So
denn das Irren „nur menschlich“ und nichts Besonderes sei,
handelt es sich wohl um eine leichtfertige Verharmlosung eben eines
Irrtums, denn im Sinne des Wortes krankt das Menschenleben an
Irrtümern, ja es stirbt daran in gewaltigen Exzessen.
Die
Alltäglichkeit des Irrens und sein häufiges Nichtwahrnehmen
verleihen dem Irrtum die unendliche Normalität, die erst dann
abreißt, wenn Tragik oder Sensation dafür sorgen und vor allem
Selbstbetroffenheit resultiert.
Irrtum
meint falsche Begutachtung, unzutreffende Einschätzung,
realitätsferne Schlussfolgerung, widersinniges Handeln. Den Bezug
bildet das gedeihliche Leben des Menschen; alles Krankmachende,
Zerstörende und Vernichtende gegen das menschliche Individuum gilt
in diesem Sinne als Irrung.
Ein
beliebiger Blick in die Menschheitsgeschichte weist Ketten von
Irrtümern auf, in allen Epochen und Regionen. Je mehr Menschen,
desto häufiger ergeben sich Unzulänglichkeiten, Inkompetenzen und
Illusionen. Moderne Technologien erhöhen das Aufkommen und die
Auswirkungen von Verirrungen um das Vielfache; eine Begrenzung ist
nicht in Sicht.
Ungezählte
niedere egoistische Interessen, Machtansprüche sorgen für gezielte
Desinformationen und Glaubensdogmen zum Zwecke der Massenverführung,
der Massenverirrung. Sich dagegen zu schützen, gelingt nur mit
Erfahrung, Wissen und Bildung; Voraussetzungen, die nicht jedem
gegeben sind und in der Mehrzahl sehr verschieden ausfallen.
Persönliches Alter und soziokulturelle Bedingungen stellen weitere
Faktoren dar, die das anzustrebende, begründete und
konstruktiv-kritische Denkvermögen neben der angeborenen Intelligenz
zur Entwicklung bringen.
Eine
humane, aufrichtige Moral aus intelligenter Einsicht in ihre
Notwenigkeit und Verbindlichkeit führt zu einer Lebenshaltung der
gefestigten Überlegenheit gegen alle Formen der Schein- und
Doppelmoral, befähigt zur konsequenten Achtung der allgemeinen
Menschenrechte und der Ideale von Freiheit und Emanzipation, stellt
das Streben nach Frieden universal ganz oben auf die Agenda des
gesellschaftlichen Miteinanders.
Nicht
nur Ernüchterung macht sich breit beim gegenwärtigen Blick auf die
Welt, sondern ernste Besorgnis wegen ihrer mannigfaltigen
Verkommenheit, die in globaler Vernetzung bei bisher höchster
Bevölkerungszahl eine neue Vielschichtigkeit gravierendster
Konflikte auftürmt.
Die
offen zutage getragene Dämlichkeit und Primitivität mächtigster
Regenten und die ebenso primitive Gleichgültigkeit von nimmersatten
Konsumgesellschaften erzeugen eine höchst explosive Spannungslage
als Bedrohung bis in die kleinste und private Sphäre. Unüberwundener
Rassismus, anachronistischer Patriotismus, Nationalismus und
religiöser Fundamentalismus nähren die alten Feuer der Vernichtung
nunmehr mit ungeahnter Brennstoffmischung und aus stets neu
aufgerüsteten Arsenalen.
Angesichts
der Millionen Flüchtlinge und Hungertoten weltweit, angesichts der
Verelendung ganzer Erdteile müssen wir ungeschönt zur Kenntnis
nehmen: Der bisherige Mensch ist ein Irrtum seines Selbst. Er bringt
sich gegenseitig um im Namen von Hieroglyphen , interessiert sich
vornehmlich für sein Ego, das er wie selbstverständlich pflegt auf
Kosten der Ausbeutung anderer unterprivilegierter Individuen und
Völker.
Dieses
inzwischen weltweit etablierte inhumane Konstrukt verdankt die
Menschheit weitgehend dem anglo-amerikanischen Kapitalismusprinzip,
in welchem trotz scheinheiliger Demokratiebeteuerungen allein der
Stärkere alle Rechte auf sich vereinigt. Der voreilig als überwunden
geglaubte Imperialismus wurde rigoros mit scheinmoralischer
Argumentation verfeinert, dass er heute sogar auch ehemalige
Klassenfeinde integriert und so die Sklaverei durch Kapitalisten
jeder Couleur ungehindert voranschreitet.
Dass
es aus diesen Gründen zu terroristischen Aufständen und Gegenwehren
kommen muss, entgeht dem geldgierigen Börsianer wie dem in
Anspruchsdenken versumpften Konsumpöbel, dem es an Bildung,
Humanität und Empathie auf deprimierende Weise mangelt.
