Redet das personifizierte Dogma als Papst vor dem Bundestag, spricht das nicht für das Parlament, sondern sagt vieles über geistige Gefangenschaft, zeigt unzweifelhaft die Unfähigkeit, Staat und Religion auseinander zu halten.
Denn wer laut Grundgesetz „im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott ...“ handelt, kann Staat und Kirche nicht trennen.
Das, was üblicherweise als „christlich“ bezeichnet wird, meint über die humanen Ansätze hinaus in letzter Konsequenz „dogmatisch“. Und so ist es natürlich, dass in einem demokratisch gewählten Parlament zahlreiche Abgeordnete das päpstliche Weltbild für irrig halten und dem Vortrag des Auch-Staatsoberhauptes eines undemokratischen vatikanischen Staatskonstrukts fernbleiben.
Den Abstinenzlern aber fehlt es an Glaubwürdigkeit, haben sie doch bisher noch ganz anderen dogmatischen Kalibern (Bush, Putin, etc.) ihre Ohren geliehen und darüber hinaus selbst so manche fragwürdige Rede produziert.
Die Ansprache des Papstes vermied jeden Dogmatismus, war stattdessen eine philosophische Abhandlung über Recht und Gerechtigkeit gerade auch im Hinblick auf den Erfolg von Politik.
Ich hege Zweifel daran, dass alle Politiker das verstanden haben.
Freiheit brauche Religion, sagte der Papst bei der Begrüßung durch den Bundespräsidenten am Schloss Bellevue.
Mit Verlaub, das ist einfach Unsinn, Ausdruck von Unvernunft, denn wo man auch hinschaut, unterjocht Religion den Menschen, spaltet die Gesellschaften.
Freiheit in kosmonomisch aufgeklärtem Verständnis braucht die verbindlich garantierte Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen; sie ist der unverzichtbare, verantwortungsvolle Wertmaßstab für die Gesellschaft, für die Völker wie für das Individuum.
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