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Freitag, 17. April 2020

Menschliches Glauben: „Häppchen“ (S. 79)


Dezember 1997

Göttliche Politprofis
     Radio Vatikan verkündet am 13.12.97 die Ratifizierung des polnischen Konkordats mit dem „Kirchenstaat“ und in dem Zusammenhang, dass sich die Kirche Polens künftig vermehrt aus der Politik heraushalten wolle. Eine gerissene Täuschung; übernimmt doch nun der Staat gemäß dem Konkordat bestimmte religiöse Vorgaben!

Sprachklippen
     Kanada, „The Edmonton Journal“, 3.12.97 berichtet, dass Chinesisch inzwischen die dritte Sprache Kanadas ist. Diese Entwicklung hänge mit 1.039.000 Menschen zusammen, die zwischen 1991 und 1996, weder Englisch noch Französisch sprechend, eingewandert seien. Die Kinder dieser Neukanadier würden das Schulsystem belasten. Man darf gespannt sein, wie das bevölkerungsmäßig kleine Kanada diese Klippe meistern wird.

 Auf dem Gipfel
     Der sogenannte Umwelt-Gipfel in Kioto ist vorbei und es war wieder einmal der Gipfel: Eigentlich gibt es kein Ergebnis, aber im amerikanischen Fernsehen dankt der US-Vizepräsident ausführlich den amerikanischen Konferenzteilnehmern, die der weisen Konzeption des alles beherrschenden Bill Clinton folgend für das amerikanische Volk und seine Wirtschaftsinteressen Herausragendes geleistet hätten.

Muss und müsste
     Die Grünen fordern in Deutschland Benzinpreise bis zu DM 5,-, damit die Umwelt geschützt werde. Man schütze uns vor so viel Dämlichkeit. Nicht der Bürger darf zur Kasse gebeten werden, sondern die Industrie muss endlich die technisch längst möglichen sparsamen Motoren liefern. Doch da müssten die inzwischen längst verfilzten Alternativsocken sich mit dem Establishment anlegen, vielleicht ihre eigenen Aktienbeteiligungen gefährden.

Rechts um!“
     Mannhaft reist Soldatenminister Rühe zur Truppe, um den durch Rechtslastige und Gedankenlose angerichteten Schaden einzudämmen. Dabei merkt der Mann nicht, wie er durch sein eigenes Gehabe und Gerede vor der Kamera soldatisch kurios wirkt. Und er nimmt auch nicht wahr, dass es weniger seine Truppe ist, die das rechte Gespinst webt, sondern Medien, die geradezu manisch noch jeden Blödsinn bedeutungsvoll hochhieven. Die rechte Gefahr geht in der Bundesrepublik Deutschland nicht von einfachen Soldaten oder pubertierenden Schülern aus, sondern von Machern in den politischen und wirtschaftlichen Schaltzentralen.

Kult zum Winteranfang
     Eine junge Frau rief mich an, weil sie für ihren Wohnort Minden die genaue Mondaufgangszeit zum Winteranfang wissen wollte. Mit weiteren Mitgliedern einer Reiki-Gruppe sollte ein aus Peru kommender Kult praktiziert werden, denn es gäbe nur wenige „heilige Tage“ im Jahr, an denen der Kosmos offen sei für positive Gefühle und Gedanken bezüglich des Einzelmenschen wie der ganzen Welt. Die Anruferin konnte angeblich zwar meine aus der Sicht des Naturwissenschaftlers getätigten skeptischen Einwände verstehen, aber man könne die anderen Weisheiten doch auch nicht ausschließen. Na schön, denke ich, fast an allen Volkshochschulen gibt es Reiki-Gruppen – die Saat geht auf!

Oh Gott, Placido!
     Das Bayerische Fernsehen wiederholte jetzt eine Sendung des WDR über den Startenor Placido Domingo. Zweifelsfrei hat eine solche Persönlichkeit Weisheiten zu allen Bereichen des Lebens parat und so äußerte er sich etwa wie folgt: Wir sollten an das Geheimnis des Lebens denken, es müsse einen Gott geben. Natürlich würde er beten: zur Hl. Cäcilia, der Schutzpatronin der Musik, und zum Hl. Blasius, dem Schutzheiligen der Kehle.
     Ein brillantes Beispiel, wie der an sich schon unschlüssige Glaube an einen persönlichen Gott immer wieder abgleitet in albernen Heiligenaberglauben.

