Dienstag, 21. Juni 2011

Sequenzen von Skepsis (71)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

891
Mit Rücksicht auf die unverschuldete allgemeine Verständnislosigkeit und meine eigene nicht heldenhafte Leidensfähigkeit sage ich längst nicht alles laut.

892
Diskussionen entarten so selten gar nicht zur Demonstration von Mangel an Geist. Besonders bei Anrufung von Geistern.

893
Liebe intensiviert alles.

894
Fassungslos begreife ich nicht das Unfassbare, aber es berührt mich, wie ihr euch nicht rührt.
Euer Staat führt wieder Krieg und nennt Folterer seine Freunde.

895
Jetzt und nirgendwo anders ist Leben.

896
Als ich anfing zu leben, erfuhr ich Distanz, die mich nur noch anspornte.

897
Rom – erst recht heute die Welthauptstadt der Christenheit – so primitiv sind wir nun einmal im 21. Jahrhundert dieser Unchristlichkeit.

898
Sagt jemand: „Du siehst angegriffen aus“, was bewegt ihn wohl?

899
Ich wurde gesund, als man mich sterben ließ.

900
Viele brauchen die Einsamkeit, weil die Zweisamkeit so missbraucht wird.

901
Innere Freiheit bestimmt den Reifegrad von Persönlichkeit.

902
Oft unnötigerweise quält sich das Sterben zu Tode.

903
Immer aktuell sind Tratsch und Klatsch als Geräusch der Kommunikation:
bedeutungsleere Dissonanzen, einfach taktlos.

904
Weniger Seichtigkeit um mich herum hätte mich verstummen lassen, gar nicht erst zum Sprechen ermuntert.

905
Religionen verleumden und ächten die Schönheit des Menschen, seines Körpers und seines Geistes.

906
Trotz anschwellender Bilderflut macht man sich kaum ein Bild, denn es verkümmert die Sprache als unverzichtbares Faszinosum.

907
Das Zölibat in der Ehe initiiert ihren Bruch.

908
Der Kurzsichtige mag mit Weitsicht lesen, während der Weitsichtige vielleicht das Naheliegende nicht erkennt.

909
Empfindlichkeit gibt einen Hinweis auf Schwäche, Empfindsamkeit kann Stärke untermauern.

910
Einfühlungsvermögen kann mehr als nur Mitleid.


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Freitag, 17. Juni 2011

Pazifistischer Aufbruch

Als überzeugter Pazifist hörte ich mehrfach Kritik, ich könne mir eine solche Gesinnung nur leisten, weil im Ernstfalle andere für mich ihren Kopf hinhielten. Eigentlich sei ich ein Drückeberger, der Gewaltfreiheit nur so lange vertreten könne, wie er nicht Opfer von Gewalt werde; Opfer, weil er aber auch in keiner Weise auf einen gewaltsamen Angriff vorbereitet sei, sich nicht verteidigen könne, sich vielleicht tragischerweise auch gar nicht verteidigen wolle.

Zugegeben, die Logik derartiger Rüge liegt in herkömmlichen Denkschemata auf der Hand – aber nicht im Kopf.

Die Geschichte der Völker und Nationen bisher, die Geschichte der Menschheit, ist eine endlose Orgie der Gewalt, der gegenseitigen Demütigung und Vernichtung. Keine Gesellschaftsordnung, kein Staat hat es je geschafft, diesen durch technischen Fortschritt weiter eskalierenden Circulus vitiosus zum Stillstand zu bringen.
Ganz im Gegenteil: Raffgier, lächerliche Ehrbegriffe, rachsüchtige Beschränktheiten und zügelloses Machtstreben bezeichnen die Antriebe für jedes noch so grausame, menschenverachtende Vernichtungsszenario. Die kampfbereiten Zeitgenossen aller Epochen sind „Kanonenfutter“ und nicht einen Deut mehr, ihre Einsatzleiter armselige Deppen der Gewaltverherrlichung.

Alle Kämpfer agieren als Verlierer, denn sie töten das Menschliche.

Was also haben Pazifisten zu verlieren?
Nichts!
Denn es geht darum, was sie wie gewinnen können.
Es geht um faktischen Frieden, nicht um in der Regel verlogene Absichtserklärungen und zu brechende Verträge, nicht um euphorische Konferenzen, deren Grundvoraussetzungen nicht stimmen, weil Machtstrukturen und nicht etwa das menschliche Individuum die Verhandlungen und Beratungen prägen.

„Macht geht von der Emanzipation aus,“ verlangt als eine kosmonomische Friedensthese den Bruch mit gleich mehreren Tabus: mit dem Nationalismus, dem Rassismus, den Auserwähltheits-Religionen, mit dem Militarismus und mit der Ausbeutermentalität.
Die Schlüsselfunktion nimmt das Militär ein, es ist das niederträchtige und zugleich pathetische Vollstreckungsorgan jeder beliebigen Politik. Es basiert auf erzwungenem Kadavergehorsam, der sämtliche Lobpreisungen von Zivilisation und Humanität unterläuft, der als permanenter Skandal nach wie vor als tugendsam glorifiziert wird.

Dennoch beginnt sich deutlich der militärischer Anachronismus in Form von Menschenschlachten mit immer größerer Effizienz von Materialschlachten aufzuweichen, denn die wirklichen Entscheidungen von globaler Bedeutung werden zunehmend auf dem Terrain der Elektronik und Informatik fallen.
Wissenschaft und Technologie sind aber nicht auf militärische Strategien angewiesen, sondern entwickeln sich nach dem Kausalitätsprinzip – wesentlich berechnender und berechenbarer als „Hurra-Patriotismus“, noch unpersönlicher und vernichtender.
Der befehligte Töter bedient einen Hebel, drückt einen Knopf und nimmt vom verursachten Unheil kaum etwas wahr, erfährt vielleicht später einmal aus der Presse ausgewählte Berichte. Oder er fällt selbst einem Siechtum anheim, weil das eigene Militär ihn bewusst mit giftigen Substanzen auf den Gegner hetzte.

Der Mensch wird zur Barbarei fähig, wenn Feindbilder und Hassobjekte die Psyche blockieren; sie sind die sprichwörtliche „Wurzel des Übels“. Einmal ausgesät, wuchert das Kraut und duldet keinen Pazifismus neben sich, erstickt ihn mühelos, denn er ist auf solchem Acker wehrlos, verloren.

Pazifismus erhält seine einzige Möglichkeit zur Realisierung in der Verhinderung der Konstruktion von Feindbildern und Hassobjekten, so utopisch dies auch erscheinen mag angesichts ungebrochener religiöser und ideologischer Indoktrinationen. Sie formen einen Menschen, der – weil er gutmeinend ist – „Glaube, Sitte und Heimat“ verteidigt gegen Unglaube, also „falschen Glauben“, gegen Unsitte, also fremdartiges Brauchtum, gegen Pluralismus, also andere Länder, Kulturen und andere Heimaten.
Dementsprechend fordert Pazifismus kein „Multikulti“, keinen gutmenschelnden Mix aus historischen Kulturen, die wegen ihrer fundamentalen Glaubensansichten nicht friedlich koexistieren können.

Vielmehr meint Pazifismus, wenn er sich von Tagträumereien distanziert, einen Aufbruch heraus aus alten provinziellen Überzeugungen, er sieht die Erfordernis einer bisher unerreichten Neudefinition eines Weltbürgertums, das seine Geschichte(n) nicht leugnet, sondern analysiert zum Zwecke einer kosmonomen Orientierung.

Pazifismus ist kosmonomische Philosophie:
Der Mensch ist nicht sein Feind. Seine überkommenen Weltbilder sind überholt und aufgehoben.
Sein Frieden ist von dieser Welt; jeder Verweis auf „Jenseitigkeit“ beschreibt alberne Vertröstungen.

Mit diesem klaren Bekenntnis zur Möglichkeit des Humanen versucht Pazifismus an Boden zu gewinnen, nicht auf dem Schlachtfeld und schon gar nicht auf dem Gottesacker, wohl aber, um im Bild zu bleiben, in Feld und Flur, in Parks und Gärten, in Kulturlandschaft.
Das Kultivieren des Lebens und seines Raumes geschieht als Intelligenzleistung von unzweifelhaft höherem Wert gegenüber der kriegerischen Zerstörungskapazität.
Dass die globale Situation dennoch vermehrt unter dem destruktiven Provinzialismus krankt, zeigt lediglich, wie sehr wir erst am Anfang einer humanen Weiterentwicklung stehen.

Es liegt in der Natur von Entwicklungsprozessen, dass die noch schwachen und zahlenmäßig unterlegenen, aber differenzierteren Organismen vielfältigsten Bedrohungen ausgesetzt sind und Startschwierigkeiten haben.

Aufrichtiger, konsequenter Pazifismus befindet sich in so einem Stadium, indem Krieg als Mittel der Politik ausgeschlossen wird. Die Optionen dazu liegen in einer ehrlicheren, intelligenteren Politik, die sich verstärkt um Menschenwürde und weniger um vortäuschende Diplomatie bemüht.

Pazifismus ist im demokratischen Verständnis parteiübergreifend, ungeachtet der Tatsache, dass die Mehrheit politischer Parteien wie gehabt Kriegen nicht nur zustimmt, sondern sie in programmatischer wie naiver Zwanghaftigkeit sogar herbeiführt und schürt.

Das, was wir voreilig „Aufklärung“ nennen, symbolisieren ein paar Pflänzchen auf einer von Disteln dominierten Halde aus Kriegsschutt und Trümmern.
Wir leben immer noch in der prähumanen Zeit eines Interimsmenschen.
Diese Erkenntnis aber trägt schon den Charakter des Aufbruchs.

Dienstag, 14. Juni 2011

Sequenzen von Skepsis (70)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

874
Land lässt sich nicht kaufen oder besitzen, denn es überdauert jeden Anspruch.

875
Von früh bis spät verkauft ihr euer Leben,
und von spät bis früh lasst ihr euch verkaufen.

876
Der Frost beißt, Wasser weicht auf und spült hinweg, die Sonne brennt, und der kluge Mensch weiß Rat, aber nicht über die Grenzen seiner Ideologie hinaus.

877
Eine geknackte Nuss verkörpert vielleicht auch ungeahnte Leere.

878
Absurdität gipfelt in Religion, tiefer kann kein gesunder Geist fallen.

879
Religion kostete das Leben schon zu Lebzeiten.

880
Ehre auf dem Schlachtfeld praktiziert die verordnete ordentliche Ehrabschneidung.

881
Gewinnend lügt der Kapitalist.

882
Im allgegenwärtigen Unwetterpotenzial gedeihen besonders die wetterfürchtenden Weichlinge. Vereinigen sie sich mit Wetterfühligen, entsteht Wetterchaos: Ein Klima zum Schützen!

883
Wein in der Flasche kokettiert mit seinem Etikett, im Glas klingt er, entfaltet sein Bouquet, spiegelt sich in Gesichtern und hebt an zum Wohle durch seine Reife. Genießern reift das Bewusstsein.

884
Wie leicht verhebt sich gehobene Ausstattung, lastet sie doch schwer im Portemonnaie und auf dem Konto.

885
Kulinarische Kunstwerke klingen auch so auf der Speisekarte, verwandeln die Tafel und geben doch nur manchem Gerücht Nahrung.

886
Erst Gunst in der Kunst brachte manches Werk hervor.

887
Niemand sei je eines anderen Untertan.

888
Schnee von gestern hinterließ doch scharfe Ränder.

889
„Analyse“ ist und bleibt für die intellektuelle Masse ein Fremdwort, für die breite Masse ohne Bekanntheitsgrad.

890
Der Interimsmensch will bei jeder Gelegenheit getäuscht und betrogen sein, da sein kindliches Gemüt die Wahrheit nicht erträgt. Früh übt er sich auch im Selbstbetrug.


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Donnerstag, 9. Juni 2011

Sequenzen von Skepsis (69)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

858
Vasallen befiehlt man durch Lob und Auszeichnung.

859
Wir wollen Israel niemals vergessen als Mahnmal auserwählter neuer Nazis.

860
Man mag ganz gut mit nicht erkannten Fehlern leben, nimmt man sie aber wahr, kann es schon zu spät sein.

861
Kann denn Demokratie die Gleichberechtigung der dreisten Dummheit sein?

862
Humanitas gelingt nur mit Bildung, ist sie doch ein Kind des intelligenten Einfühlens.

863
Der Mainstream ist nicht the River Main, aber noch kurvenreicher und enger.

864
Zunehmend setzt die Bild-Zeitung die Maßstäbe für die zunehmend unseriöse Presse, die sich der Verblödung anpasst – anspruchsvoll, um im Bild zu bleiben.

865
Auch mancher Aphorismus erscheint als Sonntagsrede.

866
Amerika war und ist noch möglich aufgrund eines versagenden Europas. Andere Staaten werden die USA ablösen, weil Amerika europäische Muster kopiert.

867
Noch reinigt der Ozean jeden unmenschlichen Unrat.

868
Alles Klagen fiele auf mich zurück.

869
Ein Leben ohne Sex ist nicht wie eine Blüte ohne Biene, sondern wie ein Gestrüpp ohne Blüte.

870
Das Leben gemeinsam wird oft so laut oder leise, dass es nichts mehr wahrnimmt.

871
Immer deutlicher bestimme ich, was – nicht wann – Tag und Nacht ist.

872
Diplomaten lügen auf edlem Parkett;
das ist ihre Botschaft.

873
Den eigenen Körper zu vernachlässigen, gar zu kasteien, um sich zu vergeistigen, offenbart asoziales Verhalten an sich.


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Dienstag, 7. Juni 2011

kosmonomisch kurz kommentiert (3)

„Ethik“?

Es gibt sie wieder: die deutsche Sichtweise, an der die Welt gesunden soll.
Während die Deutschen ihre Anti-Atom-Hysterie pflegen, ihr durch einen „Ethik-Rat“ sogar höhere Weihen verleihen, reibt man sich sonst in der Welt verwundert die Augen.
Denn einerseits freut man sich über einen Konkurrenten weniger in der atomaren Spitzenforschung, andererseits beginnen die teutonischen Aussteiger ihre „erneuerbaren Energien“ weltweit so dogmatisch zu propagieren, dass tatsächlich energetische Verwerfungen bisheriger Geschäftsstrategien drohen.

In Deutschland hat sich systematisch eine grüne Ökodiktatur eingenistet, ideologisch weltfremd verwurzelt, aber unaufhaltsam sendungsbewusst auf dem Vormarsch.
Mit einer Dr. rer. nat. Kanzlerin an der Spitze, der man längst den Titel aberkennen sollte, und zwar wegen Verrats an der Naturwissenschaft, geht es stringent in wissenschaftsferne klimatische Glaubensbekenntnisse und –postulate.

Seit Jahren überfällig, hätte es eines „Ethik-Rates“ bedurft angesichts deutscher, zunächst geleugneter Kriegsbeteiligungen, angesichts extensiven deutschen Waffenhandels, angesichts der kapitalistischen Ausbeutung von Menschen in Billigstlohn-Ländern.

Deutschland ist ein gravierendes europäisches Problem, die Welt hat es nur noch nicht merken wollen.
Alles nicht neu.
Stattdessen zeichnet Herr Obama Frau Merkel mit höchstem Orden aus.
So feiern sich Herrscher.
Welch eine Ethik!

