Sprache
bildet ab, dich und deine Bildung.
Der
Mensch, mein imaginärer Freund, ist Sprache, denn er definiert sich über sie.
Seine Kommunikation, der Informationsaustausch, Kenntnisein- und –ausgänge, die
Verinnerlichung, Be- und Verarbeitungen, das eigene Denken, die Schaffung eines
Selbstbewusstseins und einer Weltanschauung, das Erfassen des Seins beruhen auf
dem Gebrauch von Sprache, einer grandiosen und faszinierenden Kulturleistung
gegenüber den in der Tierwelt üblichen Verständigungsmöglichkeiten.
Du,
mein Freund, bist Subjekt, Prädikat und Objekt mit all den adverbialen
Bestimmungen des Ortes, der Zeit, des Grundes, der Art und Weise, des Zwecks
und der Häufigkeit. Du selbst stehst in der Frage und Antwort, direkt, indirekt
und suggestiv. Die Aufforderungen und Befehle betreffen dich wie die
Erzählungen in allen Zeiten, in der indikativen Realität wie im Konjunktiv und
im Konditional, du solltest folgern, erörtern, dialektisch argumentieren.
Dazu
brauchst du einen Wortschatz, du bedarfst eines Satzbaus, einer Grammatik.
Sprechen, lesen – auch zwischen den Zeilen – und schreiben – richtig schreiben
– musst du können, zuhören und verstehen.
Deine
Artikulation wird begleitet durch Mimik, durch Körpersprache, durch Tonfall,
Lautstärke, Gefühle und Temperament.
Sprache
motiviert dein Wissen, dein Üben, Lernen und Können, sie führt heran, verführt
mitunter, ist Ausdruck von Liebe und Abneigung, von Freude und Kummer, von
Leidenschaft und Begeisterung, von Leid und Trauer.
Sprache
verbreitet auch Irrtum und Glauben, Ideologie und Hass, das muss man wissen.
Sprachlosigkeit kündigt jeder Intelligenz, vor allem in Parlamenten und auf
Parteitagen, aber auch im alltäglich Kleingedruckten.
Humanität,
Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Würde sind sprachliche Manifeste mit
realer Über- und Umsetzung. In der Sprache erwächst die Dramaturgie der
Freiheit. Ohne Sprache schlägt das Schicksal zu und führt widersinnig und
sinnlos Krieg.
Glücklich
die Mehrsprachigen, die den wahren Zauber von Sprache interkulturell begründen
und erleben können!
Und
du, mein imaginärer Freund?
Du
„chattest“ und „twitterst“?
Trommelst
auf Tastaturen?
Brauchst
auch deinen täglichen „Tatort“ der Gewalt!
Hast
du dich wirklich aufgegeben?
Zurück
in Zeiten des Analphabetentums?
Belebe
dich und die Sprache.
Erhebe
dich vom Flachschirm, komm zurück aus deinen Netzwerken und schaue Menschen in
die Augen!
Sprich
mit ihnen! In ganzen, richtigen und schönen Sätzen.
Geborgenheit
und Fähigkeit kommen im Verstehen.