Konsequente
Abkehr von den Irrungen und Verwirrungen bedeutete Friedensforschung
und sofortige kontrollierte, transparente Abrüstung. Da sich jedoch
damit in der verlangten Vordergründigkeit kein Geld verdienen lässt,
setzen alle Verwirrten auf Militär und Waffenproduktion bis zum
idiotischen „Overkill“: „Nach uns die Sintflut!“ oder
unbekümmert bürgerlich: „Es ist noch immer gutgegangen.“
Es
geht aber nicht gut. Eine tägliche Fülle schwachsinniger, Gewalt
als Unterhaltungsprinzip praktizierender Fernsehsendungen zeigt
Wirkung in der Verrohung und Abstumpfung bei allen
Bevölkerungsschichten. Freier Waffenhandel und Waffenbesitz wie
beispielsweise in den USA zeitigen entsprechende unbeherrschbare,
tödliche Auswirkungen, denen schon gar nicht mit dem peinlichen
Geschwätz von Politikern und Lobbyisten beizukommen ist.
Der
sich freiheitlicher als andere Diktaturen gebärdende Kapitalismus
zielt unverhohlen ab auf eine immer reicher werdende Minderheit als
Ausbeuterklasse über die restlichen Volksmassen der Welt. Das
gelingt durch eine grassierende Volksverblödung, die erreicht wird
in allgemeiner Niveauabsenkung der Bildungsanforderungen, in
Gleichmacherei, durch Presse-Verlagskonzentrationen und
-gleichschaltungen, durch aufdringliche, übervorteilende Werbung,
die einer geistigen Verschmutzung gleicht, durch geschürte
Sensationsgier und Angsterzeugung, durch verunsichernde Verbreitung
von Unwahrheiten und definitiv falschen Lehrmeinungen und letztlich
durch fortwährende Kumpanei mit den Religionen und esoterischen
Bewegungen.
Gestützt
werden all diese Kampagnen, indem hehre Ziele wie Umweltschutz,
Freiheitlichkeit, Gesundheit und Humanität vorgeschoben werden,
bessere und höhere, ehrenwerte Ziele werden vorgegaukelt, die ganz
selbstverständlich auch absegnen, dass viele der hochtrabenden Moden
mangels Relevanz einfach wieder versanden.
Feindbilder
werden entworfen und propagiert, damit sich die Menschen als Gegner
zu jedem Opfer aufraffen, auch zum Einsatz ihres Lebens, sodass
Kriegsgewinnler jeglicher Ideologien und Glaubensrichtungen ihre
verwerflichen Vorteile einheimsen.
Die
mündige Unmündigkeit und Ahnungslosigkeit zieren die Flaggen des
kapitalistischen Irrtums, der sich selbst frisst, weil er sich mit
aber auch jedem Unrecht zur Gewinnoptimierung einlässt. So zeugt und
gebiert er den Globus umspannend die Terroristen, die er sogar
fettfüttert, um Gründe für „gerechtfertigte“ Kriege zu
erlügen.
Wenn
es nicht bald gelingt, dass sich die menschliche Intelligenz ein
neues, ehrliches Gesellschaftsmuster, etwa nach dem Kosmonomischen Manifest, erarbeitet, wird sich der Irrtum Mensch rasch selbst
entleiben. Die inzwischen sehr zuverlässigen Technologien werden das
Unzuverlässige, den Irrtum, überfordern und überfahren.
Gegenwärtige
amerikanische geistig-moralische Verwilderungen wie die europäischen
kleingeistigen Rückwärtsorientierungen sind markante Anzeichen des
globalen Notstandes für eine Neuzeiteröffnung. Die anderen
Kulturen, in direkt übernommener Systemabhängigkeit vom sogenannten
Westen, sind für eine Neuorientierung der Menschheit lediglich
tragische Spielbälle, denn trotz auch gewaltiger Machtentfaltungen
stagnieren ihre Bewusstseinshaltungen noch viel weiter zurück in
traditionellen Unseligkeiten. Sie irren per se und trachten
zusätzlich den westlichen Irrungen nach, was ihnen und uns allen gar
nicht bekommt.
„Wachstum“
der Reichen ist das Glaubensbekenntnis des unmenschlichen
Kapitalismus; es ist aber allein der Irrtum, der so ins Unermesslich
eskaliert. Er gipfelt in radikaler Verständnis- und Sprachlosigkeit,
im Glauben an blinden Kampf in Jenseitsphantasien und Größenwahn.
Glauben
aber ist nicht nur Unwissenheit, Glauben ist Irrtum.
Und
darin liegt die Wurzel menschlicher Tragik: Gläubige lassen sich
ihren Irrtum nicht nehmen. Sie dürfen es nicht und sie wollen es
nicht. Lernunfähigkeit führt von einem Desaster in die nächste
Katastrophe.
Das
reale Leben verlangt nach Realität, sehnt sich nach Zuwendung, will
Würde praktizieren und sich vom Animalischen unterscheiden. Es will
wissen!
Seine
Werte sind von einsichtiger Natur und nicht von Hirngespinsten,
Ideologien und Göttern, die angeblich über dem Leben schweben.
Freiheitliche
Aufklärung möge den Menschen beschieden sein, rechtzeitig noch und
umfassend, auch wenn es gegenwärtig gar nicht so erscheinen will.
Lasset
uns nicht beten, sondern kausal denken und handeln, in
mitmenschlicher Verantwortung, gewaltfrei, unbestechlich;
emanzipiertem Leben hier und jetzt gewidmet.