Samstag, 4. Juni 2011

Sequenzen von Skepsis (68)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

847
Zweifellos ist das Schlafen ein Welt-Kulturerbe der Menschheit.
Ich pflege es mit Hingabe.

848
Keines der Schläferstündchen möchte ich missen.

849
Geheimnisvoll wirkt der Schlaf zwischen Leben und Tod. Es kommt wirklich zur Wiedergeburt.

850
Ort, Zeit und Umstände selbst bestimmt, verleiht dem Schlaf gelebte Freiheit.

851
Oh, große Lust zu schlafen
und nichts zu verschlafen!

852
Zu leicht sind wir Gefangene, sei es durch Indoktrination, in Traditionen, vielleicht mit Einbildung und besonders im Unbewussten.
Frieden schließt man aber erst als ein befreiter Mensch.

853
Militärparade nennt man das Defilee der Tötungsroboter.

854
Die Anhäufung offensiver Waffen enttarnt jeden Verteidigungsminister.

855
Pazifismus lässt sich nicht zur Schlachtbank führen, sondern bemüht sich in jeder Hinsicht um überlegene Verteidigung – geistig wie materiell.
Archaisches Militär ist der Aufgabe gewaltig unterlegen.

856
Die zweifelhafte Kunst der Volksverführung besteht im Dacapo langer Predigten.
Kurz auf den Punkt kommt hingegen die Aufklärung und motiviert zu intensivem Nachdenken, falls möglich.

857
Den Kopf der Päpste zierte schon immer ein Kondom.
So wurden sie Väter.

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Mittwoch, 1. Juni 2011

Grußwort an das Erste Münchner Gottlosentreffen

Dem Ersten Münchner Gottlosentreffen am 5. Juni 2011 widme ich folgendes Grußwort und verbinde damit die Hoffnung auf das Gelingen einer würdigen Veranstaltung.

Dass Gottlose von Religiösen gerne als unmoralisch, ethik- und sittenlos diffamiert werden, erklärt sich als geradezu banales Vorurteil von zur Denkunfähigkeit verführten Menschen, die sich in ihrer geistigen Gefangenschaft für auserwählt empfinden und ihrem Kerkermeister auf Knien danken, nicht so zu sein wie jene.

„Gottlose“ jedoch sollten den Religiösen nicht auf den Leim gehen und sich als „Atheisten“ (gegen Gott oder ohne Gott) bezeichnen, denn wenn es „Gott“ nicht gibt (wovon jeder klare Denker ausgehen muss!), kann man nicht gegen das Nichtexistente oder ohne das Nichtexistente sein.

Man ist gegebenenfalls ohne Religion.

Und weil man sich das nicht aus Faulheit gönnt, sondern sehr fundiert darüber nachgedacht hat, zu einem nicht leichtfertigen Lebensentschluss gelangt ist, hat man das demokratische Recht, als ein verantwortungsvoller Freigeist öffentliche Bühnen im Verständnis von Meinungsfreiheit zu betreten.

Der Sinn ist jedoch nicht „Missionierung“, sondern die Dokumentation des eigenständigen Denkens, das längst zahlenmäßig eine bedeutende Fraktion gegenüber den „Gotteskindern“ darstellt und viele zweifelnde Menschen ermuntern mag, endlich auch in moralischer Verbindlichkeit den Göttern und ihren so irdischen Sachwaltern die Gefolgschaft zu verweigern.

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Montag, 30. Mai 2011

kosmonomisch kurz kommentiert (2)

„Größte Freiheit ist Angstfreiheit.“

Dreht man diese meine „Sequenz von Skepsis“ Nr. 130 im rechtsstaatlichen aktuellen Sinne, lässt sich formulieren: „Angst baut die unüberwindlichsten Kerker.“ Oder einfach: „Angst ist Gefangenschaft.“

Was wird nicht alles in dieser freiheitlich-demokratischen Gesellschaft inszeniert und behauptet, um Angst zu erzeugen, um auch bei nicht ganz so Leichtgläubigen wenigstens Verunsicherung und Ratlosigkeit zu hinterlassen!

Die Methode hat ihre uralten Wurzeln in allsichtigen strafenden Gottheiten, die sich seit jeher mit der herrschenden geistigen und gelegentlich auch biologischen Inzucht-Kaste vereinigen.
Im Zustand der Angst lässt sich das Volk leicht gegeneinander aufbringen (teilen) und beherrschen, übervorteilen und im umfassenden Begriff zur Kasse bitten bis hin zum zu entrichtenden Blutzoll.

Angstpropheten („Feindbild“-Erzeuger) sind heute in üblicher und bewährter Weise irgendwelche Kartelle, auch phantasievolle Institute mit scheinwissenschaftlichen Kompetenzen.
Der kurze Draht führt direkt zu den medialen Demagogen und ihren vorauseilend loyalen Nachbetern, die dafür sorgen, dass aus jedem Anlass, sei er begründet oder aus der Luft gegriffen, zumindest ein epochaler Medientsunami entsteht.

Der allein schon spült reichlichst Geld in die gewünschten Kanäle und Macht in manch zweifelhafte Zentrale.

Heute ist der 30. Mai. – Weltuntergang!
Wir sprechen uns. – Bis morgen!
Ohne Angst.

Samstag, 28. Mai 2011

Sequenzen von Skepsis (67)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

836
Nichts da mit Ewigkeit, einer verklärenden Fata Morgana!
Ich schöpfe Kraft aus der Zeitlichkeit, lebe jetzt und hier,
reifend bewusster und gelassener.
Niemand muss mich fürchten,
aber auch ich fürchte immer weniger.
Es ist meine Zeit, solange ich bin.

837
Angst geht gerne grundlos auf Flugreisen.

838
Ein wirklich schöner Abend kostet aus,
schmeichelt der Nacht und vergoldet das Morgenrot.

839
Über Jung und Alt wird so viel philosophiert, dass ich mich enthalte.
Aus Neutralität.

840
Größe komponiert sich aus Kleinigkeiten.

841
Urlaub genießt die Arbeit der anderen.

842
Es braucht verdammt viel Weisheit, den Tag als Sekunde des Lebens zu begreifen. Meist gelingt das erst in der erinnernden Rückschau, um einzusehen, dass man die Uhr zu oft flüchtig, sogar falsch abgelesen hat.

843
Nicht nur man selbst, alles Umfeld altert.
Das will verkraftet sein, Alter!

844
In der gängigen Pornografiertheit stellt sich die ungenierte Abwertung des Körpers zur Schau, lebt sich die gestaute Sexualfeindlichkeit aus.

845
Wahrnehmen, erkennen, gestalten; das ist Perspektive.
Sie scheitert oft schon am ersten Kriterium.

846
Eines der einträglichsten Geschäfte ist das des Angsteinflößers.

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Donnerstag, 26. Mai 2011

Sequenzen von Skepsis (66)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

822
Das Leben ist ganz anders.

823
Wissen alte Freunde vorwiegend Altes zu berichten, ist das die Herausforderung an das eigene Alter.

824
Naturgemäß sehen wir uns vor allem subjektiv. Das verhindert zu oft die Selbstheilung.

825
Im Entdecken und Verstehen immer neuer Funktionen neigt das Leben bedenklich zum Funktionalismus. Es funktioniert nicht mehr.

826
Sie spielen Golf? – Dann haben Sie mindestens ein Handicap.

827
Verfolgt man im Geschichtsatlas die politischen Veränderungen während nur der letzten hundert Jahre, zeigt sich krass die Schnelllebigkeit der Veränderungen und glasklar, dass alle Kriegsopfer völlig umsonst, das heißt, sinnlos sind.

828
Wann immer ich in ein Altenheim schaue – intensiv, habe ich den Beweis, dass man mit „Gott“ sehr viel Erbarmen haben muss, sehr viel ....!

829
Integration ist eine religiöse Unmöglichkeit.

830
Die Natur betet nicht, sie lebt freudenvoll und stirbt würdevoll wie grausam. Der Mensch hätte das Zeug, die Natur für ihn milde zu stimmen.

831
Am Sternenhimmel erkennst du den Ort und die Zeit und entdeckst vielleicht dich.

832
„Freie Presse“: das Blatt vorm Mund, das den Balken vor dem Kopf nicht zu tarnen vermag.

833
Das Alte passte früher schon nicht in die Zeit – und heute erst, da es immer mehr Alte gibt und weniger Zeit!

834
Wer naiv nichts durchschaut, mag sich freuen, Unsinn unterstützen und sich alsdann wundern. Deshalb erscheint Banales oft so wunderbar.

835
Im Umfeld irrealer Lichtgestalten realisiert man bald finstere Schlagschatten.

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Mittwoch, 25. Mai 2011

kosmonomisch kurz kommentiert (1)

Friedensprozess in Nahost?

Friedlich nebeneinander, besser noch, miteinander zu leben, setzt gegenseitige Achtung, Respekt und Gleichberechtigung voraus. Im Nahen Osten sucht man auf beiden Konfliktseiten vergeblich danach; die hinlänglich bekannte Historie liefert die Gründe, die vorwiegend im Irrationalen von Religionen und Ideologien liegen.
Frieden auf der Basis zweier gleichberechtigter unabhängiger Staaten wäre eine Option unter der Voraussetzung von Rückgabe widerrechtlich besetzter Gebiete bei beidseitiger Entmilitarisierung unter internationaler Kontrolle.
Alles andere ist nichts als die seit Jahrzehnten praktizierte Vertuschung eines aggressiven, aber durch gar nichts zu rechtfertigenden „Rassismus“.

Montag, 23. Mai 2011

Sinnvolle Vergegenwärtigung

Objektiv gibt es keinen Sinn des Lebens. Das Werden und Vergehen in seinen umfassenden evolutionären Entwicklungen lässt keine Schlüsse auf einen Sinn zu.

In diesen zunächst deprimierend leeren Rahmen gestellt, kann sich der Mensch seinen eigenen Sinnbegriff skizzieren und ihn vielleicht als ein mehr oder weniger gelungenes Gemälde vollenden.

Weitaus die meisten Sinnsucher aber gehen den naiven und dümmlichen Weg, sich eine Religion als sinnstiftend schon im Kindesalter vorsetzen zu lassen – wie sollte man sich auch wehren? – und nie im Leben eine Alternative zu erwägen.
Vor der geistigen Herausforderung, die Leere kreativ zu überwinden, geht der Mensch förmlich auf die Knie, betend seine weitreichende Abkehr von der Realität hin zur göttlichen Jenseitigkeit als „das Leben überhaupt“ zu preisen.
Solche „Auserwähltheit“ hier funktioniert zwingend nur vor dem Phänomen der „Verdammnis“ dort: Leid en masse wird produziert.

Der kosmonomisch orientierte Mensch maßt sich nicht an, den einzig wahren Gott zu kennen.
Er gesteht vielmehr seine Unwissenheit über Herkunft und Ziel des Universums, ist sich aber sehr sicher, dass angesichts der Erhabenheit des Kosmos im Großen wie im Kleinen ein kleinlich krämernder, persönlicher Gott die absolute Unmöglichkeit darstellt: Der „Schöpfer“ wäre kleingeistiger als sein Werk!

Im Bewusstsein dieses klaren Bildes von der Natur und vom Menschen, beide zunehmend wissenschaftlich und emotional erlebbar, meidet die Kosmonomie religiöse Dispute. Gegen das und den Glauben stechen keine Argumente, zu verschieden sind die Denkebenen.

In der Faszination des Lebens und der unbelebten Welt zeigt sich unter anderem, wie sinnvoll das Ende jedweder Abläufe ist, wie logisch der Tod das Leben begrenzen muss. Diese Akzeptanz verdrängt der noch unreife Interimsmensch, statt sich dem Faktum Tod zu stellen und vermehrt den Blick auf Leidenslinderung, sogar auf Leidverhinderung zu konzentrieren.
Mit Engagement, Fleiß und Verstand wird die Welt in alltäglichen Angelegenheiten immer durchschaubarer, in die oft grausam erscheinende Natur kann der Mensch zu seinem Wohle im Sinne von mehr Menschlichkeit, von effizienter Humanität eingreifen.

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DENK MAL! Nr. 30

Je medialer politische Lügen, desto geringer die Wahlbeteiligung: Die Rechnung geht auf, Demokratie erstickt an Schulden und ihrem Terrorismus.

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Nicht ein imaginäres ewiges Leben im Jenseits gibt Sinn, sondern die Hinwendung zum realen Leben; die Erarbeitung von angenehmen Umständen, von Genuss und Freude, das Erringen von Erleichterungen der täglichen Lasten bis hin zur Sterbehilfe werden zu einem lohnenden Ziel für die Gemeinschaft wie für das Individuum.
Die Rede ist von Verantwortung, Aufrichtigkeit, Achtung vor Mensch und Natur. Der Sinn erschließt sich jedem intelligenten Menschen auch ohne aufdringliche Missionierung, man muss allerdings bereit sein für einen Abschied aus indoktrinären Lebensgewohnheiten, die da basieren auf zügellosen Ausbeutungen, Unterwerfungen und Missbrauch von Wissenschaft und Technologie, auf der Missachtung des Lebens hier und jetzt.

Kein Mensch kann die Welt ändern, die Mehrzahl der Erdenbürger kann nicht einmal sich selbst ändern, weil sie unter Zwang leben muss.
Da aber, wo die Aufklärung einige Nischen behauptet, keimt Hoffnung.
Lebensfreude ist Sinn, ebenso die Lebensbetrachtung in humaner Leidenserleichterung. Eigenständiges Denken ist Voraussetzung für einen Sinn des Lebens, der sich aus Wissbegier, Interesse und Anteilnahme an der Umgebung mit weitesten Horizonten realisiert. Konstruktive Kritikfähigkeit und ihre praktische Umsetzung gegen alle religiös-okkulten und ideologischen Hauptströmungen fordern auch Spiritualität, jedoch eindeutig als geistige Vergegenwärtigung und nicht als vergeistigte Entrücktheit gemäß bevormundender geistlicher Merkwürdigkeiten.

Der Mensch existiert seit Jahrtausenden – ein kosmischer Wimpernschlag – Menschlichkeit indes entfaltet sich erst noch als sinngenerierende Perspektive in einer kosmonomen Welt.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Nazi-Totalitarismus

Immer wieder habe ich mich gefragt, wie es zum nationalsozialistischen Totalitarismus in Deutschland kommen konnte. In meinen Augen war Hitler eine so lächerliche Person, dass ich die ganze Geschichte nicht glauben könnte, doch sie war Realität.
Als Nicht-Historiker will ich versuchen, einige Erklärungen zu finden.

Am Ende des Ersten Weltkriegs stand die Lüge von der alleinigen deutschen Kriegsschuld. Tatsächlich waren die Sieger von gleicher nationalistischer Ignoranz.

Entsprechend gestaltete sich der Friedensvertrag von Versailles als ein tiefgründiges Dokument der Rache, um das deutsche Volk – weniger seine Politiker – mit utopischen Reparationsforderungen zu bestrafen, die schwerwiegende Not für die Bevölkerung zur Folge hatten. Das Volk galt nun als der Sündenbock, obgleich es genauso unerbittlich zum Kriegsdienst gezwungen worden war wie die Bürger der Sieger.

Viele dieser armen und gebrochenen Menschen zogen sich in die Privatsphäre zurück und kämpften ums Überleben, vielen gelang es nicht. Arbeitslosigkeit breitete sich rasch aus und bereitete den Anstieg von Kriminalität und Illegalität.
Dennoch hatte das allgemeine Volk eine ziemlich effektive Schulbildung und Disziplin aufzuweisen, aber natürlich war es wie die neuen Politiker nicht mit Demokratie vertraut, welche nun die offizielle Philosophie der Weimarer Republik darstellte.

Es war eine sehr schwache Demokratie voller inneren Konflikte, mit wenig Fortschritt und Perspektive. So fanden Extremisten ihre Bühnen, um ihre seltsamen Ideen und einfache Lösungen für komplexe Probleme vorzustellen.

Die Menschen sehnten sich nach Arbeit und nach Recht und Ordnung, viele von ihnen waren in preußischen Traditionen verwurzelt, im Militarismus, in Akkuratesse und Nationalismus, und sie waren geprägt durch konservative religiöse Bräuche und Werte.
Indem Hitler vermehrt oppositionelle Stimmen ausschaltete, konnten er und seine Gefolgsleute ihr totalitaristisches System sehr effektiv und in einer bemerkenswert kurzen Zeit etablieren. Das machte Eindruck auf viele der so durch den Ersten Weltkrieg geschlagenen Massen.

Hitler selbst und einige seiner Leute waren exzellente demagogische Redner, die wussten, die Mikrofone am Pult und besonders über das Radio (Volksempfänger) zu nutzen. Die Presse und die öffentliche Meinung wurden gleichgeschaltet und Feindbilder wurden konstruiert, welche angeblich das Übel der Welt verkörperten: Die Juden als die ewigen Feinde. Und es gab genügend Wissenschaftler, die den bekannten Unsinn des Rassismus lehrten, hier der „Herrenmensch“, dort die minderwertigen, nicht lebenswerten Rassen.

Sein eigentliches Ziel der Weltherrschaft verfolgend, belebte Hitler die industrielle Infrastruktur und fand begeisterte Unterstützer aus allen Teilen der deutschen Bevölkerung, fleißige Menschen überall, die neue Einkommensmöglichkeiten (Arbeit), kulturelles und sportliches Leben schätzten. Sogar die Kirchen kooperierten mit den Nazis.
Diejenigen, die nicht mit dem „Führer“ übereinstimmten, weil sie wussten, wohin diese Politik führen würde, mussten emigrieren oder verschwanden in den Konzentrationslagern.

Hitler brach den Versailler Friedensvertrag ohne jede Sanktion durch die früheren Siegermächte. Sie wussten sehr genau, was in Deutschland vor sich ging, aber sie reagierten nicht. Permanentes Verstoßen gegen die Menschenrechte, gigantische militärische Aufrüstung, der Anschluss Österreichs, die Annexion des Sudetenlandes usw. usw., die ausländischen Politiker waren genauso blind, so feige, so opportunistisch wie so viele Deutschen.
Das ist das „Geheimnis“ des steilen Aufstiegs der Nazis.
Darüber hinaus gab es interessierte Leute, die ebenso den nächsten Krieg wollten. Einer von ihnen war Winston Churchill, der die Deutschen hasste – nicht ihre Politiker. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ich glaube, es war die enorme Geschwindigkeit der Nazi-Erfolge (Hitler regierte nur 12 Jahre!), dass so viele Deutsche Gefolgsleute wurden. Aber man sollte nicht vergessen, wieviele Menschen nicht diese grausame Weltsicht teilten, die im Verborgenen, sogar innerhalb der Wehrmacht in Opposition standen.

Heute ist es leicht, Widerstand gegen Diktatoren einzufordern, zur Zeit des Naziterrors war jede Opposition ein Lebensrisiko – wie es auch heute in ähnlichen totalitaristischen Ländern der Fall ist, die sehr oft durch kapitalistische Regierungen stabilisiert werden im Hinblick auf Öl, Gas und andere Rohstoff-Ressourcen.

Bedauerlicherweise gehört Deutschland zu diesen opportunistischen Pseudo-Demokraten.

(In englischer Übersetzung erschien der Artikel auch im internationalen Magazin Contemporary Litarary Horizon, Nr. 2/2011, Bukarest.)

Samstag, 14. Mai 2011

Sequenzen von Skepsis (65)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

806
Desillusionierungen bereichern als Verluste den Erfahrungsschatz, sind Reifungsprozesse der Persönlichkeit.

807
Viele vergessen die Zeit im Alltag und wundern sich sodann, wo sie geblieben ist.

808
Sirrend leise senkt sich der Abend,
labt sich an farbenprächtiger Schönheit,
verströmt Ruhe, atmet Stille
und schläft ein.

809
Alles altert
von Jugend an,
jede Jugend
von alters her.

810
Die höchsten Gipfel und schroffsten Schluchten
formen das Zentralmassiv der Dummheit.

811
Gewohnheiten, die man nicht mag,
lassen sich dennoch schwerlich nur abgewöhnen.

812
Blendend sanierte Münder schweigen,
denn es ist alles gesagt, erörtert,
auch das Ungesagte.

813
Sie fliehen vor sich, vor ihren Kindern
ins Geld, in die Werbung, in den Konsum,
vor den Fernseher, in die Trivialliteratur
und halten sich für selbstbestimmt.
Ihre Bestimmung jedoch ist,
dem eigenen Leben zu entkommen.

814
Kristallisationskerne der Freiheit müssen keineswegs einer Meinung sein. Diskussionskultur folgt aber klarer Gitterstruktur, entwickelt Transparenz und Berechenbarkeit.

815
Nicht nur dem Leben,
auch dem Tod einen Sinn geben!

816
Konflikte beginnen trotz guten Willens auf beiden Seiten. Das zu bedenken, kann Diskussionen moderieren, ihre Entgleisungen gar verhindern.

817
Zu denken ist eine Variante des Alleinseins. Die Masse denkt nicht.

819
Überbordender Reichtum Einzelner ist der Anachronismus überhaupt, subversiver noch als Religion.

820
Papst und Queen, zwei Kirchenoberhäupter, treffen sich in der Sackgasse der unversöhnlichen Gegensätze über ein und denselben „Gott“. – Zwei zerklüftete Urgesteine vor der Küste einer Menschheit, die ihre Strände längst freizügig und lebensfroh, frei von vergeistigtem Treibgut kultiviert.

821
Nachrichten gleiten ab in Werbung und umgekehrt, zugunsten von Einschalt- und Verkaufsquoten, jenen zuverlässigen Indikatoren des Intelligenzverlustes.

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Montag, 9. Mai 2011

Sequenzen von Skepsis (64)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

795
Frieden hat Vorrang gegenüber jedweder Bündnistreue.

796
Den eigentlichen Schein der Sonne und den Zauber des Himmels verleiht die Erde.

797
Denkmalpflege beweist eher selten Denkvermögen.

798
Auf Truppenübungsplätzen übt man das Morden auf Befehl mit erlogener Rechtfertigung.

799
„Und bist du nicht willig, gebrauche ich Gewalt“, sagt der Despot, der Terrorist.
„Und glaubst du nicht an mich“, sagt ‚Gott’ „wirst du in der Hölle Qualen leiden.“
Koalitionäre demonstrieren Einigkeit.

800
Knochen und Blut als „selige“ oder „heilige“ Reliquien zu verehren, sie zu küssen und anzubeten, halte ich für eine ekelerregende Geschmacklosigkeit. Die Beweggründe liegen abseits jeder Intelligenz.

801
„Erneuerbare Energien“ gibt es nicht einmal im Glauben
und schon gar nicht in der Physik.

802
„Grüne Nachhaltigkeit“ wächst sich aus zu unverhohlener Diktatur.
Die Funktionäre organisieren ihre Horden.

803
Pantoffelpädagogik hinterlässt genau solche Helden.

804
Wer glauben will, verlangt nach Diktatur.
Oder ist „Gott“ etwa Demokrat?

805
Niemand zerredet mir diesen Mai!

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Samstag, 7. Mai 2011

Ungereimt

„Gott“ wäre kein überzeugender Poet, hätte er doch eine beispiellose Ungereimtheit auf die Beine gestellt, den Menschen.
Mit Vernunft begabt begibt sich der Mensch in Widrigkeiten, die er dennoch in Ermangelung von Vernunft sogar selbst erzeugt, die er aus eben diesem Grund auch nicht beseitigen kann. Er ist gespalten, jedoch weniger im Sinne von „zwei Seelen in einer Brust“, als vielmehr in Form einer inneren Ausfransung von Orientierungslosigkeit und in sich ausfaserndem Gedankenwildwuchs, der in schlichter Unwissenheit bei oft durchaus gepflegter Halbbildung wurzelt.

Nichts ist dem Durchschnittsmenschen so wichtig wie sein Anspruchsdenken. Keine Realität, noch ein begründeter Konjunktiv können ihn maßgeblich beeinflussen, wenn er für seine auch so kurze und scheinbare Zufriedenheit die Weichen bereits gestellt hat. Aufkeimende Unzufriedenheit liefert lediglich den Ansporn, auf dem eingeschlagenen Irrweg fortzufahren. Wer trotz oder gar wegen seines Glaubens Leid erfährt, muss eben noch mehr Buße tun, noch inbrünstiger beten.

Im kleinen überschaubaren Alltäglichen macht der Mensch vieles richtig, korrigiert wirkungsvoll etwaige Fehler, er gelangt zu Erfolgen.
Auf der Ebene des globalen Miteinanders allerdings strauchelt das unvernünftige Vernunftwesen Mensch seit Generationen in menschenunwürdige Verhältnisse, die sich nur durch die überreichliche Anzahl von Menschen so effektiv verdrängen und vertuschen lassen.
Ein satter Bauch hier kennt keine Verwandtschaft zum aufgeblähten Leib des Hungers dort. So und nicht anders beschreibt sich die kapitalistische Ethik.
Schnäppchenpreise im Supermarkt regenerieren sich aus dem Schweiß der Arbeitnehmer in Gesellschaftsordnungen mit geringsten Lohnzahlungen und basieren sogar auf den Krankheiten der irgendwo Ausgebeuteten. Die „freie Marktwirtschaft“ verhöhnt sich selbst.
Weder „frei“ noch „Markt“ kennzeichnen die Interessenlage, sondern allein kartellkonforme Gewinnoptimierungen. Dass bei solchem Wirtschaften neben Menschen auch die Umwelt etwa durch sinnlose Massengütertransporte belastet wird, lässt sich mit einem hilflosen Achselzucken bereinigen, wenn überhaupt zur Kenntnis genommen.

Es ist die übliche Eingeschränktheit des Denkens, die vor allem durch Gewohnheit von Kindheit an nicht empfunden wird. Die oft so hoch geschätzte Welt der Märchen entpuppt sich bei näherer Betrachtung zwar als nachvollziehbares Kulturgut, das aber aus aufgeklärter Sicht als ein banaler Erziehungsmechanismus erscheint. Der ganze Unsinn aus Zauberei, Grausamkeitsfetischismus, Obrigkeitsverherrlichung und Wunderglauben dient keinem Menschenkind zu wirklich positiver Phantasieerweiterung, wohl eher zur Angsterzeugung und Verunsicherung, zur Furcht vor fremden, imaginären Mächten und Klischees. Der gesamte biblische Komplex fällt übrigens genauso in die Kategorie entfesselter Gruseligkeit, in das simplifizierte Schema von Strafe und Belohnung, dem sich auch der Erwachsene möglichst systemgerecht unterwerfen soll.

Das neue Zeitalter der Wissenschaft und Technologie konnte seit den Anfängen der Industrialisierung an den Denkbeschränkungen nichts ändern, ganz im Gegenteil eskaliert die Stupidität automatisierter Vorgänge durch weltweite elektronische Vernetzungen und begünstigt Abstumpfungen, denen vermehrt durch propagierte Angstszenarien und Sensationsdramaturgie die tödliche Langeweile genommen werden sollen.
Den überhaupt nicht freien Medien fällt in dem Szenario die zweifelhafte Aufgabe zu, Nachrichten so schnell wie möglich zu vermelden, durch Nachrichtenauswahl und -präsentation sowie durch farbige Kommentierungen den Prozess der Mainstream-Verblödung bis hin zu politischen Entscheidungen anzuheizen.
Schnelllebiger Aktionismus bezieht daraus seine sinnlose, destruktive Verpuffungsenergie. Am Ende jagt eine Reform die andere, die Reformflut überspült den Menschen. Reformen, so zahlreich, endlos und konzeptionslos, fressen wie Revolutionen ihre Kinder, nicht so blutig zwar, aber nicht minder ungerecht.

So mache man sich einen Reim auf den Menschen,
· wie er sich nach Frieden (zumindest verbal) sehnt und ständig aufrüstet, um hemmungslos verlogene Kriege zu inszenieren,
· wie er Freiheit propagiert und sie rigoros unterdrückt, erstickt,
· wie er von Liebe und Treue schwärmt und voller Neid, Eifersucht und Hass lügt und betrügt,
· wie er Gerechtigkeit predigt und willkürlich verhaftet, foltert und scharfrichtet,
· wie er Emanzipation einfordert und sie nationalistisch und religiös-traditionalistisch verhindert,
· wie er Menschenwürde und Menschenrechte auf Fahnen schreibt, die er nach dem Wind von skrupellos Mächtigen hängt,
· wie er die Freiheit der Wissenschaft preist und missbraucht,
· wie er Naturschutz vorgibt und Naturgesetze nicht versteht oder ignoriert.

Auf der Basis der Widersprüchlichkeiten agiert der Mensch in der Praxis chaotisch,
+ bringt immer mehr Frachtgut auf die Straße statt auf die Schiene,
+ überzieht das Land mit einem unverhältnismäßig dichten Netz konkurrierender Flughäfen,
+ erfindet eine „Klimakatastrophe“ und Pandemien,
+ unterschätzt bei der Nutzung von Kernenergie die menschliche Unzuverlässigkeit, nimmt sie wahrscheinlich bewusst in Kauf,
+ entwickelt mit „erneuerbaren Energien“ – einem physikalischen Aberwitz – genau das Geschäftsgebaren wie die Atom-Lobby,
+ begründet sein Wirtschaften auf Zinswucher, Spekulationen und Monopolstellungen,
+ etabliert eine kapitalistische Zwei-Klassen-Medizin, sogar in Krankenhäusern christlicher Trägerschaft,
+ ermöglicht unverschämte Pharma-Gewinne und Arzthonorare,
+ erklärt alternativen Hokuspokus zum Heilmittel,
+ ermuntert die Nahrungsmittel-Chemie zu wahrhaft abgeschmackten Schadstoffkreationen,
+ degradiert Ackerbau und Viehzucht zum industriellen Fließband,
+ erhebt grün-alternatives Körnerpicken zum Statussymbol oder zur moralischen Pflicht.

Die Reihe ist beliebig erweiterbar.
Ungereimt bei dem Ganzen: Es lässt sich nicht einmal sagen, wer will was und wer nicht. Und wer wäre wer?
Unzweifelhaft erkennt aber der aufmerksame Beobachter, wer jeweils das Sagen hat, sodass deutlich wird, welche Bedeutung Ideologien und ihre gewaltsamen Durchsetzungen für eine Menschheit haben, die ihren technologischen Fortschritten in der geistigen Entwicklung deprimierend weit hinterherhinkt.
Diese Menschheit kann nur ein Interimsstadium darstellen, denn der wissenschaftlich-technologischen Entwicklung müssen erst noch entsprechend geistig reife Standards mindestens ein Gleich-, besser ein Übergewicht gegenüberstellen.
Mit Göttern, Märchen und Leidensverherrlichungen wird das nie gelingen, wie der Geschichtsverlauf bisher beweist.