Und wozu noch Aufklärung?
     Immer wieder werde ich mit dieser skeptischen Frage konfrontiert. Die Antwort ist plausibel: Auch die durchaus vorhandenen tatsächlich nachdenkenden Mitbürger müssen immer wieder erfahren, dass sie nicht alleinstehen im Sumpf der Vergeistigung. Auch wir Skeptiker sind auf menschliches Miteinander, auf das Echo untereinander angewiesen, denn Einzelgänger werden allzu schnell zu absonderlichen Käuzen. Deshalb muntere ich auf, wirksam zu werden im eigenen Umfeld, aber auch in der Öffentlichkeit. Alle meine Beiträge dürfen bei exakter Quellenangabe als Zitate verwendet werden. Im Übrigen unterstreiche ich meine Hoffnung, dass der menschliche Verstand noch nicht „offenbarungsmäßig“ unterlegen ist.


© Raymond Walden



Mittwoch, 15. November 2017

Sequenzen von Skepsis (284)

Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

3653
In großem Stil liefert man Waffen an Despoten, die ganze Völker mit Hunger und Krieg überziehen, gleichzeitig ruft man in scheindemokratischen Appellen zu Spenden für die Darbenden und Sterbenden auf.
Die so Genötigten nennen die Anführerin dieser ihrer Regierung „christlicher Werte“ vertrauensselig „Mutti“!

3654
Aus der Sucht gibt es nur ein Entkommen: sauberen und endgültigen Bruch mit dem Jenseits.

3655
Die Kirche sollte sich des Konkordats schämen, das sie mit Nazis aushandelte, um heute unverändert daran festzuhalten.
Doch wo kein Unrechtsbewusstsein, da herrscht „Gott“.

3656
Je tiefer die Menschen in geistige und physische Dunstschleier eintauchen, desto klarer kristallisieren sich die Parameter des Kosmonomischen Manifests.
Doch kein Wachstumsfanatiker in seinem Nebel, Staub und Gestank verfügt über ein freies Gesichtsfeld.

3657
Kein Lügensystem anerkennt die Wahrheit über sich, mehr noch, es wird sie vehement verhindern.

3658
Widerhaken auf der Zunge dokumentieren die aggressive Verrottung des Gehirns.

3659
Hinter all dem ungestillten Hunger stehen geistige Fehlleistungen und Unterlassungen, oft verschuldet durch gefräßige, aber nur scheinbar Unbeteiligte.

3660
Jede erdenkliche Folter, Hexenjagd, Inquisition dauert fort, findet statt unverändert grausam vernichtend, angereichert nur mit modernen Methoden hinterhältigster Systematik mit ausgeklügeltster Täuschung und Verschwiegenheit und ebensolcher Dreistigkeit, mit welcher der sogenannte freiheitliche Westen solche Verbrechen nicht nur deckt, sondern ermöglicht, herbeiführt und sogar selbst begeht.

3661
Als “Jäger und Sammler“ versagt der Interimsmensch, denn er jagt Termine und wie eh und je Säue durchs Dorf, er sammelt Daten und Fälschungen, kaum sich selbst.
Er jagt dem Sammeln von Belanglosigkeit nach und sammelt Jagdtrophäen beliebiger Wertlosigkeit, denn er jagt und sammelt weder die Erkenntnisse der Aufklärung, noch den behaglichen Komfort der Empathie.

3662
Totschweigen, verleumden, wegsperren, quälen, geistig und physisch töten.
Das ist die Leiter des Leidens, die ihre Verankerung findet in Gottheiten, Abgöttern, goldenen Hieroglyphen und schäbigen Menschen als Herrscher und als willfähriges Lakaiengefolge: der Interimsmensch in der rohesten Ausfertigung.
Aber! Wer, wer schon fühlt sich überhaupt auch nur tangiert in seinem komfortablen schweigenden Zusehen und Zuhören?


© Raymond Walden