Von Peter Hart (GB)
In gewissem Sinne ist diese Frage der Fragen – die zwangsläufig keine
sichere Antwort zulässt – ziemlich abgenutzt. Oder wenigstens könnte man sagen,
ein beträchtlicher Grad von Langeweile setzt ein, sobald wir realisieren, dass
die einzige Sicherheit darin besteht, dass es keine Sicherheit gibt und dass
kein einziger Beweis existiert. Ich meine, man könnte genauso einem Kind
erzählen, Gott lebe auf dem Dachboden. Und, wenn das Kind beständig seiner
Mutter berichtet, dass es bei jedem Besuch des Dachbodens vergeblich nach Gott
Ausschau gehalten habe, was wird die Mutter sagen? „Ach, Liebling, du musst an
Gott glauben.“ Nun, das wird kaum das Problem lösen. In nächtlichen
Stunden wird der Dachboden so leer bleiben wie jede Kirche und das Kind mag
durchaus zweifeln, ob die Mutter der Verstand verlässt. Schlimmer noch, auch
das Kind mag mit der Verehrung „Gottes auf dem Dachboden“ beginnen. Klingt das
zu frivol? Nun, erschütternd und schrecklich ist die Kraft menschlicher
Vorstellungen bei der Erfindung von Übernatürlichem: „Noch spektakulärer die
Kraft, an das zu glauben, was sie erfunden hat.“ (John
Cowper Powys, In Spite of)
Wir hörten genug super-spitzfindige Argumente von Philosophen und
Theologen: Sie halten sich an die Spielregeln und ignorieren größtenteils die
höchst unbequemen Fragen, die Kinder schon auf dem Spielplatz gerne stellen
(und warum sollten wir nicht bei so frühem Alter beginnen?)
„Ja, wo ist er (Gott) eigentlich? Hab’ Ihn nie gesehen!“ „Was geht bei ihm
ab, den ganzen Tag?“ Und dann in den Abschlussklassen: „So, man sagt, dass Gott
uns den ganzen Tag beobachtet. Das ist nicht cool – was für ein perverser
Voyeur!“
(Vor einigen Monaten befand sich ein leuchtend gelbes Poster über die
gesamte Reklamefläche auf der Nordseite der Hills Road Eisenbahnbrücke. Der
Wortlaut der Zeilen war Jesus kam, um uns von unseren Sünden zu befreien. Eines Tages war ich zufällig auf dem
Oberdeck eines Busses und saß neben einigen Schülern der Abschlussklasse vom
Hills Road College in Cambridge. Sie schauten ratlos auf das Plakat – als etwas
für ihr Leben ziemlich Unwichtiges und etwas jenseits ihres Verständnisses. Ich
sagte ihnen trocken, dass ich ihn (Jesus) seit einiger Zeit nirgends gesehen
hätte. Sie brachen in helles Gelächter aus. ..)
Aber in allem Ernst, wir sollten uns selbst fragen: „Was ist eigentlich der
Sinn, einen Planeten zu kreieren – so wie die Erde – und ihn dann mit Menschen
zu besiedeln, um einfach (sic) zu sehen, wie sie sich gegeneinander verhalten
unter den irgendwie bizarren Bedingungen, in die sie sich hineingestellt
finden? Hätte es dem so übernatürlichen Wesen sogar gefallen, eine Welt frei
von Bösem und Leid zu erschaffen, müssten wir uns immer noch fragen: „Was genau
könnte seine Absicht hinter solchem Tun sein?“ Zugegeben, das wäre eine sehr
beträchtliche Verbesserung der vorherrschenden Bedingungen – um es milde
auszudrücken – dennoch wäre es eine seltsamst anmutende Möglichkeit. Und dann
der Aufbruch zu so immensem Ungemach: Rund 4.6 Milliarden Jahre der Entwicklung
bis zum Erscheinen von Menschen mit ausreichender Intelligenz, Ihn/Sie/Es für den
ursprünglichen Zeugungsakt zu preisen!
