Aphorismen
zum Nachdenken und Zitieren:
2644
Der
Schnee von gestern blieb nicht lange weiß. Zivilisationsruß ließ ihn ergrauen,
das Blut des Krieges färbte ihn gnadenlos. Man trat ihn mit Füßen, schob ihn
beiseite und setzte ihm mit Salz zu. Er schmolz und mit ihm alle Spuren von
gestern. Nun erwartet man Neuschnee, aber wozu? Der Mensch wird ihn wieder
zurichten und wie gestern nichts lernen.
2645
Der
idiotische Mensch zäunt sich ein gegen Flüchtlinge, für deren Erscheinen er
zuvor in ihren Heimatländern die wahren Gründe aufriss.
2646
Nenne
keinen Vollidioten beim Namen, denn er ist kein passiv geduldiger Trottel.
2647
Viele
Paare stehen sprachlos vor ihrer Ehe, die Lage spitzt sich zu, aber
gleichzeitig breitet sich Abstumpfung aus. So leiden Menschen treu, bis der Tod
sie scheidet.
2648
Der
immer wieder propagierte Weltuntergang beginnt nun mit der systematischen
Vernichtung der Privatsphäre.
2649
Das
„Du“ in der Geschäftswelt birgt nötigenden Charakter, fesselt in
oberflächlicher Vertrautheit an kumpelhafte Loyalität. Das „Sie“ schafft verbindlichen
Abstand, freies Augenmaß und rückt das Verhandlungsobjekt, nicht die Partner,
ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
2650
Man
mäkelt nicht an Gott, nicht am Amt, man kratzt nicht am Denkmal. Man folgt der
Fahne im Wind. Oder man lebt ganz schnell, beinahe unverhofft, im Exil. Mitten
im Dorf, im Zentrum der Stadt. Eben außerhalb.
2651
Ein
aufrichtiges Doppelleben! Schon einmal darüber nachgedacht? Man muss es können,
man muss es mögen. Dann hält es, was es verspricht.
2652
Was
Musik aus einfältigsten Texten zaubert, lässt sich nicht oft genug besingen.
2653
Angsterzeugung
avanciert zum alternativlosen Verblödungsprinzip in den Hauptstädten, in den
Kathedralen, in den Hochschulen, Altenheimen und Kindergärten, beim Wetter,
beim Essen, beim Reisen und Schlafen, beim Einkaufen, Hausbau, im Wald und auf
der Heide. Man scheißt sich ein.
Angst,
man betet dich an!
2654
Im
Schreiben entfaltet sich Hoffnung, findet sich Trost, ermutigt sich
Selbstbehauptung, die Freiheit gießt sich ein Fundament. In wahrhaft freiheitlicher
Gesinnung der deutlich gepflegten Sprache im Schreiben Form und Ausdruck zu
geben, das ist Leben!
Copyright: Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.de
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen