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Sonntag, 22. September 2024

Sequenzen von Skepsis (644)

 


Aphorismen zum Nachdenken und Zitieren:


8619

Gute Laune im seichten Frühstücksradio, dann Wetterpalaver, Kirche im Funk, „Blitzermeldungen“, belangloses Hörertelefon, Sterncheninterview mit Gesangsbeilage, Werbung, Einheitsnachrichten (Mainstream), Feindbildpflege, Weltoffenheit, Amoklauf, … „danke, Euer Sender ist spitze“, sendet Olaf eine Sprachnachricht. Die Moderatorin gackert vor Vergnügen und ihr Kollege erzählt vom scharfen Wind auf seinem Fahrradritt ins Studio. Eine Kaffeetasse klappert ins Mikrofon. Ich aber verlasse nun den Wartesaal der Dauerberieselung. Freiwillig mute ich mir solche Morgenbeglückungen doch nicht zu, und schon gar nicht etwa im TV.


8620

Brückensperrungen, Brückenabbau, Brückensprengungen, Brückeneinsturz – in jeder Hinsicht und Richtung als Symbol von „Made in Germany“. Wer sich wundert, glaubt eher nicht an Wunder.


8621

In der Gefangenschaft ihrer eigenen Macht schwadronieren Regenten von Dingen, die sie gar nicht kennen und folglich auch nicht meinen können, auch nicht meinen wollen, es sei denn, die eigene Herrlichkeit.


8622

Der Interimsmensch hat die Option zur Weiterentwicklung seiner Weltsicht in Richtung beispielsweise kosmonomischer Humanität oder aber zum Verarmen seiner Moral als primitiver und gewaltsamer Unmensch. Die bestehenden Mehrheitsverhältnisse geben realistischerweise wenig Anlass zu Optimismus. Intelligente Aufklärung kann gar nicht anders, als sich davon abzuheben, auch unter dramatischen und tragischen Opfern. Mensch zu sein, zeichnet sich bei fairer Konkurrenz durch Respekt und Friedensverwirklichung aus.


8623

Will im deutschen Selbstwertgefühl manches nicht so recht funktionieren, helfen englische Laute oder verhunzt eingedeutschte Anglizismen, um auch den banalsten Plattitüden in die Gänge zu helfen, so gehoben klingend wie auf tiefstem Niveau strunkelnd.


8624

Was früher Weißwandreifen für das Image der Automobilisten bedeuteten, bewirken heute Weißsohlenschuhe in sportlicher Kompetenz für Zeitgeistigkeit.


8625

Die vorangetriebene Vielfalt dogmatischer Ausgrenzungen zeigt radikal auf, wie ehrliche Demokratie die beschränkten Kleingeister überfordert, die Kontrollvielfalt sogar als Räson etablieren.


8626

Aus- und Eingrenzer sind so frei wie Vögel im Käfig. Sie kennen nicht die Welt, sind aber vom Gegenteil überzeugt.


8627

Wo die Götter allmächtig mit ihren Gefolgsscharen aufeinander einschlagen, herrscht „auf ewig“ der heilige Frevel an der Menschheit. Das sogenannte „Heilige Land“ ohne jede Ausnahme.


8628

Im Namen „Gottes“ kam es zu den herausragendsten Kulturleistungen wie aber auch zu den verwerflichsten Schweinereien. Die Menschlichkeit, die Humanität, hatte bis auf wenige Besonderheiten kaum eine ähnliche Inspirationskraft. Ein neuer Tiefpunkt zeichnet sich ab in der Kür des Klimas zum „Goldenen Kalb“.


8629

Organisierte Religionsverbohrtheit explodiert, wenn „Gott“ und „Teufel“ sich in einer Orgie der Vernichtung vereinen. Dann ist nichts mehr „heilig“, denn Religion braucht das Feindbild, und das Feindbild ist logischerweise immer der Mensch, ist das Leben generell in seinem Recht und Drang auf wahnfreie, auf gesunde Entfaltung in aufgeklärten Erkenntnissen und Verhältnissen.



© Raymond Walden