Ich beginne zu glauben, dass die außerordentliche Ineffektivität dieses
Prozesses vielleicht der Grund für das ewige Shtoom (jiddisches Wort für
komplettes Schweigen) ist, das Gott einhält. Andererseits frage ich mich,
könnte es sein, dass Er/Sie/Es an schierer Langeweile der Allwissenheit
gestorben ist, dem unbeschreiblichen Stumpfsinn, ein Leben zu führen, in dem es
nicht einen einzigen Aspekt des Dramas oder des Wunders gibt. Nicht zu
vergessen die pure Plackerei der Aufzeichnung jeder Tat und jedes Gedanken von
Milliarden Menschen (logischerweise unmöglich, übrigens sogar für Gott), von
denen – im Vergleich zur übernatürlichen Vorstellung von Gott – die meisten
unerträglich unbedeutend und monoton erscheinen müssen. Gott, was für ein
Leben! Höchstwahrscheinlich eine
Vakanz...
Ergänzende Anmerkung von Xenophanes von Kolophon, ungefähr 530 v.u.Z.:
„Hätten Kühe und Pferde oder Löwen Hände oder könnten sie mit ihren Händen
zeichnen und Dinge verrichten wie die Menschen, Pferde hätten pferdeähnliche
Götter, Kühe kuhähnliche Götter gezeichnet, und jede Spezies hätte Götterkörper
wie ihren eigenen entworfen.
Äthiopier sagen, ihre Götter hätten flache Nasen und seien schwarz und
Thraker behaupten, ihre Götter hätten blaue Augen und rotes Haar.“
Eigene Anmerkung des Autors:
Nach dem Lesen dieses Textes von Xenophanes mag es überraschen zu erfahren,
dass er im Wesentlichen an einen einzigen Gott glaubte – und das ändert
merklich die Bedeutung seiner Zeilen. Wie dem auch sei, er scheint sich eine
Art von nicht zu reduzierender Einheit vorgestellt zu haben; etwas Ähnliches
wie die Glaubensvorstellungen von Plotinus. Was das auch immer präzise bedeuten
mag, es ist eine entschiedene Ablehnung der Vielgötterei und von Göttern mit menschlichen
Charakterzügen.
Wir sind nicht in Gottes Vorstellung entstanden, wir haben Gott nach
unseren eigenen (idealisierten) Vorstellungen geschaffen. Und wie wir es auch
versuchen, wir können diese Vorstellung nicht aus unserem Gedächtnis drängen:
Michelangelos mächtige Vaterfigur – deren Wille ist unergründlich und nie
haben wir ein einziges Wort von ihr gehört.
Nachwort von Raymond Walden:
Peter Hart ist wie ich seit einiger Zeit Autor des internationalen Magazins
„Contemporary Literary Horizon (CHM), Bukarest, Rumänien, in dessen Ausgabe
4/2012 der Beitrag „Does God Exist?“ in
englischer Sprache erschien. Mit freundlicher Genehmigung der CHM-Redaktion
veröffentliche ich auf meiner Internetsite die durch mich erfolgte deutsche
Übersetzung.
Gebeten um eine kurze Vorstellung seiner Person, antwortete mir Peter Hart
Folgendes:
Ich bin mir nicht
sicher, ob ich irgendetwas schreiben kann, das auch nur eine entfernteste Idee
meines Selbstverständnisses vermitteln kann. Zum Beispiel besuchte ich 1959 im
Alter von fünfzehn Jahren die Kunst-Schule in Hastings, aber diese Tatsache
sagt nichts aus über die Atmosphäre dieser Institution. Wie bei den meisten
Leuten, die Kunst-Schulen besuchen, stand meine berufliche Tätigkeit niemals in
Beziehung zum Fach. Nach Tätigkeiten als Sicherheitswachmann,
Krankenhauspförtner, und Krankenhaus-Putzmann begann ich, in einem Buchgeschäft
zu arbeiten. Bis zu meinem Ruhestand war ich Buchverkäufer, und nun arbeite ich
zwei Tage in der Woche am Computer der Kinder-Intensivstation bei Addenbrookes,
Cambridge, UK. Mit anderen Worten, wieder Krankenhausarbeit!
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