Der Mensch hat aktuell keinen zerstörerischen Feind als sich selbst, mächtiger noch als Naturkatastrophen.
Man mache sich einen Reim daraus! In der deutschen Sprache reimt sich übrigens auf „Mensch“ kaum etwas. Das Englische bevorzugt für „Mensch“ eher eine Umschreibung: „human being“.

Man mache sich einen Reim auf all die bewundernswürdigen kulturellen Fähigkeiten, Errungenschaften und Werke einer Menschheit mit hehren ethischen Ansprüchen, die dennoch all dieses nur schaffen kann, weil sie einen unüberschaubaren Anteil der globalen Bevölkerung in Unbildung, in Armut und in gewaltsamer Entmündigung hält.
Die Erkenntnis daraus ist so einfach wie ernüchternd:
Der Reifungsprozess zur Humanität hat noch gar nicht begonnen, sondern wartet schon seit einigen tausend Jahren auf eine wirkungsvolle Initialzündung. Es reicht nicht aus, dass immer wieder einzelne Denker adäquate Wege weisen. Die Ideale der Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit müssten die Menschheit erfassen wie eine Thermikbewegung, die zu höherem Niveau aufsteigt.

Allein, die Thermik wird nicht erkannt, sie bleibt somit ungenutzt.
„Ich heiße euch hoffen“, bedeutet nur eine vage, eine leere Hoffnung. Sinnvoller ist die Aufforderung: „Begründet euer Hoffen! Gebt der Hoffnung ein Fundament.“
Der Weg aus der eigenen Sklaverei muss erst noch entdeckt werden.

Freitag, 6. Mai 2011

Sequenzen von Skepsis (63)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

780
Osama bin Laden
gilt als bekannteste Fata Morgana,
gezielt projiziert,
„in Öl porträtiert“,
schließlich sogar ermordet.

781
Hochzeit bei Königs.
Tiefes Mitgefühl!

782
Die Zeit vereinnahmt und sie teilt aus,
ganz unbeteiligt,
sie ist kein Mensch.

783
Tagein, tagaus, über Jahre, Jahrzehnte sogar
im Anzug mit Krawatte, oder Kostüm und Blüschen,
in Uniform vielleicht, Robe und Talar?
Müssen Sie Ahnung vom Leben haben!

784
Eine der schwierigsten menschlichen Übungen verrenkt sich im Verstehen, dass man nicht verstanden wird.

785
Das Glück, frei zu denken, strebt die Masse als etwas Unbekanntes und Unverfügbares nicht an.
Freidenker, bedenke das!

786
Individualität, ohne die Gemeinschaft zu benachteiligen, wird ein Maßstab werden unter der Bedingung, dass die Gesellschaft nicht dem Totalitarismus anheimfällt.

787
Die Natur lädt ein zur Bewunderung.
Bringe Zeit mit als Geschenk an dich.

788
Das Glockengebell vom Turm ist und bleibt mir ein Ärgernis:
Die unreflektierte Mahnung an eine skurrile Religion,
die dreiste unzeitgemäße Interpretation des Zeitenlaufs.
So lästig wie ein den Vollmond ankläffender armer Kettenhund.

789
Nietzsches Nihilismus verneint keineswegs den Menschen, sondern markiert den fälligen Übergang zu neuen Werten und haut natürlich die Hostie aus der Monstranz.

790
Alle bisherigen Religionen und Philosophien müssen sich daran messen lassen, wie sie den Menschen unter welchen Opfern voranbrachten.
Unter einem dürftigen Fazit stellt sich als freiheitliche Herausforderung die Frage nach ihrer Zukunftstauglichkeit.

791
Wissenschaftler mutieren zu Ideologen und Medien-Clowns, wenn sie ihre Theorien auf Furchtszenarien und allgemeine Verunsicherung stützen. Schreiten sie zum Experiment, zieht tatsächlich Gefahr auf, zumindest aber wird es teuer.

792
Feuer und Flut bereinigen manchen auch geistigen Wildwuchs.

793
Bei der Presse ist stets Druck im Spiel, erst recht im digitalen Zeitalter.

794
Die Seele ist das Produkt aus Körper mal Geist. Wird einer der Faktoren Null, gibt es kein Produkt mehr.


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Dienstag, 3. Mai 2011

Das letzte Mal

Immer kann es das letzte Mal sein,
dass ich dich sehe,
dass wir uns begegnen,
miteinander sprechen, lachen, singen,
essen und trinken,
uns freuen, gemeinsam trauern.

Überall sind wir stets auf Abruf
und vergeuden dennoch unsere Zeit mit Banalitäten,
die wir, selbstvergessen, wie wir dahergehen,
zu Wichtigkeiten deklarieren.
Wir verteidigen sie wehrhaft
und folgen doch nur in die Gefangenschaft der Sinnentleerung,
weil wir karrierebesessen zur nächsten Selbstinszenierung hasten
auf einem an sich herrlichen Wanderweg,
dessen grandiose Panoramen wir aber nicht wahrnehmen
auf der Flucht vor uns selbst,
beim Eintauchen in die Fremdbestimmung der Indoktrination.

Keines der propagierten Trugbilder kommt demjenigen Menschen gleich,
der jeweilig „das letzte Mal“ in klarem Bewusstsein nicht verpasst,
im Bewusstsein, dass jedes Datum einzigartig ist
und dass individuelles Leben eine zufällige Gleichzeitigkeit bedeutet
zu anderen Lebewesen und zur aktuellen unbelebten Natur
innerhalb so langer evolutionärer Epochen.
Mag sich auch sein eigenes Ende vielleicht bei getrübtem Verstand vollziehen,
so hat ein solcher Mensch doch reichlich gelebt.

Freitag, 1. April 2011

Sequenzen von Skepsis (62)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

762
Sprache dient der Verständigung bis hin zur Kriegserklärung!

763
Sonntagsreden erledigen keine Werktagsarbeit.

764
Wer mehr Geld ausgibt als er verdient, ist ein Lump.
Man gewinnt den Eindruck, es gäbe mehr Lumpen als Geld.

765
Der Astronom blickt durch das Teleskop oder auf den Monitor, erkennt immer umfassendere Zusammenhänge und weiß dennoch um seine Begrenztheit und die Gefahren des Irrtums. Deshalb bleibt er der zuverlässigsten Methode der Erkenntnisgewinnung treu, dem Kausalitätsprinzip, einem Merkmal der kosmonomen Philosophie.

766
Sich gegenseitig zu Militärparaden einzuladen, ehrt Kriegstreiber.

767
Steinern ist die Wucht der Gotteshäuser,
beklemmend das Zwielicht,
das mit erlesener, auch monumentaler Kunst
die Gläubigen verklemmt.
Gnade ist nicht in Sicht.

768
In GO(L)D they trust
dreaming of liberty
which is less reality
in the land of the free.

769
“Wahrer Glaube” ist eine Unmöglichkeit,
weil Wahrheit nicht zu glauben,
wohl aber zu wissen ist.

770
Hättet ihr doch nur Ahnung,
wie euch der Glaube an Gott und Geld entmenschlicht!
Ihr würdet euch ändern.

771
Wer andere stets erinnert, sie sollten sich ihrer Vergangenheit erinnern, hat die Absicht, von seinem gegenwärtigen Tun abzulenken.

772
Jeder Mensch hat eine Würde, auch wenn er sie mit Füßen tritt.

773
Die Reichen mauern sich gerne ein; sie erhärten, versteinern.

774
Irren ist menschlich, überaus menschenwürdig ist die Korrektur des Irrtums.

775
Jeder Abschied birgt eine Erinnerung an das Endgültige.

776
„Staub bist du“, sagt ein angeblicher Gott in vollkommener Wertschätzung des Menschen!

777
Die abendliche Flaute beflügelt Kreationen.

778
Tratschende ahnen nicht, was sie von sich preisgeben.

779
Schwalben gleich jagen Gedanken,
verharren wie Libellen im Flug, wenden sich rückwärts auch,
sie stoßen in Tiefen wie Kormorane
oder treiben an der Oberfläche wie Schwäne.
Manche gebärden sich flatterhaft,
andere schwimmen mit der Strömung.
Gefahr zieht auf, gehen Gedanken zu Fuß:
Sie versteigen sich, sie hinken, aber sie marschieren,
bald im Gleichschritt, dann als Krüppel,
schließlich im Gedenken.

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© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com

Dienstag, 29. März 2011

Am grünen deutschen Wesen soll die Welt genesen

Dass die Bundesrepublik Deutschland trotz einer in Physik promovierten Bundeskanzlerin alles andere als die propagierte „Bildungsrepublik“ darstellt, beweist einmal mehr eine Massenhysterie der Medien wie des Volkes, wie der Politiker, diesmal hervorgerufen durch das Erdbeben in Japan mit den bekannten Folgen des Tsunamis und den unkalkulierbaren Schäden an den Atomkraftwerken.

Ahnungslosigkeit, Halbwissen, Sensationsgier und apokalyptische Angsterzeugung avancierten in Deutschland wieder einmal zum aktuellen Ratgeber, diesmal nicht nur für die eigene Bevölkerung, sondern dogmatisch formuliert für die ganze Welt. Die Deutschen wissen schon wieder einmal alles besser, diesmal nicht braun, aber grün.

Angst ist der schlechteste aller möglichen Ratgeber.
Die deutschen Gutmenschen mögen opportunistisch alle ihre Kernkraftwerke sofort abschalten, der Rest der Welt wird sich bestenfalls verwundert die Augen wischen, vielleicht sogar die Hände reiben, einen Konkurrenten in der Spitzentechnologie weniger zu haben.

Es ist richtig, die Atom-Lobby hat die deutschen Menschen wie auch andere Bevölkerungen nie gefragt, sondern hat sie „überfahren“.
Das Gleiche geschieht von Seiten der „Grünen“ im Zusammenspiel mit diversen internationalen Interessenverbänden seit Jahren mit dem Geschwätz der „Klimakatastrophe“ und besonders mit dem ersponnenen „Kohlendioxid-Problem“!

Zwei idiotische Systeme schaukeln sich hoch und verhehlen nicht ihre jeweilige Schadenfreude, wenn dem „anderen“ gravierende Fehler nachgewiesen werden können.

Mit realer Demokratie haben beide Ideologien nichts am Hut, sondern es stehen dahinter handfeste finanzielle Interessen zur Ausbeutung des einfachen energieabhängigen Bürgers. – Denn der allein zahlt, nicht zuletzt über seine Steuern oder durch einen Mangel an Versorgung für die Gewinne der jeweiligen Protagonisten.

Mit realer Demokratie hat aber auch die Ölmafia der Konzerne nichts zu tun, denn um an den begehrten „Saft“ zu kommen, wurde noch jeder Despot und Menschenverachter mit Waffenlieferungen geschmiert, ungeachtet dessen, dass er sein eigenes Volk unterjocht. Und es wurde der allein durch Lügen begründete Irak-Krieg geführt – ohne jede Rücksicht auf die Menschen vor Ort.

Die deutschen „Grünen“ haben kriegerischen Auseinandersetzungen in ihrer Scheinheiligkeit nie widersprochen, sie spielen mit, seit ihr seinerzeitiger Außenminister Fischer der amerikanischen Außenministerin Albright in die Arme sank.

Samstag, 26. März 2011

Sequenzen von Skepsis (61)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

747
„Anbieterwechsel“ heißt die täuschende Dauerbeschäftigung der Geschröpften in einer Welt von Kartellen und Konzernen.

748
„K“ wie Kapitalismus, Kommunismus, Kirche, Katholizismus, Korruption, Kartelle, Konzerne, Krieg, Konzentrationslager, Kampf und Krampf.
Einsam dagegen: Kosmonomie.

749
Macht macht Mörder, mordet.
Das ist die Geschichte bisher.

750
Evolution: So entwickelte sich auch das Untier,
keineswegs als Fabelwesen.

751
Win-Win vordergründig:
Deutschland leiht Griechenland Geld. Griechenland wird vor dem Bankrott bewahrt und Deutschland wird durch die Zinsen immer reicher.
Win-Win hintergründig:
Das reicher werdende Deutschland macht immer höhere Schulden und damit Geldmechaniker im Hintergrund noch (einfluss)reicher.
Win-Win wahr:
Mittelalterliche Ausbeutung durch geharnischte Raubritter in feinerem Zwirn.

752
Die stille Frage des Skeptikers vor Ort:
„Erschließt sich ein Sinn, hier und jetzt zu diskutieren?“

753
Sogar mehrdeutig bringt es mancher Aphorismus auf den Punkt.

754
Die Steuergesetzgebung ist so transparent bemessen, dass die Möglichkeit, sie allgemein zu verstehen, als Abschreibung gelten muss.

755
Freie Marktwirtschaft umgibt sich mit der kapitalistischen Koma der Übervorteilung und zieht einen globalen Schweif.

756
Besonders auch Jenseitiges vermehrt das ganz diesseitige Kapital.

757
Nicht das Land stirbt, sondern die Menschen.
Das wissen die Verursacher, doch die träge Masse kümmert es nicht.
Sie dreht sich um sich selbst.

758
Dreifach definiert sich die träge Masse:
als Widerstand eines Körpers gegen Beschleunigung,
als Resistenz der Gewohnheit gegen Veränderung
und als Denkfaulheit innerhalb einer zudem unintelligenten Herde.

759
Sie glauben das Wundersamste,
nur nicht an ihre Opferrolle.
Ganz im Gegenteil: Sie fühlen sich frei in der vaterländischen Uniform, wähnen sich als Helden und fallen – ihrem Glauben anheim, jenen Gauklertricks der Reichen und Schönen, also der Einflussreichen und Schönfärber.

760
Lange schon ging sie immer einsamer, nun auch den letzten Weg – und starb.
Dann erst weinten einige in Selbsterkenntnis.

761
Die Angepasstheit von Redakteuren, Nachrichtensprechern und Moderatoren könnte ich selbst keineswegs aufbringen, und es fällt mir immer schwerer, sie als Leser und Zuschauer zu ertragen.

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Freitag, 18. März 2011

Sequenzen von Skepsis (60)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

735
Schon in jungen Jahren erkannte ich hinter einer Kragenfliege immer treffsicherer den eigentlichen Brummer. Die weibliche Ausführung solcher Insekten verfliegt sich ähnlich scheinorientiert in Schalgardinen.

736
Kirchtürme und Minarette treiben den Gotteswahn auf die Spitze.

737
Tabus modellieren den Gedankenterror.

738
Ein Kulturgut muss gepflegt werden; so das gute Gespräch.

739
Das Geräusch völliger Stille hat ein unbeschreibliches Echo.

740
Auf traditionellen Trauerfeiern wird zunächst der Verstand der Gemeinde lebendig begraben.

741
„Gott“ ist die Abkehr vom Menschen.

742
Der Kritiker gilt nichts im System, das er in Frage stellt, nicht einmal, wenn es zu kollabieren droht. Denn die Auguren und die Profiteure der Konformität bleiben sich egomanisch treu, das Allgemeinwohl bleibt ihnen ein Lippenbekenntnis, fundierte Zusammenhänge bleiben ihnen verborgen. Ihnen bleibt nichts, als im Kritiker zu Recht eine Gefahr zu wittern, denn sie bleiben Verbliebene, Hinterbliebene des Interimsmenschen.

743
Die Kraft des Wortes stützt sich auf seine Semantik, auf den Klang, den Zeitpunkt, den Kontext, die Stimmungslage, auf die Interpretation, auf den Wahrheitsanspruch.
Macht erobert das Wort durch die Lüge und die Leichtgläubigkeit.

