Solange das Kapital und nicht der Mensch regiert, bleibt das
Zusammenleben unmenschlich.
In meinem Aufsatz „Der Kapitalismus ist am Ende“
(Monatsarchiv Oktober 2011 und „Contemporary Literary Horizon“ 6/2011) weise
ich auf das Fehlen von Alternativen hin, während der Kapitalismus seinen
Untergang forciert.
Eine schicksalhafte Ursache sehe ich in der allgemeinen
Unreife des Massenmenschen zur echten Demokratie.
Dennoch unternehme ich den Versuch, eine kosmonomische
Alternative in Teilen zu skizzieren und bin mir des utopischen Charakters
bewusst.
Utopie jedoch stellt einen Lebensantrieb dar und hat häufig
gesellschaftliche Fortentwicklungen initiiert, begünstigt und realisiert.
Dennoch gestehe ich meinen Pessimismus für die Gegenwart und
nahe Zukunft ein, weil ich mit meinen Ausführungen die Mentalitäten einzelner
Menschen wie die Psychen von Volksgruppen und Nationen irritieren werde, indem
ich mit ihren friedensuntauglichen Traditionen breche.
I Die
repräsentative parlamentarische Demokratie
Wenngleich in einigen Staaten der Erde das allgemeine Leben vielleicht über ein paar Jahrzehnte ganz passabel organisiert erscheint, kann das nicht über die Kargheit vieler Existenzen und über verheerende Notlagen hinwegtäuschen.
Milliarden von Menschen werden unterdrückt, ausgebeutet und
vernichtet unter Gesellschaftsordnungen, die sich als „Demokratien“
beweihräuchern, ohne sich je für eine echte und wahrhafte Demokratie qualifiziert zu haben. Der Begriff ist in
der politischen Praxis umstritten, weil ihm eine eindeutige Definition fehlt,
weil er je nach Interessenlage schillernd bunt interpretiert wird.
Kapitalistisches Gewinnstreben koaliert von jeher mit
ausgeprägtem Egoismus und mit dem überall anzutreffenden Gotteswahn, der sich
optimal zur Unterwerfung des Menschen „unter die von Gott gegebenen“
Herrschaftsstrukturen eignet.
Auf dieser seit unzähligen Menschengenerationen eingeübten
Grundhaltung kann an die Stelle der Religion sogar eine beliebige andere
Ideologie treten, um dem Volk die „Werte“ vorzugaukeln, die lediglich das Ziel
verfolgen, Macht und Einfluss der Regierenden und der ihnen zuarbeitenden
Lakaien zu erhalten und zu mehren.
Bisher eignen sich allenfalls einige „westliche Demokratien“
als Vorläufer für eine wirklich aufgeklärt menschenwürdige Mitbestimmung.
Eine objektiv reale und konsequente Demokratie existiert bis
zum heutigen Tage nirgends. Sie muss erst noch entworfen und entwickelt werden.
Die bestehenden unfertigen Konzepte in Form einiger Verfassungen und
Deklarationen können als Ausgangspunkte dienen auf dem Weg zu einer
praktikablen und effektiven repräsentativen Demokratie.
Einige wichtige Kriterien in der Übersicht:
1.
Staat
und Religion müssten auf allen Ebenen konsequent getrennt werden.
2.
Volksentscheide
stellen mögliche Ausnahmen dar. In der Regel sollte die Macht vom Volke über
Wahlen ausgehen.
3.
Es
empfiehlt sich Wahlpflicht für jeden Bürger, der durch den einfachsten
allgemeinen Schulabschluss dazu „qualifiziert“ wird.
4.
Als
Volksvertreter (Parlamentarier) wären sowohl Parteiangehörige wie Parteilose zu
wählen. Fraktionszwang erscheint denkbar demokratieungeeignet.
5.
Wahlkämpfe
bedeuten oberflächliches Blendwerk. Sie wären auf ein Minimum zu beschränken,
indem vor der Wahl alle Parteien und Bewerber unter gleichen Bedingungen ihr
jeweiliges Programm nachrichtlich sachlich darlegen müssten. – Nicht mehr und
nicht weniger. Wahlkampagnen über die
Medien wären unzulässig.
6.
Lobbyismus
gegenüber den Volksvertretern wäre als faktische Korruption und Nötigung
strafrechtlich zu ahnden.
7.
Parteienfinanzierungen
durch den Staat besäßen keine rechtliche Grundlage.
8.
