Sonntag, 20. Februar 2011

Sequenzen von Skepsis (57)

Aphorismen zum Nachdenken und zum Zitieren:

691
Dogmen behauen die Grabsteine der abgeschlachteten Menschlichkeit auf dem Friedhof der Zivilisation.

692
Der Apparat organisiert sich anonym und lässt seine Sachwalter dich nach dem Buchstaben bearbeiten.

693
Wie Fliegen folgen die Menschen orientierungslos einem Lichtschein und scheitern geräuschvoll an einem Fensterglas, enggefasst und starr.

694
Die innere Zerrissenheit des Interimsmenschen führt nach logischer Gesetzmäßigkeit von einem Krieg in den nächsten, als hätte auch nur ein Krieg Frieden zum Ziel gehabt. Es geht stets um die Vernichtung, zumindest aber die Entmachtung des Andersdenkenden und nie um menschenwürdige argumentative Streitkultur. Dem Individuum fällt die Opferrolle zu.

695
Die ferne Zukunft berührt uns nicht,
die nahe nimmt Fahrt auf, beschleunigt
und jagt als Gegenwart vorbei
in das Ritardando der Vergangenheit.

696
Das Sein ist eine Singularität,
man täusche sich nicht.

697
Manches weiß ich wirklich besser, weil ich mir des ständig möglichen Irrtums und seiner notwendigen Korrektur bewusst bin.

698
Routinemäßig mit eventuellen Widrigkeiten zu planen, entschärft das Akute, mildert Ängste und schenkt Gelassenheit.

699
Wer im Leben geflissentlich den Tod verdrängt, wird von ihm am Ende der Zeit umso
härter bedrängt.

700
„Staatsräson“ konstruiert Tabus, um Kritik abzutöten.

701
Schnell ist zerredet, was voreilig gesagt.

702
Geläutertes Heldentum im menschlichen Miteinander setzt nicht auf Krieg und Blutzoll, sondern erhebt sich aus der Güte und Schärfe des Geistes.

703
Der „gerechte“ Krieg wabert als dümmliche Suggestion von selbstgerechten Kriegstreibern und ihren denkunfähigen Vasallen.

704
„Götter“, die zum Töten, zu „heiligen“ Kriegen aufrufen (lassen), die sogar selbst mitkämpfen, symbolisieren quälend die religiös verursachte Friedensunfähigkeit der Menschheit. Gottheiten bezeugen einen evolutionären Irrtum, wie die Gegenwart ihn immer deutlicher beweist.

705
Die Öffentlichkeit schätzt die Pracht der Blüten; die Wurzeln bleiben meist unbedacht verborgen.

706
Kirche und Bordell verkörpern eine Religion; die der Anti-Freude.


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© Raymond Walden, www.raymond-walden.blogspot.com

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