744
Mit Aphorismen arbeite ich an einem überdimensionalen Mosaik, an einem Bild von der Welt.
Es ziert ein Gewölbe, das sich von der Flachheit verabschiedet, um Einsicht zu gewähren für jeden, der seinen Blick aufwärts richtet und die Freiheit seines Denkens bewahrt.

745
Man unterschätze nicht, wie Kultur sich stets darin übte, den Menschen auch unter Zwang einzugliedern. Erste Lockerungen ergaben sich mit der Aufklärung im Bewusstsein der individuellen Freiheit und Verantwortung zu ethischem Handeln.

746
Gefangene sind wir in jeder Hinsicht: In Zeit und Raum, in unserem Körper und unserer Kultur, im Zeitgeist und sogar als Freigeist.

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Montag, 14. März 2011

Die deutschen Medien strahlen

Ein verheerendes Erdbeben in Japan mit bisher ungezählten Opfern und mit gewaltigen Zerstörungen der Infrastruktur nicht ohne Ausschluss der Atomkraftwerke in der Region erzeugt im fernen Deutschland eine Strahlungshysterie grün-fanatischen Ausmaßes, das einer Mediendiktatur alle Ehre macht.

Auf sämtlichen Kanälen und im Blätterwald wimmelt es von „Kernkraft-Experten“, deren ganzes Können offensichtlich in der jahrelang eingetrichterten Ideologie mit entsprechendem Indoktrinationspotential besteht. Basis ist keinerlei Sachverstand, wohl aber das Schüren von Angstszenarien apokalyptischen Ausmaßes, eben jenen religiösen Weltuntergangsbildern, die nicht zuletzt auch diese Demagogen als Glaubensfanatiker und nichts sonst enttarnen.

Diese grün-alternative Bodenständigkeit kümmert sich quer durch alle Parteien um Machtspielchen bezüglich anstehender deutscher Landtagswahlen, während die Menschheit zu ganz anderen Aufgaben der Solidarität mit den betroffenen Menschen in Japan aufgerufen ist!

Und ganz beiläufig vergisst man jetzt auch die verzweifelte Lage der Freiheitsbewegung in Libyen, mit dessen verrücktem Machthaber alle westlichen Demokratie-Apostel gemeinsam im Bett waren, die Matratzen mit Waffen straff gepolstert.

Ich empfinde tiefes Mitgefühl mit den japanischen Menschen.

Für die deutsche Mediengleichschaltung kann man sich als kosmopolitischer Demokrat nur schämen.

Freitag, 11. März 2011

Sequenzen von Skepsis (59)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

722
Am „politischen Aschermittwoch“ beginnt die „Fastenzeit“ mit dem Auftritt von Expressionisten der geistigen Blähung: Luft statt Grips!

723
Es kommt das Datum des Schweigens,
nicht weil es nichts mehr zu sagen gäbe,
sondern weil die Kraft versiegt:
Die Kraft des Denkens, .... des Seins.

724
Die Köstlichkeiten des Lebens – Freude, Lust und Mut – zu minimieren und das Heil in der Verehrung des Leidens zu suchen, um sich in Fabulierungen von einem Jenseits zu trösten, beschreibt die eigentliche Erlösungsbedürftigkeit, die tatsächliche Hoffnungslosigkeit des Massenmenschen ebenso wie des kauzigen Einsiedlers.

725
Im Prozess der Bankrotterklärung von Verstand und Vernunft fiele intelligenten Gläubigen die Rolle des Kronzeugen zu.

726
Begnadete Kunst, das Komponieren und Interpretieren, die einfühlsame Wortgewalt, die ergreifende Farbenpoesie, das figürliche Phänomen von Bewegung, die Architektur der Philosophie im Spiegel von Bauten und Monumenten entwerfen den Humanismus, nahe am Ideal.
Deshalb ließen sich Künstler seit jeher missbrauchen.

727
Gehst du zum Arzt, vergiss die Skepsis nicht.

728
„Brot und Spiele“ werden neuzeitlich ergänzt durch „Panik und Pandemie“.

729
Moderne Alchimisten: Sie reden Krankheiten ein, sie verkaufen sie.

730
Nach dem Verlassen der Schule folgt der weitaus längere Lehrpfad.

731
Ganz ohne Ideologie: Arbeit macht frei, während Freiheit Arbeit macht.

732
So manches Problem entsteht aus dem Grundsätzlichen. Spricht man das an, fallen Türen ins Schloss.

733
Das Verzeichnis der Friedensnobelpreisträger repräsentiert lancierte Missverständnisse.

734
Kreis und Kugel symbolisieren Vollkommenheit, das Drehmoment hingegen strotzt vor Kraft, verdreht manchen Kopf.

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© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com

Dienstag, 8. März 2011

Das kosmonomische Bewusstsein

Globalisierung in einer von Religionen und Ideologien beherrschten Welt bedeutet nichts anderes als optimierte Vorherrschaft von mächtigen Minderheiten durch Ausbeutung und Unterdrückung der Massen, führt unverändert von einem Krieg zum nächsten.
Wie eh und je vegetiert die Menschheit unter Missachtung der eigenen Würde in vernichtenden Offenbarungsphantasien, stellt sich fortwährend selbst die Fallen zur eigenen Vernichtung, freilich unter feierlichem Geschwätz von Frieden, Ehre und Freiheit.

Es ist der Interimsmensch, der längerfristig keine Chance hat, er ist drauf und dran, seinen evolutionär in die Sackgasse führenden Weg zu betonieren.
Nur wenige klar denkende Individuen konnten sich in den bisherigen Epochen jeweils zu Wort melden, sich aber nicht durchsetzen. Daran wird sich auch in absehbarer Zeit nichts ändern.

Dennoch existiert evolutionsbedingt eine weiterführende menschenwürdige Denkstruktur, die sich an kosmischen Grundsätzen, an universalen Gesetzmäßigkeiten und nicht an provinziell regionalen Beschränktheiten orientiert.
Ich nenne das Prinzip „Kosmonomie“, gebe also lediglich einer längst vorhandenen Denkcharakteristik einen Namen zur allgemeinen Verständigung.

Kosmonomie stellt somit keine Lehre und auch kein Weltbild dar, sondern ist eine philosophische Methode, die Humanität und die Menschenwürde durch Denkanstöße aus dem Schattendasein zu lösen, vielleicht etwas mehr Licht in den Dämmerzustand des Interimsmenschen zu fokussieren.
Missionierungen sind in diesem Verständnis unangebracht, nicht zuletzt wegen der vernichtenden historischen Erfahrungen mit solchen „Gehirnwäschen“.

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DENK MAL! Nr. 29

Guantanamo

Kein Mann - kein Wort!

Obama

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Wesentliche Voraussetzung für ein kosmonomisches Bewusstsein ist das Freisein von Religion und ähnlichen Glaubensmechanismen. Man schaue sich unter dieser Bedingung einmal die deutsche Gesellschaft an mit ihren religiösen Verkrustungen, mit ihrem Wust an Esoterik, mit ihren Verflechtungen von Parteiideologien, mit ihren offenen Verlogenheiten, Verdrängungen und Übervorteilungen.
Sofort wird deutlich, dass ein kosmonomisches Bewusstsein für diese Öffentlichkeit nicht diskussionswürdig erscheinen kann. Deshalb greifen die Medien die Kosmonomie kaum auf, belegen sie mit Schweigen.

Als Kosmonom kann man unter den Gegebenheiten nur ein „inneres“ kosmonomisches Bewusstsein pflegen, was jedoch gar nicht so schwerfällt, denn wer für sich etwa die Grundsätze des Kosmonomischen Manifests (Siehe Archive Mai 2008) praktiziert, ist der propagierten „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ um Längen voraus, ist dem Frieden mit sich selbst wesentlich näher als die medial verführte, indoktrinierte und gehetzte Masse.

Dienstag, 1. März 2011

Sequenzen von Skepsis (58)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

707
Palaver beendet Frieden.

708
Der Leichtigkeit des Seins widerspricht die Schwere des Daseins.

709
Einfalt und Lüge wollen betrogen sein,
nicht durch Opportunismus,
aber durch freiheitliche Ziele.

710
Wahrheit vereinsamt.

711
Von Angesicht zu Angesicht konstruieren sich Fassaden. Einblicke öffnen sich beim unbemerkten Ansehen eines Gesichts.

712
Religiös oder ideologisch verwickelte Sexualität ist biologisch nicht zu begründen, sie spaltet lediglich die Psyche und führt mittelfristige zum Ruin des Interimsmenschen.

713
Die meisten Lügen werden aus Bequemlichkeit ertragen.

714
Durchschaute Naivität und Plattheit von Dummheit birgt die Gefahr der Selbstüberschätzung des Skeptikers und im Falle des Falles eine weitere Dummheit.

715
Marionetten ist es nicht gegeben, sich von ihren Strippen zu lösen. Im Spiel sind ganz andere Hände.

716
Machtlos dämmert die Gedankenlosigkeit. Unbemerkt gelenkt winden sich Gedanken und erreichen günstigenfalls die Höhe kritischen Denkens, überschreiten vielleicht die Gestrüppgrenze und beginnen zu wandern, mit sicherem Schritt und weitem Panoramablick. Keineswegs frei von Subjektivität.
So sind wir nun einmal!

717
Wassertropfen fallen ins Meer oder verdunsten
und sind nicht mehr.
Menschen tauchen in die Menge oder vereinsamen.
Und sind dann wer?

718
Frieden fördert Feinfühligkeit,
fordert feinsinnigen Fleiß.

719
Von der Anhöhe schaue ich hinunter – nicht herab – auf die Stätten,
und es fällt mir immer schwerer zu entschuldigen,
„denn sie wissen nicht, was sie tun“.
Der Mangel an Denkvermögen, das Nicht-Denken-Wollen, ist die eigentliche,
die einzige wahre und erschütternde „Offenbarung“.

720
Nie wieder sollte von diesem Land Krieg ausgehen!
Das könnt ihr doch nicht vergessen haben.
Nein, ihr lügt so gelassen, wie ihr belogen werdet!
Geht es euch gut? – Das ist die Hauptsache.

721
Haushaltsauflösung: verschenken, verramschen, entrümpeln.
Das Leben, das die Wohnstätte prägte,
wechselseitig,
zieht aus.
Wie leer objektiv die Räume nun sind,
subjektiv so voller Erinnerungen.
Das ist einer der Momente des tapferen Loslassens.

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© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com

Freitag, 25. Februar 2011

Sterbehilfe - eine verdrängte Humanität

Das Wort „Sterbehilfe“ ist derartig tabubelastet, dass es geradezu tödliche Sprengkraft verkörpert. Weltanschauliche Emotionen verhindern bisher eine verantwortungsbewusste, an objektiven Fakten orientierte und vor allem der Humanität verpflichtete Diskussion.

Eine immer höhere Lebenserwartung treibt zunehmend in Pflegebedürftigkeit und in häufig langes Siechtum, die gewonnenen Lebensjahre im Alter bedeuten individuell langes Leiden und gesellschaftlich eine schon bald nicht mehr zu erfüllende Finanzleistung der arbeitsfähigen Generation.

Trotz aller archaischen und modernistischen Verdrängungsmechanismen rückt das Sterben, weniger der Tod, in den Brennpunkt jedes Einzelnen, und wer von einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung spricht, wird auf Dauer nicht länger an dem Begriff vorbei kommen: „Recht auf einen würdevollen und Leiden minimierenden eigenen Tod“.

Die unverzichtbare Basis für dieses Recht ist das Recht auf Leben, und zwar ein Leben in Würde, Selbstbestimmung, freiheitlich-demokratischer, gleichberechtigter Verankerung, die keinerlei ideologisch einengende Bevormundung akzeptiert, die eine Ethik aus der Menschenwürde herleitet mit einem verbindlichen, unantastbaren Wert gegenüber allen religiösen Unterwerfungsphilosophien.
Die Märchen über Götter, letztlich als Garanten des Leidens, gehören ins philosophische Panoptikum.

Hingegen steht die Menschenwürde über jedem Patriotismus, höher als politisches Kalkül und gebietet ohne Ausnahme jedem, niemanden gegen seinen Willen zu töten (Sonderfall: Notwehr.).
Das ist die einzige Ethik, die sich unmissverständlich am Individuum und nicht an Ideen, Ideologien, Herrschern oder Mode ausrichtet – Ethik im eigentlichen Sinne.

Das gängige medizinische Ethos äußert sich kurz etwa so: „Aufgabe des Arztes ist die Heilung und nicht die Tötung.“
Damit ist die Sterbehilfe vom Tisch.
Neuerdings schleicht sich eine Zögerlichkeit in die Diskussion, denn man wägt ab zwischen „aktiver“ und „passiver“ Sterbehilfe. Die aktive Hilfe durch Gabe einer tödlichen Medizin wird geächtet, die passive Hilfe durch Beenden lebensverlängernder Maßnahmen gelangt in den Bereich des Möglichen.

Während man im Allgemeinen bei Militäreinsätzen wie selbstverständlich und skrupellos junge Menschen in den Tod schickt, sie ihrerseits zum Töten entsendet, verweigert man in offensichtlicher Scheinmoral unheilbar Schwerstkranken und Alten den von ihnen ersehnten Tod. Und nur darum geht es, sterben wollenden Menschen in objektiv aussichtsloser Lage den sanften Gnadentod zu gönnen, wie er in der Tiermedizin längst üblich ist.

Es kann nicht sein, diesen würdigen schmerzlosen Tod unter Berufung auf Missbrauchsgefahren und mit Hinweisen gar auf das Dritte Reich weiterhin zu verhindern, Sterbehilfe zu kriminalisieren.
Angesichts des zunehmenden Ausmaßes der Leiden ist es die zwingende moralische Pflicht einer humanen Gesellschaft, die entsprechenden juristischen und humanmedizinischen Absicherungen zu schaffen, um Missbrauch so weit wie möglich auszuschließen, um sich optimal der Leidenslinderung und –verkürzung zu widmen.

Dazu bedarf es klar vorgegebener Möglichkeiten der freien Willensverfügung eines jeden Menschen, mit regelmäßig schriftlichen Aktualisierungen während der Zeit seiner vollen geistigen Bewusstheit.
Dazu bedarf es einer zu etablierenden Vernetzung der Entscheidungen unter Mitwirkung des Betroffenen (Vorausverfügungen), Angehöriger, Mediziner, Juristen, gegebenenfalls weiterer Gutachter.

Eine Gesellschaft , die sich des Einsatzes von Hightech rühmt, muss auch diesen Apparat zum Vorteil Leidender dahingehend verwenden, dass sinnloses Leid ein menschenwürdiges leichtes Ende hat.

Wer in seinem religiösen Glauben lieber leidend dahinsiechen möchte, dem darf ebenso konsequent nichts anderes aufgezwungen werden.

Es geht um nichts weniger als den selbst bestimmten würdigen eigenen Tod. Wer um aktive Hilfe bittet, muss sie in gesichertem gesellschaftlichen Rahmen bekommen.
Alles andere ist eine unterlassene Hilfeleistung.

Sonntag, 20. Februar 2011

Sequenzen von Skepsis (57)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

691
Dogmen behauen die Grabsteine der abgeschlachteten Menschlichkeit auf dem Friedhof der Zivilisation.

692
Der Apparat organisiert sich anonym und lässt seine Sachwalter dich nach dem Buchstaben bearbeiten.

693
Wie Fliegen folgen die Menschen orientierungslos einem Lichtschein und scheitern geräuschvoll an einem Fensterglas, enggefasst und starr.

