Mittwoch, 24. Juli 2013

Sequenzen von Skepsis (144)


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:

1826
So jung erst auf der Welt: die Menschheit.
Sie hat keine Eltern im Reich der toten Mineralien
und auch nicht in der belebten Natur.
Ein Findelkind der Evolution,
orientierungslos suchend
Wärme und Geborgenheit,
im Unverständnis das Gegenteil erzeugend.

1827
Diplomatie kaschiert die gemeine Gewöhnlichkeit.

1828
Kirchturmuhren schlagen die Zeit tot und läuten unmögliche Ewigkeit ein.

1829
Nicht erkannt zu werden, aber bekannt zu sein, ist vielleicht die reizvollere Art von Berühmtheit.

1830
Wie gedankenlos muss man sein, Politikern zuzujubeln, sich so zu demütigen!

1831
Ganz leicht wird in einer Biedermeier-Gesellschaft sexueller Kontakt zum Verhängnis, denn auch nackte Boulevardzeitungsbusen dienen wie die Burka der systematischen Verschleierung und keineswegs einer sexuellen Befreiung.

1832
Wer seinem Unsinn Gewicht verleihen möchte, lässt eine Studie anfertigen. Die sagt dann, was man will.

1833
Es gibt ein überschäumendes Glück,
es ebbt ab wie jede Perle des Schaumes.
Es gibt ein Glück, das währt,
während es nachdenklich stimmt bis zum Tod
und bei den Überlebenden darüber hinaus.
Denn Glück hängt am Leben
und das Leben an ihm,
wenngleich so oft so unglücklich.

1834
Wenn dich die Fliege an der Wand stört, bürdet sie mir viel Geduld mit dir auf.

1835
Bestechliche Ärzte gelten als gesund im kapitalen Krankheitswesen.

1836
Terrorismus entsteht durch geistige Verblendung, durch gefesselte Gedankenfreiheit, die sich in ihren Erleuchtungen bricht und sich jeder Götterdämmerung beugt.

1837
Mit jedem Spitzel onaniert die Niedertracht, im Geheimdienst lenkt der Masochist die Voyeure.

1838
Es gibt Grenzkontrollen, wo ich mir selbst die Einreise verweigere.



© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com

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