Samstag, 15. Februar 2020

Menschliches Glauben: Fundamentalistischer „Sexismus“ (S. 58)


Dezember 1995

Zum Thema „Gewaltlosigkeit“ fertigten Lehrerinnen für ihre Schüler Plakate. Unter der Überschrift „Wer handelt gewalttätig?“ hieß es unter anderem: „Ein Mann, der seine Freundin überreden möchte, mit ihm zu schlafen, obwohl sie bereits nein gesagt hat.“
     Man(n) könnte lächelnd und achselzuckend darüber hinweggehen, ich gestehe jedoch, dass mich das „Outing“ der „emanzipierten“ Damen mittleren Alters unangenehm berührt; nicht etwa, weil es in der Schule stattgefunden hat, sondern wegen der wörtlichen Bedeutung der Aussage im Hinblick auf einen offensichtlich parallel zum männlichen „Sexismus“ um sich greifenden weiblichen.
     „Sexismus“ meint dem Sprachgebrauch nach eine negative Bewertung von offensivem Sexualverhalten. Offensiv kann sowohl „Angriff“ wie auch „Abwehr“ sein, beides Resultate der Verdrängung, entstanden aus einer sperrigen Moral heraus, die schon über Generationen religiös manifestiert ist. Weil man mit „Moralin“ so wirkungsvoll einschüchtern oder gar erpressen kann, feiert auch fundamentalistischer „Sexismus“ seine Renaissance. Frauen wie Männer sind gleichermaßen Betreiber.
     Mit todernster Miene kommentiert der TV-Moderator einen Beitrag zum „Sexismus“ in einem Fitness-Studio, wo Männer Frauen „angemacht“ haben und die so „Gedemütigten“ sich nun beklagen: „Die gieren uns auf den Busen und zwischen die Beine“. Als dann Bilder aus dem Studio folgen, zeigt der Bildschirm Männer in üblichen Trainingsanzügen, also in üblicher Sportbekleidung, wie man sie etwa auf dem Sportplatz trägt, daneben Frauen in hautengen „Bodys“, die teilweise tiefe Einblicke gewähren. Ähnliches ist übrigens bei gesellschaftlichen Anlässen zu beobachten: Männer bedeckt, Frauen oft freizügig.
     Eine keineswegs modernistische Lehrerin sagte dazu: „Wenn Frauen sexuell so konservativ sind, sollten sie sich gefälligst auch so kleiden, denn wenn man dem Hund die Wurst vor die Nase hält, darf man sich nicht wundern, dass er danach schnappt.“ Sie meinte „Hund“ keineswegs diskriminierend, sondern wollte mit diesem Beispiel einen Hinweis auf die natürliche Reaktion innerhalb einer gesunden Sexualität geben.


© Raymond Walden



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