Geheimdienste
widersprechen den demokratischen Regeln und der Menschenwürde.
9.
Der
Verfassungsschutz wäre einer besonderen parlamentarisch-transparenten Kontrolle
zu unterstellen.
10. Weitere Grundausrichtungen einer
neuen Demokratie-Kultur finden sich im Kosmonomischen
Manifest.
II Volkswirtschaft
Der Terminus „Volkswirtschaft“ versteht sich programmatisch, denn die Wirtschaft sollte vor allem dem Wohl der Allgemeinheit und weniger der Profitoptimierung Einzelner zuarbeiten.
Weltweit hat sich das Börsenwesen als unkontrollierbares
Spekulationssystem etabliert, obgleich es unmoralisch und unmenschlich
funktioniert, verantwortungslose Risikoherausforderungen durch
ungerechtfertigte Bereicherungen und Machtausübungen belohnt. Eine humane
Weltwirtschaftsordnung müsste sich von derartig pseudoreligiöser
Unberechenbarkeit verabschieden.
Eine dringliche Notwendigkeit besteht darin, das
Wirtschaftsleben zu vereinfachen und durchsichtig zu gestalten, denn das
gegenwärtige Schwimmen der Regierungen in Ratlosigkeit bei der Bewältigung der
hoffnungslosen Überschuldungen offenbart, dass der Kapitalismus sein von ihm
geschaffenes Labyrinth nicht mehr durchschaut.
Dies geht einher mit direktem demokratischen Machtverlust,
weil Banken, Konzerne und Rating-Agenturen ohne demokratisches Mandat das
eigentliche Handeln übernehmen.
Die Erfordernis der Vereinfachung betrifft ebenso das
alltägliche bürgerliche Wirtschaftsleben: Steuergesetz, Rechnungen,
Vertragstexte verkörpern schon lange eine verwirrend aufgeblasene Bürokratie.
In einer humanisierten Volkswirtschaft dürfte kein Mensch
durch das soziale Netzwerk fallen.
1.
Jeder
gesunde Mensch wäre zur Sicherung seines Lebensunterhalts selbst verpflichtet.
2.
Mindestlöhne
müssten zweifelsfrei gesetzlich verankert und
vor allem durchgesetzt werden.
3.
Gleicher
Lohn für gleiche Arbeit wäre eine Grundvoraussetzung für eine neue
Wirtschaftsordnung..
4.
Bei
Arbeitsunfähigkeit wäre durch Sozialhilfen in jedem Fall eine menschenwürdige
Minimalversorgung zu garantieren.
5.
Die
Humanisierung des Arbeitsplatzes umfasst physische wie psychische Kriterien und
zwingt zum fairen Kompromiss zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Weil sich das „freie Spiel der Marktkräfte“ erwiesenermaßen nicht realisiert, bestenfalls eine Zeitlang eine heile Welt vorgaukelt, wären staatliche Kontrollmechanismen und Rahmenbedingungen auf demokratischer Basis zu erarbeiten. Sie hätten sich nicht nur am Status quo zu orientieren, sondern zeichneten auch verantwortlich für absehbare Folgen für die nachrückenden Generationen. In einer weitblickenden globalen Strategie bedeutet Wirtschaft auch immer einen gleitenden Generationenvertrag: Die Alten haben den Jungen eine intakte Welt zu hinterlassen. Bisher ist das nicht gelungen, wie Kriege, Hungersnöte, und Frevel an der Natur belegen. Gemeint sind mit Letzterem keineswegs die ideologisch herbeigeredeten Umwelt-Szenarien, sondern wissenschaftlich objektiv belegbare Fakten. Zum Status der Wissenschaft mehr im folgenden Kapitel.
III Bildung und
Kultur
Des Menschen Verstand bleibt nutzlos oder verfällt sogar der Destruktion, wenn es an Bildung mangelt – eine Binsenweisheit möchte man meinen.
Erst recht, wenn man bedenkt, wie häufig der Begriff
„Bildung“ in Gesellschaftsentwürfen und Parteiprogrammen auftaucht. Die globale
Situation der Menschheit attestiert dem höchstentwickelten Lebewesen eine
ernüchternde Bildungsbilanz, denn viel zu eingefleischt verwechselt man Bildung
mit Glauben, stellt Bildung unter die Knute von Werte- und Ehrbegriffen, die
keinem aufgeklärten Weltbild standhalten, die eine menschenunwürdige Ethik
untermauern.
