Donnerstag, 23. Dezember 2021

Jedes Körnchen ist Wahrheit

 


Angst, Panik, Chaos, Hysterie und Hass erzeugen immer wieder ihresgleichen und bedeuten auf Dauer ein untrügliches Zeichen, dass die Gegenwart sich selbst zerstört und die Zukunft frisst.

Die Nachrichten, unsäglich unerträglich, abgeschaltet, ehe der Verstand im Wirrwarr „alternativlos“ erkaltet und das vornehmliche, geheuchelte Miteinander endgültig zerbrochen ist.

In einem Traum treffe ich Immanuel Kant, Sie wissen schon, den mit dem Erkühnen zum Gebrauch von Verstand.

Ich fragte: „Wie rafft man sich auf zu diesem Einsatz, wenn kein Verstand vorhanden?“

Er saß in Kaliningrad, dem alten Königsberg, am Strand im Sand, nahm immer wieder voll die Hand und ließ die feinen Körner durch die Finger gleiten. Sein müder, aber ungebrochener Blick blieb in der Ferne unverwandt, als er zweifelnd sprach:

Es zerrinnen uns die Zeiten, zu viele sind wir, auf die sich zu wenig Verstand verteilt. Denn Aufklärung ist nicht wandelbar verhandelbar, Demokratie erfordert Stimmberechtigte, nicht Stimmbestochene, noch Stimmbeschenkte, Kinder gar. Um Verstand reifen zu lassen, braucht es Besinnung, nicht im kleinkarierten Feiertagsgesäusel regionaler Merkwürdigkeiten und ideologischer Kleinkopfigkeiten, sondern im kosmischen Maßstab, den man sich lernend erarbeite und nicht durch Glauben, Hoffen und Fürchten definiere.“

Da erhob sich der weise alte Mann, lächelte mir zu und gab mir seine Hand voll Sand: „Jedes Körnchen ist Wahrheit“, zwinkerte er mit seinen unverhofft glänzenden Augen.

Und ich erwache – nicht nur aus meinem Traum.

 

 

 

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