Dezember
1997
Göttliche
Politprofis
Radio
Vatikan verkündet am 13.12.97 die Ratifizierung des polnischen
Konkordats mit dem „Kirchenstaat“ und in dem Zusammenhang, dass
sich die Kirche Polens künftig vermehrt aus der Politik heraushalten
wolle. Eine gerissene Täuschung; übernimmt doch nun der Staat gemäß
dem Konkordat bestimmte religiöse Vorgaben!
Sprachklippen
Kanada, „The Edmonton Journal“,
3.12.97 berichtet, dass Chinesisch inzwischen die dritte Sprache
Kanadas ist. Diese Entwicklung hänge mit 1.039.000 Menschen
zusammen, die zwischen 1991 und 1996, weder Englisch noch Französisch
sprechend, eingewandert seien. Die Kinder dieser Neukanadier würden
das Schulsystem belasten. Man darf gespannt sein, wie das
bevölkerungsmäßig kleine Kanada diese Klippe meistern wird.
Auf
dem Gipfel
Der
sogenannte Umwelt-Gipfel in Kioto ist vorbei und es war wieder einmal
der Gipfel: Eigentlich gibt es kein Ergebnis, aber im amerikanischen
Fernsehen dankt der US-Vizepräsident ausführlich den amerikanischen
Konferenzteilnehmern, die der weisen Konzeption des alles
beherrschenden Bill Clinton folgend für das amerikanische Volk und
seine Wirtschaftsinteressen Herausragendes geleistet hätten.
Muss
und müsste
Die
Grünen fordern in Deutschland Benzinpreise bis zu DM 5,-, damit die
Umwelt geschützt werde. Man schütze uns vor so viel Dämlichkeit.
Nicht der Bürger darf zur Kasse gebeten werden, sondern die
Industrie muss endlich die technisch längst möglichen sparsamen
Motoren liefern. Doch da müssten die inzwischen längst verfilzten
Alternativsocken sich mit dem Establishment anlegen, vielleicht ihre
eigenen Aktienbeteiligungen gefährden.
„Rechts
um!“
Mannhaft
reist Soldatenminister Rühe zur Truppe, um den durch Rechtslastige
und Gedankenlose angerichteten Schaden einzudämmen. Dabei merkt der
Mann nicht, wie er durch sein eigenes Gehabe und Gerede vor der
Kamera soldatisch kurios wirkt. Und er nimmt auch nicht wahr, dass es
weniger seine Truppe ist, die das rechte Gespinst webt, sondern
Medien, die geradezu manisch noch jeden Blödsinn bedeutungsvoll
hochhieven. Die rechte Gefahr geht in der Bundesrepublik Deutschland
nicht von einfachen Soldaten oder pubertierenden Schülern aus,
sondern von Machern in den politischen und wirtschaftlichen
Schaltzentralen.
Kult
zum Winteranfang
Eine
junge Frau rief mich an, weil sie für ihren Wohnort Minden die
genaue Mondaufgangszeit zum Winteranfang wissen wollte. Mit weiteren
Mitgliedern einer Reiki-Gruppe sollte ein aus Peru kommender Kult
praktiziert werden, denn es gäbe nur wenige „heilige Tage“ im
Jahr, an denen der Kosmos offen sei für positive Gefühle und
Gedanken bezüglich des Einzelmenschen wie der ganzen Welt. Die
Anruferin konnte angeblich zwar meine aus der Sicht des
Naturwissenschaftlers getätigten skeptischen Einwände verstehen,
aber man könne die anderen Weisheiten doch auch nicht ausschließen.
Na schön, denke ich, fast an allen Volkshochschulen gibt es
Reiki-Gruppen – die Saat geht auf!
Oh Gott, Placido!
Das
Bayerische Fernsehen wiederholte jetzt eine Sendung des WDR über den
Startenor Placido Domingo. Zweifelsfrei hat eine solche
Persönlichkeit Weisheiten zu allen Bereichen des Lebens parat und so
äußerte er sich etwa wie folgt: Wir sollten an das Geheimnis des
Lebens denken, es müsse einen Gott geben. Natürlich würde er
beten: zur Hl. Cäcilia, der Schutzpatronin der Musik, und zum Hl.
Blasius, dem Schutzheiligen der Kehle.
Ein
brillantes Beispiel, wie der an sich schon unschlüssige Glaube an
einen persönlichen Gott immer wieder abgleitet in albernen
Heiligenaberglauben.
Und
wozu noch Aufklärung?
Immer
wieder werde ich mit dieser skeptischen Frage konfrontiert. Die
Antwort ist plausibel: Auch die durchaus vorhandenen tatsächlich
nachdenkenden Mitbürger müssen immer wieder erfahren, dass sie
nicht alleinstehen im Sumpf der Vergeistigung. Auch wir Skeptiker
sind auf menschliches Miteinander, auf das Echo untereinander
angewiesen, denn Einzelgänger werden allzu schnell zu absonderlichen
Käuzen. Deshalb muntere ich auf, wirksam zu werden im eigenen
Umfeld, aber auch in der Öffentlichkeit. Alle meine Beiträge dürfen
bei exakter Quellenangabe als Zitate verwendet werden. Im Übrigen
unterstreiche ich meine Hoffnung, dass der menschliche Verstand noch
nicht „offenbarungsmäßig“ unterlegen ist.
©
Raymond Walden
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