694
Die innere Zerrissenheit des Interimsmenschen führt nach logischer Gesetzmäßigkeit von einem Krieg in den nächsten, als hätte auch nur ein Krieg Frieden zum Ziel gehabt. Es geht stets um die Vernichtung, zumindest aber die Entmachtung des Andersdenkenden und nie um menschenwürdige argumentative Streitkultur. Dem Individuum fällt die Opferrolle zu.

695
Die ferne Zukunft berührt uns nicht,
die nahe nimmt Fahrt auf, beschleunigt
und jagt als Gegenwart vorbei
in das Ritardando der Vergangenheit.

696
Das Sein ist eine Singularität,
man täusche sich nicht.

697
Manches weiß ich wirklich besser, weil ich mir des ständig möglichen Irrtums und seiner notwendigen Korrektur bewusst bin.

698
Routinemäßig mit eventuellen Widrigkeiten zu planen, entschärft das Akute, mildert Ängste und schenkt Gelassenheit.

699
Wer im Leben geflissentlich den Tod verdrängt, wird von ihm am Ende der Zeit umso
härter bedrängt.

700
„Staatsräson“ konstruiert Tabus, um Kritik abzutöten.

701
Schnell ist zerredet, was voreilig gesagt.

702
Geläutertes Heldentum im menschlichen Miteinander setzt nicht auf Krieg und Blutzoll, sondern erhebt sich aus der Güte und Schärfe des Geistes.

703
Der „gerechte“ Krieg wabert als dümmliche Suggestion von selbstgerechten Kriegstreibern und ihren denkunfähigen Vasallen.

704
„Götter“, die zum Töten, zu „heiligen“ Kriegen aufrufen (lassen), die sogar selbst mitkämpfen, symbolisieren quälend die religiös verursachte Friedensunfähigkeit der Menschheit. Gottheiten bezeugen einen evolutionären Irrtum, wie die Gegenwart ihn immer deutlicher beweist.

705
Die Öffentlichkeit schätzt die Pracht der Blüten; die Wurzeln bleiben meist unbedacht verborgen.

706
Kirche und Bordell verkörpern eine Religion; die der Anti-Freude.


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© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com

Mittwoch, 9. Februar 2011

Sequenzen von Skepsis (56)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

678
Aufeinander zuzugehen, erfordert Aufgeschlossenheit, soll die Annäherung nicht in Konfrontation umschlagen.

679
„Geld stinkt nicht,“ aber Öl.

680
Atomstrom strahlt nachhaltig, dann wird der Strom grün!

681
Mit Umweltaktionismus zapft man scheinfreundlich kategorisch den Gutmütigen an.
So funktioniert Umwelt-Terrorismus.

682
Eine mehrheitlich unter traditionellen und doppelmoralischen Lasten kopulierende Spezies zeugt konsequent Überpopulation und potenziert Ratlosigkeit.

683
Produkt des Lobbyismus und Opfer zugleich:
Kanzler und Präsidenten.

684
Irgendwann habe ich mir das Leben genommen und es ein bisschen verändert.

685
Jeder Teufel konterkariert seinen Gott.

686
Solange Steuerverschwendung nicht strafbar ist, dürfte Steuerhinterziehung eine ähnliche Rechtsauffassung interpretieren.

687
Der Präsident des eigentlichen Karnevals heißt Ernst-August Biedermann.

688
Und die finster ausgemalten, aus- und eingeübten Szenarien nennen sich Religion.
Die halluzinativen Erleuchtungen entstammen nicht dem Licht der Aufklärung,
nicht dem Licht des Verstandes, der Lebensfreude, der Emanzipation,
nicht der Menschenwürde.

689
Schweigen ist zu oft das schreiende Phänomen der Angst, der Ohnmacht, des Verlassenseins. Aber auch des Betrugs.

690
Gegenwart flieht vor sich selbst, deshalb brauchen wir die Perspektive der Zukunftsgestaltung.

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Dienstag, 1. Februar 2011

Astronomischer Gesichtspunkt

Als älteste und exakte Wissenschaft ist die Astronomie sehr geeignet, auch den menschlichen Standort innerhalb des Universums zu definieren. Mit zunehmenden Forschungsmöglichkeiten wird offensichtlich, dass der Mensch kosmisch recht bedeutungslos ist.
Wahrscheinlich besitzt das Menschengehirn nicht genügend Kapazität, jemals den Kosmos ganz zu erschließen; zu gigantisch stellen sich die Räume, Zeitspannen und zu komplex die Entwicklungen dar. Aus dieser zu erkennenden Bescheidenheit leitet sich aber auch eine weit über irdische Kleinkariertheiten reichende Orientierungsmöglichkeit ab, denn wir sind dabei, riesige Zusammenhänge dennoch zu verstehen, sie zweifelsfrei zu beweisen.
Kindlich naive Vorstellungen werden auf diese Weise beendet, Befreiung aus ideologisch-religiösen Zwangsregimen findet statt, alberne und gleichwohl verunsichernde, sogar in Abhängigkeiten zwingende Esoterikpostulate werden aufgehoben. Die interplanetare und erdnahe Raumfahrt eröffnet konkrete Verbesserungen der Lebensqualität, die galaktische wie intergalaktische Grundlagenforschung verfeinert die Methoden wissenschaftlichen Arbeitens und Planens.

Ein kosmonomes Selbstverständnis bezieht die zuvor genannten Zusammenhänge hier und jetzt auf das tägliche Leben, und zwar mit dem Anspruch, die naturbedingten Lebensfeindlichkeiten und -widerwärtigkeiten für das Individuum abzumildern, das menschliche Dasein gleichberechtigt für alle Menschen so angenehm wie möglich zu gestalten. Kosmonomie verlässt bewusst bisherige Machtstrukturen und Ausbeutungsmentalitäten zugunsten von größtmöglicher Allgemeinbildung, aus der schließlich Einsichten reifen können, die nicht durch Ideologien oder Dogmen aufgezwungen worden sind. Basierend auf den Allgemeinen Menschenrechten, wird eine Weiterentwicklung der demokratischen Grundprinzipien für nötig erachtet, da die gegenwärtig existierenden Demokratien bestenfalls Scheincharakter tragen, denn sie dienen nach wie vor dem Profit und der Machterhaltung von bestimmten, sich als bevorrechtigt empfindenden Gruppierungen.

Kosmonomie unterliegt nicht dem Parteienprinzip, sondern bemüht die eigene Entscheidungskraft des Individuums aus seinem Selbstverständnis heraus.

Kosmonomen streiten und missionieren nicht, wenn das Gegenüber keine geistige Eigenständigkeit entwickelt, denn Götter und Unterwürfigkeitsstrukturen lassen sich nicht so einfach durch gelegentliche Diskussionen ersetzen.

Der einzige Ersatz, den die Kosmonomie bieten kann, ist ein praktizierter Humanismus, den die Mehrheit der Menschen bisher nicht begreift. Neben eigener Standfestigkeit benötigen Kosmonomen sehr viel Geduld.
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Dieser Artikel stammt aus meinem Buch „Menschliches Glauben“, novum-Verlag, 2008 und erschien auch im internationalen Magazin Contemporary Literary Horizon Nr. 6/2010 in englischer und rumänischer Sprache.

Donnerstag, 27. Januar 2011

Sequenzen von Skepsis (55)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

663
Wir haben nur uns
und begreifen es nicht.

664
Aus Vorhandenem schaffen Geschmack und Geschicklichkeit Gemütlichkeit.

665
„Du sollst nicht töten!“ ist die intellektuelle Überforderung von Gläubigen.
Sie töten sogar ausgezeichnet.

666
Bis zum Überdruss wurde alles variiert und wiederholt.
Es ist alles gesagt.
Man weiß um die Meinungen, Ansichtssachen und Gewohnheiten.
Alles erscheint bekannt, auch auf inzwischen kontroversen Ebenen,
Leben löst sich auf in Schweigsamkeit vom Deja-vu.

667
Nichtbeachtung!
Haben wir sie lediglich verdient?
Oder wird sie uns zuteil, weil wir uns verdient machen?

668
Einen Fehltritt verzeiht man;
den zweiten ebenso, beim dritten wird man sehr nachdenklich,
den vierten kann man schwer verwinden, beim fünften nagt die Verzweiflung.
Ich spreche von mir. Doch es betrifft uns beide.
Uns alle.

669
Mein Selbstbewusstsein nimmt mir niemand. – Aber ich.

671
Der Schnee von gestern wurde nicht geräumt, stattdessen türmt er sich auf und vereist heute die Fronten.

672
Man braucht keine Mondfahrt, um im Meer der Krisen zu landen. Es reicht, hinter dem Mond zu leben.

673
Des Schlafes friedlicher Atem neben mir weckt behagliche Anteilnahme.

674
Tabuisiertes Schweigen brütet schnell die krachendsten Lügen aus.

675
Global überzeugender Umweltschutz beginnt mit effektiver Geburtenkontrolle.

676
Anachronistischer Militarismus wütet als tödlichste Pandemie, martert den Interimsmenschen ohne Aussicht auf Heilung.

677
Schnee deckt die Landschaft zu und die Mängel der Infrastruktur auf.

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© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com

Dienstag, 25. Januar 2011

Lebenslang geleimt

Vergleicht man weltweit die Lebensumstände der Menschen, kommt eine erschreckende Armut zu Tage, die scheinbar der so viel gerühmten menschlichen Intelligenz ins Gesicht schlägt: Wenige Reiche prassen auf Kosten von Milliarden Notleidender.
Lässt sich so etwas erklären, vielleicht ändern?

Ganz offensichtlich bescherte das eigene Bewusstsein dem Menschen einen permanenten Zwiespalt der Überlegenheit gegenüber dem Tier und der Unterlegenheit sich selbst gegenüber, da er den Sinn des Lebens und, damit unmittelbar verbunden, den Tod nicht begreift. So wird er zum rigorosen Herrscher über das Tier und zum armseligen schuldbewussten Gottesfürchter, der seine animalische Physis und Wesensähnlichkeit nicht leugnen kann.
Nicht nur im unreflektierten Herdentrieb äußert sich das eigentlich „unmenschliche“ Verhalten.

Es gehört nicht viel Sensibilität dazu herauszufinden, dass Menschen unterschiedlich begabt sind, deutlicher noch wird die Verschiedenheit im Hinblick auf Bildung.

In dem gesamten Szenario erkennt man, wenn nicht ein „Krankheitsbild“, dann zumindest einen hohen Grad von Unreife. Desperados und andere Skrupellose richten sich in dem Chaos ein, und möchten wenigstens für sich und ihre Gesinnungsgenossen das Optimum herausholen.

So werden Religionen, Ideologien, Dogmen und Tabus gestiftet und bald gewohnheitsmäßig als „Ethik“ und „Moral“ überhöht, um das verdummte Volk gefügig und hörig zu halten. Intelligenz spielt bald auf allen Seiten kaum noch eine Rolle, vielmehr stattdessen Opportunismus und Egoismus innerhalb des jeweilig etablierten Systems. Die Unterwürfigkeit wird, falls erforderlich, mit drakonischen Strafen erzwungen und mehr noch im Kampf der ideologisch-religiösen Gesellschaftsordnungen gegeneinander zu höchster Ehre stilisiert und ausgezeichnet. Das befohlene Morden wird zur göttlichen Entmenschlichung, zur Bankrotterklärung des menschlichen Denkvermögens.

Die Masse der Menschheit kam bisher nie über solche Gesinnungsmechanismen hinaus, sie wurden quasi evolutionär vererbt und verankert bis zur heutigen Scheinmoderne. Stets waren es nur einzelne Individuen, starke Persönlichkeiten, die andere Wege aufzeigten, die das menschliche Denken pflegten.
Darüber hinaus hat sich bisher wenig geändert, Archaisches bestimmt die Gegenwart und wohl die nächste Zukunft mit zunehmend technologisch untermauerter Effizienz.
Wo Diktaturen und Kartelle die Intelligenz nicht ganz so offensichtlich ersticken, arbeiten esoterische Narrenfreiheiten gegen jeglichen Verstand und gegen die Würde des Menschen. Sie nennen es Religions- und Gedankenfreiheit!

Gar nicht untypisch treten in dem Verwirrspiel hoch intelligente Menschen auf, die sich durch früheste Erziehung im Kreise drehen. Da widerlegen beispielsweise Christen, unter ihnen sogar Naturwissenschaftler, die Astrologie mit Hilfe der Bibel, als wären die Glaubenskonstruktionen, hier Sternzeichen und Konstellationen, dort Wunder und Himmelfahrt, nicht identisch!

Das Versagen der menschlichen Intelligenz besteht international im Vorgaukeln abstruser, faktisch nicht vorhandener Welten und in der Fata Morgana, dass die Vermittlung dieser Jenseitsphantasien samt ihrer Entstehungsgeschichten etwas mit Menschenbildung gemeinsam hätten. Es handelt sich lediglich um historisches Wissen darüber, wie sich die Menschheit bisher selbst täuscht und hintergeht.

Mit der ersten zelebrierten Jenseits-Begegnung des Kindes – bei Christen zumeist die Taufe – sind die Weichen gestellt: Der noch unmündige junge Mensch wird geleimt, merkt es naturgemäß nicht, er wird eingeklebt in ein imaginäres Weltbild, das ihn über die Wirklichkeit betrügt.
Derartig betrogen wird er zum aufrichtigen Betrüger, in reinster, menschentragischster Gesinnung: Lebenslang geleimt.
Wenige nur entkommen den Fallenstellern. Der geistig so unreife Interimsmensch tobt sich aus.

Freitag, 14. Januar 2011

Sequenzen von Skepsis (54)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

651
Der freie Wille ist immer eine Antwort auf das Milieu. Die Freiheit beschränkt sich auf das Erarbeiten und die Wahrnehmung von Optionen.

652
Der gesunde Körper und der rege Geist sind sexy. Das Verlangen wird kultiviert und gepflegt.

653
Siehst du den vollen Mond am Horizont, wird er leicht zum Spiegel deines Innenlebens, das aber nicht seine Angelegenheit ist.

654
Der Winter beendet die herbstliche Fäulnis und hält das gesunde Leben frisch, sorgt auch für innere Wärme.

655
Jahreszeiten verzieren das jährliche Einerlei,
sie entwerfen Formen, färben ein, versprühen Düfte, komponieren Gesänge.
Sie sind die Kunst des Lebens.

656
Hohe Gebäude als Konzentrationen von Macht verlassen in der Regel den Boden der Demokratie.

657
Im einfachsten Falle schließt der Optimist Augen und Ohren vor Missständen und Gefahren, beschränkt sich auf Hoffnung.
Der Realist sucht nach den Ursachen, wird aktiv und freut sich an Verbesserungen.

658
Zwei Varianten:
Der Tag bricht an, die Träume brechen ab. Ich breche auf und breche ein auf dem Eis der Machtlosigkeit, ich erbreche mich; eines Tages bin ich gebrochen.
Der Tag hebt an, die Träume hebe ich mir auf. Ich erhebe mich, hebe den Kopf und behebe mir Mögliches. Ich bin nicht abgehoben, sehe aber von gehobenem Standpunkt aus manches erhaben.

659
Ökologisch-biologischer Solarwind ist das Treibgas für klimakatastrophale globale Geldströme.

