August 1997
Der Bombenleger von Oklahoma City ist zum Tode durch eine Giftspritze verurteilt und die amerikanische Bevölkerung, voran ihr Präsident, ist zufrieden. Denn was kann man einer solchen Bestie von Mensch Besseres wünschen als den Tod, zur Strafe für ihn und als Rache für die zahlreichen Todesopfer, die der Mörder auf dem Gewissen hat? Und gemäß dieses gesunden Empfindens der Volksseele haben denn auch die Geschworenen geurteilt.
Ja, Amerika ist ein wehrhafter Rechtsstaat, die Justiz ist hier noch (oder wieder) in Ordnung. Dies zeigt sich auch immer dann, wenn kriminelle Reiche sich ihre Freiheit erkaufen, während Minderbemittelte ohne viel Federlesen in der Todeszelle landen. Es wird auch deutlich in neuartigen Strafen, die zum Beispiel einen Bankbetrüger am Straßenrand öffentlich an den Pranger stellen (mit einem großen Schild um den Hals: "Ich bin ein überführter Bankbetrüger").
Die amerikanische Politik wie die Justiz scheinen mir in einen immer schwindelerregenderen Religionsstrudel zu geraten, der nicht humane und menschenwürdige Philosophie fortentwickelt, sondern die Gesellschaft hinabzieht in ein ewig gestriges „Aug um Auge, Zahn um Zahn".
© Raymond Walden
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