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Montag, 26. Dezember 2022

All so sprach Einer über Echtheit


Katholisch miefige Steifheit,

protestantisch kahler Pietismus,

religiöse Gewandungen des Verdeckens,

kleinbürgerliche Spießigkeit,

vorauseilend opportune Staatsräson,

Doppelmoral und einschleimende Andienerei,

Erhabenheit und Ehre für nichts in einer bigotten

Enge von Seilschaften und Missgünsten,

gefeiert in Sonntagsreden,

ausgezeichnet mit Blech, Urkunde und Fanfare,

Redeschwall aus der hohen Scheinwelt, abstürzend

in die verlogenen Niederungen der Wirklichkeit.


Wie berührte uns das alles irgendwie schon als Kind,

ohne genau zu wissen, was es eigentlich war.

Es prägte uns von Anfang an,

zunehmend,

oh, wir lernten zu differenzieren

und Stroh vom Korn zu trennen,

echte Früchte zu erkennen und zu schätzen.


Immer nachdrücklicher stellte sich Echtheit

als edel heraus, das heißt, Seltenheitswert

und keineswegs gang und gäbe.


Von da an bevorzugte ich eher seltene Wege der

stets Suchenden, die wissen, welches echte und

zu schützende Erbe ihnen Perspektiven geben kann,

das sie hinführt zu echten Menschen und zu echter Natur.“,

all so sprach Einer seit seinen jungen Jahren,

obwohl er wusste, er war nicht Zarathustra,

und die Menschen pflegten sich Vereinfachungen anzumaßen,

welche der anspruchsvolleren Natur

und den filigranen Strukturen des Miteinanders zuwiderliefen.

 

 

 

Dienstag, 4. August 2020

Sequenzen von Skepsis (379)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


4856

So befangen gefangen sind wir, dass eine Befreiung daraus als merkwürdige Besonderheit auffällt.


4857

Ein „Weltuntergangsvirus“ erinnert die Menschheit an ihre Fehlentwicklungen und an ihre Frevel gegenüber allem „Nächsten“. Panik soll es nun richten – ein nächstes Vergehen ohne Sinn und Verstand!


4858

Verharmlosend spricht man vom „shitstorm“, um sich nicht das eklatante Bildungsdefizit und die primitive Verhaltensverrohung durch geistige und kulturelle Verwahrlosung breiter Bevölkerungsschichten einzugestehen.


4859

Auch eine, aber grundsätzliche Antwort auf „Pandemie“ ist die Besinnung auf Kosmonomie. – Das änderte freilich vieles.


4860

Stichhaltige Aphorismen treffen ins Mark, Honig-Aphorismen beträufeln die verspielten Seiten des Daseins.


4861

Was Eltern und Lehrer nicht lernten, können sie Kindern auch nicht beibringen, geschweige denn vorleben.


4862

Nichtwissen erkennt nicht das Defizit, mag es aber erahnen.


4863

Vertrauen wirkt wie eine paradiesische Rückversicherung, besteht es wirklich und begründet, gibt es nichts Höheres, Edleres im Miteinander.


4864

Schenke dem Kind Hoffnung, Selbstvertrauen, Zuversicht und Liebe, dass es heranwachsend Gefahren erkenne, nicht in Furcht versinke, sondern Herausforderungen in optimistischem Realismus annehme – oder verwerfe, um im Leben freiheitlicher Selbstbestimmung und Gleichberechtigung, in der Treue dazu unbeirrt, ein mutiges, beispielhaftes Charakterwesen zu sein, durch individuelle Reife gestärkt, wertvoll wie verantwortungsvoll für die freiheitlich-humane Gemeinschaft.


© Raymond Walden





Dienstag, 30. Juli 2019

Sequenzen von Skepsis (346)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

4454
Die Vielfalt der Dummheit widerlegt keineswegs die Einfalt, die Monotonie der Gedankenlosigkeit.

4455
Dinosaurier sollen durch eine Naturkatastrophe kosmischen Ursprungs ausgestorben sein. Vielleicht ist jetzt der Mensch dran. Der Planet wird ohne ihn auskommen, zumal es sich um Selbsttötung im ideologischen Hinterstübchen handelt, wozu Saurier nicht fähig waren.

4456
Es gilt der höfliche Ton zwischen freundlichen Menschen. Dem Schurken aber gebührt die klare Abmahnung, darüber hinaus auch dem Präsidenten, der Kanzlerin, dem Premierminister, die Feindbilder konstruieren.

4457
Macht macht Hände schmutzig, besonders in der Ermangelung sauberen Denkens.

4458
Es gehe um das Leben, aber in Wahrheit geht es ganz vordergründig um das „Wie“.

4459
Sein Spiegelbild muss man nicht mögen, achten aber schon, denn man ist doch Mensch und will es sein. Mit unveräußerlichen Rechten! Auch als gespiegeltes Unikat.

4460
Was anderes sind Burgen und Festungen überall im Lande als Zeugnisse primitiver Machtgier vermengt mit neurotischem Schutzbedürfnis, basierend auf menschenverachtender Ausbeutung und kleinkariertem Sendungsbewusstsein in eklatant verirrter Gottgewolltheit! Diese Subkultur setzt sich fort in heutigem, dreist überkommenem militaristischem Nationalismus und erweitert die verdummende Unterjochung um den Faktor „künstlicher Intelligenz“.

4461
Ein Risiko des Lebens ergibt sich aus der zufälligen Abhängigkeit von verlässlichen Experten, die sich gelegentlich als windige Dilettanten erweisen.

4462
Ein erzwungener Zwischenaufenthalt mag dem Ziel dienlicher sein als glatte Fahrt.

4463
Der wirkliche Tag beginnt sehr oft am Vorabend.

4464
Was man so „Wissenschaft“ nennt, als Wissenschaft verkauft!
Und Wissenschaft ist daran nicht unbeteiligt, was die Unterscheidung so erschwert.

4465
Von jeher bilden Schulen eine Heimstatt der Indoktrination.

4466
Im alltäglichen Miteinander gleicht freundliche Distanz einem Sicherheitsabstand.

4467
Manches Schweigen schreibt Bände, die nicht jeder lesen kann.

4468
Jung zu bleiben, gar „für immer“, scheitert schon am Altern des sozialen Umfelds.

4469
Je fortgeschrittener das Alter, desto lächerlicher „Ewigkeit“.


© Raymond Walden