Samstag, 29. Februar 2020

Menschliches Glauben: Zumutungen (S. 66)



März 1997


Physikunterricht, 5. Schuljahr. Ein an sich nettes Mädchen schreibt während der Stunde einen großen „Liebesbrief“ und „sendet“ ihn auffälligst an ihren Auserwählten, der ihn voller Stolz seinem Umfeld präsentiert: „Wenn Du mit mir gehen willst, musst Du mich bumsen.“ Die Jungen johlen, der Lehrer nimmt den Zettel ab; das Mädchen wettert empört: „Das geht Sie gar nichts an, das ist meine Privatsache!“
     Eine Sportlehrerin kommt am selben Tag aus dem Schwimmbad und zitiert einen Schüler, der im Bereich der Umkleidekabinen einen Mitschüler laut auffordert: „Schau Dir Frau N. (die Lehrerin) an und wichs Dir einen ab.“
Frau N. fragt später eine Schülerin, die sich gerne vor dem Schwimmen drückt, warum sie nicht im Badeanzug erscheine. Darauf ein Schüler: „Die blutet aus der Fotze.“ Die Pädagogin versucht das zu ignorieren; der Ansager wiederholt seinen Satz mit Nachdruck.
     Und so könnten viele Lehrer aus ihrem Alltag umfangreich berichten. – Zumutung? Keineswegs; es handelt sich um die Auswirkungen einer doppelmoralischen Szene, die sich selbst nichts, anderen aber alles zumutet. Und wer versagt denn hier? Nicht die Kinder und Jugendlichen, sondern jene Apostel, welche unter dem Prinzip einer integrationsunfähigen und ausfransenden Multikultur die Demokratie aushöhlen. Die Schule stellt auf diese Weise der Gesellschaft immer haarsträubendere Zeugnisse aus!


© Raymond Walden




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