660
Der Friedensnobelpreis basiert auf Dynamit, daher seine Sprengkraft:
Unter den Preisträgern so manche Granate.

661
Braun gebranntes Denken markiert Auserwähltheit.

662
Wer sein Kind liebt, gibt ihm Zeit,
aber auch ein Gefühl für die Zeit, wie sie wertvoll ist.

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© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com

Donnerstag, 6. Januar 2011

Tausend Quadratmeter kleine Freiheit

Erst recht eine freiheitliche Grundordnung verlangt nach ständiger Kultivierung, die einerseits Gedankenlosigkeit, Mitläufertum und Passivität eindämmt und andererseits Ideologien, Indoktrination, Dogmatismus und Korruption aufdeckt. Nur ein wissbegieriger und gebildeter Mensch als aufrechte und standfeste Persönlichkeit kann dem Anspruch gerecht werden. Die Besinnung auf die eigentlichen und nicht die „offenbarten“ Werte des Lebens stellt die wesentliche Herausforderung für eine menschliche Zukunft dar.

Als Kind glaubte ich, ein erdverbundener Mensch zu sein, konnte ich mir doch kaum ein Leben woanders als am Gudelacksee in Lindow/Mark vorstellen. Die politischen Verhältnisse in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlösten mich glücklicherweise, seinerzeit aber sehr schmerzlich, und sollten mich zu völlig anderen Horizonten führen. Nie vergaß ich jedoch so ganz den Duft der harzigen Kiefern und der blühenden Linden. Manche tiefe Ahnung über das Sein entnahm ich dem märkischen Sand, den Seen und den Wasserwegen. Die Menschen empfand ich eher untergeordnet, ohne sie dadurch abzuwerten.
Das war im Alter von dreizehn Jahren.

Heute noch – oder jetzt gerade – relativiere ich Grund und Boden, das Land, im Bewusstsein der kurzen menschlichen Lebensperiode, schöpfe daraus Verbundenheit wie Distanz, vor allem aber klare Positionen gegenüber erdigen Traditionen, einfältigen Deutungen und unsinnigen Religionen.
Es gibt keine anderen Religionen als unsinnige.

Erst in reiferem Alter konnte ich wirklich dazu stehen, besonders wegen der Rücksichtnahme auch auf meine Familie.

Seit einigen Jahrzehnten lebe ich auf einem Grundstück von gut tausend Quadratmetern mit dem schönen Namen „Hohefeld“, einem ehemaligen Acker- und Weidestreifen auf einem Hügel, von dem der Blick Richtung Westen über das tiefer liegende Dorf schweift.
Laut irgendeiner Statistik befinden wir uns in der katholischsten Gegend Deutschlands, also im „schwarzen“ Paderborn.
Ich wünschte vielen Regionen eine ähnlich gute Infrastruktur und eine sich daraus ableitende Lebensqualität!
Geistig allerdings regiert hier die naive katholische Gläubigkeit, mit der man einen Kompromiss schließt, weil man viel reist und Kontakte außerhalb pflegt.

Dennoch, hier kann man Freiheit leben. Der Preis, sollte man sagen, „der Lohn“, ist die weitgehende öffentliche Nichtbeachtung, nicht etwa Verächtlichmachung, eher vielleicht eine Zurückhaltung aus Verunsicherung. Aber das beeinträchtigt nicht meine kleine Freiheit, pardon, es ist eine grandiose Freiheit.

Täglich genieße ich den Blick aus dem großen Westfenster meines Hauses, betrachte die Natur, lese, schreibe, höre Musik (oder nicht), weiß mich, wenn nötig, jederzeit mit aller Welt über vielfältige Kommunikations- und Massenmedien verbunden: Diese Zeit, sie ist Teil meiner Lebenszeit, teile ich nur mit mir lieben Menschen, in meiner eigenen Besinnung und Bestimmung, nie vergessend, dass auch diese Freiheit keine Absolutheit bedeutet.

Aus dem Dorf reckt sich keck ein spitzer Kirchturm in die Himmelsgegend, wo von meinem Logensitz aus die Sonne etwa zur Tagundnachtgleiche, also zum Frühlings- und Herbstanfang untergeht. Im Jahreslauf schwankt der Sonnenabstand zum Turm eindrucksvoll weit nach Süden im Winter und nördlich im Sommer. Die farbenprächtigen Einspielungen des täglichen Sonnenabschieds stehen keiner Urlaubsregion nach, besonders wenn sich die Häuser, Bäume und Felder vor der untergehenden Tagesregentin märchenhaft abdunkeln, hier und da noch ein Glimmen zwischen Giebeln oder Ästen. Auf der Horizontlinie oberhalb des Dorfes verraten weiße und rote Autobeleuchtungen, dass genau hier eine Straße entlang führt. Diffundierende Kondenzstreifen von Flugzeugen durchfurchen die sich immer dunkler öffnenden Himmelstiefen, hin und wieder erstrahlt für kurze Momente einer der Flieger in punktueller Reflexion. Oder Venus als glänzender „Abendstern“ demonstriert – nicht zuletzt an meiner Kirchturm-Bake – ihre Gesetze der Bahngeometrie. Selten lässt sich Merkur, der innerste Planet, entdecken. Und immer wieder der ästhetische Anblick der schmalen Mondsichel nach Neumond, bald auch bei anschwellender Nacht mit aschgrauem Licht der übrigen Mondlandschaften.

Eine Westströmung bestimmt hier zumeist das Wetter, Wolkenformationen werden herangetrieben, bauen sich aber auch erst hier auf, denn vom fernen Meer steigt die Luft erstmals am Eggegebirge empor, dem südlichen Ausläufer des Teutoburger Waldes. Oftmals wirken die Wolkenturbulenzen bedrohlich in ihren Aufhäufungen und Walzen bei stürmischen Lüften. Aufkommende Gewitter zaubern Wetterleuchten weithin, um oft vorbeizuziehen, sich woanders zu entladen.

Beinahe jede der heute modischen „Unwetterwarnungen“ war hier unbegründet, die Winter brachten mehr oder weniger Schnee, die Sommer auch Hitze, manch einer hat sich erkältet oder seinen Kreislauf überanstrengt. Die Sterberate entspricht dem natürlichen Werden und Vergehen.
Das schon allgegenwärtige „Unwetterpotenzial“ fällt trotzdem auf fruchtbaren Boden: Die christliche Gläubigkeit konjungiert mit dem Klimawahn und erzeugt Allianzen von schrulligsten esoterischen und sogar dem Christentum widersprechenden Sichteinengungen. Über solche Blickwinkel lässt sich nicht ernsthaft diskutieren; ich toleriere sie, indem ich sie ignoriere.

Der Morgen lässt das Dorf gegenüber von der Sonne aufwachen, es steht für mich quasi in astronomischer Opposition, in hellstem Licht. Bei ruhigem Hochdruck steigen die Heizungsabgase aus den Schornsteinen senkrecht ins Blau, das Bellen des Kirchturms schallt herüber, das eine oder andere ferne Fenster blendet im Sonnenlicht. Oft jedoch ziert die Szene ein Einheitsgrau; Nebel, Wolken verdecken sogar die modernen Windmühlenflügel rundherum, mit denen Alternative die Strompreise auf Niveau trimmen. Die Totenglocke schlägt um elf Uhr, Pferde wiehern auf der Weide, Schafe blöken, halbstündlich hört man den Bus in die Stadt, im Landeanflug auf Paderborn rauschen vereinzelt Flugzeuge vorüber. Das Radio bringt kilometerlange Verkehrsstaus, Werbung, Katastrophenmeldungen oder Gottes Wort, also gleichbleibend Ähnliches. Getrost schalte ich aus. So frei bin ich ja.

Niemand wirft mir klappernd eines der bunt bebilderten Provinzblättchen in den Briefkasten, ich muss nicht wissen, wer den Vogel abschießt, noch welche Bratwurst gesegnet wird.
Ich suche nach hintergründigen Zusammenhängen, und so nutze ich die reichlichen Optionen des Internets und ausländischer Fernseh- und Rundfunksender. In ihrer offensichtlichen Gleichschaltung werden mir deutsche Medien nur noch suspekter, eine Zumutung auch an Verflachung. Auswärtige Medien sind keineswegs besser, doch im Vergleich ihrer jeweiligen Einfärbungen kommt man dem eigentlichen Wahrheitsgehalt ein gutes Stück näher.

Im Winter zieht das Futterhäuschen am Gartenteich eine bunt gefiederte, hungrige Gesellschaft an: ein fortwährendes Kommen und Gehen von lebensfrohen und lebenstüchtigen Gesellen, schüchtern und scheu, andere frech und dominant, eitel und futterneidisch. Aber keiner geht leer aus; es gibt keine vernichtenden Rivalitäten.
Manche lieben es, zum Eisloch im gefrorenen Teich zu fliegen, um zu trinken und zu baden. Im Wasser verweilen Zierfische, denen die Luftzufuhr eines tiefer liegenden Ausströmsteinchens offensichtlich gefällt.
Unter der Schneedecke schlummert auf den Feldern nördlich meiner „kleinen Freiheit“ die Wintersaat, Spuren im Schnee dokumentieren vielfältiges Leben. In südlicher Richtung, jenseits eines kleinen Tales trotzt ein dichter Mischwald allen Wettern, er sollte gemäß seinerzeitig üblicher Prognosen längst „gestorben“ sein, steht heute stolz wie eh und je und könnte die Menschen „was lehren“.

Schmilzt der Schnee dann irgendwann, beweisen Maulwurfshügel und Verwerfungen von Wühlmäusen, dass auch unterirdisch ein Universum seinen Rhythmen folgt. Noch mit Eisresten in der Uferzone erhält der Teich Besuch von liebestollen Kröten. Die Männchen sind oft so unwirsch, dass sie zu mehreren auf ein Weibchen losgehen, es arg in Bedrängnis bringen, dass es dabei sogar ertrinken kann. Ich beobachtete derartig verblendete Männchen, die auf alles aufzusatteln versuchten, was sich im Wasser bewegte, so auch auf Fische, die sich am seichten Ufer aus winterlicher Trägheit lösten.
Einige Wochen später erst blasen sich die Wasserfrösche begattungsbeflissen auf und quaken ihre Stimmung hinaus in das allgemeine Frühlingserwachen.

Unkenrufe erschallen bereits wieder über die Gefährlichkeit der Sonnenstrahlen. Ozon am Boden oder als Loch in der Hochatmosphäre ist so schädlich, dass es einem den Frühling und Sommer verhageln könnte. Und ach, die Scharen von Wetterfühligen und Wetterfürchtenden, die sich von telegenen Wetterschwätzern einnebeln lassen! Mehr noch die Schadstoffverzeichner, die überall Gift erschnüffeln, verantwortlich für Allergien und Krankheiten und vor allem psychische Schäden. Man glaubt nicht, wie dramatisch ein Wespenstich wird, welche Lebensbedrohung ein Waldspaziergang durch Zeckenalarm darstellt und welche Waldbrandgefahr nach einer Woche ohne Regen emporknistert.
Das Leben, empfunden als ein einziges Risiko, lässt sich versichern gegen alles, vor allem gegen Geld. Und zu Risiken derartiger Verunsicherungen „fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“, lesen Sie Gesundheitsmagazine, lassen Sie sich von windigen Geschäftspraktikern übers Ohr hauen, falls Ihre Lauscher nicht sowieso zugedröhnt sind von den Schmerzensschreien der Weichlings-Gesellschaft.
Die wuchernde Bürokratie dieser Spezies regelt Ihre Beziehungslosigkeit zur Natur auf umweltgerechten Papierstößen, ideologisch grün in tristem Grau und alternativer Hoffnungslosigkeit.
Geld verrottet nicht, es verflüchtigt sich wie Alkohol als Schnapsideen umwelttrunkener Weltfremdheit, während es noch rasanter verdampft in hemmungslosen kapitalistischen Schändungen von Mensch und Natur. Das können nicht einmal seriös wirkende Parkettauftritte von Börsenanalysten vertuschen, deren hochtrabendes Aktien-Palaver in den Tagesnachrichten höchstens raffgierige Insider, nicht aber die Allgemeinheit interessieren kann.

Meine Zeit messe ich in wahrer Ortszeit anhand einer individuell gestalteten Sonnenuhr, welche neben der Tageszeit auch das Datum und den Sonnenort im entsprechenden Sternbild zeigt. Ich spreche nicht von sterndeuterischen Sternzeichen, deren Verschrobenheiten auf meiner libertären Terrasse auch nicht ein Pünktchen Platz beanspruchen können. Die Sonnenuhr ruht auf einem Lava-Basaltblock, der für mich gleichzeitig die gewaltigen geologischen Zeitspannen verkörpert, während ich mit meinen bescheidenen Lebensjahren zu Gast bin auf dem „Hohefeld“.
Lange beobachtete ich hier durch das Teleskop meiner kleinen Sternwarte den aktuellen Sternenhimmel, heute richte ich vermehrt meinen Blick auf den Menschen, die Menschheit vor dem Hintergrund des Kosmos und einer technologisch bedingten Globalisierung.

Während unsere Gärten und Felder in der Regel blühen und Früchte zeitigen, stellen sich die Verhältnisse in vielen Teilen der Welt bescheidener dar, und nicht immer sind klimatische Auswirkungen dafür verantwortlich, sondern Weltanschauungen der Bewohner und ideologische Regierungsprinzipien, die nicht selten aus Kolonialzeiten herüber reichen und oftmals nicht ohne europäische Verantwortung die heutigen Notlagen eskalieren lassen. Entwicklungshilfe verpufft, als hätte sie die vorrangige Aufgabe, die reichen Gesellschaften hier in ihrer ungebremsten Ausbeutermentalität moralisch zu beruhigen.
Zu solchen und ähnlichen Gedanken gelange ich, wenn beispielsweise Kraniche über meine „kleine Freiheit“ ziehen oder wenn auf einem entfernten Hügel das britische Militär seine Hubschrauber-Besatzungen etwa für den in nichts zu rechtfertigenden Irak-Krieg trainiert. Nun, könnte man einwenden, es sind doch nur die ausländischen Besatzertruppen, vor allem die amerikanischen, welche die umerzogenen Deutschen gar nicht mehr als Besatzer empfinden, nein, Deutschland führt ja ebenso bereits wieder mit eigenen Soldaten Krieg. – Es regt niemanden auf.
Aber die heraufbeschworene Terrorgefahr trifft die träge Masse tief in ihre verfettete Bequemlichkeit.

Immer wieder verblüffen mich die Intelligenz und das Geschick der Tiere, wie Elstern oder Krähen ihre Nester sturmsicher im Baum verankern, wie die Spechte genau wissen, wo sich das Hämmern lohnt, wie die Schwalben im Sommer Insekten direkt von der Teichoberfläche abfischen. Das Kaninchen nutzt die Deckung einer Senke in absoluter, wacher Bewegungslosigkeit, der Frosch im Moos tut es ihm gleich. Klugheit und Instinkt schützen im Tierreich das Überleben, denn andererseits lauern die taktierenden Jäger überall.
Eigentlich ganz anders der Mensch, er könnte es sich intelligent und entspannt menschlich einrichten, denn unmittelbare Jagdverfolgung hat er im normalen Alltag nicht zu fürchten. Stattdessen aber leidet er in einer intelligent verlogenen und hemmungslosen Gesellschaftsform unter fortwährender Rivalität, die sich vor allem auf beruflicher Ebene gnadenlos stilisiert. Nicht der Geeignete, der Qualifizierte, sondern der Stärkere, der Mächtigere, der skrupellos Gerissenere, der Gefügige, auch der Schleimigere bekommt zu oft den Posten. Die Existenz steht auf dem Spiel, nicht viel anders als beim Tier, das sich tarnt und taktiert. Im modernen Lebenskampf geht es vor allem um eine ungenierte Gier nach materiellem Reichtum, der weltweit die Unterlegenen unter die sogenannte Armutsgrenze zwingt und auch den Hungertod ohne sonderliche Aufregung achselzuckend hinnimmt.
Vergleichsweise wenigen Menschen gelingt es, sich irgendwann aus solchen Gesellschaftszwängen zu lösen, wenn sie bereit sind, ihre eigenen Ansprüche neu zu sortieren, auch mit Traditionen und Tabus zu brechen.

