Donnerstag, 15. Juli 2010

Sequenzen von Skepsis (38)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:


436
In der Infragestellung meines Ichs reicht mir niemand das Wasser. Aber ich kann schwimmen und dann vor allem stehen.

437
Die Kreativität in der Begeisterung kann nur der Begeisterungsfähige erzeugen.

438
Nackte Arme, empor gereckt, haben eine Faszination. Besuchen Sie einmal ein Rock-Konzert!
Revolutionäre hatten zumindest die Arm-Ausrichtung schon emotional erkannt.
Das ganze Gehirn in den Arm! Glücklicherweise lockert jedes Konzert die Armhaltung. Ein Rest von Gleichschaltung beschleicht mich dennoch.

439
Tage, die man noch einmal erleben möchte, scheinen so rar, dass es sich wohl doch um Stunden handelt.

440
Die sexuell „verführte“ Gesellschaft vermarktet Lust, auch in illegalen Geschäften und erpresst sich im Zwielicht einer sexuellen Verkommenheit zur Liebesunfähigkeit.

441
„Erzeuge schlechte Gewissen und regiere rigoros skrupellos!“ ist der erste Hauptsatz aus der „Philosophie des Interimsmenschen“.

442
Manche Orte sind einfach nur Dogma, theoretische schwarze Löcher.

443
„Ehrfurcht“ – welch eine Wortkonstruktion. Aufgrund von Furcht soll Ehre bekundet werden, wem gegenüber? Ehre, wem sie gebührt, also Ehrerweisung, Anerkennung, Achtung, Bewunderung, „Verehrung“!
„Furcht“ in dem Zusammenhang ist nichts als ein religiöses Druckmittel à la „Gottesfurcht“.
Der Natur gegenüber ist „Ehrfurcht“ geradezu lächerlich. Sie ist grandios, Leben erzeugend und vernichtend, sie ist moralisch wertneutral. Sie zu bewundern, besser noch zu berechnen, um ihre Gefahren menschenwürdig zu mildern, ehrt den Menschen.

444
Pestbeulen der Erdoberfläche brechen auf in Mega-Städten, die man irrtümlich für zivilisatorischen Fortschritt hält. Waren es früher die Höhen von Kirch- und Moscheetürmen, sind es heute die Wolkenkratzer der Blutsauger. Blut fließt in Strömen wie Öl und ist dennoch unbezahlbar.

445
Der Interimsmensch beschreibt sich durch absolutistische Herrschaft weniger Anführer und unbedingte Unterordnung der Massen, die das jedoch auch in euphorischem Starkult und in demütiger Bescheidenheit akzeptieren. Im Evolutionsprozess lässt sich daher keineswegs von einer Schuld des Interimsmenschen sprechen. Herrscher wie Beherrschte können nicht weiter denken. Freilich gibt es innerhalb dieser Beschränktheiten schwere Schuld. Das gesamte Interimssystem basiert auf Schuld, Sühne, Rache. Ganz am Rande schimmern auch Vergebung und Menschenwürde quasi als Brücken zum neuen Menschen.

446
Jedes gesund geborene Kind verfügt über die Optionen des neuen emanzipatorischen Menschen, wenn es denn eine entsprechende Umwelt anträfe und nicht in eine Indoktrination von der Taufe an. Das Potenzial ist angelegt.
Doch die Eltern kommen aus einer überkommenen, unterwerfenden Erziehung und ebenso in der Regel alle Bezugspersonen. Der neue Mensch steht bildlich am Start, es erfüllen sich bereits Startbedingungen hier und jetzt. Wenn auch noch selten und eher unbemerkt beginnt der evolutionäre Aufstieg.

447
Einst beneidete man die Deutschen um ihren „Kindergarten“ als freiheitliche Sozialeinrichtung, man übernahm das Wort ins Englische. Heute haben die Deutschen keine Zeit mehr für einen so langen Ausdruck. Sprachverhunzend verwenden sie das Kürzel KiTa (Kindertagesstätte) und verschleiern mit diesen gepriesenen Verwahrungsanstalten ihre Abneigung gegen Kinder, die den eigenen Verwirklichgungs-Ambitionen lästig im Wege stehen.
Umso ehrbarer die Arbeit so vieler engagierter KiTa-Träger und Mitarbeiter!

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© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com

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