März
1995
Es
hilft keine ethische Beschönigung, Soldaten dienen den jeweiligen
Regierenden seit jeher zur gewaltsamen Durchsetzung ihrer Ziele.
Soldaten: Tötende und selbst
Sterbende auf Kommando, dazu gezwungen von zumeist Sonntagsreden
haltenden, über Leichen gehenden „Volksführern“,
„Volksvertretern“. Nichts in diesem Szenario hat etwas mit
Verstand oder Menschenwürde gemeinsam. Jeder Staat, der heute seine
Bürger zur Wehrpflicht zwingt, offenbart sich als System der
Menschenverachtung, und jeder, der stattdessen den Zivildienst
zulässt, neuerdings auch die Schweiz, muss sich fragen lassen, warum
der Dienst am Menschen länger dauert als der mit der Waffe.
Aber
üben wir keine falschen Schuldzuweisungen. Kaum ist das Militär ein
Kriegsgrund. Kriege entstehen durch ideologisch-religiöse
Verblendung, durch exzessive Raffgier, durch Waffenproduzenten,
Waffenhändler und durch Korruption. Deutschland wie viele andere
Staaten „sichert Arbeitsplätze“ durch Waffenexporte, praktische
und sehr wirksame Tötungspotenziale. Der christliche Kanzler wie
seine sozialistischen Vorgänger, der eine in der „Gnade der späten
Geburt“, der andere geläuterter Wehrmachtsuniformträger, ein
wiederum anderer norwegischer Uniformträger, sind, ähnlich ihren
internationalen Kollegen, von einer Finanzoption zur anderen
geschwommen und getrieben. Und wen kümmert da ihr Geschwätz von
gestern? Allein, das heutige Friedenspalaver wird immer
unerträglicher.
Ich
freue mich über die vielen jungen Menschen, die sich dem Wehrdienst,
der Nötigung zum Krieg, verweigern. Hoffentlich entspringt dieser
Widerstand heute nicht nur der Bequemlichkeit. Denn viel schwerer
hatten es die ca. 130.000 Wehrmachtsdeserteure, die auf Veranlassung
der seinerzeitigen Militärgerichtsbarkeit zumeist kurz und bündig
hingerichtet wurden. Die wenigen Überlebenden kämpfen in unserem
Staat bisher vergebens um Rehabilitation. Man vergegenwärtige sich:
Weil sie sich dem Hitler-Wahnsinnskrieg verweigert haben, gelten sie
heute noch als vorbestraft. Das ist das wahre, dem gestrigen
Militärdenken verhaftete Friedensbild des Deutschen Bundestages, der
jetzt erneut den Opfern die Wiederherstellung der Ehre und damit
Wiedergutmachung versagt hat.
©
Raymond Walden