Ausgeprägte Winter zeigen, wie anfällig beispielsweise das Verkehrswesen ist, sie beweisen aber auch, wie die Zivilisation sehr effektiv Schutz vor der Kälte, Nässe, Dunkelheit und auch vor Hunger ermöglicht. Dem Massenmenschen, zumindest in Mitteleuropa und Nordamerika, kam allerdings das Einfühlungsvermögen in die Jahreszeiten abhanden, trotz oder gerade wegen technischer Ausstattungen ist das Verhalten von stupidem, den natürlichen Verhältnissen gegenüber unangepasstem Forderungscharakter geprägt. Läuft es dann nicht mehr so ganz rund, ist ein sinnloses „Spezial“ im Fernsehen die zusätzlich aufbauschende Folge. Dabei könnten einfachste, rechtzeitige Vorsorgemaßnahmen so manchem „Chaos“ von vornherein jegliche Grundlage entziehen.
Der Wechsel der Jahreszeiten inszeniert ein ergreifendes Schauspiel, dem von massenmenschlicher Seite her die Zuschauer mehr und mehr weglaufen – als eine Folge um sich greifender Ignoranz. Damit verliert der Interimsmensch wesentliche Hintergründe der Selbstfindung, er vegetiert im aufgeblasenen Sensationsvokabular von Gedankenlosigkeit und Massenkonformität, die fragwürdig mit Konsumrausch kompensiert werden sollen.

Oft liege ich mit geschlossenen Augen in meiner Sauna, während ich über globale, auch kosmische Zusammenhänge nachdenke. Beim Blick auf die Sanduhr an der Wand kann ich manchmal nicht glauben, dass sie schon wieder abgelaufen ist. Wird eine Abkühlung im Schnee möglich, empfinde ich das folgende Wiederaufwärmen umso anregender. So manches Konzept, so manche Idee verdanke ich diesem kleinen Refugium. Anschließend am offenen Kamin, der durchaus auch eine Absicherung für einen eventuellen Heizungs- oder Stromausfall bedeutet, setze ich meine Entwürfe im Geiste fort oder höre wirklich zu bei einem klassischen Konzert, vielleicht auch bei nostalgischem Rock und Pop. Selten lese ich Romane, denn das Leben schreibt genügend echte. Ich kann mich aber tief einlassen auf bestimmte Sachthemen, das geht so weit, dass ich mich mit den beschriebenen Phänomenen identifiziere, etwa mit der gesicherten Erkenntnis, dass auch der Mensch aus Sternenmaterie besteht. Oder, dass wir ungeahnt viele Gemeinsamkeiten mit den Tieren aufweisen.

Aufbauend auf all den großen und kleinen Zusammenhängen entwickelte ich die kosmonomische Philosophie, eine logische und einfühlsame Sichtweise der Welt.

Ich bin ein Freigeist. Und so sagte mir erst dieser Tage ein Zeitungsredakteur sehr treffend: „Einige Freigeister muss unsere Gesellschaft vertragen können. Es mag schon sein, dass der eine oder andere Sie deshalb auch schneidet.“
Was geschähe wohl, kam mir der Gedanke spontan, wenn kurzfristig immer mehr Freigeister auftauchten?

Doch ich bin Realist, unsere Zahl wird noch über Generationen verschwindend klein bleiben. Denn ein Freigeist, der den Namen verdient, denkt immerhin so komplex, dass er sich keiner Ideologie, damit keiner Partei und schon gar keiner Religion anschließt.

Die Grundfläche meiner „kleinen Freiheit Hohefeld“ erweitere ich im Sommerhalbjahr gerne um knapp zehn Quadratmeter meines Wohnwagens. In diesem Sinne bin ich ein begeisterter Europäer, der den Einigungsgedanken vor allem nach der grausamen Geschichte des Abendlandes zu schätzen weiß. Die Brüsseler Bürokratie jedoch sehe ich als Gefahr für die Bürger, für den Fortbestand der Europäischen Union überhaupt.
Unter den zahlreichen Reisezielen ist seit langer Zeit Südfrankreich mein Favorit, alljährlich verbringe ich mehrere Wochen an der Cote d’Azur und häufig auch im Roussillon.
Das hat fast unbewusst etwas mit den französischen Freiheitsidealen zu tun, aber besonders mit der Freiheit des kultivierten, keineswegs spartanischen Campings. Kontakte ergeben sich zu allen möglichen Nationalitäten und zum Gastland und seinen Leuten, ohne zu eng und aufdringlich zu werden. Reiserouten und Termine stimme ich oft mit Campingfreunden ab.
Fasziniert bin ich seit jeher von der Meeresküste und der nicht zuletzt durch weltberühmte Maler dokumentierten Einzigartigkeit des Lichts in der Provence und an der Cote d’Azur.
Immer wieder zieht es mich noch vor dem Frühstück an den Strand. Früher joggte ich, doch immer häufiger verweile ich einfach stehend, sitzend, liegend, atme die kühle Luft, vergesse die Zeit, empfinde die sanfte Wärmestrahlung der aufgehenden Sonne, beobachte den Horizont, vereinzelte ferne Schiffe und Boote, die weite Dünung, Möwen und springende Fische, begegne eher selten menschlichen Frühaufstehern, vielleicht einem stillen Angler. Sogar bei Seenebel lockt der Strand mit seinen verhaltenen Lebenszeichen im Hintergelände oder durch das Plätschern, auch das aufschäumende Rauschen des Meeres. Skurril meditierende Sonnenanbeter sah ich und überbliebene Strandschläfer der vergangenen Nacht und auch Müllreste der Trinkfesten.
Bei sommerlichen Temperaturen begrüße ich meinen Tag ganz speziell während des unmittelbaren Sonnenaufgangs und schwimme dem Widerschein des Lichts auf dem Wasser entgegen, unbekleidet, in der meiner Meinung einzig natürlich gerechtfertigten Weise. Als ich eines Sonntagmorgens in Kroatien an der Felsenküste eintauchte, klangen von jenseits der Bucht Kirchenglocken herüber. „Natürlich auch hier“, mäkelte ich innerlich, und einige Möwen, nicht weit über mir spotteten. Wahrscheinlich aber über mich – oder vielleicht einfach nur ihrer Gewohnheit folgend.

Gleichgültig, wo ich mich aufhalte, versuche ich so intensiv wie möglich die Situation zu erfassen, ich nenne es, Leben zu vergegenwärtigen. Doch immer wieder zweifle ich auch an meiner Auffassungsgabe, wenn ich in nachfolgenden Erinnerungen Einzelheiten offensichtlich doch nicht so ganz verinnerlichte.

Freiheit kann nur wurzeln in persönlichen bewussten Erfahrungen und Kenntnissen, vor allem in interessierter Wachheit.
Wach kann man überall sein, aber nicht zu jeder Zeit. Man braucht Ruhephasen und Ruheorte.
Ich beklage, dass die gegenwärtigen gesellschaftlichen Gepflogenheiten, dem nicht entsprechen können.

Übrigens Freiheit misst man natürlich nicht in Quadratmetern und nicht in Reisekilometern, sondern verbindet sie mit Eigenverantwortung und Eigeninitiative, den eigentlichen Antrieben bewusster Lebensführung.
Viel zu kurz ist die Zeit, als dass ein gesunder Mensch sie sich selbst überlassen könnte.

Erkennt der Mensch die gegenwärtigen Zusammenhänge, ihre Herleitungen aus der Historie, in ihrer Bedeutung für die Zukunft, entdeckt er die Kräfte, besonders auch die Drahtzieher im Hintergrund, so erlangt er einen freien Überblick, der ihm freiheitliche Entscheidungsmöglichkeiten erschließt, das religiös-traditionelle Jammertal des Mainstreams zu überwinden.

Nicht die eingeschweißten vorgetäuschten Lebensweisheiten, angefangen beim Osterhasen, über Weihnachtsmänner, Engel, Heilige, Wunder, Geister, Dämonen, Teufel, Götzen und Götter bis hin zum reinkarnierten oder „ewigen“ Leben, berühren das Gemüt, sondern die Lebensfreude an aufgeklärter Analyse und einer fundierten, weitgehend angst- und furchtfreien Lebensführung. Die freie Hinwendung zum Leben und nicht zum Totenkult oder zur hohnsprechenden Apokalypse, sondern zur eigenen Wertschätzung wie der des Mitmenschen begründen ohne alberne Verdrängungsmechanismen die Anerkennung, dass auch der Tod sinnvoll und logisch ist.
In konkreten humanen Maßnahmen, Verhaltensweisen und in menschenwürdiger Vorsorge lässt sich das häufige Leiden vor dem Tode nicht nur lindern, sondern minimieren.

Das bisherige Hauptproblem eines Freigeistes besteht in der völligen Unvereinbarkeit seiner Welt mit den „geoffenbarten“ Scheinwelten. Er wird darüber hinaus nicht ohne gewisse Irritationen feststellen, dass mancher angebliche Freigeist so frei war, mit ziemlicher Dünkelhaftigkeit seine Ansichten als „Lehre“ anzupreisen, sodass sich missionierende „Jünger“ und „Gemeinden“ um ihn scharten. Philosophen, Psychologen und Soziologen sind da federführend: Freudianer, Kantianer, Hegelianer oder Epikureer, Marxisten oder „Frankfurter Schule“ und so weiter. Oft erscheint die Sprache solcher Autoren dogmenhaft, absolut, als hätten die Urheber mathematische Beweise für ihre Behauptungen zur Hand.

Die kosmonomische Philosophie ist keine Lehre, sondern eine Art der Weltbetrachtung, die sich aus der Welt selbst ergibt. Das bedeutet konkret:
Das Leben strebt zum Leben, beim Menschen aber nicht raubtiergemäß, sondern unter menschenwürdiger Nutzung von Intelligenz, Wissenschaft und Technologie zur Abmilderung und Beseitigung natürlicher Widrigkeiten. Solche Anstrengungen können vielfältigster Art sein, sie gehen alle davon aus, dass das Individuum wie die gesamte Menschheit vor allem Teil des Kosmos ist und alles Leben, besonders aber das humane hauptsächlich vor diesem Hintergrund und nicht auf der Provinzbühne unsinniger Götterkreationen gestaltet werden kann.

Meine kosmonomischen Ausführungen haben zum Ziel, den Menschen für das Leben anzuregen, unter allen Umständen Menschenopfer im weitesten Sinne zu verhindern und zu einem neuen Bewusstsein wirklichen Friedens, achtungsvollen Miteinanders, optimistischer Schaffensmoral, angst- und gewaltfreier Entfaltung und gelassenen Alterns aufzumuntern.

Als Autor benötige ich dazu keine Netzwerke und keine Parteien oder Vereine, keine Institutionen. Ich führe auch keine Kampagnen, wie ich sie seinerzeit gegen die Astrologie, sogar durch Medienspektakel in Szene setzte. Ebenso sehe ich inzwischen wenig Sinn, mich etwa wie früher in der „Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V.“ (GWUP) oder in anthroposophiekritischen Gruppierungen aufklärerisch zu engagieren, denn mit „Glaubenden“ kann man nicht sinnvoll diskutieren, da ihr Selbstverständnis auf gänzlich anderer Ebene ruht. Meine Lebenszeit verschwende ich nicht mehr dafür, weil ich weiß, dass ich niemanden aus den Millionen von Religiösen, Esoterikern und Ideologen bekehren kann. Lediglich Zweiflern mag ich vielleicht Entscheidungshilfen anbieten und den sowieso Aufgeklärten vielleicht eine willkommene Bestätigung.

So ist das Niederschreiben meiner kosmonomischen Sicht nichts anderes, als Signale nach Außen zu setzen, Signale aus meinem eigenen Selbstverständnis, das es mir verbietet, mich einzuigeln, etwa das Leben eines schrulligen Einsiedlers zu führen.
Ich habe der Welt etwas zu sagen, nicht weil ich einer Idee folge, sondern weil ich ein inzwischen in freiheitlichen Wurzeln verankertes persönliches Leben errungen habe, das durch die Veröffentlichungen keineswegs einem „Outing“ gleichkommt, sondern eher der Gesellschaft einen Spiegel vorhält. Hineinschauen müssen die Menschen schon selbst, und wer das nicht kann oder will, bleibt für mich immer noch ein Mensch, mit gleichen Rechten und Pflichten wie alle zivilisierten Bürger der Welt.
Menschenverachtung, Ausbeutung, Unterdrückung, Verlogenheit und Indoktrination erfordern aber entschiedenen menschenwürdigen Widerspruch, nicht Gewalt, aber klare, eindeutige, nicht diplomatisch verkorkste Sprache als einziges Mittel von Verständigung.
Verständigung ist nur durch Verstehen möglich, durch Verstehen der Natur, von der wir Menschen, ich erwähnte es bereits, ein nicht unwesentlicher Teil sind. Und besonders in dem Zusammenhang erscheint die Zeit als weiterer Faktor der Natur. Schnelllebigkeit meint letztlich, ob man es wahrnimmt oder nicht, Leblosigkeit in der Form des Vegetierens.

Auch meine „kleine Freiheit“ muss ständig kultiviert werden, soll sie nicht ihren Status verlieren. Das bedeutet auch körperlich-handwerkliche Arbeit und ebenso wirtschaftliches Kalkulieren, und es verdeutlicht auch unvermeidbare Abhängigkeiten. Diktaten von Öl- und Stromkonzernen kann ich mich kaum entziehen, propagierte „Anbieterwechsel“ stellen in der Praxis Augenwischerei dar, Steuer- und Finanzgebaren sind durch mich nicht beeinflussbar.
Eine alte Weisheit empfiehlt zu erkennen, was man nicht ändern kann, um sich nicht sinnlos aufzureiben. Das aber, was man mit lebendigen Sinnen und erfahrenem Urteilsvermögen zu ändern vermag, ist eine solche Vielfalt, dass es keinen Grund zum Fatalismus gibt.

Ich kann mich jedoch nicht von der Sorge befreien, dass im globalen Maßstab zwar nicht die Mehrheit der Menschen, aber sehr wohl die meisten politisch Mächtigen rundheraus friedensunfähig sind.
Unfähig, weil sie Gefangene ihrer egoistischen Eitelkeiten sind und nicht die Spur einer kosmonomischen Erkenntnis, geschweige denn Empfindung besitzen.
Nicht wenige dieser Narzissten spielen ihre Rollen als Marionetten, deren Strippen die Clans der archaischen Denkmuster ziehen.

Aufklärung gibt es vereinzelt schon immer, als gesellschaftliches Gütekriterium muss sie erst noch auf die Welt kommen.