Etwas zu entziffern, erfüllt noch nicht das Kriterium des Lesens, denn dieses umfasst vor allem auch das Verstehen, nicht das oberflächliche Überfliegen, sondern nachvollziehendes Verinnerlichen und entsprechendes eigenes Beurteilen, je nach Bildung ganz subjektiv oder auch objektiv.
Verständiges Lesen setzt Semantik voraus, das Kennen der Wortbedeutung und der sprachlichen Zeichen. Darüber hinaus spielen Wortwahl, Satzbau, Satzmelodie eine Rolle wie auch Satzzeichen und Äußerlichkeiten etwa der Schriftart, Zeilenumbrüche, Absätze, Anführungszeichen und Unterstreichungen. Schließlich fällt Bedeutung auch dem Gedanklichen „zwischen den Zeilen“ zu, dem versteckt Gesagten oder dem durch Nichtgesagtes wohl „Erwähnten“, Angedachten.
Erst das Verstehen ermöglicht ein sinnvolles Lesen, im Falle des Vorlesens verdeutlicht in der Interpretation durch Betonung, Stimmvariation, Gedanken- und Atempausen, Lautstärke und besonders Artikulation – alles sehr subjektiv, der Persönlichkeit, vielleicht auch der gegenwärtigen Verfassung des Lesers gemäß.
Das Lesen stellt eine tragende Kulturtechnik dar, gilt als eine Grundvoraussetzung für Bildung und Zivilisation. Je nach Begabung ist der Erwerb des Lesenkönnens mit einiger Mühe verbunden, daher sollten Kinder in der Vorbereitung auf ihr künftiges Leben beizeiten, das Interesse weckend, herangeführt und motiviert werden.
Vielerlei Kompetenzen erwachsen aus verständigem Lesen; eine Gesellschaft und besonders ihr Bildungssystem sind daran zu messen.
Eltern und Erzieher stehen in einer humanen Pflicht, aus der sie keine, wie auch immer geartete Ideologie entlassen darf!
Dies ist freilich eine idealistische Forderung angesichts geschädigter Elternhäuser und versponnener amtlicher Pädagogik.
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