Dienstag, 16. Oktober 2012

Denk mal, Dresden!


Vieles in Dresden dreht sich um ein goldenes Kalb, hoch zu Ross, um „August den Starken“. Trotz der Qualitäten als Bauherr und Kulturstifter erkennt man unschwer Parallelen Berlusconischer Lebensart im damaligen „Elb-Florenz“.


Foto: RW

 
Was zählen schon Überzeugung und Religion, wenn es um Machtgier geht!
Für ein Königreich Polen wechselt ein August sogar vom evangelischen ins katholische Sündenregister.

Im „Grünen Gewölbe“ ungenierter Anhäufungen und schamloser Prahlerei von und mit wertvollsten Schätzen dieser Welt kommt kaum Bewunderung auf, eher Banales: „Inspiration und Reichtum sind der Stoff der Macht. – Nicht von Freiheit.“

Vor einer bewundernswert rekonstruierten Märchenkulisse aus Kirchen und weltlicher Architektur vermarktet das mehrheitlich religionsfreie Dresden einen sehr einträglichen religiösen Tourismusfrieden.
„Heilig, heilig, heilig; heilig ist nur Er ...“ vergoldet ein Bläserterzett am historischen Schlossplatz stimmungsvoll den frühen Herbstabend und ein Papa mit Kind auf den Schultern kennt den Text  zum Mitsingen.
Nun, einst sang man hier „Bau auf, bau auf ... „ und hatte doch keine Ahnung davon.

Der freiheitliche Sieg über den Kommunismus wird gerne kirchlich vereinnahmt. Das Volk in der ehemaligen DDR war und ist aber kein Kirchenvolk!
Und das westliche Kirchenvolk hatte längst die Wiedervereinigung aus seinen Fürbitten gestrichen.

Dresdens Frauenkirche symbolisiert in ergreifenden Weise die Würde des Menschen, seine guten Absichten, seinen Fleiß und sein Können.
Gleichzeitig steht sie da als Luftschloss einer irrwitzigen Religiosität.
War es nicht christliche Pflichterfüllung gegenüber ihren Vaterländern, die britische und amerikanische Soldaten diese Stadt zerbomben ließ wie deutsche umgekehrt etwa Coventry?
Das Christentum ist einer solchen Kirche nicht würdig.

Foto: RW
 
Die aus Ruinen wiedererstandene Frauenkirche in Dresden wird im einfachsten Falle in naiver Gotteskindschaft missverstanden; das ausliegende Gästebuch beweist dies vielfältig, auch Mitleid erregend.
Jedoch besteht der unschätzbare humane Wert der Kirche in ihrer Mahnung mit mächtiger Signalwirkung für den Frieden, in ihrer architektonischen und künstlerischen Brillanz, in ihrer Erhabenheit als Klangkörper, als Bühne für Kunst und Literatur, für das gesprochene und gesungene freiheitliche Wort der Besinnung und Aufklärung.
Dieses Monument ist viel mehr als eine Kirche, mit seinem Ausdruck höchster menschlicher Wertschätzung, feinsinnigster Philosophie und wacher Eingebundenheit in das kosmische Sein zeichnet es nicht nur den Standort Dresden aus, sondern gibt Hoffnung essentiell weltweit.


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