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Samstag, 28. Februar 2015

Nichts Neues von der östlichen Front


von Daniel Dragomirescu, Bukarest


   Nichts ist für Experten und für die interessierte Öffentlichkeit aufschlussreicher als die Geschichte des großen Staates im Osten. Obwohl er sich selbst als humanistisch und pazifistisch erklärte, war die UdSSR – wie heute in zahlreichen Dokumenten ersichtlich – direkt verantwortlich für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, aber da das totalitäre Nazi-Regime das Spiel verlor, erklärt sie Deutschland allein für schuldig.
Auf ähnliche Weise war in der Vergangenheit, bedingt durch das System der Allianzen, das Zaristische Reich zusammen mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich gleichermaßen für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges verantwortlich.

   In Wirklichkeit war und ist Russland das große Paradox der modernen Welt, beginnend mit der Ära des illustren Gründers, Zar Peter dem Großen. Es ist ein Land mit ernsten wirtschaftlichen und sozialen Problemen, ein Land, das unfähig ist, sich selbst mit Verstand und Effektivität zu organisieren und das irgendwie eine Lösung fand, seine fortdauernde innere Krise durch territoriale Ausweitung in den immensen eurasischen Raum, wo es auf keinen unbesiegbaren Widerstand traf, während ungefähr zwei Jahrhunderten zu bewältigen, es gelang ihm, sich westwärts bis zur Weichsel, zum Prut-Fluss und zum Schwarzen Meer auszudehnen und am anderen Ende des Landes das Eismeer zu erreichen und sogar über die Behring-Straße hinweg, in Nordamerika, Alaska für einige Zeit zu annektieren. Aber diese enorme imperialistische Struktur war wackelig im Innern und wurde zermalmt durch gewaltige Widersprüche, die sehr eindringlich in der großartigen russischen Literatur erfasst wurde: „Warum, junger Mann, bleiben Sie im Widerstand?“ fragte angeblich ein Vertreter des zaristischen Regimes indem er den jungen Lenin tadelte. „Es ist eine
unstabile Wand“, antwortete angeblich der bolschewistische Führer, „es reicht, sie anzustoßen, um sie zum Einsturz zu bringen“. Er hatte Recht.

   Aber, abgesehen von Trugbildern, Propagandafilmen und Büchern, schaffte es das sowjetische Russland auch nicht, Russland in einen wirklich modernen funktionierenden Staat umzuformen, so suchte die UdSSR weiterhin Lösungen für all ihre internen Krisen durch Expansion und Aggression, genau wie das alte zaristische Reich. Hätte der Zweite Weltkrieg nicht stattgefunden, wäre das sowjetische Reich implodiert und wegen seiner sozialen, wirtschaftlichen wie politischen Lebensunfähigkeit (unter anderem litt es unter Mangelwirtschaft und erstickender Bürokratie) zusammengebrochen. So war die UdSSR, unbedroht durch einen Zerfall in Nationalstaaten, in der Lage, ihre Existenz für zwei weitere Generationen zu verlängern. Die Aufspaltung wäre geschehen, hätte die UdSSR die Deutschen nicht bei Moskau, Stalingrad und Kursk geschlagen. Die Fortdauer war begründet in gigantischen Reparationen, welche die UdSSR von den besiegten Ländern wie Deutschland, Finnland, Ungarn und Rumänien erhielt, und durch die wirtschaftliche Ausbeutung aller Länder unter dem „sozialistischen Schirm“ (man erinnere sich an die rumänischen SovRoms (sowj./rum. Unternehmen unter russischer Federführung)
und die übertragbare vom Rubel dominierte CMEA (Council for Mutual Economic Assistance, 1949-1991; siehe auch Comecon. Erkl. in Klammern, der Übersetzer)

   Schließlich verschwand 1991 die geschwächte UdSSR, aber erhielt eine enorme monetäre Belohnung (in D-Mark) von Helmut Kohl für den Abzug der Besatzungstruppen aus der früheren DDR. Aber statt die Gunst der Situation zu nutzen und das Geld in die Modernisierung und die sozial-ökonomische Effektivität zu investieren, um den russischen Bürgern westeuropäische Lebensstandards zu ermöglichen, steckten russische Oligarchen alles in ihre Taschen.

