Viel zu
oft beinhaltet Nationalismus eine Übertreibung von an sich
begrüßenswerter Heimatliebe, von gesellschaftlicher Verbundenheit
und Wertschätzung gemeinsamer kultureller Wurzeln. Die Geschichte
strotzt vor Beispielen entgleisten Nationalstolzes, nationalen
Auserwähltheitswahns und Überheblichkeiten gegenüber anderen
Völkern und Nationen, eskalierend in der Abwertung, in der
Verachtung anderer Menschen, schließlich in ihrer Bekämpfung und
Vernichtung. Nationalismus bedeutet ein, wenn nicht das Hindernis
für eine friedlichere Welt.
Die
Europäische Union steckt voller undemokratischer Entwicklungen und
stagniert aufgrund von immer wieder unüberwindlichem Nationalismus
einzelner Mitglieder von Anfang an.
Den
„Brexit“ unter diesen Umständen positiv zu würdigen, zeugt von
wenig Sinn für aufgeklärte Freiheitlichkeit, man denke nur daran,
mit welcher propagandistischen Verlogenheit es überhaupt zu dem
Referendum kam und welche rückwärts gewandten Großmacht-Phantasien
seither wieder über die Insel wabern.
In
einer aus der Historie nicht lernenden Völkergemeinschaft
nationalistischer Beschränktheiten hätte ein wirklich weltoffenes
geläutertes Europa ungeahnte humane Potenziale, die allerdings
Einbußen erleiden durch nationalistische Kritiker, die lieber
aussteigen als an den gemeinsamen Werten, an einem bisher einmaligen
Projekt in der Welt aktiv gestaltend mitzuwirken.
Dennoch
schreibt Neil Davenport in Novo Argumente:
„Die
Stärkung der Volkssouveränität sollte heute eine Priorität für
Menschen sein, die sich selbst als politisch progressiv betrachten.“
Ich
frage:
Wer oder
was ist denn das Volk, und was heißt Volkssouveränität bei häufig
alternierenden Staatsgrenzen?
Es geht
um mündige, kultivierte Bürger mit gleichen Rechten und Pflichten,
unabhängig von Rasse, Herkunft und den zeitgeistigen Strömungen mit
ideologisch geprägten Massendiktaten.
Der
emanzipierte Mensch verdient keine Diskreditierung durch
Nationalismus.
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