Davon unberührt bleibt die enorme Leistungsfähigkeit der
loyalen und begabten Glaubensgefolgschaften, die im Dienste des jeweiligen
Wahns Grandioses hervorbringen: atemberaubende Kunst und erstickenden
Blutrausch.
Dieser fortwährende Gegensatz innerhalb und zwischen den
Glaubenssystemen, solche „Fertigkeiten“ in ideologischen Diensten markieren lediglich
magere Vorstufen von Kultur.
Bildung mit kosmonomischen Bezügen stellt den Menschen und
nicht Religion oder Ideologie in den Mittelpunkt. Im eher konservativen
Sprachgebrauch trifft der Ausdruck „Herzensbildung“ ziemlich genau, worum es
geht. Alle Anstrengungen gelten dem gedeihlichen Miteinander in einer starken
menschenwürdigen Gesellschaft, die sich aus selbstbewussten, aber auch
selbstkritischen Individuen zusammensetzt, begierig genug, für den Fortschritt
zu lernen und zu arbeiten, menschlich gereift, Fortschritt zu genießen und dem
Schwachen zu helfen.
Dass dies einen Idealzustand beschreibt, wird nicht
bestritten.
Die Gemeinschaft erfährt ihre Stärke durch die Vielfalt der
Begabungen und Talente. Gleichmacherei und Vermassung im Bildungswesen erweisen
sich als untauglich. „Studium für alle“ widerspricht biologischen, psychischen
und humanen Erkenntnissen. Daher sollte man ein dreigliedriges Schulsystem neu
entwickeln und für garantierte Durchlässigkeit bei entsprechenden Leistungen
sorgen.
Schule bedeutet ein Bekenntnis zur Leistung, zur Disziplin
wie zur erholsamen Freizeit. Ähnliches gilt auf höherem Niveau der
Eigenverantwortung für Universitäten, weshalb das Studium zum Wohle der
Studenten wie der Professoren von der inzwischen gängigen und gängelnden
Verschulung zu befreien wäre.
Eindeutig gehört Bildung nicht in den föderalen, regionalen
und auch kleinkarierten Zuständigkeitsbereich, sondern in eine zentrale
Abgestimmtheit einer humanen Gesellschaft.
Kultur und Bildung sollten der Freiheit der Schaffenden mit
der Einschränkung unterliegen, dass alles, was sich gegen den aufgeklärten
Menschen und gegen die Menschlichkeit aktiviert, also Destruktion und
Zerstörung intendiert, nicht als Kunst oder Wissenschaft gelten könnte. Der
demokratische Staat müsste einschreiten bei inhumanen Verstößen der
Wissenschaft. Ansonsten müsste die Wissenschaft frei entscheiden in ihren
Zielsetzungen, Methoden und Finanzierungsmöglichkeiten. Sowohl in staatlichen
wie in privatwirtschaftlichen Instituten und Universitäten wären ideologische,
religiöse und parteipolitische Einflussnahmen auszuschließen. Die
wissenschaftliche Verständigungsbasis ist das logisch-kausale Denken in
Verantwortung für alle Facetten des Lebens. Emotionalität, Psyche und Physis
sind logisch-kausale Forschungsdisziplinen, die geregelter Qualifikationen
bedürfen, um Irrlehren und Wunderglauben zu vermeiden. Es gibt keine
Wissenschaft auf Glaubensbasis.
IV Gesundheit und
Privatsphäre
„Gesundheit ist ein ansteckender Markt“, schrieb ich einst und charakterisierte so das kapitalistische Gesundheitswesen, das sich dem Geld vorrangig zuwendet und beispielsweise in Deutschland eine Zwei-Klassen-Medizin etablierte: Kassen- und Privatpatienten, letztere einträglicher für den Arzt, daher bevorzugt.
Ähnlich finanzorientiert stellt sich der Arzneimittelmarkt
dar, Pharmakonzerne diktieren Willkürpreise und gesunden an den Leiden der
Kranken. Darüber hinaus floriert eine Vermarktung abenteuerlicher Quacksalben,
vertrieben durch Apotheken, Drogerien und Reformhäuser.
Kontrollorgane einer echten Demokratie sind unverzichtbar.
Das gilt besonders auch für die Überwachung des Lebensmittelmarktes bezüglich
der gemeinhin unterschätzten Pantschereien der Lebensmittel-Chemie, ferner
besteht erhöhte Sorgfaltspflicht für
die gesamte Kunststoff-Industrie hinsichtlich strengerer Maßstäbe bezüglich
langfristiger Nebenwirkungen und
Gesundheitsverträglichkeiten.