   Es ist wahr, dass die alten Übel und Widersprüche des großen östlichen Staates wieder alarmierende Proportionen erreicht haben, sodass Vladimir Putin genötigt ist: a) entweder den Staat radikal zu reformieren und durch eine gute Regierung einen Lösungsweg für all die Probleme Russlands zu finden oder b) das alte moskowitische Politsystem zu beleben – mit der Bedeutung, dass er all die anstehenden Probleme seines Staates durch Wiederherstellung und Ausbeutung der verlorenen Territorien zu lösen sucht und möglicherweise weitere prosperierende Territorien außerhalb der ehemaligen UdSSR zu annektieren trachtet, sogar weiter westlich und südlich. Natürlich würde das mit Sicherheit in den Dritten Weltkrieg führen.

   Wer immer Russland als einen Riesen auf tönernen Füßen beschrieb, lag nicht falsch. Es hat eine große staatliche Struktur, die, im Gegensatz zu ihren Vorteilen, Lebensunfähigkeit, Unzuverlässigkeit, innere Instabilität aufweist und es schafft zu existieren, indem sie eine riesige Militärmacht unterhält, ihre scheinbar unversiegbaren natürlichen Ressourcen exportiert und beständig Länder mit Waffen versorgt, um Bevölkerungen und Nationen zu beeinflussen, wo langfristige Konfliktsituationen herbeigeführt werden, die bis heute Millionen von Toten zur Folge hatten.

Übersetzung: Raymond Walden


Donnerstag, 26. Februar 2015

NOTHING NEW ON THE EASTERN FRONT


by Daniel Dragomirescu, Bucharest

    
   Nothing is more instructive for experts and for the interested public than the history of the great state from the East. Although it proclaimed itself to be humanist and pacifist, the USSR was – as shown in many documents today – directly responsible for the outbreak of World War II, but since the Nazi totalitarian regime lost the game, it blames it all on Germany. Similarly, in the past, the Tsarist Empire, along with Austria-Hungary and the German Empire, was equally culpable, because of the system of alliances, for the outbreak of the First World War.

   In reality, Russia was and is the great paradox of the modern world, starting with the era of its illustrious founder, Tsar Peter the Great. It is a country that has serious economic and social problems, a country that is unable to organize itself through reason and effectiveness and that somehow found a solution to its perpetual internal crisis through territorial extension in the immensity of the Eurasian space, where it didn’t face any invincible resistance, therefore, in about two centuries, it managed to extent itself westward to the Vistula, Prut and the Black Sea, and, on the other side of the country, to reach the Frozen Ocean and even go beyond the Bering Strait, in North America, annexing Alaska as well for a period of time. But this entire formidable imperial structure was shaky inside and crushed by the huge contradictions that were captured very well by the great Russian literature: “Why do you keep trying to resist, young man?” allegedly said an exponent of the tsarist regime, rebunking young Lenin. “It’s a flimsy wall”, allegedly replied the Bolshevik leader, “it’s enough to push it as to collapse”. It was true.

   But Soviet Russia also failed, beyond appearances and propaganda films and books, to truly make Russia a modern, functioning state, so USSR continued to seek solutions to all its internal crisis through expansion and aggression, just like the old tsarist empire did. If the Second World War had not occurred, Soviet empire would have imploded and would have collapsed due to its lack of socio-economic and political viability (among other things, it had an underperforming economy and stifling bureaucracy). So USSR, sheltered from the threat of its division into national states, a division that would have occurred, if it had not defeated the Germans in Moscow, Stalingrad and Kursk, was able to prolong its existence for two more generations, due to the huge reparations that it received from the defeated countries like Germany, Finland, Hungary and Romania and the economic exploitation of all the countries in the “socialist camp” (do you remember the Romanian SovRoms and the transferable ruble-dominated CMEA?).

   In 1991, at last, the weakened USSR passed away, but received a huge monetary reward (in Marks) from Helmut Kohl in order to withdraw its occupation troops from the former GDR. But instead of taking advantage of the situation and investing the money in modernization and socio-economic efficiency, to provide Western European living standards for the Russian citizens, Russian oligarchs pocketed everything.

   It is true that now the old evils and contradictions of the great Eastern state have reached, once again, alarming proportions, so Vladimir Putin is obliged: a) either to reform the state in a radical manner, or b) to employ the old Muscovite political system – meaning that he should try to solve the problems his state faces by recovering and exploiting the lost territories and possibly by gaining more prosperous territories outside the former USSR, and even farther west or south. Sure, that would certainly lead to the Third World War.

   Whoever described Russia as a giant with feet of clay was not wrong. It has a large state structure which, in spite of its advantages, lacks viability, reliability, internal consistency, but still manages to exist, maintaining a huge military force, exporting its seemingly inexhaustible natural resources and constantly arming countries, developing populations and nations, where there’s a long-lasting perpetuation of conflict situations that have caused, so far, the death of millions.