatorenkämpfen berauschte, heute noch Stierkämpfe veranstaltet, medial die Tage mit „Krimis“ auskleidet und faktisch reale Kriege pervertiert plant, anstrebt und durchführt?
Die Bigotterie bedient sich nunmehr sogar „künstlicher Intelligenz“, die alles, wirklich alles kontrolliert, damit letztlich alles außer Kontrolle gerät.

4442
Kirchentage werden zwar gezählt, werden aber lange noch nicht gezählt sein. Denn die Ärmsten lieben Erzählungen, und die Erzähler glauben an sich, an sich und sonst nichts.

4443
Nenn' mir (d)einen Gott, dass ich ihm nichts opfere.

4444
Mit falschen Parolen schicken sie Volksmassen auf die Straßen, um sich selbst zu beeindrucken.

4445
Als Umwelt-Frevler unübertroffen: Die Gattungen des Militärs.

4446
Was Waffen einzig und allein begehren,
ist das Zerstören,
das allgemeine und spezielle Verhehren,
sogar ihrer Konstrukteure, Lieferanten und Akteure,
kurzerhand:
Das Morden von Sinn und Verstand.

4447
Der Mensch denke logisch kausal, einfühl- und achtsam und werde einer.

4448
Das ist die Gattung Mensch, die jeden Krieg befeuert: Aus Dummheit in Dummheit schießend!
Also unschuldig, denn Dummheit ist Schicksal. „Wollt ihr die totale Dummheit?“ stellt keine Frage dar, sondern die suggestive Bejahung des verrückten Seins, des Verrücktseins.

4449
Manches Schicksal lässt sich lindern, sogar vermeiden. Folglich gibt es Hoffnung in der kosmonomischen Betrachtung der Dummheit.

4450
Das Meer zeichnet die Küste und modelliert,
der Mensch beschreibt sie verinnerlicht,
Barbaren bauen sie zu und veräußern sie.
So viele Andere erreichen sie nie.

4451
Der Wind setzt denen die Segel, die navigieren können.

4452
Die Besteuerung von Anteilen der Luft bläst keine Luftnummer auf, sondern markiert einen raffiniert ausgeklügelten Akt staatlicher Falschmünzerei.

4453
Viele politisch geforderten Erneuerungen und Reformen gründen im Versagen von eben der Politik, nicht selten von denselben Personen.


© Raymond Walden