Die Gesundheit ist ein nicht infrage zu stellendes
Privatrecht, solange niemand sonst dadurch gefährdet wird. Im Falle von Seuchen
und Ansteckungsgefahren muss ein objektiver, nicht nur propagierter Befund
vorliegen, um die Privatsphäre zum Schutz der Allgemeinheit oder auch des
Individuums selbst einzuschränken oder aufzuheben.
Gesundheit und Privatsphäre korrespondieren mit dem Recht
auf Leben, das in einem demokratischen Staat unter keinen Umständen
angetastet werden kann.
Aktuell erleben wir die Gefährdung der Privatsphäre vor
allem durch versagenden Datenschutz, es lässt sich aber für die Zukunft nicht
vermeiden, dass sich der „gläserne Bürger“ aufgrund der ungebremsten
Informatik-Entwicklungen mehr oder weniger zum Standard entwickeln wird.
Wer sich für uns interessiert, findet alle Daten; das ist
jetzt schon unser Schicksal. Entscheidend wird es sein, wie eine demokratische
Gesellschaft den Umgang mit den zur Verfügung stehenden Daten regeln wird.
Günstigenfalls könnte die entstehende Transparenz zu mehr Aufrichtigkeit
führen, eine wirkliche gesellschaftspolitische Fortentwicklung bedeuten.
Ich ziehe persönliche Konsequenzen daraus und vertrete die
kosmonome Philosophie in aller Offenheit und ohne „diplomatische“
Verklausulierungen. Dadurch bin ich für alle Interessierten berechenbar. Alle
Zeitgenossen wissen, dass ich, kosmonomisch bedingt, gewaltfrei allein auf die
Überzeugungskraft des wohl überlegten Wortes in seiner ungeschminkten Bedeutung
setze. Beispielsweise schreibe ich allen Scheindemokraten ins Gewissen: Frieden
meint wirklich Ausschluss von Krieg – ausnahmslos!
V Emanzipation
und Konfliktbewältigung
Emanzipation in einer post-kapitalistisch-kommunistischen Gesellschaft kehrt zurück zum eigentlichen Anliegen: Gleiches Recht für jeden Menschen. Jede Interpretation von Ausnahmefällen ist beabsichtigte Abkehr vom ethisch verbindlichen Wert. Religionen und Ideologien grenzen aus, verurteilen, foltern und töten, verbinden sich seit jeher mit dem Kapital.
Der Kapitalismus stellt die historisch siegreichste
Weltanschauung der Menschen dar, Menschen und Natur zu billigem Besitz zu
erklären; kein Konflikt, kein Krieg ist ihm unwillkommen, denn er verdient am
menschlichen Blut. Kapitalismus lebt vom Konflikt.
Aktuell kommt nun die Geldgier mit sich selbst in Konflikt,
überschuldet und orientierungslos schwimmend. Konfliktbewältigung gilt bisher
kaum als Kultur, man haut wie immer drauf. Irgendwo findet sich ein Feindbild,
das den Rüstungsumsatz anspornt. Dabei hat nie ein Weltverbesserer, schon gar
nicht als Politiker, sein Ziel erreicht.
Wozu also all das Streben?
Vor dem Hintergrund des unantastbaren Rechts auf Leben für
jeden Bürger steht die Menschheit vor der Herausforderung, das
Nicht-Tötungsgebot in der Realität konsequent einzuhalten. Allerdings kann sich
eine so ehrliche Moral weniger auf Religion und bisherige weltliche Ideologien
stützen, sondern vorzugsweise und sehr eindeutig auf logische Einsichten in
Humanität und Menschenwürde.
Nicht zu töten, heißt mit anderem Wort Gewaltfreiheit, meint
eine demokratische Streitkultur mit dem Ziel, Konflikte zu bewältigen, gerechte
Kompromisse zu finden, Emanzipation als höchstes gesellschaftspolitisches
Wertesystem mit den tatsächlichen Verhältnissen in Einklang zu bringen.
Der demokratisch verlogene Kapitalismus stellt in diesem
Sinne eine drastische Verirrung dar, eine definitive Ausweglosigkeit aus den
anschwellenden Problemen einer wachsenden Menschheit.
Langfristig können sich nur kosmonomische oder ähnliche,
nämlich menschenfreundliche und menschenwürdige Richtwerte behaupten.